Celia war vollkommen bestürzt.
Es war ihr nicht zu verdenken, immerhin waren die Neuigkeiten über die Verlobung und meine und Sarahs Verbindung zu Fairfax keine Kleinigkeit. Wir saßen lange zusammen am Esstisch, redeten und redeten, bis sich der Knoten in meiner Brust löste. Doch ich weinte nicht, als Celia mich in die Arme schloss und sich bei mir entschuldigte. Ich war zu erschöpft.
»Und Sarah und Monroe sind einfach weggefahren?«, fragte sie ungläubig.
Donny nickte und trank von seinem Tee. »Gleich nach der Verlobung. Das meinte Holden zumindest.«
»Und ihr seid euch sicher, dass sie den Antrag angenommen hat?«
»Ja«, sagte ich hoffnungslos. »Das hat Holden gesagt.«
»Wieso holen wir ihn nicht dazu?«
»Keine gute Idee«, murmelte ich und fuhr mit dem Zeigefinger über den Rand meiner halb leeren Tasse. »Er war ziemlich fertig. Er und Sarah … da läuft wohl etwas. Keine Ahnung.«
Ihre Augenbrauen schossen in die Höhe. »Dann hab ich mir das auf dem Maskenball ja wirklich nicht eingebildet.«
»Wir könnten dein Handy orten, Pay«, sagte Cameron. Sie saß zwischen Celia und Donovan und mir gegenüber. Nachdem sie sich beruhigt hatte, war sie still geworden. Sie wirkte ausgelaugt und erschöpft und trank Tee, als wäre es Wodka. »Müsste das nicht über die ›Wo ist?‹-App gehen?«
Stöhnend stand ich auf und raufte mir die Haare. »Wieso kommen wir da erst jetzt drauf? Es ist so naheliegend, das hätten wir schon vor einer Ewigkeit tun können!«
»Ich erledige das«, sagte Donovan und sprang von seinem Platz auf.
Ich nickte. »Okay. Danke.«
Cam und Celia folgten uns zur Kücheninsel, auf der mein MacBook lag.
»Dann sollten wir wohl gleich aufbrechen«, sagte Celia und zog ihr Handy aus der Manteltasche.
Donny klappte das MacBook auf. »Gut. Ich kontaktiere schon mal unsere Fahrerin. Und die Polizei …«
»Keine Polizei«, fuhr Cam ihm ins Wort.
Stirnrunzelnd sah ich sie an. »Wieso?«
»Weil wir nicht wissen, ob Sarah freiwillig mitgegangen ist oder nicht. Sie würden uns nicht helfen – und wir unserer Sache damit auch nicht.«
»Sie ist bestimmt nicht freiwillig mitgegangen«, beharrte ich eisern. »Ich habe wirklich ein total mieses Bauchgefühl.«
Sagt dir das eure Zwillingsverbindung? Die Frage geisterte mir durch den Kopf, genau wie die Person, die Sarah und mich das ständig gefragt hatte, mit diesem belustigten Lächeln auf den Lippen, das ihre Augen klein werden ließ:
Laurel.
Bei dem Gedanken zog sich etwas in mir zusammen. Laurel war Sarahs und meine älteste Freundin und gehörte praktisch zur Familie. Das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte, war bei diesem katastrophalen Dinner bei Mom und Dad gewesen. Und davor hatten sie und Sarah sich um mich gekümmert, als ich auf der Türschwelle ihrer WG zusammengebrochen war. Doch sie hatte mir genauso wenig geglaubt wie Sarah. Und nun hatte sie keine Ahnung, dass ich hier war. Dass Sarah und Monroe Darlington …
O Gott, ich musste mit ihr sprechen, musste ihr erzählen, was geschehen war. Nicht nur, weil ich es ihr schuldig war. Sie stand Sarah näher als jeder andere Mensch, näher, als ich es tat – besonders jetzt, wo die Kluft zwischen meinem Zwilling und mir größer war als je zuvor. Bevor wir aufbrachen, um Sarah zu finden, musste ich sie sprechen.
»Passwort?«, fragte Donny und blickte auf.
»Moment«, sagte ich, trat neben ihn und gab es ein. Dann lief ich zum Schreibtisch und schaltete den iMac an.
»Was machst du da?«, fragte er, als ich mich auf den Stuhl setzte.
