Kapitel 8

Ihr Schlüsselbein warf einen kleinen gewölbten Schatten auf ihre Haut, auf den er seinen Mund legte. Mit der Zunge folgte er dem Verlauf des zierlichen Knochens und wanderte dann wieder ihren Hals hinauf.

Es bestand kein Zweifel daran, dass Zara Olsen eine umwerfende Frau war – eine unglaubliche Frau. Emmett war durcheinander und traurig, als sein Schwanz schließlich weich wurde und er gezwungen war, die warme und enge Geborgenheit ihres Körpers zu verlassen.

Sie wimmerte, als er aus ihr herausglitt. Er fühlte sich ganz genauso.

Aber er hatte auch nur dieses eine Kondom dabei – wenn sie das also wiederholen wollten, musste es ein anderes Mal sein, oder er musste Riley um mehr Kondome anhauen.

Wenn es dazu kommen sollte, hätte sein Freund für die nächsten Tage ein so fettes Grinsen im Gesicht, dass man es noch vom Weltall aus sehen konnte.

Er sah sich im Weinkeller um, auf der Suche nach einem Waschbecken oder etwas Ähnlichem, an dem sie sich säubern konnten. Und tatsächlich, in einer Ecke gab es nicht nur ein kleines Waschbecken, sondern auch eine Rolle Küchenpapier und einen Mülleimer. Riley hatte an alles gedacht.

Er versicherte sich, dass es ihr gut ging und sie nicht im nächsten Moment vom Weinfass fallen würde, bevor er das Kondom abzog, verknotete und zum Waschbecken hinüberging.

Er warf das Gummi in den Müll, wusch sich Hände und Gesicht, faltete dann ein Papiertuch und hielt es für Zara kurz unter warmes Wasser.

»Du hast echt interessante Freunde«, sagte sie, als er zu ihr zurückkam. »Eine riesige Villa mit einem Atombunker als Weinkeller.« Sie pfiff durch die Zähne. »Solche Freunde habe ich nicht.«

Sie wollte ihm das Papiertuch abnehmen, doch er schüttelte den Kopf und wischte sie stattdessen selbst sauber. Das war schließlich das Mindeste, was er tun konnte.

Ihr Lächeln war schüchtern und ein wenig zurückhaltend, aber die Hitze in ihrem Blick verriet ihm, wie sehr es ihr gefiel, dass er wieder die Kontrolle übernommen hatte. Dass er sie umsorgte.

Er fühlte sich besser, wenn er die Kontrolle hatte. Auch wenn er sie für einen Augenblick verloren hatte, als er gekommen war. Er hatte die Augen zugekniffen und sie geküsst, nachdem er von ihr verlangt hatte, ihn die ganze Zeit anzusehen. Ja, in dem Moment hatte der Kontrollfreak nicht sehr viel Kontrolle gehabt.

Er verlor nicht gern die Kontrolle. Überhaupt nicht gern. Und so sehr er die post-orgasmische Euphorie auch festhalten wollte, begann doch irgendwas in seinem Nacken zu kribbeln. Er hatte bei dieser Frau die Kontrolle verloren. Sie hatte seine Tochter kennengelernt. So richtig sie sich auch in seinen Armen anfühlte … so sollte das eigentlich nicht ablaufen.

»Danke«, flüsterte sie, als er fertig war und wieder zum Mülleimer ging.

Er kehrte zu ihr zurück und half ihr vom Fass herunter. Er würde dieses Fass und diesen Weinkeller nie wieder mit denselben Augen sehen.

Sie hielt ihm die Hand hin. »Ich bin am Verhungern. Sollen wir uns was zu essen suchen?«

Emmett verdrängte die merkwürdigen Gefühle, die in ihm rumorten, und nahm ihre Hand. Gemeinsam stiegen sie die Treppe hoch.

»Ich würde gern kurz nach Jojo sehen, wenn dir das nichts ausmacht. Es schien ihr zwar gut zu gehen, als sie gegangen ist, und sie hasst es, wenn ich überfürsorglich bin, aber ich würde trotzdem gern nachsehen, ob alles okay ist.«

Sie drückte seine Hand. »Na klar. Ich bin mir sicher, Nolan passt gut auf sie auf.«

Sie erreichten das obere Ende der Treppe und wandten sich beide noch einmal um, um einen Blick hinunter in den Weinkeller zu werfen. Emmett sah Zara von der Seite an. Sie biss sich auf die Lippe, um ein Grinsen zurückzuhalten.

Sein eigenes Grinsen war gigantisch.

»Das hat Spaß gemacht«, sagte sie und wandte sich ihm zu.

»Das hat es. Mein bestes Silvester seit Langem.«

Ihre blauen Augen funkelten. »Meins auch.«

Er hörte ihren Magen knurren. »Dann gehen wir dich mal füttern.« Mit einem letzten Blick zurück in den Keller zog er sie von der letzten Stufe hinauf in Rileys Büro, schloss und verschloss die Kellertür, bevor sie hinaus in den Flur traten.

Aus Richtung des Hobbyraums voller Kinder waren fröhliche Stimmen zu hören. Von oben drangen Gesprächsfetzen, Lachen und das Klimpern von Besteck zu ihnen.

