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ir waren ungefähr zehn Meilen tief in feindlichem Gebiet und nutzten die Fähigkeiten von Vesta und Ben, um uns durch Unterwassertunnel zu schleichen, während wir von einer Insel zur nächsten zogen.
Wir tauchten auf einem schmalen Strandstreifen wieder auf und der türkisfarbene Ozean leckte an unseren Stiefeln, während wir uns weiter nach Südwesten bewegten. Amane hielt das Tablet mit der Karte, die uns zu Gebieten führte, die höchstwahrscheinlich mit verstoßenen Fehlerhaften bevölkert waren. Mehr als eine Woche war vergangen, seit sie von ihrem Schöpfer verlassen worden waren, und aufgrund der uns schon bekannten emotionalen Reaktionen auf einen solchen Verlust waren die Fehlerhaften reif, um von uns aufgesammelt zu werden.
Auf dieser Seite von Ta’Zans bevölkertem Archipel stießen wir nicht so oft auf Vollkommene. Wir duckten uns gelegentlich und versteckten uns unter Baumkronen oder in Büschen, wenn wir sie über uns fliegen sahen, aber wir hatten es bisher geschafft, unentdeckt zu bleiben.
»Sind wir sicher, dass wir hier Verstoßene finden?«, fragte Vesta.
Amane überprüfte das Tablet. »Ziemlich sicher, ja. Ich kann nichts garantieren, da das Verhalten der Fehlerhaften nicht hundertprozentig vorhersagbar ist, insbesondere bei denjenigen, die im Grunde verlassen wurden. Das Gelände und die Wetterbedingungen auf dieser Seite des Archipels sind jedoch günstig für eine Besiedlung.«
Ich sah mich mit zusammengekniffenen Augen um und blickte auf den Dschungel zu unserer Rechten. »Hm … Ja, ich verstehe, was du meinst. Die Wälder sind reich an Früchten und wilden Tieren. Ich kann auch nicht weit von hier einen Süßwasserstrom hören. Und ich rieche Fehlerhafte … diesen zitronenartigen Duft mit einem Hauch von Ammoniak. Der Geruch haftet ihnen immer noch von den Kapseln aus der Höhle an.«
»Es ist eine Schande, dass wir Lenny nicht dabei haben, um die Gegend zu scannen und uns zu sagen, wo wir sie finden können.« Zeriel seufzte.
»Leider ist sie da draußen, um die Kommunikation wiederherzustellen und Vollkommene daran zu hindern, in den Weltraum zu gelangen«, antwortete Ben. »Ich würde sagen, sie hat schon alle Hände voll zu tun. Wir können es mit unserem Team auch ohne sie schaffen, ein paar verstoßene Fehlerhafte zu finden, da bin ich mir sicher.«
»Ich frage mich, ob sie uns helfen werden«, murmelte Douma und blieb in meiner Nähe.
»Wir müssen ihnen einen guten Grund geben«, sagte Amane.
»Eine freie Gesellschaft und das Recht auf ein gutes Leben sind für sie nicht attraktiv genug?«, fragte Zeriel kopfschüttelnd.
»Sie kennen das Konzept von Freiheit nicht wirklich«, erklärte Amane. »Sie verstehen nur, was Ta’Zan ihnen beigebracht hat. Dass sie den Draenir überlegen, aber den Vollkommenen unterlegen sind und dass ihre Position in der Nahrungskette festgelegt ist. Sie denken nicht weit über ein Leben in Knechtschaft hinaus. Sie lieben Ta’Zan fast blind.«
»Stimmt, aber Kallisto tat das auch, erinnerst du dich? Leah und Samael taten es ebenfalls, bis sie verstanden, dass Ta’Zan sie niemals zurücknehmen würde«, antwortete ich. »Ich bin mir sicher, dass die anderen die Dinge genauso sehen werden. Wir müssen sie nur dazu bringen, ein paar Momente innezuhalten, während wir ihnen alles erklären, ohne dass sie versuchen, uns zu fangen.«
Zeriel kicherte. »Ah, ja, die alte Nummer. ,Bitte hört auf, mich zu foltern, während ich euch von den Wundern der Demokratie erzähle!ʽ, nicht wahr?«
Der Tritonen-König war eine Kreatur nach meinem Geschmack. Er hatte einen unbeschwerten Humor, war viel zu jung für die Menge an Verantwortung, die er geerbt hatte, aber knallhart und bereit, um jeden Preis zu verteidigen, was er liebte. Zugegeben, es war sein Humor, weshalb ich wirklich froh war, mit ihm im gleichen Team gelandet zu sein.
