W
ir kehrten nicht mit einem, sondern gleich zwei mit Vorräten gefüllten Geländekarren zum blauen Fels zurück. Wir hatten die Lebensmittel und Medikamente in den einen und die Waffen und anderen Chemikalien in den anderen Karren gepackt. Die Reise verlief relativ ereignislos, mit Ausnahme einiger vorbeikommenden Vollkommenen. Lumi übernahm bei den meisten Angriffen die Führung und schleuderte lähmende Zauber, die die Vollkommenen wie Fliegen zu Boden fallen ließen, damit wir sie enthaupten konnten. Wir setzten die Leichen jedes Mal mit Öl in Brand. Auf diese Weise dauerte es länger, bis sie sich regenerierten, während wir unsere Spuren verwischten und uns so weit wie möglich von diesen Gefahrenzonen entfernten.
Es war später Nachmittag, als wir den blauen Felsen erreichten. Wir waren die ersten dort.
Die folgende Stunde fühlte sich unglaublich lang an, während wir geduldig auf die anderen warteten. Für einen Moment machte ich mir Sorgen, dass etwas passiert sein könnte, aber als ich sah, dass Raphael, Elonora und Nevis ihre Gruppe zu unserem Treffpunkt zurückführten, atmete ich erleichtert auf.
»Das sind keine Draenir, die da bei ihnen sind«, murmelte Serena und kniff die Augen zusammen, als sie versuchte, zwischen den Mitgliedern des Elonora-Teams zu unterscheiden, die noch ungefähr hundert Meter entfernt waren, als wir sie zum ersten Mal entdeckten.
»Wo sind unsere Leute?«, fragte Wanna plötzlich alarmiert.
»Sie sind … sie sind nicht bei ihnen. Das sind Fehlerhafte. Fünf davon, um genau zu sein«, antwortete Serena.
Mein Instinkt sagte mir, dass etwas schiefgelaufen war. Als Elonora uns endlich erreichte, wurde Wannas schlimmste Befürchtung wahr. Ihre vier Stammesgenossen waren während der Deaktivierung des letzten Kommunikationsblockers gestorben, aber Elonora war in ihrem Bericht ziemlich vage, abgesehen von dem Versprechen, dass wir mehr darüber reden würden, sobald wir wieder in der Basis waren.
Nach den Blicken zu urteilen, die zwischen ihr, Hunter, Kallisto und Varga gewechselt wurden, wusste ich tief im Inneren, dass mehr dahintersteckte als das, was sie gesagt hatte. Trotzdem waren ihre Aufgaben erfolgreich erfüllt worden. Wir sprachen Wanna und ihren Leuten unser Beileid aus und sie schienen die traurigen Neuigkeiten tapfer aufzunehmen.
Als die Sonne unterging und der Himmel einen violetten Farbton annahm, versammelten wir uns zum Essen, während wir auf Bens Team warteten. Sie brauchten länger als erwartet, andererseits war ihre Mission auch komplexer gewesen, da es darum ging, mit verstoßenen Fehlerhaften zu sprechen.
»Es tut mir leid für Airis, Stephon, Klavis und Kemp«, sagte Hunter zu Wanna, als er im Schneidersitz mit dem Rücken gegen den Fuß des blauen Felsens saß.
»Sie starben als Helden«, fügte Raphael hinzu.