»Können wir den restlichen Abend einfach hier unten bleiben?«, fragte Zara, als sie auf das große Spielzimmer zugingen.

Emmett ließ abrupt ihre Hand los und trat einen großen Schritt von ihr weg, woraufhin sie ihm einen fragenden Blick zuwarf. »Wäre das nicht schön?«, sagte er und hoffe, dass sein Lächeln sie beruhigte. Er hatte Jojo mit Nolan in einer Ecke des Raums entdeckt. Die zwei saßen zusammen auf dem Boden und arbeiteten an einem Puzzle. Sie bemerkte ihn nicht mal, als er auf sie zuging.

»Sieht so aus, als hättet ihr beide Spaß«, sagte Zara. Sie stellte sich extrem dicht neben Emmett, als beide Kinder nickten, sich jedoch nicht die Mühe machten, zu ihnen hochzusehen. Emmett brachte einen halben Schritt Abstand zwischen sich und Zara, was ihm einen weiteren fragenden Blick einbrachte. Er wollte einfach nicht, dass Jojo sich ein falsches Bild von ihm und Nolans Mutter machte. Der Junge hatte ihnen sowieso schon vorgeworfen, dass sie sich geküsst hatten. Er wollte seine Tochter nicht noch mehr verwirren. Nicht so, wie seine Ex-Frau Jojo verwirrt hatte, als sie ihr aus heiterem Himmel ihren neuen Freund vorgestellt hatte.

Anscheinend hatte seine Ex-Frau Huntley, ihren Neuen, gleich an dem Abend, als sie ihn Jojo vorgestellt hatte, bei sich übernachten lassen, und das hatte Jojo überhaupt nicht gefallen. Seine Ex und Huntley hatten die Schlafzimmertür abgesperrt und am nächsten Morgen ausgeschlafen, sodass Jojo sich selbst ums Frühstück hatte kümmern müssen.

Außerdem neigte seine Tochter seit der Scheidung zu Albträumen, wachte häufig mitten in der Nacht auf und wollte dann geknuddelt werden. Jojo hatte ihm erzählt, dass sie auch in jener Nacht aufgewacht war, Tiff sie aber nicht weinen gehört hatte. Und als Jojo dann zu ihrer Mutter hatte gehen wollen, war die Tür verschlossen gewesen, und sie hatte nicht weitergewusst. Sie hatte nicht laut klopfen wollen, weil Huntley bei ihrer Mutter im Schlafzimmer war, deswegen war sie schließlich zurück in ihr Zimmer gegangen und hatte sich in den Schlaf geweint.

Seiner Tochter zufolge war Huntley dann irgendwann nur in seiner Unterwäsche bekleidet – die kurze, eng anliegende weiße Sorte – aus dem Schlafzimmer gekommen und hatte in diesem Aufzug auch gefrühstückt. Jojo wäre vor Scham am liebsten im Boden versunken.

Emmett und Tiff waren in einen riesigen Streit geraten, als Jojo am nächsten Tag zu ihm gekommen war und ihm alles erzählt hatte. Sie wollte nicht mehr zurück zu ihrer Mutter gehen, solange Huntley dort war. Es gefiel ihr nicht, dass er sich in ihrem Zuhause so breitmachte und sie nicht zu ihrer Mutter konnte, wenn sie sie in der Nacht brauchte.

Emmett verstand seine Tochter, aber Tiff fand, dass sie beide überreagierten.

Die ganze Sache hatte sich damals ziemlich hochgeschaukelt.

Und auch wenn Jojo kein Problem mit Zara zu haben schien, störte es ihn trotzdem irgendwie, dass er keinen Einfluss darauf gehabt hatte, wie seine Tochter die Frau kennenlernte, an der er interessiert war. Das alles machte ihn sehr nervös.

»Josie hilft mir mit diesem Puzzle«, sagte Nolan, noch immer ohne zu Zara oder Emmett aufzusehen.

»Wir helfen uns gegenseitig«, korrigierte Jojo und schob sich eine lange blonde Strähne hinter das Ohr.

Nolan nickte abwesend, seine Wangen liefen leicht rot an. »Stimmt. Stimmt. ‘tschuldigung.«

»Es ist jedenfalls schön, euch beide zusammen spielen zu sehen«, sagte Zara. »Und Josie, ich kann gerne deine Giraffe reparieren, wenn du möchtest. Ich denke, das kriege ich sogar bis morgen schon hin.«

Nun sah Jojo doch endlich zu ihnen auf. Sie musterte Emmett mit zusammengekniffenen Augen, dann wanderte ihr Blick zu Zara. Das ungute Gefühl in Emmett wuchs, und er machte noch einen halben Schritt von Zara weg. Die runzelte die Stirn und blähte die Nasenflügel, als sie ihm einem Seitenblick zuwarf. Sie spannte den Kiefer an.

»Danke«, sagte Jojo schließlich, bevor sie den Kopf wieder senkte und weiter nach Puzzleteilen suchte.

»Wir könnten morgen doch alle zusammen frühstücken gehen«, sagte Zara mit so viel Hoffnung in der Stimme, dass sich sofort Emmetts Nackenhaare aufstellten. Er brach schon jetzt all seine Regeln, indem er zuließ, dass Jojo diese neue Frau kennenlernte – auch wenn er wenig dagegen tun konnte –, aber irgendwo musste er eine Grenze ziehen, wenn es darum ging, wie viel Zeit Jojo mit ihr verbrachte. Liebevolle Mutter hin oder her.