»Ich glaube, ich sollte mit Laurel reden«, murmelte ich. »Sie muss wissen, was passiert ist. Und … ich schulde ihr auch meinetwegen eine Erklärung. Ich brauche das jetzt, sonst platzt mein Schädel, das schwöre ich dir.«
»Ist Laurel nicht in San Francisco?«, fragte Celia und runzelte die Stirn.
»Ja schon, aber sie und Sarah sind immer in Kontakt«, sagte ich, während ich mein Passwort eingab. Erleichtert atmete ich auf – der Messenger war noch immer mit meinem Handy verbunden, und Laurels Kontakt war nur wenige Klicks entfernt.
»Telefonier in Ruhe«, sagte Cameron. »Wir machen das mit dem Orten schon. Ist ja nur ein Klick.«
»Und wenn es aus irgendeinem Grund nicht klappen sollte, könnten wir bei den Darlingtons vorbeifahren«, schlug Donovan vor. »Wir könnten sogar Mr. Fairfax fragen. Vielleicht weiß er, wo sie sein könnten. Oder Peter. Wobei … vergesst das wieder.«
Celia schnaubte. »Peter würde lieber Glasscherben essen, als uns bei irgendwas zu helfen. Vermutlich stecken er und Monroe bei dieser Sache unter einer Decke.«
»Peter ist der Feind«, sagte Cam und versteifte sich. Die harte Maske, die sie aufsetzte, war purer Selbstschutz. »Wir sollten ihm aus dem Weg gehen, solange wir noch belastendes Material gegen ihn sammeln.«
Ich versuchte mich an einem Lächeln. Die Dankbarkeit, die mich mit einem Mal überkam, drohte mich zu überwältigen. Ich stand nicht länger allein da, sondern hatte Menschen an meiner Seite, die mit mir an einem Strang zogen. Die mir glaubten. Die mich nicht aufgegeben hatten. Meine Augen begannen zu brennen, als ich die drei an der Kücheninsel beobachtete.
Ich zog mein Wegwerfhandy aus der Hosentasche, schrieb Laurels Nummer vom iMac ab und rief geradewegs an, bevor ich es mir anders überlegen konnte. Vielleicht war das ja das Geheimnis hinter dem Pflasterabreißen. Einfach so schnell zu handeln, dass man gar keine Möglichkeit hatte, lange darüber nachzudenken.
Dann lief ich ins Schlafzimmer und schloss die Tür, während ich wartete, bis Laurel endlich ranging. Es waren nur drei Stunden Zeitunterschied nach San Francisco, bei ihr musste es gerade Abend geworden sein. Wenn ich geglaubt hatte, bei Celias Ankunft schon nervös gewesen zu sein, war das nichts im Vergleich zu dem unaufhörlichen heißen Flattern in meinem Bauch und meinem papptrockenen Mund, während ich darauf wartete, dass sie abhob. Gott, wenn ich mir nach den letzten vierundzwanzig Stunden keinen Drink verdient hatte, wann dann?
»Hallo, hier ist Laurel Tate, mit wem spreche ich?«, erklang Laurels vertraute Stimme. Sie klang misstrauisch, vermutlich, weil sie von einer fremden Nummer angerufen wurde.
Mit aller Kraft unterdrückte ich meine aufwallenden Emotionen und atmete tief durch.
»Hi, Laurel«, sagte ich vorsichtig. »Hier ist Payton.«
Es blieb still. Dann: »Du willst mich doch verarschen.«
»I-ich weiß, du hast bestimmt viele Fragen.«
»Viele Fragen ? Du bist lustig. Weißt du eigentlich, wie wütend ich bin? Und hast du eine Ahnung, wie krank vor Sorge deine Eltern sind? Und ich erst? Du bist einfach verschwunden, ich dachte schon, dass du mit einer Überdosis in irgendeiner Gosse verendet bist!«
Ein Wimmern entfuhr mir, und ich rieb mir über die Stirn. »Laurel, bitte«, flehte ich heiser. »Ich werde dir alles erklären, das schwöre ich dir hoch und heilig. Aber ich muss zuerst wissen, wann du zuletzt mit Sarah gesprochen hast und was sie dir erzählt hat.«
»Ist das gerade wirklich dein Ernst, Payton?«
»Bitte! Es ist ein Notfall.«
Sie zögerte. »Definiere Notfall.«
»Sag mir einfach, wann ihr zuletzt Kontakt hattet.«
»Scheiße noch mal, Pay! Na gut. Zuletzt habe ich Freitagabend mit ihr gesprochen, weil eure Eltern herausgefunden haben, dass ihr die Rollen getauscht habt.«