»Es wird unseren Stamm in keiner Weise stärker machen«, antwortete Wanna. »Aber … es ist Krieg. Ich nehme an, im Kampf um die Rückeroberung unseres Planeten von Ta’Zan gehen Leben verloren.«
»Wir werden unser Bestes tun, um dies nicht noch einmal zuzulassen«, sagte Elonora. »Wir wurden überwältigt. Nachdem Nevis, Raphael und ich weg waren, waren Kailani und die anderen zahlenmäßig unterlegen.«
Taeral kratzte sich am Hinterkopf und runzelte die Stirn, als er zum sich verdunkelnden Himmel aufblickte. Er drückte einen Finger an seinen Ohrstöpsel und fragte dann: »Ihr seid diesem Cassiel also begegnet, ja?«
»Ja, das war seltsam und großartig zugleich, bis er wieder verschwand«, antwortete Varga. »Ich weiß nicht warum. Ich erinnere mich nur, dass er in dem einen Augenblick noch dort war, gleich nachdem die Vollkommenen getötet wurden … und dann, verdammt, war er einfach weg.«
»Wenn die Kommunikationsblocker deaktiviert sind, warum funktionieren die hier dann nicht?«, fragte Avril und zeigte auf ihren Ohrstöpsel »Telluris läuft auch noch nicht.«
Raphael zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht, wie lange es dauert, bis die Kommunikation wiederhergestellt ist, wie ich schon zu Lenny gesagt habe. Ich bin kein Experte. Ich weiß gerade genug, um zurechtzukommen. Der einzige Grund, warum ich die Türme überhaupt deaktivieren konnte, war, dass ich dabei war, als sie errichtet wurden.«
Ich seufzte und bewegte dann meinen Kopf, um etwas von der Spannung zu lösen, die sich in meinen Nackenmuskeln angesammelt hatte. Serena packte meinen Nacken, massierte ihn sanft und ich lächelte träge. Ich konnte fühlen, wie ihre Liebe durch mich floss und mich wie ein Sommermorgen aufwärmte.
»Trotz unserer Verluste haben wir uns gut geschlagen«, sagte ich. »Die Kommunikationsblocker sind ausgefallen und vor allem haben wir Ta’Zans Flugpläne verzögert. Sobald wir wieder in der Lage sind, Calliope zu erreichen, werden wir mit ihnen Kontakt aufnehmen und die nächsten Schritte besprechen, die wir unternehmen müssen, um Ta’Zan ganz zu Fall zu bringen.«
Elonora nickte und zeigte auf Marku und seine Kollegen. »Ohne Marku hier hätten wir es nicht geschafft. Oh, und das ist auch interessant: Marku ist Isdas Freund«, sagte sie und lächelte ihn an. »Wir haben sie auf dem Weg nach draußen getroffen. Ich habe ihr einen Ohrstöpsel gegeben, den ich übrig hatte und der drahtlos mit unserem Kommunikationssystem verbunden ist – jedenfalls, sobald es wieder eingeschaltet ist. Sie wird ihn an Grandma Claudia und die anderen weitergeben, damit wir live mit ihnen kommunizieren können, nicht nur über die Telluris-Verbindung zwischen Varga und den anderen Überlebenden der Flotte.«
Lumi gluckste leicht. »Ich kann immer noch nicht glauben, dass Cassiel sich gegen Ta’Zan gewendet hat«, murmelte sie. »Damit macht er ihm wirklich einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn wenn er noch mehr Vollkommene von Cassiels Art schafft, werden sie wahrscheinlich auch rebellieren, einfach aufgrund ihrer fortgeschrittenen Intelligenz. Die Logik funktioniert auf einer höheren Ebene anders«, fügte sie hinzu, doch dann lächelte sie schnell Kallisto und die anderen Fehlerhaften entschuldigend an. »Versteht mich nicht falsch, es ist nicht so, dass ihr nicht brillant seid. Das seid ihr!«
»Ich weiß«, sagte Kallisto mit einem Grinsen. »Aber ich verstehe deine Argumentation und sie ergibt Sinn. Schau dir Raphael an. Als er geschaffen wurde, war er Ta’Zans stärkster und intelligentester Vollkommener. Hier gibt es ein offensichtliches Muster. Es bedurfte der vollständigen Zurückweisung durch Ta’Zan, bis Leute wie ich die Wahrheit erkannt haben.«
»Hey, besser spät als nie«, antwortete Raphael.