Zara versuchte die Situation zu kontrollieren, und das gefiel ihm nicht.

Er hatte Regeln. Er und Tiff hatten eine Abmachung.

Ja, aber es ist ja nicht so, als hätte sie sich daran gehalten.

Das stimmte zwar, aber man konnte einen Heuchler nicht mit einem anderen ausgleichen, und er wollte seine Tochter nicht verwirren oder ihr falsche Hoffnungen machen. Er wollte auch nicht, dass sie sich zu sehr an Nolan gewöhnte – oder an Zara –, falls es zwischen ihnen nicht funktionieren sollte.

Es gab einfach so viel zu bedenken, bevor er seine Tochter mehr Zeit mit Zara verbringen lassen konnte – oder mit irgendeiner anderen Frau, die er datete. Er konnte diese Entscheidung nicht einfach so spontan treffen, ohne vorher die Vor- und Nachteile abzuwägen und Zara selbst besser kennenzulernen. Was, wenn die Chemie zwischen ihnen nur dem Rausch der Silvesternacht geschuldet war und sie in Wirklichkeit überhaupt nichts gemeinsam hatten? Was, wenn sie morgen früh herausfanden, dass sie eigentlich gegensätzliche Magnete waren, statt sich magnetisch anzuziehen? Was dann? Wie sollte er seiner Tochter das erklären?

Ja, er mochte die Frau, die neben ihm stand, fand sie absolut umwerfend – zumindest die Aspekte, die er in den letzten zwölf Stunden kennengelernt hatte –, aber ihre Beziehung, oder was auch immer es sein mochte, war noch extrem frisch.

Wären Jojo und Nolan nicht auf dieser Party gewesen, hätte er seiner Tochter Zara niemals so früh vorgestellt und seinerseits Sorge und Zurückhaltung geäußert, wenn Zara darauf bestanden hätte, ihm Nolan so früh vorzustellen.

Ganz egal, wie sehr er Zara mochte, seine Tochter war sein Leben, und er würde ihr Glück für nichts in der Welt gefährden. Er würde sie nicht verwirren oder unnötig stressen, wenn er es verhindern konnte. Sie hatte im Lauf der Scheidung schon so viel mitgemacht, das würde er ihr nicht noch mal antun. Für niemanden.

Er hatte seine Regeln aus gutem Grund aufgestellt. Er hatte sich aus gutem Grund so lange von der Dating-Welt ferngehalten.

»Können wir, Dad?«, fragte Jojo und unterbrach damit seine Gedanken. Er sah hinunter auf seine Tochter. Sie und Nolan sahen nun beide verwirrt und ungeduldig zu ihm auf.

»Können wir was?«, fragte er.

»Morgen zusammen frühstücken gehen. Wir alle. Nolan und ich sind jetzt Freunde.«

Emmett schluckte. »Mal schauen, Süße. Kann gut sein, dass du morgen ziemlich müde bist.«

Seine Tochter zog die Nase kraus und hob eine Schulter. »Dann gehen wir eben Mittagessen. Oder Abendessen.«

»Ich mag das Bistro Lavendel und Flieder«, sagte Nolan. »Warst du da schon mal?«

Jojos Augen wurden groß, und sie nickte enthusiastisch. »Das ist mein Liiiieblingsrestaurant. Wir kennen die Besitzerin, und sie tut immer einen extra Keks für mich in die Tüte.«

»Ich will die Besitzerin auch kennen«, sagte Nolan, dessen Augen groß und rund wurden. »Ich liebe die Cupcakes mit weißer Schokolade. Meinst du, wenn ich die Besitzerin kennenlerne, würde sie mir zwei davon geben?«

Jojo zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Ich weiß nicht.« Sie blickte wieder zu Emmett auf. »Also Mittagessen, Dad? Können wir?«

Sowohl Jojo als auch Nolan sahen ihn hoffnungsvoll an. Er ließ seinen Blick zu Zara wandern. Sie war die ganze Zeit auffallend still geblieben. Aber es war ihr Frühstücksvorschlag gewesen, der diese ganze Sache erst ins Rollen gebracht hatte. Und sobald irgendetwas mit Kindern erst mal ins Rollen geriet, nahm es meist ziemlich schnell an Fahrt auf, krachte nicht selten gegen einen Baum und ging in Flammen auf.

Emmett räusperte sich. »Mal schauen, Jojo. Ich muss erst deine Mutter fragen, was sie für morgen geplant hat. Eigentlich wärst du heute Abend ja bei ihr gewesen, weißt du noch? Kann sein, dass sie dich gleich morgen früh zurückhaben will.«

Seine Tochter machte ein abschätziges Geräusch und verdrehte die Augen. »Sie und Huntley schlafen bestimmt lange.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und setzte sich mit einem trotzigen Aufseufzen zurück. »Du lässt mich nie irgendwas machen, was Spaß macht.«

Emmett zog die Augenbrauen hoch. »Wenn du so weitermachst, junge Dame, wird sich mein Vielleicht ziemlich schnell in ein knallhartes Nein verwandeln.« Sein Ton war freundlich, aber fest. Er wusste, dass seine Tochter müde war. Vermutlich alle Kinder hier. Normalerweise war Jojo um halb acht im Bett, allerspätestens um acht. Vielleicht sollte er Daisy suchen und sie fragen, ob er Jojo in einem der Gästezimmer schlafen legen konnte. Oder vielleicht sollte er seine Tochter einfach nach Hause bringen. Er hatte nicht viel getrunken, er konnte noch fahren.

