Da sind zunächst die unterschiedlichen Interessen von Finanzindustrie und europäischen Steuerzahlern.
Banken und andere mächtige Kapitalsammelstellen wie Versicherungen oder Pensionskassen, die in großem Stil in die Staatenfinanzierung investiert haben, fürchten seit Anfang der Krise eine Staatspleite und erleben einen Verfall der Preise für ihre Staatspapiere. Sie haben die Wahl, entweder mit Verlust zu verkaufen, oder zu warten und zu hoffen, dass ihre Kredite fällig werden und zurückgezahlt werden, bevor es zu einer Staatspleite kommt. Unter diesen Investoren gibt es wiederum zwei Gruppen. Die eine Gruppe trägt die Verluste aus Investitionen gegebenenfalls und notgedrungen selbst; das sind insbesondere Privatanleger, Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen, deren Eigenkapitalausstattung größer ist als diese Verluste. Die andere Gruppe würde diese Verluste im Fall einer Staatspleite an andere weiterreichen. Zu diesen Investoren gehören große Banken, deren Eigenkapital zu gering ist, die Verluste selbst zu tragen, und deren Ruin ein Finanzmarkt-Erdbeben nach sich ziehen würde.
Beide Gruppen haben von der Konkursverschleppung des griechischen Staats und anderer Krisenstaaten in der Eurozone profitiert, weil die seit dem 10. Mai 2010 fälligen Kreditforderungen bedient wurden, anstatt zu einem Teil der Konkursforderungen zu werden. Im Januar 2012 lagerten bereits Kredite im Umfang von 147 Milliarden Euro nicht mehr in den Bilanzen privater Investoren, sondern bei den Griechenlandrettern, einschließlich der EZB mit geschätzten 55 Milliarden Euro.158 Besonders die Banken haben auch gut an den Wertpapierpensionsgeschäften der Europäischen Zentralbank verdient: mit den bereits beschriebenen Karussellgeschäften. Bei denen leihen sich die Institute zinsgünstig Geld bei der EZB, kaufen dafür hoch rentierende griechische Staatspapiere und hinterlegen diese bei der EZB als Sicherheiten und streichen die Zinsdifferenz als Gewinn ein. Solange die Staatsschulden griechischer Provenienz nicht ganz aus den Portfolios der Banken verschwunden und in die Portfolios des Europäischen Rettungsfonds oder der EZB gewandert sind, ist eine Staateninsolvenz eine Bedrohung für diese Gruppe.
Demgegenüber steht der europäische Steuerzahler. In den Monaten seit dem Mai 2010 hat allein Griechenland private Gläubiger im Umfang von rund 60 Milliarden Euro ausgezahlt und gleichzeitig neue Schulden beim Europäischen Rettungsschirm aufgenommen. Wenn es am Ende zu einem Zahlungsausfall kommt, stehen dafür die europäischen Steuerzahler gerade, weil sie die Garantien für diese Schulden übernommen haben. Griechenland ist dabei nur ein Teil des Problems, da ähnliche Rettungsaktionen gegenüber Irland, Portugal, Italien und Spanien laufen.