Als Lagerarbeiter verkleidet sind KK und Sloterdijk am nächsten Morgen vor Ort. Hinter einem Stapel Kisten verborgen beobachten sie Groots Fahrer, der am Westerdok vorfährt, um auftragsgemäß die Luftfracht abzuholen.
Der Lagerverwalter schüttelt verwundert den Kopf und sagt: „Die Ware wurde schon um 6 Uhr abgeholt!“ Er zeigt einen Beleg, auf dem mit einer unleserlichen Unterschrift die Übergabe der Sendung quittiert ist.
Die Enttäuschung bei KK und Sloterdijk ist groß. Die Sendung ist nicht mehr da! Hat jemand Verdacht geschöpft? Und wo ist die kostbare Sendung jetzt?
Die beiden Kollegen fahren zurück ins Polizeibüro.
Und dann überstürzen sich die Ereignisse. Durch den Zeitunterschied von sechs Stunden zwischen Amsterdam und Washington hat die Anfrage nach den Fingerabdrücken Pit Panters das Hauptquartier des FBI noch am Vormittag des Vortags erreicht. Die Antwort ist schon da: Einige der Fingerabdrücke aus dem Rijksmuseum gehören zu einem Mann namens Jack Vanderbildt, der am 12. Mai beim Abflug in Chicago wie alle transatlantischen Passagiere erkennungsdienstlich erfasst wurde. Das Foto in seinem Pass, das bei der Ausreise in Chicago gespeichert wurde, hat zwar nur entfernte Ähnlichkeit mit dem Phantombild und dem alten Fahndungsfoto, aber die Fingerabdrücke sind der eindeutige Beweis, dass es sich bei Vanderbildt um den Dieb aus dem Rijksmuseum handelt.
„Treffer!“, jubelt Sloterdijk, als er Kugelblitz die Erfolgsmeldung präsentiert. „Sein Rückflug von Amsterdam nach Chicago ist für heute um 11.30 Uhr gebucht! Da schnappen wir ihn!“
Aber Pit Panter ist ein gerissener Gauner.
Als er am Flughafen ankommt, sieht er, dass dort mehr Polizisten stehen als sonst. Neben der Stewardess am Abfertigungsschalter lehnt ein Mann mit Sonnenbrille und beobachtet unauffällig die Fluggäste.
Pit Panter macht auf dem Absatz kehrt und ruft in einer abgelegenen Ecke den Bandenchef El Loco in Kolumbien an.
„Was willst du, mitten in der Nacht?“, schimpft El Loco. „Es ist halb vier!“
„Ich komme nicht weg aus Amsterdam. Überall Bullen am Flughafen. Muts wurde verhaftet. Hat vermutlich gesungen. Was soll ich machen? Ich muss raus hier, so schnell wie möglich.“
El Loco überlegt eine Weile und sagt dann: „Fahr zum Heliport. Um 12 Uhr startet dort ein Hubschrauber zum Ijsselmeer. Er bringt unseren Verbindungsmann zu der Cessna, die unsere Ware getarnt in einer Ladung Fliegengitter nach Shanghai transportieren soll. Da kannst du mitfliegen.“
„Weiß Muts davon? Kann er etwas verraten haben?“
„Nein, ganz sicher nicht. Auch der Spediteur weiß nichts. Ich habe ihm gesagt, er solle die Sendung zum Flughafen bringen. Aber dann habe ich heute Nacht umdisponiert. Der Heliport ist unauffälliger!“
„Erkennungszeichen am Heliport?“, fragt Pit Panter.
„Zeig dem Piloten dein Tattoo. Dann wird er dich an Bord lassen. Die Cessna, in die du umsteigst, ist eine Neuentwicklung aus China. Ein Wasserflugzeug. Der Flug ist als Testflug genehmigt. Da kann nichts passieren. In Shanghai bekommst du Schutz von unserem Kunden, der die Ware bestellt hat.“
„Danke, Boss!“, seufzt Pit Panter erleichtert.
Kugelblitz und Sloterdijk machen lange Gesichter, als der Passagier Jack Vanderbildt alias Pit Panter nicht auftaucht.
„Letzter Aufruf für den Flug nach Chicago. Mr Jack Vanderbildt“, erklingt es noch einmal aus dem Lautsprecher.
Das Flugzeug fliegt ohne ihn ab.
Enttäuscht verlassen die beiden Detektive den Flughafen.
„Moment mal, Klaas“, sagt Kugelblitz und bleibt abrupt vor dem Flughafengebäude stehen. „Wenn Vanderbildt nicht auftaucht, hat er Verdacht geschöpft. Vielleicht hat er die Luftfracht abgeholt. Gibt es noch einen anderen Flughafen in der Nähe?“
„Den Heliport. Aber Gero Groot hat doch gesagt, dass die Fracht für Shanghai bestimmt sei. Am Heliport starten nur Hubschrauber. Ein Helikopter kann nicht bis Shanghai fliegen“, gibt Sloterdijk zu bedenken.