Seine Tochter runzelte die Stirn, verzog die Lippen zu einer enormen Schmollschnute und sah über ihre Nasenspitze hinweg auf Emmetts Schuhe hinunter. »Ich bin morgen bestimmt nicht müde. Kannst du Mommy schreiben, dass ich morgen mit meinem Freund Nolan und seiner Mom frühstücken gehe?« O ja, sie war definitiv müde. Der jammernde Tonfall, der ihre Bitte begleitete, war ein sicheres Zeichen. Jojo war normalerweise ein sehr verträgliches Kind, aber Schlafentzug machte sie weinerlich und beinahe streitsüchtig.

Er ging in die Hocke und breitete die Arme aus. »Ich glaube, hier ist jemand ziemlich müde und braucht dringend eine Daddy-Umarmung, bevor sie etwas sagt, was ihr Ärger einbringt. Mir gefällt nicht, wie sich das hier entwickelt, Josephine.«

Langsam hob Jojo den Blick. Ihre Augen waren so rot. Ihre Mundwinkel waren nach unten gezogen und zitterten, während sie mit den Tränen kämpfte.

Sein Herz zog sich zusammen.

Seine arme kleine Jojo. So stark. So müde.

Sie ließ sich auf ihre Hände und Knie fallen und krabbelte auf ihn zu, warf sich dann in seine Arme. Er hörte gedämpftes Weinen an seiner Schulter, an der sie ihren Kopf vergraben hatte. »Tut mir leid, Daddy«, flüsterte sie.

Er drücke sie fest an sich und strich ihr sanft über den Rücken. »Es ist alles gut, Süße. Sollen wir nach Hause gehen?«

Über sich hörte er ein scharfes Einatmen und sah zu Zara auf. Sie ließ ihren Blick durch den Raum wandern, aber die Röte in ihren Wangen war nicht zu übersehen.

»Nein, Daddy«, jammerte Jojo. »Ich will noch bleiben.«

»Okay, aber wie wäre es mit einer kleinen Pause? Wir könnten Tante Daisy suchen und sie fragen, ob du dich ein bisschen in einem ihrer Gästezimmer ausruhen darfst.« Er drehte sein Handgelenk und sah auf die Uhr. Es war halb elf. Seine Tochter würde niemals bis Mitternacht durchhalten.

Jojo nickte an seiner Schulter, bevor sie den Kopf hob. Ihre Augen waren feucht. »Okay, aber weckst du mich vor dem Countdown wieder auf?«

»Mache ich.« Er strich ihr das Haar aus der Stirn und den Augen. Sie hatte sich erst vor einem Monat Ohrlöcher stechen lassen dürfen und trug immer noch die kleinen medizinischen Stecker, goldene Herzen mit einem glitzernden Stein in der Mitte. Sie war so stolz auf sich, dass sie das geschafft hatte, und erzählte jedem, der es hören wollte, dass sie kein bisschen geweint hatte.

Sie schniefte, wischte sich mit dem Handrücken über die Nase, bevor sie ihm die Hand mit ausgestrecktem kleinem Finger entgegenhielt. »Versprochen?«

Er verschränkte seinen kleinen Finger mit ihrem. »Versprochen.«

Stöhnend erhob er sich mit seiner Tochter im Arm. Zara war ein paar Schritte zurückgetreten, um Emmett und Jojo etwas Privatsphäre zu geben, und sprach leise mit Nolan. Beide hoben den Kopf, als Emmett nun auf sie zuging. »Ich gehe mit Jojo nach oben und schaue mal, ob wir ein ruhiges Zimmer finden, in dem sie sich ein bisschen ausruhen kann.«

Zara legt eine Hand auf Jojos Schulter, ihr Blick liebevoll und mütterlich. »Das klingt nach einer guten Idee. Ich weiß, dass Nono auch ziemlich müde ist.« Sie legte den anderen Arm um Nolans Schulter und zog ihn an sich.

Nolan warf ihr einen bösen Blick zu. »Mom«, zischte er. »Ich mag diesen Namen nicht mehr. Ich bin schon groß. So habe ich mich genannt, als ich ein Baby war. Ich bin kein Baby mehr.«

Zaras Lippen zuckten. »Stimmt. Das habe ich vergessen. Entschuldige bitte, Liebling.«

Nolans genervter Gesichtsausdruck entspannte sich, und er atmete aus, seine Schultern sanken erschöpft nach vorn. »Schon okay.«

Zara sah Emmett mit einem Augenrollen an und lächelte.

