Blick aus der Sauna in den Garten auf drei Ebenen, der mit Natursteinmauern terrassiert ist. (Sauna aus regionalen, nachwachsenden Rohstoffen, Beheizung elektrisch mit Ökostrom).
Bei Reinhard Witt geht es im Garten um nichts weniger als die Zukunft. In seinem Privatgarten, nur fünf Gehminuten von der Regensburger Altstadt entfernt und idyllisch auf der Donauinsel gelegen, will er Antworten geben auf die drängenden Probleme unserer Zeit: den Klimawandel, den Artenschwund und den Verlust an Biodiversität. Dem können Gartenbesitzer etwas entgegensetzen, wenn sie z. B. auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verzichten, die Bodenversiegelung gering halten, Wildstauden pflanzen und attraktive Lebensräume mit „wilden Ecken“, Wasser, Totholz und Steinen schaffen.
Alles wird zum Lebensraum, auch das modellierte Dach der Sauna mit u.a. Erysimum linifolium, Verbascum, Silene, Allium Hybride 'Millenium' und Einjährigen wie Tagetes.
Sitzplatz, umgeben von artenreichen Wildstauden und Gehölzen wie Zimtrose, Essigrose und Pimpernuss (Staphylea colchica).
Der kleine Stadtgarten bietet mit Teich, Trockenmauern und artenreichen Pflanzungen eine Vielfalt an Lebensräumen.
Blutbiene auf Mannstreu.
„Wir müssen unsere Gärten in Zukunft so gestalten, dass sie mit möglichst wenig technischem Aufwand überleben können. Wir brauchen Pflanzen, die Trockenheit, aber auch viel Nässe vertragen und einen Beitrag zum Artenschutz leisten“, fordert der studierte Biologe und Planer von naturnahem Grün. Seit nunmehr 40 Jahren beschäftigt er sich intensiv mit dem Thema „naturnahe Garten- und Landschaftsgestaltung“ und setzt dabei vor allem auf heimische Wildpflanzen. Seine Forderung lautet 2/3 heimische Arten, 1/3 Zierpflanzen nach Geschmack, damit das ökologische System im Garten funktionieren kann. Wobei „heimisch“ sich auf die Pflanzenarten Mitteleuropas bezieht, von deren Vorkommen das Überleben vieler Insektenarten abhängt. Und von diesen stehen mittlerweile etwa die Hälfte auf der „Roten Liste“. Denn von den ca. 15.000 Insektenarten sind etwa 90 % auf heimische Pflanzenarten, Familien oder Gattungen spezialisiert: die Mauerbiene z.B. auf den Natternkopf, die Maskenbiene auf die Gelbe Resede oder die Lauch-Maskenbiene auf Laucharten.
In seinem Garten hat Reinhard Witt seine Forderungen konsequent umgesetzt: „Unser Garten zeigt die vielfältigen Möglichkeiten naturnaher Gestaltung auf engstem Raum. Er ist ein Modell eines sich selbst erhaltenden, nachhaltigen, natürlichen Systems mit Chancen auf Veränderungen durch die Zukunft.“ Vorher war die kleine Fläche eine ökologische Wüste aus einer schrägen Schurrasenebene, Kirschlorbeerhecken und einer gefüllt blühenden Zierkirsche. Jetzt herrscht eine Vielfalt an Strukturen, Lebensräumen und Arten, die beeindruckt.
Pflanzen sind das Herz des Gartens – es finden sich alle pflanzlichen Lebensformen: Stauden, Einjährige, Zweijährige, Gräser, Farne, viele Wildblumenzwiebeln und Gehölze, wie z.B. Hechtrosen (Rosa glauca) mit ungefüllten Blüten und Hagebutten, verschiedene Ginsterarten, ein Blasenstrauch für Holzbienen, dazu Töpfe mit Bergminze (Calamintha nepeta), die verschiedene Arten von Furchenbienen anzieht. Schmalblättriger Hohlzahn wächst in den Pflasterfugen und verköstigt viele Kerbtiere. In den Spalten der Trockenmauer, die den Garten in drei Ebenen terrassiert, fühlen sich die typischen Vertreter des Steingartens wohl. Zäune werden von Kletterpflanzen zum Leben erweckt; selbst das Dach der Sauna wird mit Iris, Wolfsmilch und Bergsteinkraut zum Lebensraum. Klar, dass dieser Garten dank standortangepasster Bepflanzung ohne künstliche Bewässerung und ohne Lichteffekte auskommt.
Für Reinhard Witt ist es ein Gegenentwurf zu den allzu perfekten Gärten, die ein makelloses Bild suggerieren, das es so in der Natur nicht gibt. „Normal ist, dass Pflanzen irgendwie genutzt werden, von Tieren ebenso wie vom Menschen. Blütenbesucher machen nur 10 % der Insektenarten aus, die anderen 90 % finden sich an Blättern, Früchten, Samen oder am Holz“, gibt er zu Bedenken. Das muss man als Gartenbesitzer dann aushalten können. Schon deshalb ist Vielfalt aus ökologischer und ästhetischer Sicht sinnvoll, falls einzelne Pflanzen ausfallen. Obwohl es im Garten eben nicht nur um ästhetischen Genuss geht – er bietet auch eine Möglichkeit, einen aktiven Beitrag zum Artenschutz zu leisten. „Das Prinzip des Naturgartens ist Diversität. Wenn man das verstanden hat, will man nie wieder einen anderen Garten. Wie viel Leben dann hineinkommt! Man sieht den Garten mit anderen Augen – ich sehe vor allem Vielfalt, Lebendigkeit und Struktur“, bekräftigt der Naturgartenplaner. Sein Garten ist übrigens wenig pflegeaufwendig, so bleibt viel Zeit zum Erleben und Genießen. Und zum Beobachten all der Gartenbewohner und -besucher vom Eisvogel über Amphibien bis zu den zahlreichen Wildbienenarten, die sich an den Wildstauden tummeln.
Regensburg, Bayern
400 m2
Die Naturgartenplaner
Eigenleistung
Katrin Kaltofen
„Ein Garten voller Leben – Klimawandelfest, ökologisch wertvoll, ästhetisch ansprechend. Jeder Quadratmeter zählt!“
PLAN
1Wohnhaus
2Terrasse mit Sitzplatz und Wildblumenbeeten
3Kräuterrasen mit Wildblumensäumen
4Sauna mit Naturteich