Mit Ziggy in der Hand wanderte Emmett durchs Haus. Alle schienen sich inzwischen im abgesenkten Wohnzimmer und Esszimmer versammelt zu haben.
Es sah so aus, als wäre Daisys Plan aufgegangen, zumindest für diesen Abend. Niemand außer Emmett war noch allein.
Er entdeckte Mason, der etwas abseits stand. Zumindest nahm er an, dass es Mason war, viel konnte er angesichts der fünf Frauen, die sich um ihn versammelt hatten, nämlich nicht von ihm sehen.
Er drängte sich durch die Menschenmenge auf ihn zu. Alle starrten gebannt auf den Fernseher, der den Times Square zeigte. Alle bis auf diese fünf Frauen natürlich.
Über die Köpfe seiner Bewunderinnen hinweg, die nicht nur Mason und seine Tattoos, sondern auch das schlafende Baby anhimmelten, das er um die Brust geschnallt trug, fing Emmett Masons Blick auf.
Der Mann trug sein Kleines immer in der Babytrage mit sich rum und erregte damit jedes Mal die Aufmerksamkeit sämtlicher Frauen.
Emmett fragte sich häufig, ob Mason das absichtlich tat, ob er seine süße kleine Tochter als Frauenmagneten benutzte.
»Hey«, begrüßte Mason ihn und bedeutete den Frauen, Emmett Platz zu machen. Ein paar von ihnen ließen ihren Blick nun auch an Emmetts Körper auf und ab wandern.
Emmett gesellte sich zu seinem Freund. »Hey.« Er beugte sich vor, um einen Blick auf Willow zu werfen, die tief und fest schief. »Wie geht es ihr? Du hast gesagt, sie hatte über Weihnachten einen Schnupfen?«
Er nickte. »Ich glaube, sie zahnt. Hat sich nur in einer laufenden Nase und jeder Menge Quengelei geäußert. Aber ich sehe immer wieder in ihrem Mund nach, und bisher ist noch nichts zu entdecken.«
Emmett nickte. »Das kann eine ganze Weile dauern. Jojo hat ihren ersten Zahn erst mit acht Monaten bekommen, aber ich schwöre, sie hat schon mit acht Wochen angefangen zu zahnen.«
Mason grummelte. »Na super. Ich habe also mindestens noch vier Monate ruhelose Nächte vor mir, bevor sich überhaupt mal was tut?« Mit einem Finger streichelte er das kleine gerötete Pausbäckchen seiner Tochter, woraufhin die Frauen um sie herum ihn nur noch mehr anschmachteten.
Emmett zuckte mit den Schultern. »Kann sein, dass sie schon früher Zähne bekommt. Jedes Baby ist anders.«
»Liam und Scott haben erzählt, dass du mit Zara Olsen angebandelt hast.« Mason drehte den muskulösen Hals und nutzte seine Größe, um über die Menge hinwegzusehen. »Wo ist sie denn?«
Ein ungutes Gefühl kroch Emmetts Rücken hinauf. Woher kannte der muskulöse, dunkelhaarige, tätowierte Barbesitzer Zara? Waren sie mal miteinander ausgegangen?
Mason verzog die Lippen zu einem durchtriebenen Grinsen und drückte Emmett mit einer Hand die Schulter. »Entspann dich, Alter. Zara ist meine Floristin. Ich würde nirgendwo anders hingehen, um meiner Mama einen Strauß zum Muttertag oder Geburtstag oder auch einfach mal so zu besorgen.«
Noch mehr weibliches Aufseufzen und Schmachten.
»Ich liebe Männer, die ihre Mutter gut behandeln«, sagte eine Frau. »Das sagt so viel darüber aus, was für eine Art Ehemann ein Typ mal wird.«
Emmett sah Mason mit hochgezogenen Augenbrauen an, darauf bedacht, dass nur er seinen Gesichtsausdruck sehen konnte.