Eine Art Unruhe prickelte seinen Rücken hinauf, als er Zaras Hand auf der Schulter einer Tochter liegen sah. Sein Blick huschte zwischen Jojos Schulter und Zaras Gesicht hin und her, bis sie ihre Hand schließlich zurückzog. In ihren blauen Augen konnte er sehen, dass er sie verletzt und verunsichert hatte. Ihre Mundwinkel sanken nach unten.

»Ich bin nicht müde«, sagte Nolan, genauso weinerlich wie Jojo.

»Dieser Tonfall behauptet aber das Gegenteil«, sagte Zara. »Ich glaube, es ist besser, wenn wir nach Hause gehen.«

Verdammt, Emmett war so verwirrt. Er wollte nicht, dass sie ging.

Das war das absolut Letzte, das er wollte.

»Ich will nicht nach Hause gehen«, jammerte Nolan. »Ich will bei Josie bleiben. Ich will den Countdown sehen. Ich will sehen, wie der Ball auf dem Times Square runterfällt.«

»Wir könnten uns beide ins Stockbett legen«, schlug Jojo vor und riss den Mund zu einem gigantischen Gähnen auf. Sie rieb sich mit einer Hand die Augen, mit der anderen hielt sie sich an Emmetts Nacken fest.

Nolan nickte. »Ein kleines Nickerchen vielleicht.«

»Zuerst müssen wir aber das Puzzle wegräumen«, sagte Zara und ging um Jojo und Emmett herum, wobei sie gezielt seinem Blick auswich.

Sie hatten kein Wort zueinander gesagt, seit sie den Raum betreten hatten. Hatte sie einfach nur seine Hinweise verstanden, dass er ihr Techtelmechtel erst mal geheim halten wollte, oder war sie wütend auf ihn?

»Ich helfe auch mit«, sagte Jojo, sprang aus Emmetts Armen und hüpfte die wenigen Schritte hinüber zu Nolan und Zara, die bereits angefangen hatten, die Puzzleteile einzusammeln.

Emmett gesellte sich zu ihnen, achtete aber darauf, sich neben seine Tochter und nicht neben Zara zu knien. Diese bewusste Entscheidung blieb Zara nicht verborgen.

Sie sammelten alle schweigend und mit gesenkten Köpfen die Teile ein. Er griff im selben Moment nach einem der letzten Teile wie Zara, wodurch seine Hand auf ihrer landete. Er hob den Kopf, sie ebenfalls, und ihre Blicke trafen sich. Der Blick, der ihn aus ihren blauen Augen traf, war so verletzt, dass sich sein Magen zusammenzog. Verdammt, er machte alles falsch. So falsch. Das Letzte, was er wollte, war, ihr wehzutun.

Sie zog ihre Hand so schnell zurück, als hätte er ihr plötzlich gesagt, er hätte die Pest, und wandte den Blick ab. Sie räusperte sich und griff nach der Puzzleschachtel, wartete, bis Nolan und Jojo die letzten Teile hineingelegt hatten, und schloss sie dann.

Er musste mit ihr reden. Er musste sein Verhalten und seine plötzliche Hundertachtzig-Grad-Wende erklären. Es war nicht so, dass er kein Interesse an ihr hatte. Es passierte nur alles so schnell – zu schnell. Ihre Beziehung – oder was auch immer es war – lief in der völlig falschen Reihenfolge ab. Er hatte überhaupt keine Kontrolle darüber, und das warf ihn allmählich richtig aus der Bahn.

Nolan und Jojo standen auf. Zara erhob sich ebenfalls und stellte das Puzzle zurück ins Regal.

Jojo streckte Emmett die Hand entgegen. »Ich helfe dir hoch, Daddy«, sagte sie und grunzte, als sie an seinem Arm zog. Nolan griff sich seinen anderen Arm, und die beiden Kinder kicherten, als sie mit ganzer Kraft versuchten, ihn vom Boden hochzubekommen. Mit einem Grinsen und einem Stöhnen – weil er eben kein junger Hüpfer mehr war – half er den Kindern in ihren Bemühungen und erhob sich.

»Du bist schwer«, sagte Nolan etwas außer Atem.

»Mein Dad wiegt fast zweihundertfünfzig Kilo«, sagte Jojo mit ernster Miene. »Und er ist echt alt.«

»Meine Mom ist auch schon alt«, erwiderte Nolan mit ebenso ernstem Gesicht. »Aber sie wiegt keine zweihundertfünfzig Kilo. Eher nur hundert oder so.«

Emmett verdrehte die Augen und schnaubte. Aus dem Augenwinkel konnte er sehen, dass auch Zara Mühe hatte, ernst zu bleiben.

»Lass uns hochgehen«, sagte Jojo gähnend.

Nolan nickte, und die beiden gingen an Zara und Emmett vorbei Richtung Treppe.

Emmetts Blick wanderte zu Zara, er wollte gerade den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als sie von der Treppe her erst einen dumpfen Aufschlag und dann noch einen hörten. Ein Aufheulen – nicht Jojos – durchschnitt die Luft.

Zara sog scharf die Luft ein. »Nolan!« Sie eilte Richtung Treppe, Emmett dicht auf ihren Fersen.

Sie erreichten die Stufen und sahen hinauf. Jojo hatte sich über den weinenden Nolan gebeugt. »Er ist ausgerutscht und hat sich beim Hinfallen den Kopf am Geländer angehauen«, sagte Jojo. Sie legte Nolan eine Hand auf die Schulter. »Geht’s dir gut?«, fragte sie.

