17

Der Weihnachtsbaum in der Wohnzimmerecke war wie Salz in der Wunde, als ich in die Küche ging, um mir noch einen Kaffee zu holen. Kartons und Tüten voller Baumschmuck, Lichterketten und Lametta standen unangetastet in einer Ecke, seit ich sie vom Dachboden geholt hatte.

Seufzend goss ich den letzten Rest der inzwischen bitteren Brühe in Mels alte UT-Tasse, während mir Fetzen neuer Songtexte durch den Kopf gingen. Ich war eigentlich nicht der Songschreiber der Band, das war mehr Camerons Abteilung, aber ich hatte im Laufe der Jahre den einen oder anderen Titel beigetragen, und dieser hier verfolgte mich seit Tagen.

Ich ließ mich auf die Couch fallen, schlug mein ledergebundenes Notizbuch auf und überflog noch einmal die Textzeilen.

Lost in Fall …

Autumn’s gone, baby, but you still remain. Under my skin, tumbling ’round my brain.

Leaves have fallen, and the writing’s on the wall. You’re not coming back, but I’m lost in fall.

Das Summen meines Telefons riss mich aus meinen Gedanken. Ich atmete geräuschvoll aus und las Logans Textnachricht.

Wo bleibst du? Lily sagt, wir dürfen die Geschenke erst auspacken, wenn du da bist.

Ich richtete den Blick auf das einzige Geschenk unter dem nackten Baum. Das einzige, das ich mir die Mühe gemacht hatte, einzupacken.

Ich fuhr mir mit der Hand durch das ungekämmte Haar und überlegte einen Moment, ehe ich antwortete. Wartet nicht auf mich. Mir ist nicht nach Weihnachten. Vielleicht komme ich später noch vorbei.

Noch bevor ich das Handy aus der Hand gelegt hatte, kam Logans Antwort.

Setz dich in Bewegung, geh duschen und komm her, sonst kommen wir zu dir.

Das Display wurde wieder dunkel, während ich noch überlegte. Ich sah aus dem Fenster. Der Himmel war grau, und es regnete. In Zentraltexas war kaum mit einer weißen Weihnacht zu rechnen, aber der Winter machte sich anderweitig bemerkbar.

Ich schüttelte meine düsteren Gedanken ab, legte das Telefon auf den Tisch und ging nach oben. Ich wusste, dass Logans Drohung ernst gemeint war. Wenn ich nicht rüberfuhr, um mit den anderen zu feiern, würden sie bei mir aufschlagen, und das war das Letzte, wonach mir der Sinn stand.

Ich blieb länger unter dem Duschstrahl stehen als ursprünglich geplant, aber die Wärme linderte die Kälte, die mir bis ins Mark gekrochen war.

Als ich gerade in die Hose stieg, läutete es an der Tür.

Fuck.

»Komme!« Ich lief zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter und zog mir dabei ein T-Shirt über den Kopf.

Ich fuhr mir mit den Fingern durch das feuchte Haar, setzte ein falsches Lächeln auf und öffnete. »Ihr hättet wirklich nicht …« Ich verstummte abrupt beim Anblick der schönsten grünen Augen, die ich je gesehen hatte.

»Melody«, krächzte ich. »Was machst du denn hier?«

Sie hielt ein buntes Päckchen an die Brust gedrückt, und ihr Gesicht glänzte von Regentropfen.

»Tut mir leid, dass ich unangekündigt hereinschneie.« Mit zitternder Hand überreichte sie mir das Päckchen. »Ich wollte dir das hier geben. Und mich bedanken für die Spendengala im P-Parish.«

Sie lächelte, obwohl sie vor Kälte buchstäblich mit den Zähnen klapperte.

»Du bist ja halb erfroren.« Ich klemmte mir das Päckchen unter den Arm und zog sie ins Haus. »Warum hast du keine Jacke an?«

Sie verschränkte die Arme über dem vom Regen durchweichten Shirt. »So ein Unwetter war nicht vorhergesagt für heute. Ich habe extra den Wetterbericht gecheckt.«

Im Bemühen, das Zähneklappern zu unterdrücken, schob sie die Unterlippe vor.