»Wir haben mehr Waffen und Zermalmer-Kapseln eingesammelt«, sagte Heron, umgeben von sieben seiner Schutzwachen. Sie entfernten sich nie zu weit von ihm und ich konnte meine Augen nie von ihnen lassen, wann immer sie in der Nähe waren. Die zehn Brüder und letzten Überlebenden des Hauses Abraxian waren meiner Meinung nach außergewöhnliche Kreaturen. Sie hatten ihre Körper an einen Sumpfhexenzauber gebunden, um die bewusstseinsverändernde Kraft des Maragebieters zu verstärken. Selbst ohne das waren sie furchterregende Raubtiere. Sie sprachen nie viel, aber ihre Anwesenheit allein wirkte einschüchternd. »Wir haben einige der Kapseln, die wir unterwegs verballert haben, wieder ersetzt, nehme ich an.«
»Die medizinische Ausstattung wird auch nicht schaden«, fügte Avril hinzu. »Vor allem bei der Art von Schwierigkeiten, in die wir in letzter Zeit geraten.«
»Wo wir gerade davon sprechen, wo sind Dmitri und der Rest seines Teams?«, fragte Varga und hob eine Augenbraue, als er sich umsah. Seine Augen schimmerten golden, dann grinste er. »Ah …, wenn man vom Teufel spricht.«
Wir standen alle auf und waren begeistert von der Wiedervereinigung unserer bereits gewachsenen Gruppe von Kämpfern und Rebellen. Elonora folgte Vargas Blick und hielt dann inne. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte den ihres Bruders nicht wider.
»Sie sind nicht allein«, grummelte sie. »Oh wow …«
»Was?«, fragte ich, denn ich konnte nicht so weit sehen wie unsere Wächter.
Elonora sah mich mit großen Augen an. »Sie sind nicht allein.«
»Okay, kannst du das näher erläutern?«, erwiderte Lumi.
»Fehlerhafte. Viele von ihnen«, mischte sich Varga ein.» Mindestens drei Dutzend, soweit ich sehen kann.«
Mein Herz machte vor Freude fast einen Sprung. Ben und sein Team hatten eindeutig Erfolg gehabt, da sie mit weiteren Fehlerhaften aus der Wildnis zurückkamen.
Als sie endlich den blauen Felsen erreichten, sahen wir das volle Ausmaß ihres Erfolges, als wir Herakles, den offensichtlichen Anführer dieser Gruppe von verstoßenen Fehlerhaften, kennenlernten. Einige der Frauen klammerten sich praktisch an seinen Hals und hingen an ihm, als wäre er ihr kostbarstes Gut.
»Ich schwöre, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass dieser Typ eine Art Pheromon verströmt, um die Damen süchtig zu machen«, murmelte Dmitri.
»Genau das ist es«, klärte Douma uns lächelnd auf. »Herakles ist ein Hybride aus mehreren Tieren, darunter eine Eidechse, die ein konzentriertes Hormon durch ihre Schuppen schwitzt. So zieht sie Frauen an, die willig sind, sich zu paaren.«
Herakles kicherte, als er uns die Hände schüttelte. Ich musste zugeben, dass er ein ziemlich beeindruckendes Exemplar war, anders als die meisten Fehlerhaften. Das einzige Zeichen eines hybriden Designs waren die Schuppen in seinem Nacken. Davon abgesehen war er kräftig gebaut, voller Muskeln und wahrscheinlich genug Kraft, um meine Wirbelsäule innerhalb von Sekunden mühelos in zwei Hälften zu brechen. Ich wollte es mir auf jeden Fall mit ihm nicht verscherzen.
»Nun, eure Freunde hier haben mich überzeugt«, sagte Herakles. »Wir wollen auch einen Platz am Tisch mit den Draenir und den Vollkommenen, wenn ihr es uns gestattet. Diese Welt sollte uns gehören, nicht Ta’Zan.«
Raphael trat vor. »Ich bin mir sicher, dass das kein Problem sein wird, wenn wir ihm meine Art sozusagen aus dem Schoß reißen.«
»Igitt …« Dmitri stöhnte und verdrehte die Augen.
»Das ist nur eine Redewendung!«, schnappte Raphael.