Nolan ging es offensichtlich nicht gut. Der kleine Junge wimmerte und weinte, eine Hand an seinen Kopf gepresst, während er vor und zurück wippte.

Zara nahm zwei Stufen auf einmal, bis sie ihren Sohn erreichte, kniete sich dann neben ihn und zog sanft seine Hand vom Kopf.

Ihr heftiges Einatmen verriet Emmett, dass es nicht gut aussah.

»Er blutet … richtig stark«, sagte sie, und sah zu Emmett hinunter. »Ich muss ihn in die Notaufnahme bringen.«

Emmett stieg die Stufen hinauf, bis er direkt unter Zara und den Kindern stand. »Die Notaufnahme ist heute Nacht total überlastet. Wir sind in einem Haus voller Ärzte. Lass ihn uns ins Bad bringen, und ich sehe ihn mir mal an.«

In Zaras Augen standen Tränen, doch sie nickte und schluckte hart. Emmett beugte sich vor und bat seine Tochter, ihm Platz zu machen. Dann hob er Nolan hoch und trug ihn die restlichen Stufen hinauf ins Wohnzimmer. Oben wartete schon eine Menschentraube darauf, zu sehen, woher der Aufruhr auf der Treppe kam. Sowohl Riley als auch Daisy sahen ihnen besorgt entgegen.

»Ist er okay?«, fragte Riley und betrachtete die blutende Wunde an Nolans Kopf. »Brauchst du Hilfe?«

Emmett nickte. »Hol deinen Erste-Hilfe-Koffer und komm dann ins große Bad.«

Riley nickte knapp und eilte davon.

»Diese Stufen können wirklich rutschig sein«, sagte Daisy und streichelte Nolan über den Rücken. Der kleine Junge wimmerte und schniefte in Emmetts Armen. Er war zu nah an ihn gedrängt, um einen guten Blick auf die Wunde werfen zu können, aber aus dem Augenwinkel sah Emmett viel Rot – Kopfwunden bluteten immer heftig.

Emmett deutete mit dem Kinn auf Daisys und Rileys Schlafzimmer. Er würde ihr riesiges Bad benutzen, um Nolan zumindest ein wenig Privatsphäre zu verschaffen. Außerdem hatte es die beste Beleuchtung, für den Fall, dass er Nolans Kopfwunde nähen musste. Zara eilte voran, öffnete die Tür und knipste das Licht an.

»Bekomme ich jetzt einen Gips?«, fragte Nolan, dessen Schniefen sich etwas beruhigt hatte.

»Normalerweise bekommt man keinen Gips um den Kopf, Kumpel«, sagte Emmett. Er ging hinüber zu dem langen Waschtisch und setzte Nolan auf die Kante. Dann beugte er sich vor, um die hellen Schminklichter rund um den großen Spiegel anzuschalten.

Nolans Augen wurden groß wie Untertassen. »Muss ich dann genäht werden?«

Emmett achtete drauf, seine Miene so neutral wie möglich zu halten. Er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und hob mit einer Hand leicht Nolans Kinn an. »Jetzt lass uns mal nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Wir machen dich jetzt erst mal ein bisschen sauber und sehen uns an, wie groß die Wunde überhaupt ist. Gut möglich, dass es nur ein Kratzer ist und du nicht mehr brauchst als ein Pflaster.«

Nolans Unterlippe begann zu zittern.

Plötzlich wurde Emmett zur Seite gedrängt, und als er nach unten sah, entdeckte er Jojo.

»Hier«, sagte sie und drückte Ziggy in Nolans Arme, dann nahm sie seine Hand. »Jetzt bist du traurig, und ich bin für dich da.«

Verdammt, seine Tochter war einfach zu süß.

Nolan wimmerte ein wenig, drückte seine Giraffe mit der einen Hand aber fest an die Brust, während er mit der anderen Jojos Hand festhielt. Emmett konnte Zara dicht hinter sich spüren, ihre Sorge und ihr Bedürfnis, ihrem Sohn irgendwie zu helfen. Er war ganz genauso, wenn Jojo sich verletzte. Auch wenn viele Eltern die Einstellung hatten Lass sie bluten, es wird schon von selbst besser, Emmett brachte das einfach nicht übers Herz. Wenn seine Tochter verletzt war, musste er ihr helfen.

Vielleicht war es der Arzt in ihm oder der verdammte Eid des Hippokrates, den er abgelegt hatte, aber wenn jemand Schmerzen hatte – ob es nun sein eigenes Kind war oder jemand anderes –, konnte er nicht einfach abwarten, dass es von selbst besser wurde.