Als ich eine Hand auf ihren Rücken legte, durchfuhr es mich wie ein Stromschlag. »Wärm dich erst einmal auf.«

Sie klemmte sich eine nasse Strähne hinters Ohr. »Es geht schon. Ich will nicht stören.«

Stör mich. Bitte stör mich. Sprich mit mir. Schrei mich an. Nur geh bitte nicht wieder weg.

»Du störst nicht.« Als mir bewusst wurde, dass meine Hand sich in ihr Shirt gekrallt hatte, ließ ich den nassen Stoff los und forderte sie mit einer einladenden Geste auf, ins Wohnzimmer zu gehen.

»Ich mache ein Feuer im Kamin, dann können wir reden.«

Sie zog die Lippe zwischen die Zähne und nickte. »Wenn du ganz sicher bist, dass du das willst.«

Ich wusste nur eins mit absoluter Sicherheit: Ich würde Mel nicht einfach so wieder gehen lassen.

»Todsicher.«

Mels durchweichte Chucks hinterließen nasse Abdrücke auf dem Fußboden, als sie vor mir her ins Wohnzimmer ging.

Sie ließ sich auf die Couch sinken und fuhr lächelnd mit der Hand über den dicken Brokatstoff. Ich dachte daran, wie wir uns auf eben dieser Couch geliebt hatten, und musste ebenfalls lächeln.

Als sie erschauerte, griff ich nach der weichen Veloursdecke am Ende des Sofas und legte sie ihr um die Schultern.

Als meine Hand ein wenig länger als nötig auf ihren Schultern liegen blieb, sah sie zu mir auf. »Christian …«

Beim vorwurfsvollen Klang ihrer Stimme zuckte ich unwillkürlich zurück.

»Lass mich Feuer machen.« Ich wischte mir die feuchten Hände an den Jeans ab und ging zum Kamin. »Ich habe noch was von dem Kakao, den du so magst.«

Mels Augen leuchteten auf und sie lächelte. »Der von Stephen’s?«

»Ja. Ich habe ihn aus dem Bioladen. Ich habe auch zuckerfreie Diabetikerkekse.«

»Wozu?«, fragte sie neugierig. »Du bist doch kein Diabetiker.«

Das Wort kam ihr ungewohnt locker über die Lippen. Ich hatte sie noch nie so entspannt darüber sprechen hören.

»Jemand hat mir mal gesagt, Zucker wäre Gift.« Ich wandte den Blick ab und legte Holzscheite in den Kamin. »Dieser Jemand war sehr klug, darum habe ich seinen Rat befolgt.«

Tatsächlich hatte ich alle zuckerhaltigen Lebensmittel in meiner Speisekammer durch zuckerfreie ersetzt.

Ich hatte gewusst, dass es verrückt war, weil nicht davon auszugehen war, dass Mel zurückkommen würde. Die Wahrscheinlichkeit lag höchstens bei einem Bruchteil von einem Prozent.

Und doch saß sie jetzt hier in meinem Wohnzimmer auf meiner Couch.

Ich schichtete das Holz auf die Glut des Feuers, das ich früher am Morgen angezündet hatte, und Funken stoben auf.

»Dauert nicht lange, und es brennt wieder richtig«, versicherte ich ihr. »In ein paar Minuten hast du es mollig warm.«

Als sie nicht antwortete, warf ich ihr einen Blick zu und sah, dass sie über mein Notizbuch gebeugt war.

»Ich wusste gar nicht, dass du Gedichte schreibst.« Sie lächelte leise und fuhr mit den Fingern über die Worte.