Mein Magen sackte zu Boden. »Was?! «
»Es kam ein Brief der USFCA wegen Sarahs Freisemester. Jane und Caleb sind unangekündigt bei uns in der WG aufgetaucht, um Sarah zur Rede zu stellen.« Laurel stöhnte auf. »Sie war aber ganz offensichtlich nicht hier, weil sie in New York ist, und ich hatte keine andere Wahl, als ihnen zu sagen, was Sache ist. Ich finde es unverantwortlich genug, dass ihr sie überhaupt so lange über alles im Dunkeln gelassen habt.«
»O mein Gott«, wisperte ich und ließ mich aufs Bett plumpsen. Mir wurde heiß und kalt zugleich, und ich legte mir die Finger auf die Lippen. »Fuck. Gott, Laurel!«
»Ich konnte sie nicht anlügen«, fuhr sie aufgebracht fort, »also habe ich ihnen das Nötigste erzählt. Dass Sarah deine Identität angenommen hat, um dir einen Gefallen zu tun, und dass wir keine Ahnung haben, wo du steckst. Ich habe ihnen auch gesagt, dass du ein Drogenproblem hast, Payton, weil ich denke, dass sie das Recht haben, das zu wissen. Sorry not sorry, wenn ich damit eine Grenze überschritten habe, aber Sarah hat die Kontrolle verloren, und du bist einfach verschwunden. Dir hätte sonst was passiert sein können.«
Ich sprang wieder auf und begann auf und ab zu tigern. »O mein Gott«, wiederholte ich, als das volle Ausmaß ihrer Worte ihre Wirkung in mir entfaltete. Mom und Dad wussten Bescheid. Laurel hatte es ihnen gesagt. Ich war ihr nicht einmal böse, denn ich verstand sie, aber meine Alarmglocken schrillten so laut, dass mir die Ohren klingelten. Tausend Fragen formten sich in meinem Kopf und zerschellten dann wieder, wie Sturmwellen, die an Felsen brachen. Was genau hatte sie ihnen über meine Sucht erzählt? Wusste sie von Peter? Von Rosie? Hatten sie die Columbia über unseren Tausch informiert?
»Und danach?«, zwang ich mich trotz allem zu fragen. Es ging um Sarah. So entsetzlich Laurels Neuigkeiten auch waren, dieser Anruf galt meiner Schwester. »Danach hast du Sarah nicht mehr gesprochen?«
»Sie hat das Handy ausgeschaltet, seitdem habe ich sie nicht mehr erreicht.«
»Wann?«, fragte ich sofort. »Noch am Freitag?«
»Ja, sie war ziemlich fertig. Ich glaube, sie hat es zwischenzeitlich mal eingeschaltet, aber ich habe sie jedenfalls nicht mehr erreicht. Was ist mit Sarah? Deine Fragen machen mir Angst, Payton. Wo bist du? Und wo steckt sie? Was ist das für ein Notfall?«
»Ich bin in Manhattan. Ich bin wieder hier.«
»Und geht es dir gut? Die Drogen …«
»Mir geht es prima, ich bin clean.«
»Und was genau ist jetzt passiert? Muss ich dir jede einzelne Antwort aus der Nase ziehen? Wenn du mir nicht sofort sagst, wo Sarah steckt und ob es ihr gut geht, drehe ich durch.«
Ich schloss die Augen und blieb stehen. »Das ist es ja. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, wo sie steckt. Niemand weiß das. Donny, Celia und Cameron sind gerade hier bei mir. Sarah und Monroe sind heute Abend zusammen weggefahren, und jetzt kann niemand sie erreichen.«
Das schien Laurel die Sprache zu verschlagen. »Sie … Sarah ist … mit Monroe? Warte, was?«
»Was ist dein letzter Stand der Dinge?«
»Was ist dein letzter Stand der Dinge, Payton?«
Ich stöhnte auf. »N-na ja, Sarah und Monroe sind zusammen. Oder waren zusammen? Nein, sind zusammen, sonst hätte sie heute Abend nicht Ja gesagt. Aber irgendwas ist auch zwischen ihr und meinem Nachbarn.«
Laurel lachte erschrocken. »Sarah und Monroe sind nicht mehr zusammen. Sie sind definitiv nicht mehr zusammen, da kannst du mir vertrauen. Sie hat ihn hochkant in die Wüste geschickt. Das letzte Mal, als wir telefoniert haben … da haben wir uns gestritten. Weil ich euren Eltern vom Rollentausch erzählt habe.«
Ein erstickter Laut entfuhr mir, und ich presste mir eine Hand auf den Mund.