Wir brachten uns gegenseitig auf den neuesten Stand und besprachen die Ereignisse des Tages. Elonoras Team hatte den größten Verlust erlitten, aber auch sie hatten die Mission abgeschlossen. Wir hatten so viele Vorräte zurückgebracht, wie wir tragen konnten, und Bens Team war mit jeder Menge Fehlerhaften zurückgekehrt, die es kaum erwarten konnten, in den Kampf zu ziehen und sich gegen ihren Schöpfer zu erheben.
Verstoßen zu werden war wohl der Auslöser dafür, dass sie ihre Situation erkannt hatten, ähnlich wie bei Kallisto. Wir sprachen über ihr Leben außerhalb der Kolosseen, wo sie immer wieder von der wachsenden Gruppe der Vollkommenen schikaniert wurden. Ihnen wurde ihr Platz in Ta’Zans Paradies verweigert und sie waren entschlossen, ihr eigenes zu schaffen. Ihr Selbstbewusstsein war mehr als beeindruckend und räumte meine Zweifel aus. Sie würden sich nicht gegen uns stellen. Serena las ihre Gefühle sorgfältig und versicherte mir unauffällig, dass sie tatsächlich entschlossen waren, sich unserer Mission anzuschließen.
»Es hat ein paar Stunden gedauert, aber wir haben eine gemeinsame Basis gefunden«, sagte Ben. »Am Ende wollen wir ja doch alle dasselbe. Frieden und die Freiheit, so zu leben, wie wir es wünschen, ohne dass jemand unser Glück und unsere Selbstbestimmtheit einschränkt.«
»Und wir sind uns alle in einer Sache einig«, antwortete Herakles. »Keiner von uns mag Ta’Zan.«
Die Fehlerhaften in seiner Gruppe brachen in Gelächter aus. Dmitri und Varga waren die Ersten, die mitmachten, und sie lachten sich scheckig, als sie anfingen, Witze über Ta’Zan zu machen.
»Nimm ihm sein Labor weg, und was bleibt übrig?«, fragte Dmitri.
»Eine Kreuzung zwischen einem Draenir und der Himmel weiß was für Tieren.« Herakles kicherte.
»Ein Fehlerhafter«, warf Varga ein und löste eine weitere Welle Gelächter aus.
»Und was ist so schlecht daran?«, fragte Kallisto mit einem verschmitzten Grinsen.
Varga grinste doppelt so breit. »Es ist überhaupt nicht schlecht. Ganz im Gegenteil. Aber für Ta’Zan wäre es wahrscheinlich das Ende der Welt, wenn er auf dem gleichen Niveau wäre wie die Geschöpfe, die er für minderwertig hält.«
»Was ist mit den Teufelsvipern?«, fragte ich Ben. »Hattet ihr damit Glück?«
Ben ließ einen tiefen Seufzer aus seiner Brust rollen. Das klang nicht gut. »Ich fürchte nein.«
»Herakles hat uns den Wintergarten gezeigt«, sagte Amane. »Er wurde komplett zerstört. Ich denke, Ta’Zan hat ihn verlegt, möglicherweise ist er jetzt irgendwo in einem Kolosseum.«
»Hast du in Ta’Zans Stützpunkt einen gesehen?«, fragte Ben Elonora.
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht daran erinnern, allerdings habe ich auch nicht danach gesucht. Ich war mehr mit den Raumschiffen und der Gefängniskuppel beschäftigt. Apropos, ich habe unsere Leute gesehen. Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut.«
Lumi knirschte etwas gereizt mit den Zähnen. »Wenn wir nirgendwo Teufelsvipern finden, können wir keine weiteren Zermalmer-Kapseln herstellen. Meine Magie mag stark sein, aber sie reicht nicht aus, um einen ganzen Planeten von Vollkommenen zu vernichten. Der Zermalmer hingegen kann, wenn wir unbegrenzte Munition haben, genug Schaden anrichten, um die Vollkommenen in die Knie zu zwingen.«
Ben verschränkte die Arme und runzelte die Stirn, sein Blick fiel zu Boden.
»Ich fühle mich mit einer solchen Aggression gegen die Leute, die wir eigentlich gegen Ta’Zan aufbringen wollen, nicht wohl«, murmelte er.
