14. Kapitel

Bea Hudson wurde soeben über die Schwelle getragen …

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»Wir sind da«, verkündet Adam, hebt mich hoch, stößt die Tür zu unserem Hotelzimmer auf und trägt mich hinein.

»Du sollst mich zu Hause über die Schwelle tragen«, lache ich, »nicht in unserem Flitterwochenhotel!«

»Oh, tut mir leid, mein Fehler!« Er tut, als wollte er mich fallen lassen, woraufhin ich mich kreischend an ihn klammere. Dann schreitet er weiter durchs Zimmer und wirft mich aufs Bett. Als er sich auf mich legt, kichere ich, schließe zufrieden die Augen und genieße seinen Körper auf meinem.

»Wir haben es also getan, Mrs. Hudson«, sagt er, streicht mir die Haare aus dem Gesicht und küsst mich sanft auf Lippen, Wangen und Augenlider.

»Noch nicht ganz.« Ich grinse frech und zerre an seiner Gürtelschnalle.

»Du könntest mich wenigstens zuerst opulent dinieren lassen!«, sagt er gespielt beleidigt.

»Ich habe aber nur auf eine Sache Appetit.« Ich öffne seinen Gürtel, zerre seine Hosen nach unten und setze mich rittlings auf ihn, wobei ich zwischen meinen Beinen spüre, wie hart er ist. Ich streife meinen Blazer ab, ziehe mir das Kleid über den Kopf, beuge mich vor und streiche sanft mit meinen Lippen über seine, dann beiße ich ihn zärtlich in die Unterlippe. Sein dunkler Bartschatten kratzt über mein Kinn. Ich verteile Küsse auf seinem Hals, arbeite mich mit den Händen seinen Körper hinunter und öffne dabei langsam seine Hemdknöpfe. Dann lehne ich mich an seine Brust, sodass sich unsere nackten Oberkörper berühren. Unsere Küsse werden leidenschaftlicher, während wir uns in der angenehmen Wärme unserer Münder verlieren.

»Mmm«, murmelt Adam und wirft mich auf den Rücken. »Wenn die Ehe so aussieht, bin ich froh, dass ich versprochen habe, bis zum Ende meines Lebens meine ehelichen Pflichten zu erfüllen …«

»Ja.« Ich lächle. »Geht mir genauso.« Ich stütze mich auf einem Ellbogen ab und streiche mit der Nase über Adams Hals. Er hat die Arme träge über den Kopf gestreckt. Dann blicke ich mich im Zimmer um. »Wow«, flüstere ich.

Adam öffnet ein Auge und verzieht den Mundwinkel nach oben, wodurch auf seiner Wange so etwas wie ein Komma erscheint, das sein Lächeln unterstreicht. »Das war echt unglaublich, was?«

»Ich meinte das Zimmer!« Er versucht, mich festzuhalten, doch ich springe kichernd aus dem Bett und erforsche unsere Suite, öffne Türen und jubele vor Begeisterung. Es ist kein großes, seelenloses Zimmer in einer spießigen überteuerten Suite mit Blick auf den Eiffelturm, wie ich es eigentlich bei Adam erwartet habe. Stattdessen haben wir ein liebevoll eingerichtetes Zimmer in wunderbar lebendigen Farben. »Ooh, sieh dir nur diese wundervolle Tapete an! Ich fühle mich wie in einem Garten!« Ich kann meine Begeisterung über die Bäume, an denen rosa Blüten schimmern, über das Grün der Blätter und den blauen Himmel dahinter gar nicht zügeln.

Das Bad ist klein, aber es ist perfekt geschnitten. Es hat eine frei stehende Badewanne auf Löwenfüßen, und es ist mit rosa und grünen Kacheln gefliest. Ich blicke durch die weißen Spitzengardinen aus dem Badezimmerfenster, das auf die schmalen Kopfsteinpflasterstraßen von Montmartre blickt. »Es ist perfekt«, seufze ich. Als ich aus dem Bad ins Zimmer spähe, sehe ich, dass Adam über dem Nachttisch lehnt, um sein Handy zu überprüfen. Ich stemme die Hände in die Hüften und tippe mit dem Fuß auf den Boden, doch er bemerkt es nicht. Also hüpfe ich stattdessen durchs Zimmer aufs Bett und konfisziere das Smartphone.

Adam lächelt entschuldigend und stupst mich dann sanft an. »Du hast mit einer teuren anonymen Suite an der Champs-Élysée gerechnet, stimmt’s? Eine Suite, für die die meisten Frauen wahrscheinlich töten würden, wie ich hinzufügen darf …« Sein Stupsen wird zum Kitzeln.