»Hier ist der Erste-Hilfe-Kasten«, sagte Riley, der in diesem Moment ins Badezimmer geeilt kam, und stellte eine rote Tasche neben Emmett auf den Waschtisch. Er zog den Reißverschluss auf. »Soll ich mich steril machen?«

Emmett verdrehte die Augen. »Ich denke, ich habe es im Griff. Sollte er eine Appendektomie brauchen, sage ich dir Bescheid.«

»Was ist eine App-en-dektomie?«, fragte Nolan, dessen Augen noch größer wurden. »Das klingt ernst.«

Emmett nahm ein Paar Latexhandschuhe aus der Tasche, zog sie an und fischte dann ein Stück Verband aus der sterilen Verpackung. Er hielt den Verband kurz unter laufendes Wasser und hielt ihn Nolan dann vors Gesicht. »Damit mache ich jetzt die Wunde sauber, okay?«

Nolan nickte. »Okay.«

Emmett machte sich an die Arbeit, gab sich Mühe, so sanft und langsam wie möglich vorzugehen, und erklärte jeden Schritt im Vorherein.

Tatsächlich bevorzugte er Kinder als Patienten in der Notaufnahme im Vergleich zu Erwachsenen. Kinder hatten zwar mehr Angst, ließen sich aber auch leichter ablenken und fanden nicht, dass seine Erklärungen herablassend waren, wie so manch erwachsene Patienten. Außerdem machte die Arbeit mit Kindern im Allgemeinen mehr Spaß – solange sie nicht weinerlich waren.

»Muss ich genäht werden?«, fragte Nolan wieder. Mit dem Blick verfolgte er jede von Emmetts Bewegungen.

Emmett kräuselte nachdenklich die Lippen. Er hatte die Blutung ganz gut unter Kontrolle bekommen, aber die Wunde kurz hinter Nolans Haaransatz war ziemlich tief.

»Vielleicht zwei Stiche«, sagte er schließlich. »Sonst hast du am Ende eine kleine weiße Narbe.«

Nolan zuckte mit den Schultern, aber die Angst in seinem Blick verriet, wie es ihm wirklich ging. »Narben sind cool.«

»Nolan«, sagte Zara leise hinter Emmett, »vielleicht solltest du einfach auf Emmett hören. Er ist Arzt. Er weiß, was am besten für dich ist.«

Vielleicht las er da zu viel hinein, vielleicht lag es auch nur daran, dass er ihr Gesicht nicht sehen konnte, aber der Tonfall, in dem Zara seinen Namen und Beruf ausgesprochen hatte, ließ seinen ganzen Körper plötzlich eiskalt werden. Sie hatte es ohne jeden Funken Wärme gesagt, und wenn er sich nicht getäuscht hatte, sogar mit einer gewissen Schärfe.

»Aber Narben sind wirklich cool, Mom«, beharrte Nolan.

Emmett drehte den Kopf, um Zara ansehen zu können. Er fand jedoch nur einen verschlossenen Blick und eine leere Miene vor. Er schluckte. »In der Erste-Hilfe-Tasche ist auch Betäubungsgel. Ich kann die Wunde gleich hier vernähen, und er spürt überhaupt nichts.«

Sie hob minimal die Augenbrauen, sonst blieb ihr Gesicht völlig regungslos. »Seine Entscheidung.«

»Nicht nähen«, begann Nolan zu singen. »Nicht nähen. Narben sind cool. Nicht nähen. Narben sind cool.«

Jojo stimmte mit ein, beide grinsten und kicherten, während sie ihre Fäuste im Takt auf ihre Oberschenkel schlugen.

Emmett grinste schief und schüttelte den Kopf. »Na gut, na gut. Dann eben nur ein Schmetterlingspflaster.« Er griff in die Erste-Hilfe-Tasche und suchte die kleinesten Schmetterlingspflaster heraus, die er finden konnte.

»Gibt es auch Drachenpflaster?«, fragte Nolan. »Schmetterlinge sind okay, aber Drachen sind viel cooler, oder wenigstens Libellen.«

Emmett hielt inne, tippte sich mit einem Finger ans Kinn und sah dann wieder in die Erste-Hilfe-Tasche. »Weißt du was? Ich glaube, Riley hat noch ein oder zwei Libellenpflaster übrig. Die sind immer als Erstes weg, deswegen sind dann nur noch Schmetterlingspflaster übrig. Aber lass mich mal nachsehen.« Er hmmte leise vor sich hin, als er im Verbandskasten kramte, auf der Suche nach etwas, was natürlich nicht da war – weil es nicht existierte. Nach ungefähr zwölf Sekunden ließ er seine Augenbrauen hochschnellen und zog ein stinknormales Schmetterlingspflaster hervor. »Heureka! Ich habe das allerletzte Libellenpflaster gefunden.«

Nolans Strahlen war ansteckend. »Cool. Was ist der Unterschied zwischen einem Schmetterlings- und einem Libellenpflaster?«

Oh, Mist. Mit so einer Frage hätte Emmett rechnen müssen. Wenn Nolan sie nicht gestellt hätte, dann bestimmt Jojo. Er zog das Papier vom Pflaster und legte seine linke Hand an Nolans Stirn, um die Haare aus dem Weg zu schieben. »Na ja, ein Schmetterlingspflaster ist ein bisschen größer und breiter, weil ein Schmetterling ja größere Flügel hat als eine Libelle. Und die Libellenpflaster sind einfach cooler.« Er platzierte das Pflaster über Nolans Schnittwunde. Zum Glück war sie so klein, dass das Libellenpflaster ausreichen würde.