»Ja, ich auch nicht«, fügte Raphael hinzu und sah dann Amane an. »Du, Mitschöpferin meiner fabelhaften Wenigkeit, sprich mit mir. Gibt es eine bessere Idee als Massenmord durch Zermalmer-Kapseln?«
Herakles, seine Fehlerhaften und die Draenir verfolgten das Gespräch mit großem Interesse. Ihre Augen waren groß und hell, ihr Ausdruck eine Mischung aus Staunen und Neugier, während sie Interaktionen zwischen mehreren Kreaturen verschiedener Arten erlebten, die sich zu einem gemeinsamen Ziel zusammenfanden. Das war schließlich etwas, was sie noch nie zuvor erlebt hatten – Einheit. Friedliches Zusammenleben.
»Ich habe tatsächlich eine Idee«, antwortete Amane. »Es ist jedoch nichts Sicheres und ich muss mich meiner Schwester nähern, damit es vielleicht
funktioniert.«
»Nun, okay, erleuchte uns«, warf Douma ein. »Ich bin vielleicht nicht mehr mein altes Ich, aber ich bin immer noch nicht bereit, mitanzusehen, wie so viele meiner Art sterben, wenn wir etwas Besseres und Klügeres tun können.«
»Wie ich bereits sagte, ist es vorerst nur eine Theorie«, sagte Amane. »Aber ich glaube, ich könnte mithilfe meiner Schwester in die zentrale Speicherdatenbank eindringen. Ich bin schlauer, wenn sie da ist, im wahrsten Sinne des Wortes.«
Die Idee weckte mein Interesse. »Was würdest du dann mit der Datenbank machen? Wenn ich mich richtig erinnere, kann Ta’Zan über diese Datenbank alte Erinnerungen wieder in … gereinigte Vollkommene wie Douma implantieren, oder?«
Amane nickte. »Sie funktioniert sozusagen drahtlos. Sie verbindet sich direkt mit ihren Seelen, weshalb wir den Seriumblocker benötigen. Wenn ich ihn entferne, wird ihr Gehirn mit alten Erinnerungen überflutet, sobald sie gefunden werden. Das System findet sie jedoch nicht automatisch. Der Suchvorgang dauert eine Weile. Außerdem hängt dies von der Entfernung von der Datenbank, dem Gelände und den Wetterbedingungen ab. Das ist allerdings nicht der Hauptpunkt, sondern die Tatsache, dass ich versuchen könnte, das Übertragungssignal umzukehren. Anstatt Erinnerungen in das Gehirn eines Vollkommenen zu schieben, könnte ich die vorhandenen Erinnerungen massenhaft löschen.«
Es klang verwirrend, aber durchaus möglich. Wenn zumindest der »Tech«-Teil von »Magi-Tech« nach den universellen Prinzipien der Mathematik und Physik funktionierte, könnten die Informationen, die drahtlos heruntergeladen werden konnten, auf die gleiche Weise auch gelöscht werden.
»Aber ich wiederhole es lieber nochmal: Ich bin mir nicht sicher, ob es funktionieren würde. Aber ich würde es gern versuchen«, fügte Amane hinzu.
»Wir müssen dich dafür zurück zu deiner Schwester bringen, oder?«, fragte Dmitri.
»Deine Schwester war ein wenig … problematisch«, sagte Marku und presste seine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. »Sie hat die Rebellen verraten. Monos und die anderen sind ihretwegen gestorben.«
Amane atmete tief durch und senkte dann den Kopf. »Das überrascht mich nicht. Ihre Loyalität zu Ta’Zan ist destruktiv.«
Während sie dem Gespräch zuhörte, drückte Elonora weiter auf den kleinen runden Knopf an ihrem Ohrstöpsel und wartete darauf, etwas am anderen Ende zu hören. Irgendwann stockte sie und hörte auf, den Knopf zu drücken. Dann suchte sie mit einem Fingerschnippen meine Aufmerksamkeit. Sofort legte sich Stille über unsere große Gruppe.
»Test, Test. Kann mich jemand hören?«, sagte Elonora.