„Vielleicht steuert der Hubschrauber ein Schiff an. Los, fahren wir zum Heliport!“, sagt Kugelblitz. „Wie weit ist das?“
„Keine 20 Minuten von hier“, antwortet Sloterdijk.
Ein LKW-Unfall verursacht auf der Ringstraße einen Verkehrsstau. Es ist kein Durchkommen. Auch nicht, als Sloterdijk die Polizeisirene einschaltet.
Als sie schließlich kurz nach 12 Uhr am Heliport ankommen, sehen sie einen schwarz-gelben Hubschrauber wie eine dicke Hummel davonschwirren.
Sloterdijk befragt sofort den Manager des Heliports.
„Alles in Ordnung mit dem Flug. Die beiden Männer wollen nur ein paar Rollen Fliegengitter auf eine der Inseln bringen. Ziemliche Mückenplage dieses Jahr“, erklärt der Mann.
„Fliegengitter? Nichts ist in Ordnung“, ruft Sloterdijk erregt. „Es sind wahrscheinlich Schmuggler!“ Da klingelt sein Handy. „Mijn mobieltje!“, sagt Sloterdijk und fischt es aus der Tasche.
Es ist Gero Groot. Er berichtet aufgeregt, dass er soeben von seinem Geschäftspartner in Kolumbien angerufen worden sei. Die Sendung werde ohne seine Hilfe weiterbefördert, weil sich überraschend eine günstigere Transportgelegenheit ergeben habe.
„Zwei Männer sind mit der Sendung im Hubschrauber in Richtung Ijsselmeer unterwegs“, sagt Sloterdijk. „Hast du eine Ahnung, wo die da landen könnten?“
„Es gibt einen Verbindungsmann in Hoorn am Ijsselmeer, der schon einmal eilige Ware für die Südamerikaner transportiert hat“, erinnert sich Groot. „Sie nennen ihn den ,fliegenden Holländer‘. Ein ehemaliger Pilot. Fliegt jetzt Wasserflugzeuge für Touristen.“
„Wasserflugzeug! Das ist es!“, sagt Sloterdijk zu Kugelblitz. „Damit können die Gauner überall auf dem Wasser landen und unauffällig entwischen. Hoorn ist der perfekte Platz dafür.“
Er alarmiert die Wasserschutzpolizei. Zusammen mit Kugelblitz macht er sich im Helikopter auf den Weg nach Hoorn.
Der chinesische Pilot der weiß-blauen Cessna, die vor Hoorn friedlich auf dem Wasser schaukelt, ahnt nicht, dass er in ein gefährliches Abenteuer verwickelt ist. Er befindet sich auf einem Langstrecken-Testflug. Von seinem holländischen Kollegen hat er sich beim Frühstück überreden lassen, auf dem Rückflug eine Kiste Fliegengitter für einen Kunden in Shanghai mitzunehmen.
Der abenteuerlustige Holländer in Hoorn, bei dem er zwei Tage Pause gemacht hat, heißt Thijs Rover und erzählt jedem, dass seine Vorfahren Seeräuber waren. Er hat den Chinesen auf dem Hinflug begleitet und wird auch auf der Rückreise dabei sein. Auf der langen Strecke müssen sich zwei Piloten abwechseln. Die erste Etappe soll bis Finnland gehen.
Rover, der am Strand steht, sucht mit dem Fernglas den Himmel ab.
Da taucht der Helikopter am Horizont auf.
„Na endlich“, murmelt Rover.
Die Cessna hat jetzt Funkkontakt zum Hubschrauber.
„Fliegengitter im Anflug!“, meldet der Pilot.
„Alles roger!“, antwortet der Chinese und gibt die genauen Koordinaten für die Landung am Hoorner Strand durch.
Als die Rotorblätter abgestellt sind, hieven zwei Männer eine längliche Kiste aus dem Helikopter.
„Ladet die Kiste in mein Motorboot, damit ich sie zum Wasserflugzeug rüberbringen kann!“, brummt Rover. Er macht das Boot startklar, das neben dem Helikopter im Wasser liegt.
„Ich werde mit euch nach China fliegen!“, sagt Pit Panter.
„Das ist gegen die Abmachung!“, protestiert Rover. „Wir sollen nur die Kiste mitnehmen.“
„Anweisung von ganz oben“, sagt Panter und lässt Rover einen kleinen Blick auf das Tattoo unter seiner Armbanduhr werfen.
„Hier ist mein Flugschein!“
Pit Panter schiebt dem zögernden Rover einen 500-Euro-Schein zu.