»Tue ich auch nicht.« Ich stocherte in der Glut herum, und die Hitze der auflodernden Flammen brannte auf meinen Wangen, obwohl ich argwöhnte, dass das Brennen noch eine andere Ursache hatte. »Das soll mal ein Song werden.« Ich rieb die Hände aneinander und stand mit wackligen Beinen auf. »Und? Heiße Schokolade? Kaffee? Tee?«

»Es klingt wie Poesie.« Sie klappte das Notizbuch lächelnd zu. »Heiße Schokolade wäre wunderbar, wenn es nicht zu viele Umstände macht.«

Sie fuhr sich mit einer Hand durchs Haar, woraufhin winzige Wassertropfen auf ihr Dekolleté regneten und zwischen ihren Brüsten hinabrannen.

»Ich hole dir ein trockenes T-Shirt.« Ich wich rückwärts zurück, weil ich den Blick nicht von ihr abwenden konnte, bis ich an den Türrahmen stieß. »Bin gleich zurück.«

Innerlich meine Nervosität verfluchend, lief ich in die Waschküche und wühlte in dem Korb mit der sauberen Wäsche.

Sei ganz cool.

Der gute Vorsatz war schlagartig vergessen, als ich ins Wohnzimmer zurückkam. Mel saß auf dem Fußboden vor dem Kamin, die Decke um ihre nackten Schultern gewickelt, und blickte ins Feuer. Mit den hochgesteckten nassen blonden Locken sah sie aus wie ein leibhaftiger Engel.

Als ich näher kam, fiel mein Blick auf ihr Tattoo, die Eulersche Formel.

»Da.« Ich reichte ihr das trockene Shirt, kniete mich zu ihr und schürte das Feuer.

Mel zog sich das T-Shirt an, rieb die Hände aneinander und hielt sie dann dichter an die Flammen.

»Ich wollte mich bei dir für die Spendengala bedanken«, sagte sie leise. »Ich bin aus allen Wolken gefallen. Ich meine … ich hätte euch gerne geholfen. Aber du hast nicht angerufen, und da …«

Ich hängte den Schürhaken zurück an den Ständer und wandte mich ihr zu.

Ich strich ihr eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn und wickelte sie um einen Finger.

»Du hast mich verlassen«, erinnerte ich sie. »Ich wollte nicht, dass du glaubst, die Veranstaltung wäre nur ein Vorwand, um dich zurückzuholen.«

»Ich habe dich nicht verlassen. Ich habe dich freigegeben. Damals hatte ich den Eindruck, du wärst erleichtert.«

Damals wusste ich es nicht besser. Ich wusste immer noch nicht genau, wie es weitergehen sollte. Ich wusste nur eins mit absoluter Gewissheit: Ich wollte sie nicht mehr missen.

»Du hast mir nicht wirklich eine Wahl gelassen.«

Ehe ich Gelegenheit hatte, zu erklären, was ich meinte, war Mel aufgesprungen und funkelte mich wütend an.

»Und was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Ich war schon in dich verliebt. Wir haben nicht zueinander gepasst. Das tun wir immer noch nicht.« Als ihr bewusst wurde, was sie gesagt hatte, weiteten sich ihre Augen erschrocken, und sie schlug eine Hand vor den Mund. »Ich muss gehen.«

Von allem, was sie gesagt hatte, drangen nur drei Worte zu mir durch. Sie liebte mich.

Ich nahm ihre Hand, um sie daran zu hindern, davonzulaufen.

»Bitte geh nicht, Mel. Ich habe mich in so vielem geirrt. Mir ist bewusst, dass ich nichts getan habe, um dich zurückzuhalten, aber glaub mir …«

Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe es versucht, Christian. Wirklich. Aber ich gehöre nicht in deine Welt. Ich kann nicht die ganze Nacht durchfeiern und ich kann auch nicht …«

»Engelchen, hör mir zu. Ich habe die ganzen letzten Jahre Party gemacht, aber das ist nichts, was ich vermissen werde. Ich verbringe meine Zeit lieber mit dir und in deiner Welt. Wobei … ich hatte eigentlich schon das Gefühl, dass du Spaß hattest im Parish, bis ich dich weggeschleift habe.«

»Das war nicht deine Schuld. Ich habe es übertrieben.« Sie runzelte die Stirn. »Ich wollte etwas beweisen … vielleicht sogar mir selbst. Ich weiß auch nicht.«

Sie ließ die Schultern hängen und runzelte bei der Erinnerung die Stirn.

