Derek
R ose informierte uns über alles, was geschehen war, einschließlich der Enthüllung über Bogdanas unerwartete Verbindung zu Ta’Zan und ihren Erfolg, die Hermessi am Fluss auf Merinos aufzurühren. Varga erklärte ihr, dass keiner von uns hier in der Kuppel darüber sprechen konnte, gegen Ta’Zan vorzugehen. Aber wir konnten zuhören und Ratschläge geben, wo immer dies möglich war, solange unsere Halsbänder nicht reagierten.
Die Möglichkeit, ständig mit unseren Kindern, Enkelkindern, Urenkeln und all unseren Freunden und Verbündeten zu kommunizieren, gab mir das Gefühl, etwas leichter atmen zu können. Das Leben in der Diamantkuppel war so langweilig wie immer, aber diesmal war die Hoffnung größer.
Am wichtigsten war, dass wir neue Informationen über Ta’Zan hatten, die das Imperium, das er aufzubauen versuchte, schließlich zum Einsturz bringen könnten. Andererseits lebte keine Welt nur von Lügen und Revolution.
Isda hatte uns auch von der Explosion erzählt. Ta’Zan war offensichtlich nicht sehr glücklich darüber.
»Ich nehme an, der Boss ist gerade ziemlich sauer, oder?«, fragte Lucas und grinste breit.
»Ich wäre es auch, wenn jemand meine Schiffe in die Luft jagen und mein Kommunikationsnetz blockieren würde – oh, Moment mal, genau das hat er uns ja angetan!«, antwortete Xavier und seine Stimme troff vor Sarkasmus.
Ich musste kichern.
»Ja, das musste wohl so kommen«, mischte sich Claudia ebenso zufrieden ein.
»Sie rennen da draußen herum und versuchen zu begreifen, was passiert ist. Es ist ziemlich lustig, wenn ihr mich fragt«, sagte Lucas.
»Es ist das Mindeste, was wir verdienen, ein klein wenig pure, unverfälschte Schadenfreude angesichts seines Elends«, antwortete Corrine. »Er hält uns hier eingesperrt und verspricht uns ein Leben in Gefangenschaft, als wären wir Tiere in einem Zoo. Das kann auf keinen Fall gut für ihn ausgehen.«
Sofia seufzte. »Vorausgesetzt, unsere Kinder ziehen es durch, wird Ta’Zan genau so enden.«
Die Doppeltür öffnete sich und Isda kam herein. Sie sah geradezu verängstigt aus.
»Isda, was ist los?«, fragte ich.
»Vater ist wütend«, murmelte sie, als sie uns erreichte. Sie sah immer wieder über die Schulter und fürchtete, jemand könnte sie sehen. Isda hatte sich eingeschlichen und handelte weiter gegen die Wünsche ihres Schöpfers. Das und die Tatsache, dass sie Elonora geholfen hatte, war ein Beweis dafür, dass es bei ihr und den anderen Fehlerhaften noch Hoffnung auf eine weitere Meuterei gab. Der Geist der Rebellion brannte bereits hell in ihnen. »Seine Kommunikationsblocker wurden zerstört. Dutzende seiner Vollkommenen wurden permanent getötet. Seine Schiffe wurden ausgelöscht und der größte Teil des Ingenieurteams ist verschwunden. Er hat all das nicht kommen sehen, sage ich euch.«
»Natürlich nicht. Er dachte, wir würden einfach die andere Wange hinhalten und sterben oder so.« Claudia kicherte.
Isda nickte kurz. »Ja. Aber ihr müsst wissen, dass er rücksichtslos und grausam wird, wenn er so wütend ist. Ich wollte euch nur warnen, damit ihr …«
Die Türen öffneten sich wieder und Isda rannte sofort in die Menge der Gefangenen um uns herum und versteckte sich hinter Vivienne und Kailyn. Unser Team schloss sich mit Xavier, Lucas, Jax und Yuri an der Spitze sowie Claudia, Corrine, Ibrahim und Cameron zusammen. Die anderen blieben ein paar Meter zurück und hielten einen einigermaßen sicheren Abstand, um bei Bedarf einzugreifen.
