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Gartenkultur – Kultur im Garten

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Der symmetrischen Ordnung ist eine überschäumende Bepflanzung gegenübergestellt, welche die Strenge überwächst.

„Unser Hofgarten ist nichts Statisches, er hat sich mit uns weiterentwickelt. Er stellt eine Verbindung zur Vergangenheit her, ist gleichzeitig aber auch eine Stätte im Jetzt mit zeitgenössischer Kunst und Kultur. Begegnungen finden hier statt und füllen den historischen Ort mit Leben“, sagt Iris Leonhardt, Gartengestalterin und Künstlerin.

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Die Natursteinmauer wird zur Ausstellungsfläche für Kunst, die eine erweiterte Wahrnehmung schafft und den Genuss im Gartenraum erhöht. Kunst von Julia Belot, Wiesbaden

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Stimmungsvolle Räume mit Tonnengewölbe im Hofgarten sind wie geschaffen für den Kunst- und Kulturgenuss.

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Zauberhaft: alter abgestorbener Obstbaum, von einer Clematis zu neuem Leben erweckt.

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Die Skulpturen bestehen aus Ton mit hohem Schamotte-Anteil, sodass sie frostfest sind.

Vor einigen Jahren restaurierte sie zusammen mit Jürgen Süß ein barockes Gehöft inmitten eines alten Winzerdorfes und gestaltete den dazugehörigen Innenhof und ummauerten Garten mit gebotener Sensibilität um (vgl. Gärten des Jahres 2018). „Die alten Mauern und Bäume waren sehr beeindruckend in der Wirkung, die es unbedingt zu erhalten galt. Ein besonderer Garten mit Blick auf alte Dächer und die Kirche sollte behutsam entwickelt werden“, erzählt die Designerin. Eine Entwicklung, die bis heute anhält.

Als Iris Leonhardt, die Malerei und Produktdesign studiert hat, wieder Zeit für ihre skulpturalen Arbeiten fand, öffnete sie ihren Garten auch für andere Künstler und Künstlerinnen. So bietet der Hofgarten nun einen ästhetischen Rahmen für Kunst- und Kulturgenuss. Stauden machen den Ort zu einem Dufterlebnis, von denen auch Insekten profitieren. Weinranken verleihen dem Hof eine verwunschene Atmosphäre – eine Lokalität wie geschaffen, um dort Konzerte und Lesungen zu veranstalten oder Kunstwerke auszustellen. Die alten Bruchsteinmauern im Innenhof und im höher gelegenen Garten bieten eine besondere Ausstellungsfläche für Malerei. Dargestellt sind beispielsweise Motive aus dem Garten, die sich mit der Staudenbepflanzung zu einem floralen Gesamtbild vereinen. „Kunst im Garten schafft eine erweiterte Wahrnehmung und erhöht den Genuss im Gartenraum“, ist Iris Leonhardt überzeugt. Regelmäßig wechseln die Exponate und natürlich stellt auch Iris Leonhard ihre eigenen Skulpturen dort aus.

Die Figuren bestehen aus Ton mit einem hohen Anteil an Schamotte, sodass sie frostfest sind und im Winter draußen bleiben können. Platziert sind die Plastiken inmitten einer überbordenden Staudenfülle auf quadratischen Betonsteinen, die ebenso zum Sitzen dienen und gleichzeitig ein grafisches Gestaltungselement sind.

Form und Struktur spielen eine große Rolle. Das Gestaltungskonzept nimmt abstrakt Bezug auf die Bauzeit des Hauses um das Jahr 1770, auf barocke Anlagen mit ihrer Symmetrie. Der symmetrischen Ordnung ist eine überschäumende Bepflanzung entgegengestellt, welche die Strenge lässig überwächst und sich um die gerade Linie der Wegeführung wenig schert. „Nicht zu reduziert und nicht zu verspielt in der Wirkung – ein intensives Gefühl von Natürlichkeit ist gewünscht“, erklärt Iris Leonhardt. So wirkt die Gestaltung zeitgemäß, nimmt aber auch Rücksicht auf den historischen Ort. Es ist ein geschützter, ein geheimer Garten, der mit seinen steinernen Mauern ein spezielles Mikroklima schafft. Über eine alte Sandsteintreppe gelangt man vom Innenhof in den höher gelegenen Bereich. „Sobald die 26 Stufen überwunden sind, wird man von den ausladenden Ästen des alten Kirschbaumes umarmt, unter dem sich ein Gewölbekeller befindet. Die lichtdurchflutete Atmosphäre mit dem Blütenmeer, der hohen Bruchsteinmauer als Point de vue und der Kunst ist ein Erlebnis“, sagt Iris Leonhardt.

Immer wichtiger wurde in den letzten Jahren eine robuste Bepflanzung, denn die Niederschläge im Weinbauklima sind gering und die Sonne kann im Sommer gnadenlos herunterbrennen, was durch die Ummauerung noch potenziert wird. Was diesen Bedingungen nicht standhält, wird durch trockenheitsresistentere Arten ersetzt. Dazu zählen u. a. Fetthenne (Sedum telephium-Hybride 'Matrona'), Mittelmeer-Wolfsmilch (Euphorbia characias ssp. wulfenii), Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana ssp. niciciana), Hohe Bart-Iris (Iris x barbata-elatior) oder Hanfblättriger Eibisch (Althaea cannabina). „Es gibt viele interessante Pflanzkombinationen, die wir für unsere besonderen klimatischen Bedingungen und Bodenverhältnisse testen“, sagt Iris Leonhardt. Somit ist eines gewiss – der Garten wird sich weiterentwickeln.

LAGE DES GARTENS

Westhofen, Rheinland-Pfalz

GRÖSSE DES GARTENS

1 050 m2

PLANUNGSBÜRO

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AUSFÜHRUNG

Köbig GmbH Alzey

FOTOGRAFIE

Iris Leonhardt

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„Der Hofgarten stellt eine Verbindung zwischen historischer und moderner Gartenkultur her. Ein Ort der Begegnung im Jetzt mit zeitgenössischer Kunst, Lesungen und Konzerten.“

IRIS LEONHARDT UND JÜRGEN SÜSS

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PLAN

1Entree

2Prunus

3Juglans regia

4Prunus amygdalis

5Staudenkarree

6Natursteinmauer