»Ich habe mir an diesem Abend einfach Sorgen um dich gemacht. Du bist erwachsen. Du kannst tun und lassen, was du willst. Aber …« Ich packte ihre Hand fester und wagte den Sprung ins kalte Wasser. »Ich liebe dich. Und ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. Du kannst nicht von mir verlangen, dich nicht zu lieben, Engelchen. Ich habe es versucht.«

Mel setzte sich wieder zu mir auf den Fußboden. »Ich dachte, du glaubst nicht an die Liebe.«

»Habe ich auch nicht. Bis ich dich kennengelernt habe.«

Der schmale silberne Rand ihrer Pupillen funkelte im Feuerschein. Sie schob die Finger zwischen meine und starrte schweigend in die lodernden Flammen. Mir war es recht. Hauptsache, sie war da.

»Möchtest du immer noch eine heiße Schokolade?«

Sie schüttelte den Kopf, den Blick auf unsere verschränkten Hände gerichtet. Stirnrunzelnd fuhr sie mit dem Zeigefinger über die Innenseite meines Handgelenks, das seit kurzem eine Kopie ihres eigenen Tattoos zierte.

»Die Eulersche Formel …« Sie schaute mir in die Augen. »Warum?«

Ich überlegte kurz und kam zu dem Schluss, dass sie noch zu verdattert war, um viel Gegenwehr zu leisten, also zog ich sie auf meinen Schoß. Mein Brustkorb weitete sich, und ich konnte das erste Mal, seit sie mich verlassen hatte, wieder frei atmen.

»Das musst du Euler fragen. Er hat sich das ausgedacht. Aber ich habe mir das Tattoo stechen lassen, weil die Formel mich an dich erinnert. Die perfekte Gleichung.« Ich küsste sie auf die Nasenspitze. »Für die perfekte Frau.«

Sie schnitt eine Grimasse. »Ich bin doch nicht perfekt. Ich …«

»Natürlich bist du nicht perfekt. Du bist ein Klugscheißer mit einem Monster-Ego. Aber damit kann ich leben.« Ich drückte sie sachte auf den Boden. »Solange du bei mir bist.«

Sie legte die Finger um mein Handgelenk und strich wieder mit dem Daumen über das Tattoo. »Das Ergebnis ist null. Ich bin also eine Null.«

»Null ist nicht das Ende, Engelchen. Null ist der Anfang. Alles beginnt bei null.«

Ich küsste sie auf den Mundwinkel und wartete auf ihre unausweichlichen Einwände.

»Aber …«

Ich brachte sie mit einem leidenschaftlichen Kuss zum Schweigen und berauschte mich an ihrem süßen Duft. Ich war beinahe so weit zu glauben, dass ich sie zum Leben brauchte. Die Tatsache, dass ich Atemnot hatte, wenn sie fort war, deutete auf die Richtigkeit dieser Hypothese hin.

»Du riechst nach Herbst.«

»Nach Herbst?« Sie klang ebenso atemlos wie ich.

Meine Hand schob sich unter das viel zu weite T-Shirt. »Ja. Wie Herbstlaub. Ich dachte, dein Duft würde sich vielleicht mit der Jahreszeit ändern. Als wären das deine Superkräfte.«

»Das wären aber schwache Superkräfte«, sinnierte sie. »Andererseits werde ich bereits von Gummibärchen außer Gefecht gesetzt.«

Ich runzelte die Stirn. »Sag so was nicht, Melody. Du bist der stärkste Mensch, der mir je begegnet ist.«

Sie streckte den Arm aus und betrachtete das Armband von Tiffany’s, das ich ihr zum Uniabschluss geschenkt hatte.

