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Teagan
Ein Date. Mit Parker. Was um Himmels willen hatte ich mir nur dabei gedacht?
Genau genommen war die Antwort darauf einfach: gar nichts. Ich hatte überhaupt nichts gedacht und einfach zugestimmt. Denn in all den Wochen, in denen ich nun schon in Pensacola lebte, studierte, arbeitete und streamte, war Parker meine Konstante gewesen. Er hatte mir getextet, mich über seinen Alltag in der WG ebenso informiert wie über die Dinge, die bei ihm zu Hause passierten. Aber vor allem hatte er mich nie gedrängt, nicht online und nicht im realen Leben, sondern er hatte mir die Zeit gegeben, die ich brauchte. Die wir beide gebraucht hatten, bis ich mir gar nicht mehr vorstellen konnte, wie ein Leben ohne ihn wäre. Aber bevor ich irgendetwas davon in Worte fassen und ihm gestehen konnte, kam die Frage nach einem Date … Wie hätte ich da Nein sagen können?
Nervös wischte ich mir über den Saum meines Kleids. Jepp, ich hatte ein Kleid angezogen. Freiwillig. Das letzte Mal, dass ich ein Kleid getragen hatte, war an Grandma Ethels Geburtstag gewesen … und ich gerade mal zwölf. Danach hatte mich nie wieder jemand in diese Dinger reinzwängen können. Niemand, bis auf meine Mitbewohnerin Gabriela, die mich zum Shoppen mitgeschleift und tatsächlich ein Kleid gefunden hatte, das mir gefiel. Es war schwarz und hatte ab der Taille ein hübsches lilafarbenes Muster. Was, wie Gabriela mir versichert hatte, perfekt zu meinen noch immer teilweise lila gefärbten Haaren passte. Aber vor allem passte es zu den Temperaturen, die hier in Florida selbst im Oktober noch ungewohnt warm waren.
Und jetzt stand ich hier. Vor der Tür zu Parkers WG. Kopfschüttelnd sah ich an mir hinunter, von dem Kleid bis zu den Boots, die ich sogar beim sonnigsten Wetter Floridas anzog. Einmal atmete ich noch tief durch, dann hob ich die Hand und klopfte an.
Mein Magen kribbelte vor nervöser Aufregung, aber auch vor Freude. Es hatte eine Weile gedauert, bis Parker und ich uns wieder angenähert hatten. Bis ich zugelassen hatte, dass er mir wieder näher kommen durfte. Erst nur über Textnachrichten und jetzt … jetzt auch bei diesem Date.
Schritte waren aus dem Inneren zu hören. Mein Herzschlag beschleunigte sich, und ich wischte mir die Hände erneut am Kleid ab. Mittlerweile bereute ich fast, es angezogen zu haben, weil es so ungewohnt und untypisch für mich war. Das änderte sich jedoch in der Sekunde, in der die Tür aufging und ich Parkers Gesichtsausdruck bemerkte.
Ihm gefiel eindeutig, was er sah. Seine blauen Augen leuchteten, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
Statt einer Begrüßung nahm er meine Hand in seine und zog mich in die Wohnung.
»Hi«, sagte er und drückte die Tür hinter mir zu, ohne meine Hand loszulassen.
Ich ließ den Blick kurz durch den Flur wandern, ehe ich Parker wieder ansah. »Wo sind die anderen?«
»Weg«, erwiderte er nur und zuckte lässig mit den Schultern. »Wir haben die Wohnung für ein paar Stunden ganz für uns allein. Und ich hab eine kleine Überraschung für dich.«
»Ja?«, fragte ich mit hämmerndem Herzen.
Er nickte und zog leicht an meiner Hand. »Komm mit.«
Mit diesen Worten führte er mich ins Wohnzimmer, das von den letzten Sonnenstrahlen des Tages erhellt wurde. Auf dem Couchtisch waren mehrere Sachen ausgebreitet. Auf der einen Seite lagen ein paar Blurays – eine wilde Mischung aus den aktuellsten Blockbustern, Klassikern und mindestens zwei Titeln, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Daneben Energydrinks, Cola, Nachos und Schokolade. Auf der anderen Seite entdeckte ich zwei Controller, eine Flasche Wein und zwei Gläser. Und den neuesten Teil der The-Dark-Pictures-Anthologie. Ein Game, dem ich seit Monaten entgegenfieberte – genau wie Parker selbst.
»Was willst du zuerst machen?«, fragte er mit einem bemüht neutralen Gesichtsausdruck. »Wie wär’s, wenn wir erst einen der Filme schauen und dann …«
»Bist du irre?«, unterbrach ich ihn, ließ seine Hand los und klammerte mich so fest an die Spielhülle, als würde mein Leben davon abhängen. Tat es auch. Irgendwie zumindest. »Wir müssen das spielen. Jetzt sofort!«
Seine Mundwinkel zuckten verdächtig. »Sicher, dass du nicht doch lieber vorher etwas entspannen und einen Film schauen willst? Der erste Avengers ist wirklich nach wie vor – «
Ich lachte auf. »Du bist so ein Idiot.«
In seinen Augen funkelte es herausfordernd. Ohne Vorwarnung griff er erneut nach meiner Hand und zog mich an sich. Gerade so weit, dass wir uns in die Augen sehen konnten. »Ich bin dein Idiot. Wenn du mich lässt.«
Und da war es wieder: das Kribbeln in meinem Bauch, das ich schon gespürt hatte, als ich das allererste Mal seine Stimme gehört hatte. Noch mehr, als ich ihn zum allerersten Mal gesehen und umarmt hatte. Und am allermeisten jetzt. In genau diesem Moment.
»Versprochen?«, hakte ich leise nach.
»Versprochen.« Parker nickte und wurde wieder etwas ernster. »Ich werde dich nie mehr ausschließen und Sachen für mich behalten. Und falls doch, darfst du dir meine Playstation, XBox und den PC krallen und all meine Spielstände zerstören.«
Das brachte mich wieder zum Lachen. »Wow. Du meinst das wirklich ernst, oder?«
Er lehnte sich etwas zu mir hinunter, bis ich seinen Atem auf meinen Lippen spüren konnte und mein Herzschlag sich beschleunigte. »Warum findest du es nicht selbst heraus?«
Statt einer Antwort packte ich ihn am Kragen, stellte mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Genau so, wie ich es in diesem Hotel in Texas getan hatte. Nur dass Parker nicht mehr bloß ein Online-Freund war, den ich gerade erst getroffen hatte. Er war mein Freund. Online. Aber vor allem offline.
Lächelnd legte er den Arm um mich und nahm mir die Spielhülle aus der Hand. »Alles klar. Die Lady bestimmt den Abend.«
Grinsend sah ich zu ihm hoch, stellte mich auf die Zehenspitzen und drückte meine Lippen erneut auf seine. »Und wie sie das tut«, murmelte ich in den Kuss und machte mich dann abrupt von ihm los. »Und jetzt lass uns endlich loslegen!«
YOU WIN