3Plus Freiraumplaner

Farbe als Nebensache

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Die große Terrasse besteht aus einfachen Gehsteigplatten, dazwischen sind Streifen mit gebrauchtem Mosaikpflaster verlegt.

„Beim Blick durch die großformatigen Fenster des Wohnraums wirkt unser Garten wie ein Bühnenbild mit den Pflanzen als Akteure. Es ist ein kleiner Dschungel, urig und wild, ein Eldorado für zahlreiche Vogelarten. Hier geht es nicht um Blütenfarben, sondern um Form und Raumbildung, um Blattstrukturen und -texturen“, sagt Norbert Kloeters, Professor für Landschaftsarchitektur.

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Blick vom Frühstücksplatz unter der alten „Hochzeitsmispel“ auf die Terrasse.

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Streng geschnittene Hecken gliedern den Raum, Gräser und Stauden bieten dazu einen starken Kontrast. Blickfang links vorne: Zierrhabarber (Rheum tanguticum), rechts vorne: Felsenbirne; im Hintergrund: Mispel.

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Der Garten wirkt durch die großformatigen Fenster wie ein Bühnenbild – mit den Pflanzen als Akteure.

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Wegen der Hecken (weit über 100 m) ist der Garten auch ein Eldorado für zahlreiche Vogelarten. Rechts im Bild: der Anbau.

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Der Garten lebt vor allem von unterschiedlichen Blattstrukturen und -texturen, weniger von der Farbenpracht der Blüten.

Vor etwa 25 Jahren als junger Landschaftsarchitekt hatte er den Garten und das darauf befindliche schmale Reihenendhaus erworben. Die Lebensqualität hier im Kurviertel ist hoch – Grund genug, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Davor wurde das Haus 30 Jahre lang von belgischen Soldaten bewohnt, die in Aachen stationiert waren. Zu dieser Zeit bestand der Garten vor allem aus einer Betonterrasse sowie einer nach hinten ansteigenden Rasenfläche.

Zunächst ging es vor allem um Sichtschutz zu den umliegenden Häusern. Die Enge der Grundstücke (5,5 m breite Häuser) und die hohe Siedlungsdichte verlangte nach Privatsphäre. Erste Investition daher: eine rundum laufende Rotbuchenhecke (Fagus sylvatica), der klassische Heckenbaum in der Region. Im hinteren Bereich des Gartens ist die Hecke über 3 m hoch, da dort die Häuser deutlich höher stehen.

Als die Kinder klein waren, diente die ansteigende Rasenfläche zunächst als kleiner Schlittenhang. Sie wurde später terrassiert und in nutzbare Ebenen verwandelt. Anfangs war nur Geld für die Terrassierung mit Betonstützmauern da. Vor die Mauerscheiben setzte Norbert Kloeters daher immergrüne Ligusterhecken (Ligustrum vulgare 'Atrovirens'), sodass die Scheiben nicht zu sehen sind. Die Staffelung der Hecken, die nach hinten ansteigend etwas höher werden, verleiht dem schmalen Raum Tiefe. „Ich habe mich von einem Garten des Schweizer Landschaftsarchitekten Dieter Kienast inspirieren lassen“, berichtet Norbert Kloeters.

In seinem Garten ist der Aufbau ähnlich: Er lebt von der Strenge der Hecken, die regelmäßig geschnitten werden müssen, damit die Konturen und damit die Spannung zwischen dem Formalen und den frei wachsenden Gräsern und Stauden nicht verloren geht. „Daraus bezieht der Garten seinen Reiz, und aus der Raumbildung durch die Hecken“, sagt Norbert Kloeters.

Reizvoll ist aber ebenso die artenreiche Gräser- und Staudenbepflanzung mit ihrer Vielfalt an Strukturen und Texturen. „Der Garten brennt kein Blütenfeuerwerk ab, aber Blattstrukturen dauern dafür viel länger an“, stellt Norbert Kloeters fest. Das Wechselspiel der Blattformen und linearen Strukturen sowie der unterschiedlichen Oberflächen, etwa zwischen den fein behaarten, rundlich-gezähnten Blättern des Frauenmantels (Alchemilla mollis) und den glatten glänzenden Blättern der Haselwurz (Asarum europaeum) ist ein Gartenschmuck, der vielleicht nicht so augenfällig ist wie starke Blütenfarben, dafür aber ungleich poetischer.

Versetzt angeordnete Felsenbirnen (Amelanchier lamarckii) in Schirmform und eine Mispel (Mespilus germanica) am Ende des Gartens schaffen Vorder- und Hintergrund. Aus der Mispel (ein Hochzeitsgeschenk), die vor 25 Jahren in den Garten mit einzog, ist mittlerweile ein knorriges Bäumchen geworden. Hier unter dem selten gepflanzten Rosengewächs ist der ideale Platz zum Frühstücken mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages und dem Blick auf Haus und Terrasse. „Deutlich später, nach der Erweiterung des Wohngebäudes mit einem Anbau durch meine Frau (Innenarchitektin) wurde die große Terrasse gebaut“, erzählt Norbert Kloeters. Sie besteht aus einfachen Gehsteigplatten, dazwischen gibt es Streifen mit gebrauchtem Mosaikpflaster. So ist der Garten auch ein Paradebeispiel dafür, dass ein Garten nicht teuer sein muss. Man braucht nicht unbedingt viel Geld, um einen guten Garten zu schaffen, aber eine gute Planung, ein gutes Konzept. „Besonders stolz bin ich darauf, dass das vor über 25 Jahren erstellte Grundgerüst des Gartens trotz der Weiterentwicklung im Laufe der Jahre bis heute absoluten Bestand hat.“ Es hat sich über all die Jahre bewährt und wird nicht verändert.

LAGE DES GARTENS

Aachen, Nordrhein-Westfalen

GRÖSSE DES GARTENS

320 m2

PLANUNGSBÜRO

3Plus Freiraumplaner

AUSFÜHRUNG

Norbert Kloeters und Freunde

FOTOGRAFIE

Norbert Kloeters

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„Raumbildung, Struktur, Texturen und der Umgang mit Licht sind von elementarer Bedeutung für die Schaffung schöner Gärten. Blütenfarben sind möglich, aber nicht zwingend notwendig.“

NORBERT KLOETERS

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PLAN

1Wohnhaus

2Anbau

3Felsenbirne

4Schattensitzplatz unter Mispel

5Ligusterhecke vor Mauer