reflections of a nonpolitical man
1 Noch bin ich nicht so bleich, daß ich der Schminke brauchte;
Es kenne mich die Welt, auf daß sie mir verzeihe!
2 One of the expressionist magazines of the time was entitled Das neue Pathos, and the name became one of the symbols of the expressionist movement. I have used the words “New Passion,” because the German “Pathos” implies “passion” and not “pity” as the English “pathos” does. “Passion” has been used fairly consistently for “Pathos,” but sometimes related words such as “fervor,” “enthusiasm,” “feeling,” and “emotion” were selected.
3 A zapadnik is a Russian who favors the West.
4 Wie alles war in der Welt entzweit,
Fand jeder in Mauern gute Zeit:
Der Ritter duckte sich hinein,
Bauer in Not fand’s auch gar fein.
Wo kam die schönste Bildung her,
Und wenn sie nicht vom Bürger wär’?
5 Designation of a group of literary collaborators of the review Die Aktion.
6 Hör mich:—denn alles andere ist Lüge—
Kein Mann gedeihet ohne Vaterland!
7 Ich danke Gott an jedem Morgen, daß ich nicht brauch’ fürs Röm’sche Reich zu sorgen.
8 Das Gesetz ist der Freund des Schwachen,
Aber der Krieg läßt die Kraft erscheinen . . .
9 So ward ich ruhiger und kalt zuletzt
Und gerne möcht’ ich jetzt
Die Welt, wie außer ihr, von ferne schau’n:
Erlitten hat das bange Herz
Begier und Furcht und Grau’n.
Erlitten hat es seinen Teil von Schmerz,
Und in das Leben setzt es kein Vertrau’n;
Ihm werde die gewaltige Natur
Zum Mittel nur,
Aus eigner Kraft sich eine Welt zu bau’n.
10 “mit Sing und Sang, die Welt entlang”
11 Franztum drängt in diesen verworrenen Tagen, wie ehmals
Luthertum es getan, ruhige Bildung zurück.
12 Was euch die heilige Preßfreiheit
Für Frommen, Vorteil und Früchte beut?
Davon habt ihr gewisse Erscheinung:
Tiefe Verachtung öffendicher Meinung.
13 Berg au Berg und Brand an Brand
Lodern hier zusammen;
Welch ein Glühen!—ha! so stand
Ilion einst in Flammen.
Ein versinkend Königshaus
Raucht vor meinem Blicke,
Und ich ruf ins Land hinaus;
Vive la république!
14 In 1908 in Echterdingen one of Count Zeppelin’s lighter-than-air ships crashed and burned.
15 In the Deer Park French girls were brought to the king from the people.
16 . . . Das mittlere Gewächs erblüht und schwillt
Dort drüben voller, duftiger als bei euch . . . :
Des Edlen Edelstes gedeiht nur hier.
17 Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewußt,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Und es schweifen leise Schauer
Wetterleuchtend durch die Brust.
18 In 1792 Klootz, as a member of the revolutionary convention, advocated the spread of the revolution throughout Europe.
19 Von fürstlichen Taten und Werken,
Von alter Ehre und Pracht,
Und was die Seele mag stärken,
Verträumend die lange Nacht —
20 Da wird Aurora tagen
Hoch über den Wald hinauf,
Da gibt’s was zu singen und schlagen,
Da wacht, ihr Getreuen, auf —
21 der still und mit der Zeit
Sich um ihn legte wie ein Feierkleid?
22 Welch herrlich freier Zug geht doch durch unsere Zeit!
Ist’s nicht bei dem Gedanken schon
Ans heitere Florenz,
Als dürfte sich mein eignes Wesen
Vom dummen Joch der Allgemeinheit lösen,
Und die höchste Stufe erklimmen.
Wie in meiner lieben Kunst die Singestimmen,
Abhängig von jeher, erbärmlich polyphon,
Sich dort befrein zur Einzelexistenz.
. . . .
Mich aber zieht es fort nach all dem Schönen, Neuen,
Und wie ich Ruhm und Leben leuchtend vor mir seh,
So steigt gewiß in stetigem Befreien
Die ganze Menschheit noch zu ungeahnter Höh!
23 Ich weiß,—doch Silla glaubt, nichts wüßt’ ich noch.
Es ist ein Junge, voll von Gottesgabe,
Zu wehren ihm fühl’ ich in mir kein Recht.
24 Die Kunst der Meister vieler hundert Jahre,
Geheimnisvoll verbündet durch die Zeiten
Zum Wunderdom sie stetig aufzubau’n,
Der sie ihr Leben schenkten, ihr Vertrau’n,
Und der auch ich mein armes Dasein bot:
Ihm dünkt sie abgegriff’ne alte Ware,
Er glaubt sie überwunden, glaubt sie tot.—
Nun haben Dilettanten in Florenz
Aus heidnischen, antiken Schriften
Sich Theorien künstlich ausgedacht,
Nach denen wird fortan Musik gemacht.