Sekunden vergingen in schmerzhaftem Schweigen und Elonora blinzelte mehrmals. Ich war jetzt neugierig, ob ich etwas auf dem Kommunikationskanal aufnehmen konnte, und drückte den Knopf an meinem eigenen Ohrstöpsel. Statisches Knistern ertönte, brach aber ab, so als würde das Gerät versuchen, einen Kanal zu finden.
Nacheinander aktivierten die anderen GAÜS-Besatzungsmitglieder ihre Ohrstöpsel und diesmal kam im Gegensatz zu früheren Versuchen ein Geräusch durch, obwohl es nur abgehackte Statik war. Für mich war es der Klang der Hoffnung.
»Hier ist Elonora, kann mich jemand hören?«, versuchte Elonora es erneut.
Varga grinste. »Ja, ich. Laut und deutlich.«
Ihre beiden Stimmen hallten in meinem Ohr wider. Mein Herz begann, große Purzelbäume zu schlagen, als pure Freude jede Faser meines Seins erfasste.
»Wir können dich alle hören, denke ich«, antwortete Serena und strahlte uns an.
»Oh, das ist unglaublich!«, rief Elonora aus. »Das bedeutet, dass die Kommunikation wieder eingeschaltet ist. Ist noch jemand in der Leitung? Rose? Grandma? Derek? Irgendjemand?«
Die Zeit schien stillzustehen, als wir alle angespannt den Mund hielten und darauf warteten, dass jemand antwortete.
Es schien ewig zu dauern, bis endlich eine vertraute weibliche Stimme durchkam.
»Lenny? Bist du das, Baby?«, fragte Claudia.
Sofort waren Elonoras Augen glasig vor Tränen, die dann über ihre blassen Wangen rollten. Sie schlug die Hände vor den Mund, um nicht vor Freude zu schreien. Varga war ebenso begeistert.
»Grandma, hier ist Varga. Kannst du uns hören?«, rief er.
»Ja! Ja, ich kann euch hören! Den Sternen sei Dank, es geht euch gut! Bist du mit Lenny zusammen, Liebling?«, stieß Claudia hervor.
»Ja, wir haben uns gefunden. Oh Mann, Grandma, es ist so schön, deine Stimme zu hören!«, sagte Varga und umarmte dann Elonora. Beide hielten sich fest und machten Luftsprünge, als hätten sie gerade im Lotto gewonnen.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte Claudia. »Ben? Rose? Kailani? Sprecht mit mir!«
»Wir sind okay, Grandma«, krächzte Elonora und wischte sich die Tränen ab. »Wir haben im Kolosseum für Chaos gesorgt, falls ihr es nicht gehört habt.«
Claudia quietschte und lachte wie eine böse Hexe aus alten Menschen-Filmen – ein Gackern, das mich amüsierte und mir gleichzeitig einen Schauer über den Rücken jagte. »Das wart ihr? Meine Güte, Schatz, ihr habt hier unten wirklich für Aufruhr gesorgt!«
»Ich weiß, ich weiß«, antwortete Elonora. »Wir haben Ta’Zans Raumschiffe zerstört. Er war nur noch Tage davon entfernt, sie auszusenden. Wir haben auch die Kommunikationsblocker ausgeschaltet. Deshalb hat unsere Kommunikation von Anfang an nicht funktioniert! Die Draenir stellten sie auf, als die Plage ausbrach, um zu verhindern, dass irgendjemand mit dem infizierten Strava kommunizierte. Ta’Zan ließ sie von Vollkommenen bewachen, aber wir haben sie erledigt!«
»Das ist mein Mädchen!« Claudia jubelte. »Also geht es allen gut?«
»Wir machen Fortschritte, Grandma«, antwortete Varga. »Wir bereiten Ta’Zan verdammt große Probleme!«
Eine andere Stimme kam durch, eine, die mein Lächeln noch breiter machte.
»Lenny? Claudia?« Caleb trat dem Kommunikationskanal bei.