Mason grinste einfach nur breit, was sicher wieder ein paar weibliche Herzen höherschlagen ließ. »Zara ist eine tolle Frau. Sie würde dir guttun. Wo ist sie denn nun?«
Emmett schluckte. »Sie ist nach Hause gegangen.«
»Wieso?«
»Weil ich es einfach nicht hinkriege und alles vermasselt habe.«
Mason runzelte die Stirn und wollte gerade dazu ansetzen, etwas zu sagen, als Daisy und Riley wieder vor den Kamin traten und Daisy mit einem Löffel gegen ihr Champagnerglas schlug.
»Alles klar, Leute. Nur noch eine Minute bis Mitternacht!«
Allgemeines Murmeln erfüllte den Raum, als die Leute sich in Position brachten.
In einer Ecke entdeckte Emmett Scott zusammen mit der Brünetten von vorhin. Scott hob sein Champagnerglas in Emmetts Richtung und setzte sein berüchtigtes Dixon-Lächeln auf, während er die Brünette näher an sich zog. Die biss sich auf die Unterlippe und sah mit einem Blick zu ihm auf, als hätte sie im Lotto gewonnen.
Emmett hob eine Braue, nickte und suchte dann das Zimmer nach Liam ab.
Er entdeckte ihn schließlich im Flur, mit dem Handy am Ohr und ohne eine Frau am Arm. Interessant.
»Sind alle bereit?«, zwitscherte Daisy und schlang einen Arm um Riley.
Riley zog seine Frau an sich und sah liebevoll auf sie hinunter. Den Champagner hielten sie in ihrer jeweils freien Hand und begannen gemeinsam mit der Menge den Countdown.
»Zehn … Neun … Acht … Sieben …«
Ein paar der Frauen um Emmett und Mason kamen langsam näher. Emmett unterdrückte den Drang, die Augen zu verdrehen. Mason grinste nur noch breiter und drückte Willow einen liebevollen Kuss auf den Kopf.
»Vier … Drei … Zwei … Eins! Frohes neues Jahr!« Das gesamte Haus brach in Jubel und Beifall aus.
Musik begann zu spielen, Leute klatschten, und plötzlich schienen sich alle Anwesenden zu küssen.
»Ach, komm her, du Idiot«, sagte Mason, legte Emmett eine Hand an den Hinterkopf, und bevor Emmett ausweichen konnte, hatte er ihm schon einen großen Schmatzer auf die Lippen gedrückt.
Emmett war baff. Ebenso wie die Frauen neben ihm. Ihr scharfes Luftholen, Stöhnen und das gemurmelte »War ja klar, alle Guten, die noch übrig sind, sind schwul« drang durch den Lärm der Party.
Mason ließ Emmett endlich los und trat zurück.
Emmett starrte ihn an, doch Mason grinste nur.
»Alter«, sagte Emmett und wischte sich über den Mund. »Nicht cool. Freie Liebe und leben und leben lassen und so, ist ja alles wunderbar – aber: nicht cool!«
Mason verdrehte die Augen und beugte sich vor. »Hättest du lieber eines dieser brünstigen Rehe geküsst?«
Emmett verzog das Gesicht. »Nein.«
Sein Freund hob die Schultern. »Ich auch nicht. Ich habe da ein süßes Mädel im Blick, das regelmäßig in die Bar kommt. Ist zwar echt seltsam, aber während des Countdowns ist mir aufgegangen, dass sie die einzige Frau ist, die ich auch nur ansatzweise küssen will. Da wusste ich eben, dass ich keine andere küssen kann.« Er wackelte mit den Augenbrauen, legte Emmett eine Hand an die Wange und sah ihn übertrieben verliebt an. »Außer dir natürlich, Schatzi.«
Emmett schlug die Hand seines Freundes weg. »Du bist so ein Schwachkopf.«
»Ein Schwachkopf, dem du nicht widerstehen kannst.« Er streckte wieder die Hand nach Emmett aus, doch der duckte sich weg.
Mason hatte diese neue Frau noch nie erwähnt. Der Typ steckte so tief in den Pflichten eines frischgebackenen Vaters und seiner Arbeit, dass Emmett sich nicht vorstellen konnte, dass er überhaupt Zeit hatte, um zu daten.