Vesta warf ihm gelegentlich Blicke zu, aber nur, wenn er nicht hinschaute. Ihre Düfte waren ziemlich stark, wenn sie nah beieinander waren – meine Wolfsnase bemerkte die geringfügige Veränderung in ihrer organischen Chemie. Sie waren definitiv voneinander angezogen, aber keiner schien mutig genug zu sein, den ersten Schritt zu wagen. Zu ihrer Verteidigung musste man sagen, dass wir auf einem feindlichen, fremden Planeten um unser Leben liefen, aber ohne Strava hätten sie sich vielleicht nicht einmal kennengelernt.
»Also, Zeriel, sag uns, wartet zu Hause auf Calliope eine Dame auf dich?«, fragte ich, um beide ein wenig aufzuschrecken. Es funktionierte, da Vesta ihm einen Seitenblick zuwarf, der ihre brennende Neugier kaum verhüllte. Sie hatte wahrscheinlich daran gedacht, dieselbe Frage zu stellen, aber nicht gewusst, wie sie es anstellen sollte.
Zeriel grinste. »Es gibt eine ganze Lagune voller wundervoller Kreaturen, die auf meine Rückkehr warten.«
»Du meinst Fische?«, fragte Amane und brachte damit Ridan zum Lachen.
»In gewisser Weise«, antwortete Zeriel und diesmal brach ich in lautes Gelächter aus.
Die Einzige, die das nicht amüsant zu finden schien, war Vesta. Sie lief weiter, bewegte sich jedoch langsam und fast unmerklich von ihm weg und näherte sich stattdessen Amane und Ridan. Zeriel bemerkte ihren unauffälligen Rückzug und sein Grinsen verblasste. Sein Ego hatte ihn besiegt und es war amüsant, das zu beobachten.
»Aber mein Herz gehört ihnen nicht«, fügte er in dem Versuch hinzu, die Dinge mit der jungen Elfin wieder ins Reine zu bringen.
Instinktiv überprüfte ich unsere Umgebung erneut und stellte sicher, dass wir nicht verfolgt wurden. Schatten bewegten sich durch den Wald. Sie waren zu weit entfernt, um Anlass zur Sorge zu geben, aber ihre Anwesenheit bestätigte, was ich bereits gespürt und was auch Amane bereits festgestellt hatte. Dies war ein guter Ort für Fehlerhafte, um sich niederzulassen, und einige hatten genau das getan.
Als ich meine Umgebung unter die Lupe nahm, bemerkte ich, dass Douma mich beobachtete, ganz still, während sie mit mir Schritt hielt. Vielleicht war es das Spiegelbild des Mondes in ihren blauen Augen, doch sie funkelten schöner als je zuvor. Es nahm mir den Atem und ich war nicht in der Lage, meinen Blick von ihr abzuwenden. Ich war mir nicht sicher, wann oder wie wir an diesem Punkt angelangt waren, aber ich verliebte mich wieder ganz neu in Douma.
Ich war von der alten Version von ihr, der Kämpferin, fasziniert gewesen, obwohl sie Ta’Zan blind gefolgt war. Diese neue Douma war süß und unschuldig und gerecht, nicht so anders als die, die ich zuerst kennengelernt hatte. Mein Herz pochte wild in meiner Brust und ich spürte mein Blut rauschen, als sich ihre Lippen zu einem sanften Lächeln verzogen. Ich war bereits völlig hin und weg und sie hatte mich noch nicht einmal berührt. Was würde dann erst passieren? Würde ich einfach auseinanderfallen?
»Wem gehört dein Herz denn dann?«, hörte ich Vesta Zeriel fragen und es zog mich zurück in die Realität.
Der Tritonen-König lächelte, sagte aber nichts. Stattdessen rollte ein schwerer Seufzer von seiner Brust.
»Jemandem nicht weit von hier«, sagte ich.
Zeriel blickte über seine Schulter und sah mich grinsen. Er verdrehte die Augen und konzentrierte sich wieder auf den sandigen Pfad vor ihm. »Wie viel weiter müssen wir noch laufen, bis wir ein paar Fehlerhafte finden, die wir auf unsere Seite bringen können? Ich werde langsam hungrig«, murmelte er.