Unsere Gruppe brach in lauten Jubel aus. Wir hatten jetzt auch wieder eine Live-Verbindung zu Calliope. Wären wir nicht in feindlicher Umgebung gewesen, hätten wir eine verdammt gute Party veranstaltet.
»Caleb!« Claudia antwortete. »Liebling, es ist so gut, deine Stimme zu hören!«
»Hah, ihr seid jetzt in Kontakt mit Calliope! Das ist so cool!«, hörten wir jetzt Phoenix aus der Ferne rufen und Serena schnappte nach Luft.
»Großartig! Phoenix, Harper, könnt ihr uns alle hören?«, warf Serena ein.
»Laut und deutlich, Schwester, laut und deutlich!«, antwortete Harper.
»Was ist mit Ben? Rose?«, fragte Caleb.
»Ben ist hier bei uns«, sagte ich.
Ich hörte ein Knistern in der Leitung, gefolgt von Dereks Stimme. Claudia hatte ihm den einen Ohrstöpsel gereicht, den sie hatten. »Draven? Elonora? Caleb? Geht es allen gut?«, fragte er.
Ben gluckste und seine Augen waren glasig vor Tränen. »Hallo Dad! Komisch, du bist doch der Gefangene, aber du machst dir mehr Sorgen um uns.«
Dereks Stimme wurde leiser. »Ben, mein Sohn … bitte sag mir, dass es dir gut geht.«
»Ja, Dad, wir haben es immerhin bis hierher geschafft, oder?«, antwortete Ben. »Wir haben für ein wenig Schaden gesorgt. Wir mussten uns in Teams aufteilen und kehren jetzt zu Rose und Bogdana zurück. Meine Güte, es gibt so viel zu berichten.«
»Warum ist Rose nicht in der Leitung?«, fragte Caleb. Die Besorgnis in seiner Stimme war leicht herauszuhören.
»Ihr seid nicht bei Grandma?«, fügte Phoenix hinzu.
»Nein. Wir haben sie mit Bogdana und Rakkhan, zwei von Herons Schutzwachen, und den anderen Draenir im Lager zurückgelassen«, sagte ich. »Wir gehen jetzt zurück. Wir haben das erledigt, wofür wir hergekommen sind.«
»Aber sie sollte ihren eigenen Ohrstöpsel haben und außerdem den Telluris«, murmelte Caleb. »Doch auch darüber antwortet sie nicht. Wenn die Kommunikation wiederhergestellt ist, sollte sie zumindest Zugriff auf diese Leitung haben, oder?«
»Theoretisch schon«, antwortete Elonora. »Rose? Kannst du mich hören? Kannst du einen von uns hören?«
Keine Antwort. Ein paar Sekunden vergingen, während wir alle warteten, in der Hoffnung, dass sie etwas sagen würde.
»Leute, ich sage das ungern, aber was ist, wenn etwas mit dem Lager passiert ist?«, platzte Dmitri heraus und kratzte sich am Nacken. »Vielleicht gibt es dort ein Problem und das ist der Grund, warum Rose nicht antwortet.«
Sobald wir uns ansahen, schien unsere Gruppe dasselbe zu denken wie Dmitri, und keinem von uns gefiel die Aussicht. Wenn Rose in Schwierigkeiten war, mussten wir alle so schnell wie möglich zu ihr.
»Leute, ihr müsst etwas unternehmen!«, sagte Caleb. »Ich muss Rose hören … ich muss wissen, dass es ihr gut geht!«
»Mach dir keine Sorgen, Caleb, wir werden der Sache auf den Grund gehen«, antwortete Ben und nickte mir dann fest zu. »Wir müssen los, und wir müssen uns beeilen.«
Ridan räusperte sich und forderte unsere volle Aufmerksamkeit. »Nicht, dass ich prahlen will oder so, aber ich bin groß und stark genug, um uns alle zurück ins Lager zu tragen«, sagte er. »Und völlig unauffindbar, wenn ich etwas von dieser Unsichtbarkeitspaste schlucke, sobald ich mich vollständig in einen Drachen verwandelt habe. Jeder, der mit mir fliegt, wird auch getarnt sein, wenn ich mich nicht irre.«
»Sieh an, du bist nützlicher, als ich gedacht hätte, Drache!« Raphael lachte und schlug ihm kameradschaftlich auf den Rücken.