Da ertönt auf einmal lautes Motorengeräusch.
„Die Wasserschutzpolizei!“, ruft Rover und wird blass. „Beeilt euch!“
Doch ehe es den Männern gelingt, die sperrige Kiste an Bord der Cessna zu befördern, machen schon zwei Polizeiboote neben dem Wasserflugzeug fest.
„Zollkontrolle. Was ist in der Kiste?“, fragt der Zollbeamte streng, der jetzt mit einem Kollegen an Deck auftaucht.
„Fliegengitter“, antwortet Rover.
„Aufmachen!“, fordert der Zollbeamte. Widerwillig stemmt Rover mit einem Bootsmesser den Deckel auf. In der Kiste befinden sich tatsächlich Fliegengitter.
„Ich hab’s doch gesagt“, seufzt Rover erleichtert und schließt den Deckel wieder.
„Moment mal!“, ruft der Kollege vom zweiten Motorboot herüber. „Kollege Sloterdijk ist im Anflug und möchte die Fracht persönlich in Augenschein nehmen!“
Da landet der Helikopter mit Kugelblitz und Sloterdijk bereits am Strand. Eines der Polizeiboote holt die beiden ab.
„In der Kiste ist wahrscheinlich wertvolle Schmuggelware“, ruft Sloterdijk aufgebracht. „Die Fliegengitter sind nur Tarnmaterial.“
Sorgsam verpackt liegen zwischen Lagen von Fliegengittern tatsächlich die kostbaren Schätze aus dem Rijksmuseum.
„Game over, Thijs Rover!“, sagt Sloterdijk, als die handboien zuschnappen.
In einem unbeobachteten Moment hechtet Pit Panter zu Rovers Motorboot und düst davon. Doch die Polizeiboote sind schneller – so klicken auch an seinen Handgelenken kurz darauf die silbernen Polizeiarmbänder.
„Unglaublich, wir haben den legendären Pit Panter geschnappt. Unsere Kollegen vom FBI werden staunen!“, freut sich KK, als sie hinter dem Wagen mit den Verhafteten zum Polizeibüro zurückfahren.
Dort erwartet sie schon der überglückliche Museumsdirektor. „Um ein Haar wären uns die Burschen mit den Bildern entwischt“, berichtet Sloterdijk ein paar Stunden später in der Pressekonferenz. „Den Fahndungserfolg verdanken wir nicht zuletzt meinem Kollegen Isidor Kugelblitz aus Hamburg. Durch seine kluge Kombinationsgabe konnten wir die Identität des Täters klären und die Verfolgung Pit Panters aufnehmen. Außerdem haben wir Panters Komplizen Lux, Fox und Bo Birne festgenommen. Sie sind geständig.“
Noch am Abend fliegt KK nach Hamburg zurück.
Als er am nächsten Morgen gut gelaunt ins Kommissariat kommt, wissen schon alle von dem großen Erfolg und gratulieren ihm. Auch Polizeipräsident Bingo.
Kugelblitz berichtet, dass auch das in Hamburg gestohlene Bild in einer der Fliegengitterrollen war. „Ich habe schon mit dem Direktor der Kunsthalle telefoniert. Er kann sein Glück kaum fassen!“
„Wir haben auch sensationelle Neuigkeiten“, verkündet Sonja Sandmann. „Bei einer Stichprobe wurden in einem Kühlcontainer in Düsseldorf zwischen Tiefkühlfisch Plastikbeutel mit Heroin im Wert von einer Million Euro entdeckt! Die Kollegen danken ganz herzlich für den heißen Tipp aus Amsterdam!
„Und die Fingerabdrücke unserer blonden Miss Miller gehören Hanna Hemp, wie Sie vermutet haben!“ ergänzt Zwiebel.
Kugelblitz lacht vergnügt und sagt: „Dann war ja die Reise zur Tulpenblüte ein voller Erfolg.“
Das findet auch Kollege Sloterdijk, als er ein paar Tage später bei Kugelblitz zu Hause anruft. Er berichtet, dass er Kontakt zu einem zuverlässigen Kollegen der kolumbianischen Polizei geknüpft hat. „So besteht Hoffnung, dass wir der Tarantelbande und ihrem Chef El Loco irgendwann gemeinsam das Handwerk legen können!“
„Warten wir’s ab“, brummt Kugelblitz.
„Ich hab auch etwas sehr Erfreuliches zu berichten: Frau Besenritter hat sich über die blauen Tulpen so gefreut, dass sie mir gerade meine Lieblingsapfelpfannkuchen gebacken hat.“
„Appelpannenkoeken? Dat is werkelijk goed nieuws! “, antwortet Sloterdijk und lacht. „Smakelijk eten!“