»›Sie hat daran geglaubt, also hat sie es auch geschafft‹«, flüsterte sie, den Satz zitierend, den ich innen auf den Armreif hatte gravieren lassen.

»Richtig. Aber ich weiß da noch etwas anderes als Gummibärchen, das dich außer Gefecht setzt.« Ich knabberte an ihrer Unterlippe. »Im metaphorischen Sinne.«

Sie lachte. »Du hast es vermisst, dass ich vor dir knie, nicht wahr?«

Ich öffnete den Knopf ihrer Jeans und spielte mit der kleinen Schleife an ihrem Slip. »Und wie.«

Sie zog die Brauen zusammen und sah mir in die Augen. »Hast du … warst du mit jemand anderem zusammen in der Zwischenzeit?«

Ich blickte wortlos auf sie hinab, zu verblüfft, um zu antworten.

»Es wäre okay«, fügte sie eilig hinzu. »Wir waren ja kein richtiges Paar oder so was.«

»Zählt meine Hand auch?« Ich versuchte, ernst zu bleiben. »Wir zwei hatten nämlich die eine oder andere Begegnung.« Das Gelächter, das in mir aufstieg, fühlte sich fremd an, nachdem mir seit Wochen nicht mehr zum Lachen zumute gewesen war. »Aber ihr beiden kennt euch ja. Vielleicht hast du Lust auf einen Dreier? Oder wäre das ein Vierer?«

Jetzt war es um meine Beherrschung geschehen. Ich ließ mich lachend auf den Rücken fallen und zog sie mit mir.

Mel spielte mit, pikte mir mit dem Zeigefinger in die Brust und machte einen Schmollmund. »Sehr witzig.«

Ich löste die Spange aus ihrem Haar, und ihre blonden Locken fielen ihr über die Schultern. Plötzlich sehr ernst, fuhr ich mit den Fingern durch ihr feuchtes Haar.

»Ich hatte das Gefühl zu ersticken ohne dich, Engelchen. Ich liebe dich so sehr. Ich konnte nicht …«

Sie legte die Lippen auf meine. Ganz sachte. Und nur für eine Sekunde. »Ich liebe dich auch. Ich bin nur nicht sicher, wie das gehen soll.«

Als ich ihren Kopf wieder zu mir herabzog, um sie zu küssen, wusste ich, dass die unsichtbaren Finger um mein Herz real waren, denn sie lockerten ihren Griff in der Sekunde, da ich den Kirschgeschmack ihres Lippenbalsams schmeckte.

Ich rollte sie auf den Rücken und wiederholte, was ich schon an unserem ersten gemeinsamen Abend gesagt hatte. »Es kommt, wie es kommt. Ich liebe dich. Ich will mit dir zusammen sein. Die Statistik interessiert mich nicht. Ich bin bereit, ein gebrochenes Herz zu riskieren.«

»Es kommt, wie es kommt«, sagte sie. »Das klingt auf irrationale Art eigentlich ziemlich vernünftig.«

Ich küsste sie wieder, bevor sie zu viel nachdachte und es sich womöglich doch noch anders überlegte. Mein Verlangen nach ihr wuchs mit jeder Bewegung ihrer Zunge, aber ich wollte mir Zeit lassen. Wenn ich erst ihre feuchte Wärme um mich spürte, würde es schnell vorbei sein.

Mit der ihr eigenen Ungeduld begann sie, an meinem T-Shirt zu zerren.

Ich richtete mich auf die Knie auf und war nicht überrascht, dass sie den Reißverschluss ihrer Jeans bereits geöffnet hatte.

»Okay, Engelchen. Dann mal raus aus den Klamotten.«

Sie streckte sich wie eine Katze und lag dann erstaunlich still, während ich sie entkleidete. Als ich fertig war, schob sich ihre Hand in Richtung Bauch.