»Bist du dir sicher, Ridan?«, fragte Ben ihn und seine Brauen zogen sich zu einem tiefen Stirnrunzeln zusammen. »Diesmal sind wir sehr viele. Ungefähr vier Dutzend, mein Freund.«
Ridan nickte. »Vielleicht hast du es vergessen, aber ich bin in meiner Drachengestalt ziemlich groß.«
Mit dem Selbstvertrauen, das ihn überhaupt erst zur GAÜS gebracht hatte, legte Ridan seinen Rucksack, seine Waffen und seine Kleidung ab und übergab sie Amane höflich, aber mit einem verlegenen Lächeln.
»Entschuldige bitte, aber ich habe nicht so viel Ersatzkleidung«, sagte er zu ihr.
Varga bedeckte seine Augen. »Alter, du solltest wirklich ankündigen, dass du dich ausziehst. Es sind viele Damen anwesend, weißt du!«
»Die einzige Dame, die peinlich berührt ist, bist du, soweit ich sehen kann«, sagte Raphael und unterdrückte ein Grinsen.
Ridan lachte leicht, entfernte sich dann von der Gruppe und stellte genügend Abstand zwischen uns her, damit er sich sicher verwandeln konnte. Seine Drachenform entfaltete sich und ich erinnerte mich sofort wieder, wie groß er war – tatsächlich war er riesig und perfekt in der Lage, uns alle auf seinem schuppigen Rücken zu tragen. Zugegeben, wir mussten vorsichtig sein und uns festhalten, aber auf diese Weise würden wir definitiv am schnellsten zurück nach Merinos kommen.
»Warte, was ist mit den Vorräten, die wir besorgt haben?«, fragte Heron und zeigte auf unsere Lastenträger.
Wir hatten hart gearbeitet, um sie hierherzubringen, also verstand ich seine Frage sehr gut, trotz der möglicherweise gefährlichen Situation, in der Rose sich befand. Lumi stupste Taeral an.
»Du kannst dich gut über große Entfernungen teleportieren, nicht wahr?«, fragte sie ihn.
»Ja. Wir werden die Vorräte hierlassen und ich werde zurückkehren, sobald wir herausfinden, was mit Rose und unserer Basis los ist«, antwortete er. »Ich habe den Standort des blauen Felsens in meiner Erinnerung gespeichert. Ich kann jetzt von überall hierher zurückkommen.«
»Ich auch«, sagte Kailani. »Ich werde dir helfen.«
»Gut, dann lasst uns aufbrechen«, schloss ich.
Einer nach dem anderen kletterten wir auf Ridans riesigen Rücken. Die Fehlerhaften und die Draenir zögerten zunächst, aber Amane und Raphael drängten sie vorwärts. Douma war geradezu aufgeregt, einen Drachen zu reiten, und nach dem ständigen Grinsen auf Raphaels und Amanes Gesichtern zu urteilen, waren sie es auch.
Sobald wir uns alle auf seinem Rücken niedergelassen hatten und die großen Schuppen in unserer Reichweite fest umklammerten, drehte Ridan den Kopf, um uns anzusehen. Ich warf ihm einen Unsichtbarkeitszauberbeutel zu, den er zwischen den Zähnen auffing und sofort schluckte. Eine Sekunde später wurde er unsichtbar und, so wie er gesagt hatte, waren auch wir getarnt. Ich setzte meine rote Linse auf, als Ridan zweimal mit den Flügeln schlug und abhob. Er schoss mit so hoher Geschwindigkeit durch den Himmel, dass es mir den Atem verschlug.
Aber trotzdem und selbst wenn Derek, Caleb und die anderen aufmerksam durch ihre Ohrstöpsel mithörten, blieb ich cool und konzentrierte mich auf das, was als Nächstes kam. Wenn Rose etwas passiert war, mussten wir alles in unserer Macht Stehende tun, um ihr zu helfen.