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Daniel
Daniel sah Lorenzos Namen in seinem Posteingang aufleuchten, während er in seinem Meeting saß – einem Meeting, bei dem er gebeten wurde, noch einmal sechs Monate bei Converge zu bleiben. Daniel sagte begeistert zu: Nachdem er eben eine Hypothek bekommen hatte, war es ein schöner Gedanke, dass er einfach sein neues Zuhause genießen und es sich leisten konnte, sich einzurichten, anstatt Vorstellungsgespräche für seinen nächsten Consulting-Job zu führen. Es lief wirklich wie geschmiert für Weissman.
Beschäftigt mit anderen Dingen, kam er erst in der Mittagspause dazu, die E-Mail zu lesen, und er war froh, dass er gewartet hatte, um ihr seine volle Aufmerksamkeit zu schenken.
Hey Kumpel,
verdammt, herzlichen Glückwunsch zur Wohnung. Ich freue mich für dich, wirklich. Ende einer Ära! Es war toll, mit dir zusammenzuwohnen. Danke, dass du meinen ganzen Scheiß ertragen hast. Dein nächstes Lebenskapitel wird wundervoll werden. Ich freue mich wirklich für dich.
Ich wollte dich nur wissen lassen, dass ich letzte Woche in der Arbeit ein Abfindungspaket angenommen habe, und gestern habe ich erfahren, dass ich sofort aufhören kann. Ich war eine Ewigkeit dort, daher ist die Abfindung hoch genug, um ein bisschen zu reisen und einen klaren Kopf zu kriegen. Ich weiß, nach der Sache mit Becky war nichts mehr so wie vorher, aber du sollst wissen, dass mir das alles einfach unendlich leidtut. Ich musste wirklich ein paar Wahrheiten über mich erkennen, und ich muss mich für vieles rechtfertigen. Ich bin so froh, dass ich niemanden verletzt habe, aber die Wahrheit ist, ich wollte Sex mit ihr haben, obwohl sie so betrunken war, dass sie keine Ahnung hatte, wer sie war, und du wusstest es. Wenn ich mit ihr geschlafen hätte, wäre es Vergewaltigung gewesen. Das ist … Ich schäme mich wirklich dafür.
Ich schreibe dir diese Zeilen von der Wohnung aus, wo ich eine Tasche gepackt habe, weil ich mir gesagt habe, scheiß drauf, und mir eine Zugfahrkarte nach Portsmouth gekauft habe. Ich reise morgen früh ab. Abgesehen von dir sind meine ganzen Kumpel Koksnasen und verkrachte Existenzen, und ich brauche ein bisschen Abstand. Ich habe von einem Retreat in Portsmouth für Männer gelesen, die irgendwie mehr Verbindung zu ihren Gefühlen aufnehmen wollen oder so, und ich werde sehen, was da passiert. Ich habe dir genug Geld für noch zwei Monatsmieten überwiesen, und falls noch etwas übrig ist, weil du früher gehst oder wir unsere Kaution zurückkriegen, überweis es einfach auf dasselbe Konto zurück.
Mein Leben war auf einer kleinen Abwärtsspirale, wenn ich ganz ehrlich bin, und ich glaube wirklich, dass du mich, als du mir diesen linken Haken verpasst hast, etwas zur Vernunft gebracht hast. Ich wollte nur Tschüs sagen und mich dafür entschuldigen, dass ich dich in diese Lage gebracht habe.
Ich schicke dir eine Nachricht, wenn ich wieder da bin, falls du nichts dagegen hast. Aber jetzt erst einmal viel Glück, Mann. Ach ja, meine Mum wird vorbeikommen und meine Sachen für mich zusammenpacken. Die Drogen und die Pornos habe ich entsorgt.
Alles Gute
Lorenzo
Daniel saß an seinem Schreibtisch und las sich noch einmal durch, was Lorenzo geschrieben hatte. Er konnte verstehen, warum er sich nicht persönlich verabschieden wollte – ihre kurzen Begegnungen in den letzten Monaten waren gestelzt. Daniel wusste nicht, wie er mit ihm umgehen sollte. Er konnte nicht einfach vergessen, was passiert war, aber er wusste auch nicht, was er von Lorenzo erwartete, um es wiedergutzumachen.
Das hier,
dachte Daniel bei sich, ist vermutlich ein guter Schritt für ihn
.
Er schrieb zurück: Ich bin stolz auf dich, Mann. Lass uns in Kontakt bleiben
.
Das Leben ging wirklich weiter, für jeden von ihnen.
Sein Telefon klingelte.
Percy sagte zu ihm: »Gaby von Rainforest ist für dich am Apparat.«
Daniel lächelte. Er wusste genau, worum es gehen würde.
»Stell sie durch«, sagte er.
»Du bist der U-Bahn-Typ!«,
rief sie durch die Leitung.
»Der bin ich«, sagte Daniel.
»Wie groß ist die Chance …?«, staunte sie.
Daniel nickte. »Du hast gesagt, ich sei perfekt für sie. Du hast es prophezeit.«
Er konnte Gaby ebenfalls lächeln hören. »Na ja, schon. Aber ich muss dir auch sagen, dass ich dich, wenn du sie verarschst, aufspüren und umbringen werde, okay?«
»Botschaft angekommen«, lachte Daniel.
Eine Pause trat ein. »Und, was jetzt?«, fragte Gaby.
»Ich habe ihr Blumen geschickt«, sagte Daniel. »Und heute Abend werden wir endlich dieses Date haben.«
»Du solltest ihr auf jeden Fall etwas Schönes bieten«, meinte Gaby.
Daniel dachte eine Minute darüber nach. »Gaby«, sagte er dann. »Willst du mir helfen?«