Amane blieb plötzlich stehen und ihr Arm schoss heraus, um Ridan und Vesta daran zu hindern, weiterzugehen, ihr Blick war nach unten gerichtet. Wir holten sie schnell ein und folgten ihrem Blick. Unter einer flachen Sandschicht befand sich eine Falle aus Holz mit kleinen Stacheln an den Innenkanten. Einmal zugeschnappt, würden diese Stacheln sich durch das Fleisch bohren und jede große Beute lahmlegen. Sie könnten jedem von uns leicht Schaden zufügen, aber Amanes Erfahrung in der stravianischen Wildnis kam uns zugute.
»Es sind Fehlerhafte in der Nähe«, flüsterte sie.
Meine Nasenflügel bebten, als ich an der salzigen Luft schnüffelte. Sie hatte recht. Ich roch vier von ihnen, weniger als fünfzehn Meter entfernt. Mit dem Ozean zu unserer Linken mussten sie am Rande des Dschungels sein. Ich ging über den Strand und hinüber zu den Bäumen. Die anderen folgten und wir alle schalteten unsere Waffen ein und stellten sie auf Kugeln statt auf Zermalmer-Kapseln.
Wir kamen an der ersten Baumreihe vorbei und mehrere Gestalten wurden in der pechschwarzen Nacht sichtbar. Der Mond konnte die Baumkronen nicht durchbrechen, sodass wir uns nur auf unser übernatürliches Sehvermögen verlassen mussten. Es war nicht so klar wie das von Elonora, aber es war gut genug, um zu verstehen, was dort vor sich ging.
Vier Fehlerhafte waren gegen einen Baum gepinnt. Sie zitterten wie Espenlaub und flehten ihre Angreifer an, sie zu verschonen. Die Feinde waren bloße Schatten, die sich unnatürlich schnell bewegten – Vollkommene.
»Zwei von ihnen«, murmelte Ridan, als wir uns hinter einem dicken Baum versteckten.
»Ein Kinderspiel«, flüsterte Zeriel.
»Warte«, sagte Ben. »Lass uns das durchdenken.«
»Was meinst du?«, fragte ich.
»Schau sie dir an«, antwortete Ben und zeigte auf die hilflosen Fehlerhaften.
Zwei waren bereits auf die Knie gefallen, während die anderen immer noch versuchten, sich zu wehren. Die Vollkommenen kamen in kurzen Stößen auf sie zu, schlugen und traten, bis die Fehlerhaften bluteten. Dann zogen sie sich zurück und rannten um sie herum, verspotteten die Fehlerhaften und brachten sie zum Weinen. Sie waren ganz einfach bösartig, das genaue Gegenteil dieser herrlichen Kreaturen, die Ta’Zan als Vollkommene beschrieben hatte.
»Bitte, hört auf«, schrie einer der Fehlerhaften. »Wir haben nichts Falsches getan!«
»Wir haben uns nur ausgeruht. Wir suchen seit Tagen nach Nahrung!«, brachte der andere heraus. Tränen strömten über seine blutigen Wangen. »Wir waren gerade …«
Einer der Vollkommenen schlug ihn mit einem verheerenden linken Haken. Der Fehlerhafte sackte seitlich zusammen und stöhnte vor unerträglichem Schmerz. Ich hatte selbst schon viel von den Vollkommenen einstecken müssen. Mein Blut kochte. Ich hätte nichts lieber getan, als sie beide in Stücke zu reißen. Aber ich war kein voller Wolf … und ich hatte nicht genug Zeit, um das Biest in mir für ein anständiges Gemetzel hervorzuholen.
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Amane, dann ging sie voran und richtete ihre Waffe auf die Vollkommenen.
»Warte, was tust du da?«, murmelte Ridan, doch ihm blieb keine andere Wahl, als ihr zu folgen.
Schon bald waren wir alle nur noch wenige Meter von den verwundeten Fehlerhaften entfernt. Die Vollkommenen hörten für einen Moment auf, sie zu verspotten, und kamen zum Baum zurück, um uns besser sehen zu können. Es waren zwei Männer mit platinfarbenem Haar und bösartigem Gesichtsausdruck. Blut tropfte von ihren Knöcheln.
»Ihr könnt nicht wirklich so dumm sein«, sagte einer der Vollkommenen und fuhr seine Krallen aus.
»Vater wird begeistert sein, dich
zu sehen«, fügte der andere hinzu und zeigte mit einem Finger auf Amane. »Verräterin!«
Die Fehlerhaften waren fassungslos, dass wir plötzlich aufgetaucht waren, bewegten sich aber nicht und sagten nichts. Es musste an unserer Ausstrahlung liegen – vielleicht war es das überwältigende Selbstvertrauen, das uns die Zermalmer gaben. Ich konnte nicht anders, als zu grinsen.
