Ich schaue mich im Lagerhaus um, mir wird klar, dass ich diese großen hässlichen Männer vermissen werde. Dad sitzt an einem Kartentisch. Josef reicht ihm graue Einkaufstüten voller Bargeld. Nacheinander treten die Männer vor und nehmen jeweils eine Tüte mit ihrem Anteil in Empfang. Dad verteilt das Geld wie ein König. Der König der Kroaten. Unwillkürlich muss ich grinsen. Scheiße, ja, ich werde das alles ziemlich vermissen.

Bierflaschen machen die Runde, langsam fühlt es sich an wie eine Party. Anto trägt den Arm noch in der Schlinge, scheint ansonsten aber wieder auf dem Damm zu sein. Er macht es sich auf dem Sofa bequem, in der unverletzten Hand ein Bier, die Einkaufstüte auf dem Schoß.

Als alle ihr Geld bekommen haben, steht Dad auf und räuspert sich. Es klingt nach einem hustenden Elefanten. Die Männer verstummen und drehen sich zu ihrem Boss um.

»Seid alle vorsichtig. Kein neues Auto, kein neues Boot. Seid nicht dumme Idioten. Okay?« Dad starrt finster in jedes einzelne Gesicht, bis er sich mir zuwendet.

»War Plan von Johnny. War guter Plan. Seine Amy und Sasha entführt, aber er bringt nach Hause. Sein Haus verbrannt, aber er kann bauen neues. Normales Haus. Nicht dummes, großes Haus. Ink Slater ist tot, Zwillinge in Knast für lange Zeit. Andere Biker? Laufen weg. Ist gut. Ich sage danke zu mein Sohn.« Dad hebt die Flasche und nimmt Platz, während alle applaudieren.

Das ist meine Gelegenheit, ein besserer Zeitpunkt wird nicht kommen, also stehe ich auf und warte, bis es ruhig wird.

»Danke, Dad. Das war ein ziemliches Abenteuer, stimmt’s?«

»Besser als Achterbahn, Mann«, sagt Bigsie, und alle lachen.

»Ich hab euch versprochen, dass ich Ivans Mörder finde. Ink Slater hat es abgestritten, aber die Polizei hat bei ihm die Waffe gefunden, mit der Ivan erschossen wurde. Ich denke, wir haben den Richtigen erwischt.«

Wieder erhebt sich Applaus. Ich achte darauf, Marko nicht anzusehen, ich kann nur hoffen, dass Dad es sich niemals zusammenreimt.

»Ich habe viel nachgedacht«, fahre ich fort. »Ich schätze, wir alle haben jetzt, mit so viel Geld, ein paar Möglichkeiten, die wir vorher nicht hatten. Geld eröffnet Möglichkeiten, stimmt’s?« Alle nicken, sogar mein Vater neigt leicht den Kopf.

»Ich habe mit Amy gesprochen. Wir haben uns entschieden, an die Nordküste zu ziehen. Wir versuchen es in einem hübschen Städtchen namens Hallows Town, südlich von Byron. Mal sehen, ob es uns gefällt. Ich werde eine Sicherheitsfirma aufbauen und Alarmanlagen installieren.«

»Damit du später noch mal zurückkommen und problemlos einsteigen kannst?«, fragt Stump mit einem verwirrten Stirnrunzeln.

»Nein, ernsthaft. Ich hab mir gedacht, wenn nicht ich die Leute vor Kriminellen wie uns schützen kann, wer dann?«

Einen Moment lang sind alle still. Glauben sie, ich will sie auf den Arm nehmen? Oder überlegen sie noch, ob sie sich durch die Bezeichnung »Kriminelle« beleidigt fühlen sollen? Eher unwahrscheinlich.

