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Daniel
»Na ja«, meinte Romeo. »Du hast absolut keine Wahl. Du musst ihr wieder schreiben. Du hast deine neun Leben verbraucht, Mann, wenn du sie je zufällig wiedersehen solltest, wäre ich schockiert. Ich meine, sie gestern Abend zu sehen, war deine letzte Chance. Du musst ihr wieder schreiben! Noch
eine zufällige Begegnung wird es mit Sicherheit nicht geben.«
Romeo war in seiner Pause zu Daniels Schreibtisch hochgekommen, nachdem Daniel ihm eine Reihe Nachrichten geschickt hatte, um ihm zu berichten, was bei der Filmvorführung am Abend zuvor passiert war.
»Du kannst mir nicht solche Nachrichten schicken, ohne mich eingreifen zu lassen, mein Freund«, hatte er gesagt, als er an seiner Seite auftauchte. »Was soll das heißen, du hast sie verloren? Wie viele Gelegenheiten willst du denn noch vermasseln?!«
»Du warst nicht in der Lobby, als ich dich gebraucht habe!«, gab Daniel zur Antwort.
»Ich musste pinkeln gehen! Selbst Securityleute kriegen Toilettenpausen!«, hatte Romeo entnervt erwidert. Und dann hatte er ergänzt: »Ich kann nicht glauben, dass du weggelaufen bist, nur weil ihr Ex-Freund da war. Du Feigling! Das kannst du besser, Mann! Du hast doch selbst gesagt, er war mit einer anderen da.«
»Nein, Mann, dafür brauchte sie kein Publikum, oder?«, meinte Daniel. Er versuchte noch immer, sich darüber klar zu werden, warum er so Reißaus genommen hatte. Aber Romeo hatte recht: Wie viele Chancen wollte er noch vermasseln? Vielleicht war es Panik. Er hatte einmal gehört, dass nur eines schlimmer war, als einen Traum zu hegen: dass dieser Traum wahr wurde, denn was konnte man sich dann noch wünschen?
Er konnte einfach nicht erklären, warum er nicht geblieben war und darauf gewartet hatte, dass der Typ wieder verschwand. Nadia war interessiert. Das konnte er sehen. Sie hatten den Blick nicht voneinander lassen können – jedenfalls nicht, bis sie unterbrochen wurden. Sein Herzschlag hatte sich beschleunigt, sein Gehirn hatte ausgesetzt, und er hatte nicht viel mehr getan, als sie wie ein Idiot anzugrinsen. Aber sie hatte zurückgegrinst, hatte alle Energie, die zwischen ihnen existierte, genau das tun lassen: existieren. Er hatte vor ihr nicht den Atem angehalten, er hatte ausgeatmet. Das war, was er gesucht hatte. Unerklärlicherweise war er aus freien Stücken weggegangen.
Daniels Miene war ernst. »Da stimme ich dir zu. Ich denke, du hast recht. Ich denke, ich sollte ihr schreiben. Ich … Ich musste nur von dir hören, dass es eine gute Idee ist, das ist alles. Und du hast es mir gesagt, also. Damit ist es entschieden. Ich werde ihr schreiben, und diesmal werde ich sie nicht auf mich warten lassen. Wir müssen einfach hoffen, dass sie versteht, dass sie gemeint ist, das ist alles.«
Romeo streckte die Hand aus, damit Daniel sie schüttelte.
»Mein Freund. Sag ihr ganz offen: Wir haben neulich Abend beim Secret Cinema miteinander gesprochen. Ich hatte eine Weste an, und du sahst wunderschön aus. Ich habe dir dein Telefon aus der Hand geschlagen, und ich bin ein Idiot, weil ich nicht zuerst meine Nummer darin gespeichert habe. Du nimmst meinen Zug, den um halb acht an der Angel Station. Ich glaube, wir haben uns vielleicht schon früher geschrieben …
«
Daniel nickte zu jedem Wort, das Romeo sagte.
»Toll«, sagte er schließlich, noch immer nickend. Er bewunderte Romeo dafür, wie er alles genau richtig hinzukriegen schien. »Ja! Das ist perfekt.«
Er schob die Maus zu seinem Computer und tippte das URL für die Missed-Connections
-Anzeigenaufgabe ein.
»Und jetzt«, sagte Daniel, die Finger über der Tastatur in der Schwebe, »sag mir noch mal, was du eben gesagt hast.«
Romeo zog sich einen Stuhl heran und knackte mit den Knöcheln. »Okay, Boss«, sagte er. »Fang so an: Wir haben beim Secret Cinema miteinander gesprochen …
«