»Wenn ihr denkt, dass wir
dumm sind, wartet, bis wir mit euch fertig sind«, sagte ich.
»Aber auf jeden Fall! Zeig mir, was du draufhast, du großmäuliger kleiner Köter!«, erwiderte der erste Vollkommene. »Ich habe die Gerüchte über dich gehört! Ein Halbwolf, der aussehen wird wie mein Gürtel, wenn ich mit dir fertig bin!«
Ich holte tief Luft und warf Ben einen kurzen Blick zu. »Bitte, Onkel, darf ich? Bitte? Bitte?«, bettelte ich mit nasalem Ton und imitierte einen weinerlichen kleinen Jungen, der um Eis bettelte oder um eine Karte für die gefährlichste Achterbahn im Vergnügungspark.
Ben zuckte die Achseln. »Tu dir bloß keinen Zwang an.«
Ich richtete meine Waffe auf den ersten Vollkommenen, der einen bedrohlichen Schritt auf mich zu machte. Ich änderte schnell die Waffeneinstellung und gab eine einzelne Zermalmer-Kapsel frei. Sie schlug ihm an den Kopf und verwirrte ihn für einen Moment, bis der blaue Staub seine Haut berührte.
Sofort verwandelte er sich in Asche und brach vor seinem schockierten Freund auf dem harten Boden zusammen. Die Fehlerhaften stockten und alle vier starrten auf die Überreste des Vollkommenen. Ihre Kinnladen fielen herunter und sie schwitzten – meine Nase war scharf genug, um ihre Reaktion wahrzunehmen.
»Was … was hast du da gerade gemacht?«, schrie der zweite Vollkommene, seine hervorquellenden Augen füllten sich mit Tränen. Von Trauer und Wut geplagt, einer Kombination, die leichtsinnige und selbstmörderische Reaktionen provozierte, stürzte er sich auf mich.
Douma schoss hervor und kämpfte gegen ihn. Sie bewegte sich schnell, blockte seine Angriffe ab und fuhr wiederholt mit ihren Krallen durch seinen Bauch, bis er auf die Knie fiel. Obwohl Douma Ta’Zans militärische Ausbildung fehlte, hatte sie immer noch die Instinkte und Reflexe einer Kämpferin … eines Alpha-Raubtiers.
Und sie war eindeutig besser als dieser Typ.
Er hatte keine Chance. Sie nahm ein langes Messer aus ihrem Gürtel und schnitt ihm den Kopf ab.
Ein paar Momente vergingen in unangenehmer Stille, als die Fehlerhaften uns – und speziell meine Waffe – weiter anstarrten. Douma hingegen war wie erstarrt und schaute reglos auf ihre purpurrote Klinge. Dies war das erste Mal, dass die neue Douma jemanden umbrachte. Sie hatte einem anderen Wesen das Leben genommen und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, gefiel es ihr überhaupt nicht.
Als sie ihren Kopf hob, um mich anzusehen, brach mein Herz genauso schmerzhaft wie das ihre, als sie endlich realisierte, was sie getan hatte.
»Ich habe ihn getötet …«, murmelte sie.
»Er wird sich regenerieren«, antwortete ich und versuchte sie zu trösten. Ich steckte meine Waffe weg und ging zu ihr hinüber. Sie schauderte, als ich ihre Hand berührte, und schnappte nach Luft, als ich ihr das Messer abnahm. Sie würde es zurückbekommen, sobald sie den Schock über das, was sie gerade getan hatte, überwunden hatte.
»Macht das einen Unterschied?«, fragte sie. Ihre Unterlippe zitterte. »Vollkommene können nicht sterben. Nicht auf diese Weise, aber alle anderen können so sterben. Fühlen sich meine Brüder und Schwestern nicht genauso wie ich, wenn sie jemandem das Leben nehmen?«
»Wie fühlt es sich an, Douma?«, fragte Ben.
