Am nächsten Tag entlädt sich ein Maigewitter über der Elbe. Auch im Kommissariat von Kugelblitz herrscht Gewitterstimmung. Polizeipräsident Bingo stürmt herein und wedelt mit der Zeitung. Er deutet empört auf das Foto auf der Titelseite, das ein Hamburger Autokennzeichen zeigt, das mit einem Hanfblatt verziert ist.
„Eine ganze Doppelseite über den erneuten Drogenfund im Hafen und über die Hamburger Drogenszene“, schnaubt Bingo.
„Außerdem wird über einen tragischen Unfall am Neuen Wall berichtet, der drei Menschen das Leben gekostet hat. Der Fahrer stand unter Drogeneinfluss und fuhr bei Rot über die Ampel. Obendrein gab es gestern einen Drogentoten im Hafenkrankenhaus, und eine Frau starb in der Drogenambulanz an einer Überdosis Heroin.“
„Wir tun, was wir können“, versichert Kugelblitz. „Aber wir schnappen immer nur die kleinen Dealer. Und die müssen wir hinterher meist wieder laufen lassen, wie diesen de Vries und seine holländische Freundin.“
„Irgendwelche Erkenntnisse beim Verhör?“, forscht Bingo.
„Angeblich hat er nicht gewusst, was in dem schwarzen Koffer ist. Und wie das Geld in den Leihwagen kam, konnte er sich auch nicht erklären. Der Aktenkoffer sei für einen Geschäftsmann gewesen, der ihn angeblich bei ihm abholen wollte. Er hat nur zugegeben, was wir schon wussten“, seufzt KK. „Ich hab trotzdem den Verdacht, dass er ein Kurier der Tarantelbande ist. Genau wie die beiden Schmuggler auf der Donna Doria, die der Zoll gestern geschnappt hat. Sie haben gestanden, dass sie die Drogen vor der holländischen Küste ins Meer geworfen haben. Ihren Auftraggeber kennen sie angeblich nicht.“
„Dann finden Sie es heraus, und legen Sie mal einen Zahn zu bei den Ermittlungen“, knurrt Bingo.
„De Vries hatte interessanterweise ein Flugticket nach Amsterdam in der Tasche. Vielleicht ein zusätzlicher Hinweis, dass dort ein Stützpunkt der Bande ist. Ich wollte sowieso gleich mit dem Kollegen Sloterdijk in Amsterdam telefonieren.
Wir müssen bei diesen Fällen enger zusammenarbeiten!“
„Tun Sie das! Aber kugelblitzschnell!“, faucht Bingo und verlässt wutschnaubend das Büro.
„Ich glaub, ich brauche jetzt einen starken Kaffee“, seufzt Kugelblitz und verlässt ebenfalls genervt den Raum.
Das Telefon klingelt. Zwiebel nimmt das Gespräch an.
„Das ist Klaus, dein Schätzchen!“, sagt er und reicht Sonja Sandmann grinsend den Hörer.
Die wird so rot wie die kleinen Tulpen auf ihrem Pulli und sagt etwas verärgert: „Ja, hallo, Klaus?“ Sie hat ihren Freund doch dringend gebeten, nicht im Kommissariat anzurufen!
„Hier ist nicht Klaus, sondern Klaas. Klaas Sloterdijk aus Amsterdam“, antwortet eine sympathische Stimme mit niederländischem Akzent.
„Oh, Kommissar Sloterdijk, guten Tag, äh, goedemorgen. Hoe gaat het? “, sagt Sonja schnell.
„Danke, es geht mir gut! Ich möchte gern meinen Kollegen Isidor Kugelblitz sprechen!“
In diesem Augenblick geht die Tür auf, und KK kommt mit einem dampfenden Kaffeebecher zurück.
Sonja Sandmann deutet auf den Telefonhörer und flüstert: „Anruf für Sie, Chef!
Kommissar Sloterdijk aus Amsterdam.“
„Ah, wie gut, ich wollte sowieso gerade zurückrufen!“, freut sich Kugelblitz. Er stellt den Kaffeebecher ab und übernimmt den Hörer.
„Goedemorgen, Isidor!“, sagt Sloterdijk. „Danke für den Tipp mit den Drogenschmugglern. Unsere Küstenwache hat vor der Insel Ameland, kurz vor der deutschen Grenze, 13 wasserdicht abgepackte Kilopäckchen mit Heroin aus dem Meer gefischt!“ Er berichtet, dass die Päckchen an kleinen roten Leuchtbojen befestigt waren. „Zwei Fischer haben in der Morgendämmerung ein blaues Sportboot beobachtet, das vor der Insel kreuzte und etwas aus dem Meer holte. Es fuhr in Richtung Amsterdam davon.“
„Habt ihr herausgefunden, wem das Boot gehört?“, erkundigt sich Kugelblitz.