Ta’Zan kam herein, begleitet von Amal. Er sah so wütend aus, wie Isda ihn beschrieben hatte. Ich hatte ihn noch nie so gesehen und ich musste zugeben, dass ich mich unwohl fühlte. Amal schien besorgt zu sein, ihre Augenbrauen waren zusammengezogen und ihre Lippen zu einer kleinen, dünnen Linie zusammengepresst, während sie an seiner Seite stand.
»Ihr wart das!«, spie Ta’Zan und zeigte mit einem wütenden Finger auf mich, als er durch die Halle auf mich zukam. »Du, Derek.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich war die ganze Zeit hier eingesperrt, Ta’Zan, ohne Kommunikation zu meinen Leuten. Wie hätte ich etwas tun können?«
»Spiel nicht mit mir, du blutsaugender Wurm!«, platzte es aus Ta’Zan heraus. Purer Hass blitzte in seinen blaugrünen Augen auf. »Du bist dafür verantwortlich. Und ich verspreche dir, ich werde eure Kinder und Gefolgsleute fangen, und ich werde große Freude daran haben, sie ganz langsam direkt vor euren Augen zu töten, weil sie zu einem gigantischen Ärgernis geworden sind und keinen Mehrwert mehr für meine genetische Arbeit bieten. Ich kann mit den Exemplaren arbeiten, die ich hier bereits gesammelt habe!«
Ich nahm mir einen Moment Zeit, um zu antworten, und wählte meine Worte sorgfältig. Die Versuchung, es ihm unter die Nase zu reiben, war jedoch zu groß. Ich schuldete ihm eine Revanche.
»Ich vermute, meine Leute machen dir Feuer unterm Hintern?«, fragte ich.
Lucas kicherte. »Und wie sie das tun.«
»Ich werde euch zusehen lassen, wie ich ihnen die Wirbelsäule herausreiße. Das verspreche ich«, sagte Ta’Zan.
»Ich würde an deiner Stelle nach einem anderen Weg suchen, um diese Situation zu lösen«, antwortete ich. »Du hast die Beherrschung verloren. So kenne ich dich nicht. Das könnte dein vorzeitiges Ende bedeuten. Denk darüber nach, bevor du etwas Schlimmeres tust.«
»Ich habe bisher noch gar nichts getan«, murmelte Ta’Zan. Ich erkannte ihn jetzt kaum wieder. Die Wut verzerrte seine Gesichtszüge und erfüllte seine Augen mit einer Boshaftigkeit – ich wollte mir ein Beil schnappen und ihn einfach von seinem Elend befreien. »Aber sei versichert, was du getan hast, wird Konsequenzen haben. Niemand, der mich so wütend gemacht hat, hat es je überlebt.«
»Oh, du meinst wie die Draenir?«, fragte Sofia und kniff die Augen zusammen.
Ich liebte sie jetzt mehr denn je dafür, wie subtil sie das ins Gespräch geworfen hatte. Ta’Zan konnte nicht wissen, dass einige noch lebten, obwohl Cassiel es ihm höchstwahrscheinlich bald erzählen würde. Aber er musste wissen, wie viel unsere Leute bereits erfahren hatten.
Ta’Zan legte seinen Kopf zur Seite und sah mich finster an. »Was zum Teufel willst du damit sagen?«, fragte er. Seine Stimme verriet Unsicherheit.
»Du und deine Fehlerhaften-Zwillinge habt die Plage verursacht, die alle Draenir getötet hat«, sagte ich mit fester Stimme.