Nolan nickte. »Libellen sind viel cooler.«

Emmett klebte noch ein normales Pflaster über das Schmetterlingspflaster, um sicher zu gehen, dass eventuelle Blutstropfen aufgefangen wurden, dann zog er die Handschuhe aus und warf sie in den Mülleimer neben der Toilette. Er half Nolan, vom Waschtisch zu springen. »Also, du musst jetzt ein bisschen vorsichtig sein. Ich glaube nicht, dass du eine Gehirnerschütterung hast. Ich habe mir deine Pupillen angesehen, während ich die Wunde gesäubert habe. Aber wenn du springst, rennst oder zu heftig rumtobst, könnte die Wunde wieder anfangen zu bluten, weil ich sie ja nicht vernähen durfte.«

Nolan hob seine Schulter in einer Geste, die viel zu alt und viel zu cool für einen Siebenjährigen war. »Narben sind cool. Ich passe auf. Versprochen.«

»Ja, Dad«, warf Jojo ein. »Er passt auf.«

»Ja, das wird er«, sagte Zara, trat vor und legte Nolan eine Hand auf die Schulter. »Und deswegen gehen wir jetzt auch.«

Jojo klappte der Mund auf, Nolan ebenfalls und schließlich sogar Emmett.

»Was?«, rief Nolan. »Das geht nicht. Was ist mit dem Countdown?«

»Wir können uns den Countdown zu Hause anschauen. Du bist gerade ziemlich böse hingefallen. Du bist müde. Ich bin müde.«

Wieso betonte sie den letzten Satz so merkwürdig?

Außerdem hatte sie Emmett noch nicht einmal angesehen.

»Aber ich habe hier Spaß.« Nolan verschränkte die Arme vor der Brust und stampfte mit einem Fuß auf. »Wir wollten uns doch ins Stockbett legen, damit wir für den Countdown wieder wach sind.«

Zara strich mit der Hand über Nolans Kopf und weigerte sich noch immer, Emmett anzusehen. »Ich weiß, Liebling. Aber es ist besser, wenn wir gehen.« Endlich sah sie zu Emmett auf. »Danke, dass du ihn versorgt hast. Wir gehen jetzt nach Hause. Ich kann die Gäste hier nicht mehr einschätzen. Ich habe genug von diesem Heiß-und-Kalt-Spiel.« Dann wandte sie den Blick wieder ab und sah auf Nolan und Jojo hinab. »Ich glaube, du musst deine eigene Mommy fragen, ob sie deine Giraffe wieder zusammennähen kann, Süße«, sagte sie hölzern. »Das ist besser.«

Jojos Mundwinkel sackten noch weiter nach unten. »Meine Mommy kann nicht nähen.«

»Ich nähe Zeldas Beine wieder an, Jojo-Maus«, sagte Emmett leise. Ihm war klar, dass er es sich mit Zara verdorben hatte, doch er wusste nicht, wie er die Situation in Gegenwart der Kinder wieder geradebiegen konnte.

Seine Tochter sah mit müden Augen zu ihm auf, in ihrem Blick lag unverkennbar Skepsis. »Kannst du überhaupt nähen?«

Er wuschelte ihr durch die Haare und verdrehte die Augen. »Mein Beruf ist es, Leute wieder zusammenzunähen. Ich glaube, ich kriege das hin.«

»Menschen und Stofftiere sind doch was ganz anderes.«

Das stimmte. Stofftiere waren keine lebendigen Wesen, die er töten oder verstümmeln konnte. So viel anspruchsvoller.

Er wuschelte wieder durch Jojos Haare. »Ich werde vorsichtig sein.«

Zara gab ein unbestimmtes Geräusch von sich. »Wir müssen los, Liebling.«

Nolan grummelte und wandte sich Jojo zu. »Vielleicht können wir uns bald mal zum Spielen treffen?«

Jojo nickte und sagte Ja, als Zara gleichzeitig sagte: »Ich glaube, das ist keine so gute Idee.«

Beide Kinder sahen Zara fassungslos an.

»Was? Warum?«, fragte Nolan jetzt wieder mit jammernder Stimme.

Zara atmete aus, ihre Schultern sackten nach vorn, ihre Augen waren müde und traurig. »Wir sprechen im Auto darüber, Liebling. Lass uns gehen.«

Nolan schob die Unterlippe vor, drückte seine Giraffe fester an sich, nickte dann aber.

Zara wandte sich zum Gehen. Ihr Sohn schlurfte hinter ihr her.

»Darf ich sie noch zur Tür bringen?«, fragte Jojo und zog an Emmetts Hand.

Er nickte, ohne zu ihr hinunterzusehen. Sein Blick klebte an Zaras Hinterkopf, er versuchte sie mit seinem bloßen Willen dazu zu bringen, sich umzudrehen, wünschte sich einen leeren Raum oder eine abgelegene Ecke, in der sie miteinander reden konnten. Wo er sich erklären konnte.

In der Badezimmertür hielt sie noch einmal inne.

Würde sie sich umdrehen? Hatte sie realisiert, dass es ein großer Fehler war zu gehen, bevor sie sich ausgesprochen hatten?

Sie sah über die Schulter zurück, ihren Blick absichtlich nicht auf sein Gesicht gerichtet. »Es war schön, dich kennenzulernen, Emmett.« Dann ging sie hinaus.