Der Aufruhr im Wohnzimmer legte sich allmählich. Liam stand inzwischen an der Bar, das Handy wieder weggesteckt, und bestellte sich einen Drink. Mason und Emmett stiegen die wenigen Stufen aus dem abgesenkten Wohnzimmer zu ihm hinauf.
»Mit wem hast du telefoniert?«, fragte Mason und bestellte sich ein Bier.
Liam schüttelte den Kopf. »Nur … mit niemandem.« Er nippte an seinem Scotch.
Emmett und Mason wechselten einen wissenden Blick. Liam hatte mit Richelle telefoniert. Außer ihr gab es niemanden, den er verschwiegen hätte. Die Frage war: Hatte Liam sie angerufen oder sie ihn?
»Wo ist Zara?«, fragte Liam und ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer wandern. »Habe euch eben gar nicht rumknutschen sehen.« Er deutete auf Mason und Emmett. »Dafür habe ich euch beide rumknutschen sehen, dachte mir aber, dass es nur eine Ausweichtaktik war.«
Mason tippte sich auf die Nase, um Liam wissen zu lassen, dass er mit seiner Vermutung richtig lag.
»Zara ist vor etwa einer Stunde mit ihrem Sohn nach Hause gegangen«, sagte Emmett, bedankte sich beim Barkeeper für seinen Rye and Tonic und nahm sofort einen großen Schluck.
Liam runzelte die Stirn. »Hast du sie vertrieben?« Dann fiel sein Gesicht in sich zusammen, das berüchtigte Dixon-Grinsen verblasste. »Scheiße, hab ich sie vertrieben?« Er sah ehrlich bestürzt aus.
Emmett schüttelte den Kopf. »Nein, das war ich. Wir haben uns nach deinem Patzer ausgesprochen, und sie hat mir noch eine Chance gegeben. Wir haben sogar …« Er räusperte sich. »Aber dann bin ich nervös geworden, als sie sich mit Jojo anfreunden wollte. Ich will meine Tochter einfach nicht verwirren.«
Jetzt waren es Liam und Mason, die einen vielsagenden Blick wechselten.
»Ja, du neigst dazu, nervös zu werden«, stimmte Liam zu. »Du musst dich mal locker machen. Zara scheint eine wirklich tolle Frau zu sein – eine Frau, für die ich dich als Klient abschießen würde, bei eurer unausweichlichen Scheidung, um lieber sie zu vertreten.« Er grinste durchtrieben, als Emmetts Miene sich verdüsterte. Wie immer war es Liam vollkommen egal, dass er seinen Freund beleidigt hatte, und er redete einfach weiter. »Sie hat deine Tochter also schon kennengelernt. Na und? Sie hat doch selbst ein Kind, oder? Und das hast du auch schon kennengelernt, und sie ist deswegen auch nicht ausgeflippt, richtig?«
Emmet nickte. »Ja, Nolan. Ich habe seine Kopfwunde versorgt, als er auf der Treppe hingefallen ist. Und er hat Jojo getröstet, als ein paar Mädchen gemein zu ihr waren. Er ist ein toller Junge.«
»Weil er eine tolle Mutter hat«, fügte Mason hinzu. »Ehrlich mal, Alter, wenn es mir diese mysteriöse Frau aus der Bar nicht so angetan hätte, würde ich selbst was mit Zara anfangen. Obwohl … ich bin mir nicht sicher, ob ich die Beziehung zu meiner Floristin riskieren würde. Wo sollte ich denn hingehen, wenn die Sache schiefgeht? Zu Pike Place Posies? Tsss, nein. Zara weiß ganz genau, was meiner Mom gefällt. Die Beziehung zwischen einem Mann und seiner Floristin ist heilig. Ich weiß nicht, ob ich das riskieren würde, um mit ihr zu schlafen.«
Liam und Emmett prusteten.