Und Silla drängt begeistert sich zu jenen,
Und denkt und lebt nur in den neuen Tönen.
Vielleicht wohl hat er recht! Wer kann es wissen,
Ob jetzt die Welt nicht ungeahnte Wege geht,
Und was uns ewig schien, nicht wie im Wind verweht?—
Zwar trüb ist’s zu denken—kaum zu fassen . . .
25 O wüßtest du
Was hier noch alles flüstert, reden möchte,
Welch dunklere Gedanken, unheimliche—
Für mich der Holzstoß wär’ dir noch zu mild!
26 Der Kreis der Hochgestimmten ist voll Sehnen
Nach Jenem, der ihn schließt: Erwählter, Du!
27 Nicht ich—nicht ich—; schwach bin ich, voller Fehle,
Und um ein Werden ist’s in mir getan.
Ich bin ein alter, todesmüder Mann
Am Ende einer großen Zeit.
Und vor mir seh’ ich nichts als Traurigkeit—
Ich kann es nicht mehr zwingen aus der Seele.
28 Ihr lebtet stark in einer starken Zeit,
Die dunkel noch im Unbewußten lag
Als wie ein Korn in Mutter-Erde-Schoß.
Doch des Bewußtseins Licht, das tödlich grelle,
Das störend aufsteigt wie der freche Tag,
Ist feind dem süßen Traumgewirk, dem Künste-Schaffen;
Der Stärkste streckt vor solcher Macht die Waffen.
29 Mit off’nen Augen in des Lebens Rachen
Will flieh’n ich aus der Zeit—,
30 Den Schlußstein zum Gebäude
Zu fügen sei bereit;
Das ist der Sinn der Zeit.
Wenn Du Dein ganzes Bild aufweist,
Wenn Dein’ Gestalt vollkommen,
So, wie sie war entglommen
Von Angebinn im Schöpfergeist:
Dann strahlst Du hell, dann klingst Du rein,
Pierluigi Du,
An seiner schönen Ketten
Der letzte Stein.
31 Wahrlich, unsere Zeit vergleicht sich den seltensten-Zeiten,
Die die Geschichte bemerkt, die heilige wie die gemeine.
Denn wer gestern und heut’ in diesen Tagen gelebt hat,
Hat schon Jahre gelebt: so drängen sich alle Geschichten.
Denk’ ich ein wenig zurück, so scheint mir ein graues Alter
Auf dem Haupte zu liegen, und doch ist die Kraft noch lebendig.
O, wir anderen dürfen uns wohl mit jenen vergleichen,
Denen in ernster Stund’ erschien im feurigen Busche
Gott der Herr: auch uns erschien er in Wolken und Feuer.
32 Ihr müßt mich nicht durch Widerspruch verwirren;
Sobald man spricht, beginnt man schon zu irren.
33 Paläste wanken. Die Macht ist zu Ende.
Wer groß war, stürzt in den Abgrund,
Die Tore donnern zu.
Wer alles besaß, hat alles verloren;
Der Knecht im Schweiß seiner Hände
Ist reicher als er.
Folgt mir! Ich will euch führen.
Der Wind steigt aus den Trümmern,
Die neue Welt bricht an.
34 In Section I, paragraph 8 of Beyond Good and Evil, Nietzsche says:
In every philosophy there is a point where the “conviction” of the philosopher steps out on stage: or, to say it in the language of an old, mysterious ritual:
adventavit asimus
pulcher et fortissimus.
These are the opening lines of the text of the medieval “Prose of the Ass.” Thomas Mann could be sure that his brother, Heinrich, had read the Nietzschean passage.
35 Und eh nicht, die nun Männer, faßt das Grab,
Und die nun Kinder, Männer sind geworden,
Legt sich die Gärung nicht, die jetzt im Blut.
thoughts in wartime
1 “We must have drawn the sword to save France and smash Potsdam as we smashed and always must smash Philip, Louis, Napoleon, et hoc genus omne.” George Bernard Shaw, Common Sense about the War (1914).
On the German Republic
1 Stefan George; “the return of the dead” and “the armies, the heroes” are phrases both used in a poem by him called “Aphorisms on the Dead” (“Ansprüche an die Toten”) that was published in a periodical in 1922; the poem “War” (“Der Krieg”), which Mann quotes immediately below, was published as a small, independent book (eight pages) in 1918. Both works were collected later in George’s collection, Das neue Reich (The New Kingdom) (Berlin: G. Bondi, 1928).
2 Greek for “simply.”