E
r kroch fast in sein Handy hinein. Marina hatte endlich die lose Bodendiele entdeckt. Sein Herz schlug so schnell, dass ihm schwindlig wurde.
Sie nahm den Schlüssel heraus und betrachtete ihn.
»Geh nicht«, flüsterte er nervös.
Sie gehorchte nicht, sondern stand auf und ging zur Tür. Zuerst drückte sie bloß die Klinke hinunter. Seine Hoffnungen schwanden von Sekunde zu Sekunde. Hatte er sich etwa in Marina getäuscht? Sie mochte ihn, da war er sicher. Zumindest bis vor wenigen Minuten hatte er ganz fest daran geglaubt. Doch jetzt steckte sie den Schlüssel ins Schloss. Er hörte auf zu atmen und sah ihr wie hypnotisiert zu.
»Nein«, flehte er. »Bitte nicht.«
Die Tür sprang auf und er machte die Augen zu. Keine Sekunde länger konnte er mit ansehen, wie die Frau, die er so verehrte, um die er sich so sehr gekümmert hatte, vor ihm davonlief. Was zum Teufel ging nur schief in seinem Leben? Sein Vater war nicht in der Lage gewesen, eine Frau zu halten, und ihm liefen sie ebenfalls reihenweise davon. Selbst wenn er sie einsperrte, schien es nicht das Geringste zu bringen. Dabei mussten sie doch erkennen, wie sehr er sich bemühte. Er behütete sie Tag und Nacht. Er schlug sie nicht aus einer Laune heraus, sondern weil er das Beste für sie wollte. Er ernährte sie. Versorgte sie. Warum zur Hölle funktionierte sein Plan nicht? Er wählte extra Frauen aus, die Hilfe benötigten. Er rettete sie, bevor sich ihre Lage zu einer Katastrophe entwickelte. Gab es denn in dieser Welt keine Dankbarkeit mehr? Er verlangte doch nicht viel. Er gab ihnen wunderschöne Zimmer. In einer Villa, die sie sich bis zu ihrem Lebensende nicht leisten könnten. Er verwöhnte sie mit leckeren Menüs, die ihre gewalttätigen Partner nie zustande bekämen. Er sprach mit ihnen und er interessierte sich aufrichtig für sie. Noch nie hatte er eine von ihnen angerührt und er war auch nur ein Mann. Er hatte Bedürfnisse. Sahen sie denn nicht, wie er ihretwegen zurücksteckte? Wütend ballte er die Faust.
»Verdammtes Miststück!«, schoss es aus ihm heraus.
Er blickte erneut auf sein Handy und ließ es beinahe fallen. Marina saß wieder auf dem Bett. Er pochte gegen das Display, weil er eine Sekunde lang dachte, die Kamera spielte verrückt. Doch dann bewegte sie den Kopf. Sie sah ihn geradeheraus an.
Er blinzelte erschrocken. Marina senkte den Blick. Erleichtert atmete er aus. Sie hatte die Kamera nicht entdeckt. Aber weshalb saß sie auf dem Bett, als wäre nichts geschehen? Die Tür war offen, warum lief sie nicht weg?
Sein Herz gab ihm die Antwort: Sie wollte nicht fort. Im Gegensatz zu all den anderen verstand sie ihn. Sie mochte ihn.
Er starrte sie an und lächelte.
»Marina«, flüsterte er heiser und strich ihr zärtlich übers Gesicht.
Plötzlich fiel ihm Eva wieder ein. Verflucht! Dieses Miststück hatte er ganz vergessen. Er musste sie dringend loswerden. Marina durfte nie erfahren, dass es außer ihr noch andere gab.