Die Beziehung zwischen einem Mann und seiner Floristin ist heilig.
Was zur Hölle?
Sie traten ein Stück zur Seite, damit auch andere Gäste zur Bar gelangen konnten.
Willow begann sich in ihrem Tragegurt zu regen, und Liam richtete sofort seine Aufmerksamkeit auf sie. Er leerte seinen Scotch und streckte dann die Hände nach ihr aus. »Gib mir mal diesen kleinen Frauenmagneten«, sagte er und wartete, bis Mason ihren kleinen, schlaftrunkenen Körper aus der Trage zog. Sobald sie frei war, streckte sie sich, verzog das Gesicht, gähnte und blinzelte ein paarmal.
Es bestand kein Zweifel daran, dass Willow ein hinreißendes Baby war. Masons Eizellenspenderin musste umwerfend gewesen sein.
Liam nahm Willow und legte sie gegen seine Brust. »Hey, Baby. Ich bin’s, Onkel Liam. Der klügste und bestaussehende Onkel, den du hast.« Er küsste sie auf den Scheitel und legte seine Nase auf ihr Haar, schloss genießerisch die Augen.
Anti Liebe? Sicher.
Anti Bindung? Sicher.
Anti Emotionen?
Anti Mitgefühl?
Anti Loyalität?
Anti Sensibilität?
Anti Baby?
Auf keinen Fall.
Liam war vieles. Hin und wieder ein echtes Arschloch, ein verbitterter Idiot, eine Nervensäge mit großer Klappe. Aber im Herzen war er ein unglaublich toller Mensch und einer der Wenigen auf diesem Planeten, dem Emmett nicht nur sein Leben anvertrauen würde, sondern auch das Leben seiner Tochter.
Liam drückte Willow noch einen Kuss auf das Haar. »Da, das ist mein Neujahrskuss. Ich bin der größte Glückspilz dieser Party.« Dann schlenderte er mit Willow im Arm davon, erwiderte die zahlreichen bewundernden Blick der umstehenden Frauen, ging auf ihre Avancen jedoch nicht wirklich ein.
Er konnte so oft sagen, wie er wollte, dass er nichts für Richelle empfand, aber Liam Dixon war ein loyaler Typ, und selbst wenn das zwischen ihnen nicht ernst oder exklusiv war, würde er sie niemals betrügen.
Der Mann strahlte mit jeder Pore seines Körpers Integrität aus. Das war auch der Hauptgrund, wieso Emmett seine Macken und nervigen Angewohnheiten immer noch ertrug. Liam Dixon hatte – trotz all seiner Fehler – mehr Integrität in seinem kleinen Finger als die meisten anderen Menschen in ihrem ganzen Körper. Und für Emmett war Integrität das Allerwichtigste.
»Also, willst du mir mehr darüber erzählen, wie du es mit Zara vermasselt hast?«, fragte Mason, nahm einen Schluck von seinem Bier und sah Emmett fragend an.
Emmett stieß die Luft aus und hob die Giraffe in seiner Hand. »Ihr Sohn hat sein Lieblingskuscheltier hier vergessen. Meinst du, ich soll bei ihr vorbeifahren, es zurückbringen …«
»Und dich dafür entschuldigen, dass du so ein unentspannter Idiot bist?«, warf Mason ein. »Ja, ja, das meine ich. Denn das bist du, und so wie es klingt, warst du es auch ihr gegenüber.«
Emmett nickte. »War ich. Das war mir schon in dem Moment klar, als es passiert ist, aber irgendwie konnte ich es trotzdem nicht aufhalten. Das ist mir einfach schon so in Fleisch und Blut übergegangen. Ich halte mich immer an meine Regeln. Regeln sind dazu da, befolgt zu werden. Regeln beschützen uns.«
»Regeln sind dazu da, von Zeit zu Zeit überdacht, überarbeitet und manchmal sogar gebrochen zu werden«, sagte Mason. »Ich weiß, dass du Josie beschützen willst, und ehrlich, Alter, du machst das großartig, aber du musst ihr auch etwas Freiraum geben, sich mal die Knie aufschlagen lassen. Lass sie die Welt selbst erkunden, zumindest bis zu einem gewissen Punkt. Sei kein Helikopter-Vater.«
Seine Freunde hatten ihm schon öfter vorgeworfen, ein Helikopter-Vater zu sein. Wenn sie zusammen auf den Spielplatz gingen, war er meistens die ganze Zeit direkt neben Jojo, sorgte dafür, dass sie nicht abstürzte, hielt ihre Hand, wenn sie die Rutsche runterrutschte, und stand mit ausgebreiteten Armen unter ihr, wenn sie sich am Klettergerüst entlanghangelte.