»Aber ich bin nicht die meisten Frauen«, entgegne ich kichernd, winde mich aus seinem Griff, schalte dann sein Telefon aus und lege es auf den Nachttisch.

»Nein, das bist du eindeutig nicht. Und genau darum habe ich dich geheiratet «, sagt Adam, während er zu mir herüberrollt. Er sagt immer das Richtige. Er akzeptiert mich genau so, wie ich bin.

Vielleicht gelingt mir das jetzt ja auch, nachdem ich Bea Bishop und mein Geheimnis zurückgelassen habe.

Nach einem himmlischen Frühstück erkunden wir am nächsten Vormittag aufgeregt die prächtige Champs-Élysées. Es ist alles sehr beeindruckend, aber irgendwie wünschte ich, ich könnte meine Pumps ausziehen und mich ins Gras legen.

»Wir sind fast da«, sagt Adam jetzt, und ich bleibe hinter ihm stehen und genieße es, ihn dabei zu beobachten, wie er die Karte studiert. Sein Kopf ist über den Plan gebeugt, und seine blauschwarzen Haare fallen ihm in die Stirn. Als ich ein Foto mache, blickt er auf und grinst mich an. Er wirkt so viel jünger und weniger angespannt als sonst. Ich blicke auf das Schild hinter ihm. Wir stehen an der Ecke einer schönen, von Ahornbäumen gesäumten Straße – der Avenue Franklin D. Roosevelt im 8. Arrondissement. Adam fasst mich an den Schultern und dreht mich um, damit ich die kunstvoll verzierte Fassade des Grand Palais sehe, des berühmten Ausstellungsgebäudes im Stil der Belle Époque.

»Da drin befindet sich das Wissenschaftsmuseum, Palais de la Découverte«, informiert er mich in perfektem Französisch.

»Toll! Gehen wir da rein?« Bei der Vorstellung sinkt meine Laune ein wenig. Ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen, als mir jetzt ein verstaubtes altes Museum anzusehen.

»Nein!«, lacht er. »Komm, hier entlang.« Adam fasst meine Hand und zieht mich mit sich. In seiner Hose vibriert sein Handy, doch er holt es heraus und schaltet es aus. Bei dieser Geste durchströmt mich ein warmes Gefühl.

»Wer ist das?« Ich zeige auf eine große Skulptur neben dem Museum. Er weiß es bestimmt, er weiß immer alles.

»Das ist eine Staute von einem Typen namens Alfred de Musset«, erklärt Adam.

»Gesundheit«, sage ich, als hätte er gerade geniest, und er lacht erneut.

»Warum, wie findest du sie?«, will Adam wissen.

Mich überkommt leichte Panik. Ich hasse es, nach meiner Meinung gefragt zu werden. Ich habe nie das Gefühl, die Antwort zu kennen, und würde am liebsten laut »Das weiß ich nicht!« schreien. Darum mag ich auch keine Museen. Sie gehören zu diesen Orten, an denen man von seiner Meinung überzeugt sein sollte. Und ich traue meinem Urteil schon lange nicht mehr.

»Ich weiß nicht …« Ich zögere und versuche, meine Gedanken zu sammeln, die Kontrolle zu behalten, mehr wie Adam zu sein. Mehr wie eine Hudson. »Ich glaube, na ja … Irgendwie gefällt mir, dass er so schrullig aussieht, und irgendwie …« Ich zögere erneut. »… ruhig. Als würde er versuchen, eine Entscheidung zu treffen.« Während ich spreche, werde ich langsam sicherer. Ich neige nachdenklich den Kopf. »Es sieht aus, als würde er zugleich zurück und nach vorn blicken.« Auf einmal spüre ich eine Beziehung zu diesem Stück scheinbar unauffälliger Kunst. »Er ist ein Träumer«, ende ich selbstbewusst.

»Ganz bestimmt«, pflichtet Adam mir bei, und ich spüre Stolz in mir aufwallen, dass ich richtigliege.

»Vielleicht ist an mir eine Kunstkritikerin verloren gegangen. Die Skulptur hat irgendwie zu mir gesprochen, weißt du?«

Adam beugt sich vor und hebt eine Braue. »Das ist lustig, denn er träumt angeblich von seiner ehemaligen Geliebten.«

»Oh«, sage ich und versuche, nicht rot zu werden. Plötzlich bin ich nicht mehr so begeistert. »Alfred de Musset, hast du gesagt? Alfred der Trottel wohl eher. Ich meine, welcher Idiot hängt denn so lange an seiner Ex!« Adam kichert, und ich nehme seine Hand. »Wohin gehen wir jetzt?«, wechsle ich rasch das Thema.

