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» D as muss er sein«, flüsterte Laura aufgeregt und zeigte Taylor ihre Entdeckung.
»Also ist es gar nicht Milan Zapke«, brummte Taylor und las die E-Mail-Nachrichten, die Laura nebeneinander auf dem Bildschirm angeordnet hatte.
»Ich hätte viel eher darauf kommen müssen«, fluchte sie. »Eine Frau, die geschlagen wird, versucht ihre Verletzungen zu verstecken. Niemand will ein Opfer sein, und es ist natürlich, die Wahrheit zu leugnen. Insbesondere bei Missbrauchsfällen ist das ein häufiges Phänomen. Deshalb zeigen die wenigsten Frauen ihren Ehemann an. Nicht nur aus Angst, sondern auch weil sie damit ihr heiles Weltbild zerstören würden. Was aber tun, wenn die Schmerzen nach einer Prügelattacke kaum auszuhalten sind?« Laura pochte auf den Bildschirm. »Sie besorgen sich Schmerztabletten. Sie wollen jedoch nicht in die Apotheke gehen. Es könnte sie jemand sehen und bemerken, dass sie verprügelt wurden. Also lassen sie sich die Medikamente nach Hause liefern. Himmel! Die Antwort lag die ganze Zeit vor meiner Nase.« Laura schüttelte fassungslos den Kopf und las die letzte Zeile der E-Mail laut vor, die in allen Nachrichten identisch war: »Vielen Dank für Ihren Auftrag. Unser Fahrer Samuel Maschke wird Sie bis heute Abend beliefern.«
Samuel Maschke. Laura hatte sein Gesicht vor Augen. Sie hatte sich sogar länger mit dem Neffen des Apothekers unterhalten, jedoch keinen Verdacht geschöpft. Sie war viel zu sehr auf Zapke fixiert gewesen. Dabei hatte der alte Apotheker ihr bereitwillig erzählt, dass die Medikamente von mehreren Mitarbeitern ausgeliefert wurden und dass Maschke sich um die Bestellungen kümmerte.
»Ich hätte viel eher darauf kommen müssen, spätestens als ich das Schlüsselbrett in der Apotheke gesehen habe. Sämtliche Schlüssel hängen dort. Also hat nicht nur Milan Zapke Zugriff, sondern im Grunde genommen jeder Mitarbeiter. Auch Samuel Maschke, der Neffe.« Laura wählte Simons private Handynummer. Trotz der späten Stunde ging der Computerexperte sofort ran.
»Kannst du mir die Adresse von Samuel Maschke besorgen?«, fragte sie und gab den Namen parallel in eine Internetsuchmaschine ein.
»Der wohnt über der Apotheke zusammen mit seinem Onkel«, sagte Simon nach einer Weile. »Unter dieser Adresse ist er gemeldet und sie steht ebenfalls im Telefonbuch.«
»Hält er Eva Hengstenberg in der Apotheke fest? Da ist doch viel zu viel los. Mitarbeiter, Kunden, Zulieferer. Es wäre bestimmt aufgefallen, wenn er vier Frauen dorthin gebracht hätte. Außerdem ist Paula Maaßen durch einen Wald gerannt und die Apotheke befindet sich mitten in der Stadt.« Laura zupfte sich am Ohrläppchen. »Besitzen Samuel Maschke oder sein Onkel weitere Immobilien? Kannst du das schnell rausfinden?«
»Ich versuche es und schaue mir zuerst Grundbücher an. Parallel sehe ich mal in alten Telefonbüchern nach. Früher wurde jeder dort aufgeführt und der Apotheker ist ja schon älter. Gut möglich, dass wir darüber schneller einen Treffer haben.«
»Okay. Gib mir Bescheid. Ich trommle die Spezialeinheit zusammen.«