»Meinst du, du könntest Hilfe gebrauchen?«, fragt Anto. »Ich will raus. Ich hab genug. Keiner soll mehr auf mich schießen. Lexy und ich haben darüber geredet, aus Sydney zu verschwinden. Wir haben unsere Hochzeitsreise an die Nordküste gemacht. Verdammt großartig da oben.«

»Warum nicht?« Bei dem Gedanken, dass Anto und Lexy mitkommen könnten, grinse ich breit. »Toll. Amy wäre sicher begeistert, wenn Lexy in der Nähe ist.«

»Ich gehe nirgendwohin. Sydney ist mein Zuhause«, sagt Baz, als hätte jemand von ihm verlangt, ebenfalls zu verschwinden.

Ich schaue zu Dad hinüber, frage mich, was sich hinter seiner breiten Stirn abspielt.

Er steht wieder auf, alle schweigen wie auf Kommando.

»Ist keine gute Idee.« Seine Miene wirkt teilnahmslos. Ich weiß nicht, was jetzt kommt, bin aber gespannt auf meine körperliche Reaktion. Und siehe da, es gibt keine. Vielleicht ist mir nicht mehr so wichtig, was mein Vater denkt.

»Wer kümmert um Fischläden?«, fragt er und zielt damit direkt auf meine schwache Stelle. Er weiß, dass ich immer versucht habe, diese Familien zu beschützen.

»Ich bezahle, was sie dir schulden.« Ich reiche ihm einen dünnen Hefter, er setzt sich hin und schlägt ihn auf. Eine einzige Seite, zehn Namen und zehn Kreditbeträge, alle unter zwanzigtausend Dollar, aber von den Löhnen, die wir ihnen zahlen, unmöglich zu tilgen. Insgesamt sind es 157570 Dollar. Ich reiche ihm das Geld in einer braunen Papiertüte. »Sie können weiter unsere Mieter bleiben, in unseren Läden arbeiten und von dem leben, was nach Abzug der Miete von ihrem Lohn übrigbleibt. Aber wenn sie etwas anderes wollen, musst du sie lassen. Okay, Dad?«

Er sieht stinksauer aus, aber dann verzieht er den Mund zu einem widerwilligen Lächeln. »Wenn sie wollen, ich lasse sie gehen. Okay. Du hast noch mehr Überraschungen für mich, Sohn?«

»Ich hab Blocker in die Buchhaltung eingearbeitet. Er ist auch Legastheniker, da hab ich gedacht, er ist der richtige Mann.« Blocker grinst in die überraschten Gesichter, die sich ihm zuwenden. »Und wie es aussieht, hatte ich recht. Aber ich werde in den nächsten Monaten, bis er sich sicher fühlt, noch ein Auge darauf haben.«

»Dein Plan gefällt mir nicht«, sagt Dad und zuckt die Achseln. »Aber ist dein Plan, mein Sohn. Also ist Plan vielleicht besser, als ich glaube.« Für seine Verhältnisse ist das ein gewaltiges Zugeständnis, er wirkt selbst ein bisschen überrascht.

Meine Verblüffung muss unübersehbar sein, denn Dad beginnt zu lachen. Ein seltener, wilder Klang und ansteckend. Ich muss grinsen.

»Keine Angst, Johnny. Ich nicht komme und stehle von deine Kunden. Ich habe Geld genug.«

Marko mustert mich. Seine Miene wirkt lässig, aber die Schultern sind angespannt. In seinen traurigen braunen Augen steht eine Frage. Dies ist meine letzte Gelegenheit, ihn vor den anderen bloßzustellen.

»Ich möchte euch allen danken, dass ihr geholfen habt, meine Familie zu beschützen.« Bei diesem Satz wende ich mich Marko direkt zu, ich schätze, seine Frage ist beantwortet.

»Živjeli, Johnny! Živjeli, Anto! Živjeli!« Die Männer trinken auf unsere Gesundheit.

Wenn meine ehemaligen Nachbarn Doug und Kerry einverstanden sind, wird Flynn am Weihnachtsmorgen einen goldenen Labradorwelpen vorfinden. Ich habe mich vergewissert, dass es Granny Slater gut geht, auch Mum besucht sie hin und wieder. Ich habe das Gefühl, meine Verpflichtungen erfüllt zu haben und gehen zu dürfen. Endlich entspanne ich mich. Ich proste den anderen zu.