„Bis jetzt nicht“, bedauert Sloterdijk. „Ein Fischer hat zwar ein Handyfoto von dem verdächtigen Boot gemacht, aber das ist unscharf. Es war ja noch ziemlich dunkel. Unsere Spezialisten arbeiten daran, es aufzuhellen. Der Schiffsname wurde offenbar übermalt oder überklebt. Es ist nur ein M zu erkennen.“
„Hm, so so“, brummt KK nachdenklich.
„Auch diese Spur führt also nach Amsterdam.“
„Welche Spur noch?“, hakt Sloterdijk nach.
„Kennt ihr einen Elias de Vries?“
„Elias de Vries? Den haben wir kürzlich bei einer Razzia mit Drogen geschnappt.“ Kugelblitz erzählt von seinem Verdacht, dass de Vries ein Kurier der Tarantelbande ist. „Die Drogen, die wir letzte Woche in seinem Aktenkoffer gefunden haben, ähneln jedenfalls denen, die unser Zoll auf der Donna Doria sichergestellt hat. Und die kamen eindeutig aus Kolumbien. Die kleinen Taranteln, die der eitle Drogenboss als Gütesiegel auf einige der besonders teuren Heroinpäckchen stempeln lässt, verraten ebenfalls, dass El Locos Organisation dahintersteckt!“
„Wir müssen uns unbedingt treffen, Isidor! … Eh, ogenblikje! Een dringend telefoongesprek op de noodlijn! Ich rufe gleich zurück.“ Sloterdijk unterbricht das Gespräch.
Es dauert fast eine Stunde, ehe Sloterdijks Rückruf kommt. Der Grund für die Verzögerung ist dann allerdings ziemlich aufregend! Ein Museumswächter hat nach der Öffnung des Rijksmuseums am Dienstagvormittag das Fehlen berühmter Gemälde bemerkt. Die schockierte Museumsleitung ist gerade dabei, den genauen Schaden zu ermitteln.
„Sobald die Liste der gestohlenen Bilder feststeht, werden wir in der Presse, im Fernsehen und im Internet nach den Bildern fahnden. Sie sind praktisch unverkäuflich!“, seufzt Sloterdijk. „Was für ein schmerzlicher Verlust für unser Land!“
„Da gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten“, überlegt Kugelblitz. „Entweder es ist Artnapping, und die Entführer wollen Lösegeld für die entführten Kunstwerke erpressen, oder es handelt sich um Auftragsdiebstahl für reiche Kunstsammler. Vielleicht Geldwäsche. Drogenbarone legen ihr schmutziges Geld in Kunstwerken an, um es sich über den Verkauf als ‚sauberes Geld‘ wieder zurückzuholen.“
„Wolltest du nicht sowieso längst mal nach Amsterdam kommen, Isidor?“, erkundigt sich Sloterdijk. „Ich meine, offiziell natürlich zur Tulpenblüte – damit keiner Verdacht schöpft …“
Kugelblitz zögert und sagt dann: „Gute Idee. Gründe dafür gibt es im Augenblick ja genug.“
KK beendet das Gespräch und sieht zu seiner Assistentin Sonja Sandmann hinüber, die am Bildschirm sitzt und sagt: „Buchen Sie bitte für Freitag einen Wochenendflug nach Amsterdam für mich, Sandmännchen!“ Er schmunzelt. „Ich wollte schon immer mal zur Tulpenblüte.“
Sonja checkt im Computer den Terminkalender von Kugelblitz. „Sie haben am Freitagvormittag einen Termin in Düsseldorf wegen des Drogenkartells Tarantel, Chef! Da wäre es praktischer, wenn Sie von dort aus den direkten Zug nach Amsterdam nähmen! Der Intercity ist in zwei Stunden und 14 Minuten in Amsterdam Centraal mitten in der Stadt.“
„Guter Vorschlag, danke! Zug schlägt also diesmal Flug“, schmunzelt Kugelblitz. „Und schont obendrein die Umwelt.“
Fragen an alle Detektive mit geografischer Spürnase:
1. Wie könntest du per Schiff vom Hamburger Hafen ins Zentrum von Amsterdam fahren?
2. In welche Himmelsrichtung fährt der Intercity, wenn er von Düsseldorf nach Amsterdam flitzt? (Sieh auf der Landkarte nach.)
3. Wie heißt die Hauptstadt der Niederlande? In welcher Stadt sitzt die Regierung?