»Vergiss es«, sagte ich streng, während ich mich meiner Kleider entledigte. »Eine unvorsichtige Bewegung, und ich fessle dich an einen Stuhl.«

Sie biss sich auf die Lippen, und ihre Finger bewegten sich weiter abwärts. Die Androhung einer ihrer Lieblingspraktiken erwies sich als wenig wirksam.

Als ich eben die Boxershorts ausziehen wollte, fiel mir ein, dass ich kein Kondom zur Hand hatte.

Widerwillig steuerte ich die Tür an.

»Finger weg.« Ich warf ihr über die Schulter einen warnenden Blick zu. »Ich bin gleich zurück.«

Als ich zurückkam, fiel ihr Blick auf das eingeschweißte Kondom in meiner Hand.

Sie stützte sich auf einen Ellbogen. »Bist du … Ich meine, hast du dich mal testen lassen?«

Ich kniete mich hin und riss das Päckchen mit den Zähnen auf. »Regelmäßig.«

Ich wollte mir eben das Gummi überstreifen, als ich ihren Blick bemerkte. Irgendetwas schien sie zu beschäftigen.

Sie lächelte ein wenig gezwungen. »Sehr beruhigend.«

Ich vergaß das Kondom und rückte ganz dicht an sie heran, sodass unsere Nasenspitzen sich beinahe berührten.

»Ich hatte nie ungeschützten Sex. Die regelmäßigen Tests sind seitens der Versicherung des Plattenlabels vorgeschrieben.«

Sie entspannte sich und strich mit einem Finger an meinem Kiefer entlang. »Ich habe mir die Spirale einsetzen lassen. Das ist sicherer. Als Diabetikerin kann ich keine ungewollte Schwangerschaft riskieren. Wenn du willst, können wir auf ein Kondom verzichten.«

Und ob ich wollte. Und ich war mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass ich gesund war. Aber das fehlende eine Prozent bewog mich, ihr Angebot auszuschlagen. Zumindest für den Augenblick.

»Ich möchte vorher noch einen Test machen, um ganz sicherzugehen. Aber jetzt möchte ich dich endlich lieben.«

Ich ließ mir noch einen Moment Zeit, um sie anzuschauen und mir jede Sommersprosse einzuprägen. Ich hatte jede Nacht von ihr geträumt, aber das hier war so viel besser als jeder Traum.

Ich küsste mich vor zu ihren perfekten Brüsten und nahm schließlich eine der Brustwarzen zwischen die Lippen. Als Mel begann, sich stöhnend zu winden, richtete ich mich auf.

Als ich das Kondom überstreifte, musste ich lächeln bei dem Gedanken, sie bald ohne störendes Gummi zu spüren. Ich konnte es kaum erwarten, aber nicht einmal ich konnte ein Labor dazu bewegen, an Weihnachten einen Aidstest durchzuführen.

»Christian?«

Ihre Ungeduld steigerte meine Lust zusätzlich, und ich legte ihre schlanken Schenkel um meine Taille. Ich drang ein kleines Stück weit in sie ein und massierte dann geduldig ihre Klitoris, bis sie die Hände zu Fäusten ballte.

»Magst du das?«

Als sie nickte, ließ ich mich ganz in sie hineingleiten. Es fühlte sich gut an. Wie Heimkommen. Endlich.

Ich fuhr fort, mit dem Daumen ihre geschwollene Klitoris zu streicheln, während ich mit rhythmischen Stößen in sie eindrang. Als sie die Augen schloss, legte ich mich auf sie und kreiste mit den Hüften.

Sie runzelte konzentriert die Stirn, wie immer, kurz bevor sie kam. »Christian … oh Gott … ich …«

Sie beschleunigte das Tempo und hob mir gierig die Hüften entgegen, während ihre Finger sich in meine Schultern gruben.

Ich küsste sie leicht auf die Lippen, als ich fühlte, wie sie kam. Nur den Bruchteil einer Sekunde später folgte ich ihr auf ihren Höhenflug.

»So ist es gut, Engelchen«, flüsterte ich ihr ins Ohr. »Lass dich fallen. Ich fange dich auf.«