10. Kapitel
Während ich über den Strand renne und meine Füße immer wieder im Sand unter mir einsinken, ist mir klar, dass ich nicht nur vor Adam, vor unserer Hochzeit und vor dem sicheren Leben davonlaufe, in dem ich mich eingerichtet habe, seit ich ihm vor sieben Jahren begegnet bin. Ich flüchte auch vor dem Leben, das ich davor hatte. In dem mich mein Vater verlassen hat, in dem ich Risiken eingegangen bin, in dem ich mich verliebt und schrecklich tragische Fehler begangen habe, die ich mir nie verzeihen werde. Fehler, die mich gelähmt haben.
Als ich heute auf den Altar zugeschritten bin, ist mir klar geworden, dass ich seit jenem Sommer kein Stück weitergekommen bin. Ich habe nichts entschieden. Bin nicht meinen Träumen gefolgt. Habe lediglich versucht, nicht an jenen dunklen, gefährlichen Ort zurückgezogen zu werden, während Adam sich verzweifelt bemühte, mich über Wasser zu halten. Ich denke daran, wie er es immer so erfolgreich geschafft hat, mich aufzumuntern. Er besitzt die unglaubliche Fähigkeit, sich ganz genau an Situationen zu erinnern, und wann immer ich das Gefühl hatte unterzugehen, nahm er mich in seine Arme, murmelte »Weißt du noch, als …« und beschrieb dann so lebendig einen Moment aus unserem Leben, dass ich mich sofort an diesen »glücklichen Ort« zurückversetzt fühlte. Aber die Schatten – und mein Geheimnis – sind zurückgekehrt. Und nicht einmal Adam war stark genug, das zu verhindern.
Ich sehe das Hochzeitsauto vor mir und stapfe entschlossen zu meiner Cinderella-Kutsche. Eigentlich müsste sie sich schon in einen Kürbis verwandelt haben, doch zum Glück wartet sie noch immer geduldig auf dem Strandparkplatz, um mich nach Hause zu bringen.
Fest entschlossen, die Welt auszusperren, springe ich hinein und schlage die Tür zu.
»Wohin soll es gehen, Miss?«, fragt der Fahrer.
»Nach Hause. Ich möchte nach Hause.«
Das einzige Problem ist, dass ich überhaupt nicht weiß, wo mein Zuhause ist, wenn nicht bei Adam.