»Sie ist schon fünf und kommt auf dem Klettergerüst besser zurecht als du, Kumpel«, sagte Mitch oft. »Lass sie einfach.« Währenddessen baumelte Jayda, seine eigene Tochter, die bereits sechs war, an den Knien von der höchsten Sprosse des Klettergerüsts, und Mitch feuerte sie noch an.
Allein die Vorstellung, dass Josie so etwas tun könnte, drehte Emmett den Magen um.
Er könnte es einfach nicht ertragen, wenn sich sein kleines Mädchen verletzte. Egal, ob es um ihren Körper oder ihr Herz ging.
Und er war nicht sicher, ob er sich jemals verzeihen könnte, wenn ihr etwas zustieß, was er verhindern hätte können.
»Hör zu«, fuhr Mason fort. »Ich weiß, meine Tochter ist erst vier Monate alt, und ich bin nicht geschieden, aber ich habe euch Dads jetzt schon ein paar Monate lang beobachtet und von euch gelernt. Marks Sohn, Adams Tochter, Mitchs Tochter, denen geht es allen richtig gut. Das sind glückliche Kinder. Ihre Väter sind glücklich, und die Frauen, mit denen ihre Väter zusammen sind, kommen wunderbar mit ihnen klar. Es funktioniert alles …« Er kratzte sich im Nacken. »Bisher zumindest. Aber ehrlich gesagt kann ich mir nicht vorstellen, dass eine dieser Beziehungen in die Brüche geht. Was ist also so schlimm daran, die Regeln zu brechen, wenn es alle Beteiligten glücklich macht?«
Das Problem war, dass er aus eigener Erfahrung wusste, dass dieses Glück flüchtig sein konnte. Man kann denken, dass alles wunderbar ist, alle lachen zusammen und genießen einen Familienurlaub in San Diego, und dann bekommt man zwei Wochen später plötzlich die Scheidungspapiere vorgelegt.
»Zara ist nicht Tiff«, sagte Mason und sah Emmett aus seinen blauen Augen ernst an. »Und wenn es mit euch beiden nicht funktioniert, ja, dann wird das schwer für Jojo, aber sie ist ein starkes Mädchen, und sie wird darüber hinwegkommen. Aber ich an deiner Stelle würde nicht so etwas Gutes wegstoßen, dir selbst dein Glück verwehren, nur weil du dir Sorgen machst, dass irgendwann in der Zukunft etwas Negatives passieren könnte.«
Emmett nahm einen tiefen Schluck von seinem Drink und ließ den Blick durch den Raum wandern. Die Party war noch in vollem Schwung, aber ohne Zara fühlte sie sich weniger farbenfroh, weniger lebendig an. Sie hatte diesen Funken in sich, der jeden Raum, den sie betrat, zu erhellen schien. Er kannte sie kaum, und trotzdem wusste er schon jetzt, dass sie etwas Besonderes an sich hatte. Eine Ruhe, die er so dringend in seinem Leben brauchte. Sie war strahlend und witzig und wunderschön – auf die klassische Weise. Sie musste sich nicht verstellen oder unter Schichten von Make-up verstecken, um umwerfend auszusehen. Ihr Make-up und ihre Frisur heute Abend waren sehr geschmackvoll gewesen, ihr Kleid wunderschön und elegant. Sie war eine Frau mit Klasse und er nur ein Idiot der ersten Klasse.
