A
n einer roten Ampel hielt er und griff sofort zum Handy. Ein leiser Fluch entschlüpfte ihm, weil die Straßen so voll waren. Er kam viel zu langsam voran und konnte deshalb nur mit halbem Auge auf die Überwachungskamera schauen. Marina saß auf dem hellblauen Himmelbett und träumte vor sich hin. Manchmal lächelte sie.
»Sieh endlich nach unten«, murmelte er und fragte sich, ob er die Diele besser ein wenig mehr herausgezogen hätte. Vielleicht wurde sie gar nicht auf den Spalt aufmerksam. Die Ampel sprang auf Grün und er legte das Handy auf den Beifahrersitz. Dann gab er Gas und kämpfte sich durch die verstopften Straßen. Ausgerechnet heute schien der Verkehr besonders schleppend zu laufen. Er warf ungeduldig einen Blick auf die Uhr. Noch zwei Stunden bis zum Feierabend. Sein Herz klopfte hohl in der Brust. Was, wenn Marina wie die anderen abhauen wollte? Wenn sie den Schlüssel nahm und zur Haustür rannte? Sie würde nicht weit kommen. Genauso wenig wie Paula. Das Haus lag mitten im Wald. Hektor würde sie aufspüren. Seine Nase war einfach unbezahlbar. Niemand konnte sich vor ihm verstecken.
Er bog links ab und fuhr in eine schmale Seitenstraße. Eigentlich musste er noch arbeiten, doch jetzt war es Zeit für eine kurze Pause. Am Ende der Straße wohnte Helene. Er mochte ihren Namen. Falls es mit Marina nicht klappte, war sie für ihn die richtige Wahl. Er hatte gelernt, vorausschauend zu denken und sich niemals nur auf eine Option zu verlassen. Vorsichtig lenkte er den Wagen an den Straßenrand und parkte ein ganzes Stück entfernt. Bevor er es wagte, auszusteigen, sah er sich ausgiebig um. Als er sicher war, dass ihn niemand beobachtete, verließ er den Wagen. Neugierige Nachbarn kannte er nur zu gut. Sie hingen den halben Tag am Fenster und registrierten jede Bewegung. Sobald etwas Unerwartetes geschah, schlugen sie Alarm. Er konnte damit umgehen. Niemals lauerte er unmittelbar vor einem Haus. Er kundschaftete Stellen aus, auf die niemand achtete. Bei Helene war es eine dichte Hecke gegenüber. Es war das perfekte Versteck. Wie immer hatte er von hier aus alles im Blick. Selbst wenn jemand vorbeiging, bemerkte er ihn nicht, denn er hockte zwischen den Blättern und verhielt sich mucksmäuschenstill. Neugierig holte er seinen Feldstecher heraus. Helene arbeitete vormittags in einer Grundschule. Sie konnte wunderbar mit Kindern umgehen, davon hatte er sich mehrfach überzeugt. Sie gäbe eine ausgezeichnete Mutter für seine Kinder ab. Zudem gehörte Helene zu den hilfsbereitesten Menschen, die er kannte. Beinahe jeden Tag half sie einem älteren Mann, der in ihrem Hausaufgang im Erdgeschoss wohnte. Sie goss seine Blumen, holte die Post aus dem Briefkasten und manchmal kaufte sie sogar für ihn ein. Er zoomte Helene dichter heran. Ihre hellbraunen Locken fielen weich auf die Schultern. Ihr schmaler, langer Hals und der feste Busen ließen ihn nach Luft schnappen. Zwischen seinen Beinen brannte die Lust. Helene drehte sich wie ein kleines Mädchen nur in Slip und BH vor dem Spiegel in ihrem Schlafzimmer. Sie zog sich jeden Tag um, wenn sie von der Arbeit kam. Er liebte dieses Ritual. Hastig öffnete er den Reißverschluss seiner Hose. Es gab nicht viele Frauen, bei denen er so leicht in Erregung versetzt wurde und es bis zum Ende durchhielt. Helene löste den Verschluss ihres BHs. Er stöhnte leise und biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Es war wichtig, dass ihn keiner hörte. Sie drehte sich mit ihren kecken Brüsten zu ihm herum, als wollte sie mit ihm spielen. Er beschleunigte seine Bewegungen und schloss im letzten Moment den Reißverschluss. Die Spurensicherung der Polizei durfte nichts finden, erst recht keine DNS. Helene zog einen Sport-BH an. Gleich würde sie joggen gehen. Sie nahm immer denselben Weg. Er hatte bereits die Stelle festgelegt, an der er sie schnappen würde. Er freute sich darauf, doch jetzt musste er wieder an die Arbeit. Sein Handy hatte schon zweimal in der Tasche vibriert. Er seufzte und warf Helene einen langen sehnsüchtigen Blick zu. Dann kroch er zwischen den Blättern hervor und ging zügig zurück zu seinem Wagen.