Adam lächelt und deutet auf eine alte bröckelige Steintreppe. Die Stufen winden sich nach unten und verschwinden im Nirgendwo.

»Was ist da unten?«, frage ich, als wir langsam hinuntersteigen.

Er wirft mir einen Seitenblick zu und zwinkert. »Lass dich überraschen …«

Er geht über die holprigen Stufen voran und vergewissert sich zwischendurch, dass ich nicht stolpere und ihm folge. Vor ihm liegt ein Durchgang aus Stein. Er sieht aus, als hätte sich ein Riese mit der Faust einen Weg geschlagen. Dahinter blitzt etwas Grünes auf, und vollkommen fasziniert stelle ich fest, dass Adam mich in einen wunderschönen versteckten Garten führt, in den goldenes Sonnenlicht fällt. Als Adam mir erklärt, wo wir sind, strahlt er über das ganze Gesicht.

»Willkommen im Jardin de la Vallée Suisse, einem geheimen Garten im Herzen von Paris, den ich extra für dich ausfindig gemacht habe.«

Mir geht das Herz auf. Er kennt mich so gut.

»Adam, das ist unglaublich!« Ich werfe mich in seine Arme, und er hebt mich hoch. Dann führt er mich zu einer Bank und packt Picknicksachen aus. Als er eine Flasche Champagner herausholt und sie öffnen will, bedeute ich ihm, damit noch zu warten. Ich will diesen perfekten Moment einfach noch länger auskosten.

»Schh«, sage ich. »Hör mal.« Neben Vogelgezwitscher nehme ich das Rauschen der Blätter wahr. Es klingt, als würden Tänzer mit weichen Sohlen über eine Bühne gleiten. Ich höre das leise Einatmen jeder Blume, die sich zur Sonne neigt, das Ausatmen der Bäume, während die Brise seufzend durch ihre Zweige streicht. »Es ist wunderschön.« Ich sinke auf die Bank zurück und lasse den Blick auf mich wirken. Der Duft von Ahorn und Flieder steigt mir in die Nase, ebenso wie der sommerliche Mittelmeergeruch von Zitronenbäumen. Immergrüne bedecken die Gartenmauern wie elegant smaragdgrün gekleidete Damen, die während eines Balls auf ihren Tanz warten.

Ich blicke zu Adam. Als er den Flaschenkorken knallen lässt und den Champagner in zwei Gläser füllt, müssen wir beide lachen. Er erzählt noch einmal von dem Moment, als er in Kew Gardens um meine Hand angehalten hat. Dabei schließe ich die Augen und fühle mich in jenen glückseligen Augenblick zurückversetzt. Es riecht nach englischem Sommer – nach Lavendel, Jasmin und Rosen, nicht nach Pariser Frühling. Und als Adam jetzt meine Hand nimmt, fühle ich mich in jenen Moment zurückversetzt, in dem er mich von dieser glücklichen Zukunft überzeugt hat, von der ich dachte, dass ich sie nicht verdiene. Ich höre, wie er wiederholt, was er damals gesagt hat – dass er immer auf mich aufpassen wird, dass er mich glücklicher machen wird, als ich es je für möglich gehalten habe. Und während die Sonne mein Gesicht wärmt und seine Worte mein Herz, erinnere ich mich daran, wie euphorisch ich war, als ich mich entschlossen habe, ihm zu glauben. Ich habe ihm geglaubt, dass ich eine Chance habe, die richtige Entscheidung zu treffen, und darum habe ich trotz der so lange in mir wohnenden Angst, dass ich kein Happy End verdient hätte, Ja gesagt.

Als wir uns jetzt in die Augen sehen, sage ich mir erneut, dass ich das Richtige getan habe. Ich weiß, dass Adam mich liebt und dass er mich nicht verlassen wird. Ich blicke mich um und präge mir jeden Winkel dieses wunderschönen geheimen Gartens ein. Plötzlich küsst Adam meinen Nacken, und als ich mich umdrehe und meine Lippen seine berühren, merke ich, wie ich die Vergangenheit loslasse und einem glücklichen, sonnigen, blumigen Vergessen entgegenwirbele – meine Zukunft liegt sicher in seinen Händen.