Die Farbe wich sofort aus Amals Gesicht. Sie war fassungslos und konnte nicht aufhören, mich anzustarren. Ihre Brust hob sich, als sie schwer atmete. Die Wahrheit war ihr ins Gesicht geschleudert worden und sie konnte eindeutig nicht damit umgehen. Sie tat mir allerdings nicht leid. Sie hatte uns alle betrogen.
Ta’Zan hingegen wurde seltsam ruhig. Es erschreckte mich mehr als seine Wut, denn kalkulierte Bösartigkeit war weitaus schädlicher als Wut, die durch die Adern kochte.
»Wo hast du das gehört?«, fragte Ta’Zan mit leiser und kalter Stimme und einem unlesbaren Gesichtsausdruck.
»Deiner Miene nach zu urteilen ist es wahr«, gab Sofia zurück. »Du hast all diese Leute getötet. Unschuldige Kreaturen … Kinder! Und wofür, Ta’Zan? Weil sie gemein zu dir waren? Ernsthaft?«
»Du hast eine ganze Zivilisation zerstört und dich geweigert zu akzeptieren, dass das, was du getan hast, schrecklich falsch ist. Stattdessen hast du sie getötet«, fügte ich hinzu. »Du hast sie in qualvollem Schmerz und Elend sterben lassen, dann ihre Vorräte, ihre Ressourcen und ihr Wissen gestohlen und es als dein eigenes ausgegeben. Du hast nichts selbst getan, außer alles von ihnen zu kopieren, Ta’Zan. Welche Art von Vollkommenheit könnte aus den Händen eines Diebes kommen?«
Ta’Zan antwortete diesmal nicht.
Eine schwere Stille entstand. Er straffte den Rücken. Sein Blick wanderte mehrmals von Sofia zu mir, bis er auf mir ruhte. Dann grinste er, schoss blitzschnell nach vorn, packte Sofia und zog sie weg.
Das pure Grauen erfasste mich und ich drehte durch.
Ich lief ihm nach.
»Ta’Zan, nein! Lass sie in Ruhe!«, schrie ich.
Er hörte nicht zu. Sofia wand sich, als sie versuchte, sich zu befreien. Ihre Krallen fuhren aus, das Halsband versetzte ihr einen Schock und sie verlor das Bewusstsein.
»Sofia!«, brüllte ich.
Amal warf mir einen kalten Blick zu, als würde sie mich warnen, wegzubleiben. Aber ich konnte nicht. Das war meine Frau, die Liebe meines Lebens, die Ta’Zan wegführte.
Ich war bereit, alles niederzureißen, wenn es sein musste. Aber mein Schockhalsband gewann und sandte ein Gewitter mit dem Feuer von tausend Sonnen durch mich. Ich fiel flach auf mein Gesicht. Ich hörte Aiden schreien und die anderen nach Luft schnappen … hörte die Aufregung, die entstand.
Aber ich konnte mich nur dazu bringen, in die Richtung zu schauen, in die Sofia verschwand.
»Sofia«, krächzte ich.
»Dir ging es hier zu gut, Derek«, sagte Ta’Zan, als er die Doppeltür erreichte und Sofia mit sich zog. »Es ist Zeit, dass du lernst, wer hier das Sagen hat und wer gewinnen wird.«
»Sofia, nein!«
Ta’Zan, Amal und Sofia verschwanden hinter der Doppeltür. Hinter mir hörte ich das Knistern von Elektrizität, gefolgt von mehreren dumpfen Schlägen – Körper fielen auf den Boden. Andere in meiner Gruppe mussten versucht haben, ihm nachzulaufen, waren aber genauso gescheitert wie ich.
Wir hatten so viel erreicht. Wir hatten bisher einen guten Kampf geführt.
Aber jetzt würden wir die harten Bandagen herausholen.
Während ich in einen tiefen und schmerzhaften Schlaf fiel, klammerte ich mich an einen einzigen Gedanken: Ich würde meine Frau zurückholen und diese Welt endgültig von Ta’Zan befreien.