Eine dritte Konfliktlinie verläuft zwischen den Staaten, die sich an der Rettung der Krisenstaaten beteiligen.
Die finanziellen Hilfen und Garantien im Rahmen der Aktionen des großen Rettungsschirms werden von einem Konsortium von Staaten gegeben. Welcher Staat sich in welchem Umfang an den Hilfsmaßnahmen beteiligt, war von Anfang an ein heißes Eisen. So waren beispielsweise Länder, die selbst vor dem finanziellen Kollaps stehen, im Mai 2010 besorgt, dass ihr Engagement bei der Rettung ihre eigene Krisensituation verschlechtern könnte. Der EFSF-Vertrag enthält deshalb eine Klausel, die Mitglieder aus den Verpflichtungen entlässt, wenn sie selbst hilfsbedürftig werden. Aber auch innerhalb der zunächst gesünderen Retterstaaten gab es Streit. Finnland beispielsweise wollte bereits im Sommer 2011 gern die Notbremse ziehen und ließ sich eine Versicherung dagegen zurechtzimmern. Dabei sollte die Restgruppe der Retterstaaten Finnland entschädigen, wenn die Garantien aus dem Rettungsfonds angefordert würden. Das rief ähnliche Begehrlichkeiten anderer Retterstaaten auf den Plan. Es drohte das Ende der Rettergemeinschaft.
Konflikte unter den Rettern entstehen auch dann, wenn es um die Verteilung der Risiken geht. Große Unterschiede ergeben sich beispielsweise zwischen einer Rettung von Krisenstaaten durch den Aufkauf der Staatsschulden durch die EZB und einer Rettung durch eine gemeinschuldnerische Haftung für Kredite. Letztere könnte ein Gestaltungselement der bereits genannten, von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen europäischen »Stabilitätsbonds« sein. Fallen die Kredite in den geretteten Krisenstaaten aus, dann beteiligen sich die Mitgliedsländer an diesen Verlusten anteilig, und zwar im Umfang ihrer Anteile an den Geldschöpfungsgewinnen der EZB. Bei einer gemeinschuldnerischen Haftung lasten die Kosten überproportional auf den Staaten mit der höchsten Bonität. Deutschland haftet also im einen Fall in Höhe von etwa 27 Prozent, im anderen Fall steht Deutschland maximal bis zur Höhe der Gesamtsumme der Kreditausfälle gerade – so nämlich ist gemeinschuldnerische Haftung definiert.