»Ich meine, wenn wir alle so denken würden«, fuhr Mason fort, »würden wir nie heiraten, niemals Kinder haben. Ach was, wir würden nicht mal den Führerschein machen oder ein Flugzeug betreten. Wir würden alle in einer Blase aus Luftpolsterfolie rumlaufen, mit einem Werkzeuggürtel voller Sekundenkleber und Duct Tape an der Hüfte.« Er lachte über seinen eigenen Witz und schüttelte den Kopf. »Auch wenn ich zugeben muss, dass man mit Duct Tape absolut alles reparieren kann.«
Emmett hörte ihm nicht mehr wirklich zu. Er knabberte noch immer an dem, was Mason vorher gesagt hatte. Die Wahrheit hinter seinen Worten traf Emmett völlig unvorbereitet.
Ich an deiner Stelle würde nicht so etwas Gutes wegstoßen, dir selbst dein Glück verwehren, nur weil du dir Sorgen machst, dass irgendwann in der Zukunft etwas Negatives passieren könnte.
Mason hatte recht. Emmett hatte so viel Angst davor, dass eine weitere Beziehung abrupt enden und Jojo das Herz brechen könnte – und wenn er ehrlich war, auch sein eigenes Herz –, dass er ihnen beiden die Chance auf eine feste, bedeutungsvolle Beziehung verbaut hatte. Die Chance auf einen Neuanfang, ein Happy End.
Weil er sich so viele Gedanken um die negativen Was wenn’s gemacht hatte, hatte er all die positiven Möglichkeiten ignoriert. Er hatte zugelassen, dass seine schmerzhafte Vergangenheit seine Zukunft beeinträchtigte, seinen Heilungsprozess.
Er sah Mason an. »Jojo schläft im Gästezimmer, da den Flur runter. Könntest du …«
Mason hob eine Hand und nickte. »Kein Problem, Kumpel. Das krieg ich hin. Und Liam und Scott sind ja auch hier. Außerdem kennt Jojo Daisy und Riley gut genug, um nicht auszuflippen, wenn sie aufwacht und du nicht da bist.«
Emmett liebte seinen Club der Single Dads aus ganzem Herzen. Sie waren wirklich immer füreinander da.
Er leerte sein Glas, schlug Mason auf die Schulter und bedankte sich. Dann wandte er sich ab, Giraffe Ziggi fest in der Hand, um Daisy zu suchen und sie nach Zaras Adresse zu fragen.
Er würde Zara nicht entkommen lassen. Er würde ganz sicher nicht noch mehr Zeit verschwenden und das neue Jahr beginnen, ohne sich zumindest zu entschuldigen, sich zu erklären. Er musste dieser unglaublichen Frau, die einen guten Bagel mit Frischkäse, Lachs und Gurke genauso zu schätzen wusste wie er, zeigen, dass er sich ändern konnte. Er brauchte nur eine gute Frau an seine Seite, die ihm dabei half – eine Frau, die es wert war, sich für sie zu ändern. Und er wusste jetzt schon, dass Zara diese Art Frau war.
Er hatte es von Anfang an gewusst. Sein verzweifelter Drang, Jojo zu beschützen, hatte ihn nur zu sehr geblendet, um es wirklich zu sehen.
Du wolltest nicht nur Jojo beschützen, sondern auch dich selbst. Seien wir ehrlich, Kinder sind wunderbare Sündenböcke, aber lass uns das neue Jahr doch mit Ehrlichkeit beginnen.
Na gut. Ja, er wollte auch sich selbst und sein Herz beschützen. Seine Scheidung hatte ihn fertiggemacht, und er war noch immer dabei, sich von dieser Erfahrung zu erholen. Sein Selbsterhaltungstrieb hatte die Kontrolle übernommen, er war das alles ganz falsch angegangen. Jetzt musste er seine Fehler wiedergutmachen, die Zeit zurückdrehen und herausfinden, ob Zara willens war, noch einmal von vorn zu beginnen.