»Als sei ein Stück von mir gerade gestorben«, antwortete Douma. »Es ist schrecklich. Wie kann Ta’Zan so etwas unterstützen? Wie kann irgendeiner von uns mit solchen Handlungen einverstanden sein? Wie kann das richtig sein?«
Ich seufzte und schenkte ihr ein schwaches Lächeln. »Es ist nicht richtig. Wir versuchen, es zu beenden.«
»Ich weiß«, murmelte sie. »Ich … ich wünschte nur, das könnte alles aufhören.«
»Warum hast du ihn getötet?«, fragte ich aufrichtig neugierig. Sie war bislang einfach an meiner Seite geblieben, hatte still beobachtet und war vielleicht nicht bereit gewesen, sich auf die Gewalt einzulassen.
»Ich wollte nicht, dass du eine weitere Zermalmer-Kapsel verschwendest. Und ich … ich wollte nicht, dass er dich verletzt«, sagte sie. »Ich weiß nicht genau, was ich gedacht habe, aber ich … ich fühle mich einfach besser, wenn es dir gut geht.«
Ich kam nicht dazu, das, was sie gerade gesagt hatte, richtig zu verdauen. Die Fehlerhaften waren wieder auf den Beinen und drängten sich zusammen, offensichtlich voller Angst vor uns.
»Was zum Teufel war das?«, schrie einer von ihnen auf. »Du … du hast ihn in Staub verwandelt!«, fügte er hinzu und zeigte auf den Boden, wo die Asche des ersten Vollkommenen lag.
»Genau genommen ist es Asche«, antwortete Amane.
Der erste Fehlerhafte starrte sie eine Weile an und sein Gesicht leuchtete auf, als er sie erkannte. »Ich kenne dich. Du bist Amane!«, sagte er und sah dann Douma an. »Und du … du bist eine Vollkommene, eine der ersten! Was macht ihr zwei bei den Fremden?«
»Moment mal. Sind das … Sind das Draenir?«, fragte ein anderer Fehlerhafter und zeigte mit einem Finger auf die vier Draenir, die uns auf dieser Mission begleiteten. Da sie nicht so stark oder schnell waren wie wir, hatten wir sie angewiesen, sich zurückzuhalten und nur dann einzugreifen, wenn es unbedingt erforderlich war. Davon abgesehen waren sie die idealen Symbole des Friedens für die verstoßenen Fehlerhaften. Mit ihnen, Amane und Douma an unserer Seite hatten wir bessere Chancen, die Verstoßenen für uns zu gewinnen.
Auf uns allein gestellt waren wir hilflos.
»Ja, also … wir müssen reden«, sagte ich sachlich und lächelte freundlich.
Die Fehlerhaften blinzelten mehrmals und bemühten sich offensichtlich krampfhaft, zu begreifen, was sie sahen. Mehrere Arten waren zusammengekommen und das widersprach allem, was Ta’Zan ihnen unerbittlich eingetrichtert hatte. Es haute sie um.
Und es war verdammt noch mal Zeit, dass das endlich geschah.
Viel zu lange schon hatte Ta’Zan seine Kreaturen belogen, Unschuldige verletzt und mit ihrem Leben gespielt. Er hatte eindeutig einen Gottkomplex und das war für niemanden gut. Rückblickend konnte ich in allen Monstern, mit denen die GAÜS je zu tun gehabt hatte, den gleichen bösen Ansatz sehen. Azazel war für Eritopia genauso giftig gewesen und hatte sich selbst als das höchste Wesen angesehen, obwohl er in Wirklichkeit nur ein frustrierter und elender Druide gewesen war. Das Gleiche galt für Shaytan, der trunken von der Macht und süchtig nach lebenden Seelen gewesen war, als er Neraka in Dunkelheit und Schmerz gestürzt hatte.
Ta’Zan war so ziemlich aus demselben Holz geschnitzt. Seine Mittel und sein Wissen waren von viel bedeutenderem Ausmaß, aber im Grunde seines Wesens war er der Gleiche: eine gequälte Seele, die andere das Elend fühlen lassen wollte, das ihn zu diesem Monster gemacht hatte. Er hatte so viel Potenzial, aber er hatte mehr Schaden als Nutzen damit angerichtet.
Welchen Sinn hatte es, Leben zu schaffen, wenn er seine eigenen Kreationen mit solcher Verachtung und Grausamkeit behandelte? Als ich mir die verstoßenen Fehlerhaften ansah, verstand ich wieder, worum es in diesem Kampf ging. Es ging nicht nur um meine Freiheit oder die meiner Großeltern, unserer GAÜS-Gründer, meines Bruders oder unserer engsten Freunde und Verbündeten.
Nein, es ging darum, allen die gleiche Chance auf ein Streben nach Glück zu geben.
Eine Chance auf Freiheit und Liebe.