»Sie hat sich verraten gefühlt«, fuhr Laurel fort. »Und eure Eltern sind total ausgerastet. Danach ist sie nicht mehr ans Handy gegangen, ich habe ungefähr tausendmal versucht, sie anzurufen. Also, sag mir endlich, was los ist, Pay. Ich rieche praktisch, dass du etwas weißt, was ich nicht weiß.«
Tiefe Erschöpfung überkam mich und fraß sich durch jede Faser meines Körpers. Ich wusste, was jetzt anstand. Das nämlich, was wir Celia eben erst in aller Ausführlichkeit erzählt hatten. Auch wenn Laurel sich für den Moment mit dem Schnelldurchlauf zufriedengeben musste.
»Ich erzähle dir alles«, sagte ich mit einem schweren Seufzen. »Ich hoffe, du hast einen Moment Zeit.«
***
»Sind wir in der Nähe?«, fragte ich aufgeregt, als Donnys Fahrerin Fran in die zweispurige Straße auf der Upper West Side fuhr, wo wir mein Handy geortet hatten. Hier irgendwo musste Sarah sein. Sie und Monroe waren noch in der Stadt. Obwohl ich in den letzten Wochen so viel Angst davor verspürt hatte, sie wiederzusehen, überwogen nun meine Sorgen, und die Hoffnung, sie wohlbehalten aufzufinden. Wenn sie mit einem Darlington zusammen war, war schließlich alles möglich.
Donny sah erneut auf sein Handy. Die Geräte-Suchfunktion zu nutzen, war das Beste und Einzige, was wir tun konnten. Cam und Celia waren in meiner Wohnung geblieben und nutzten die Zeit, um sich auszusprechen. Es hätte keinen Sinn ergeben, wenn wir alle gemeinsam aufgebrochen wären. Außerdem waren Sarah und Cameron nicht sonderlich gut aufeinander zu sprechen, also war es so wohl das Beste. Es war nervenaufreibend genug, dass ausgerechnet ich es war, die gleich bei ihr auftauchen würde.
Die Anspannung erfüllte mich von Kopf bis Fuß und ließ meinen Bauch kribbeln. Gleich war es so weit. Ich würde Sarah wiedersehen. Himmel, wie würde sie auf mich reagieren? Und wie sollte ich reagieren?
»Hier, Fran!«, rief Donny plötzlich seiner Fahrerin zu. »Bitte lass uns hier raus.«
Der Wagen hielt am Straßenrand, und Donny und ich schnallten uns ab.
Kalte Abendluft schlug mir entgegen, genauso wie der Lärm des Verkehrs, als wir auf den Bürgersteig traten. Um uns herum ragten leuchtende hohe Gebäude und kahle Bäume in die Dunkelheit hinauf.
»Und jetzt?«, fragte ich und schlang die Arme um mich, als der nächste beißende Windstoß mir geradewegs in den Nacken fuhr.
»Ich suche die Gebäude ab, vielleicht ist irgendwo ein Anhaltspunkt, wo sie sein könnten. Irgendein Name auf einer Klingel.«
Ich nickte hastig, zu abgelenkt. »Okay.« Fahrig knibbelte ich an einem Fingernagel, trotz der Schmerzen, die es auslöste. Gleich war es so weit. Ich konnte es kaum erwarten, Sarah die Wahrheit zu erzählen und mich zu entschuldigen für all das Chaos, das meinetwegen geschehen war. Und noch viel weniger konnte ich es erwarten, ihr diese absurde Verlobung mit Monroe auszureden, die Beziehung, einfach alles mit ihm. Die Furcht in mir war scharfzüngig und hinterlistig, doch meine Hoffnung wurde immer lauter, immer drängender und heller. Ich hatte endlich die Beweise für meine Unschuld, und jetzt, wo Sarah Wilson Fairfax kannte, würde sie mir vielleicht zuhören. Mir verzeihen. Mir glauben. Alles könnte so wie früher werden. Wir würden uns wieder nahestehen, ganz bestimmt.
Eines der Gebäude, genau hier, musste es sein. Und wenn wir bei jeder Partei klingeln mussten, um sie zu finden.
»Teilen wir uns auf«, sagte Donny. »Such du am besten … den Bordstein ab.«
Ich drehte mich zu ihm um. »Wieso den Bordstein?«
»Es könnte ja sein, dass wir nur das Handy finden. Nicht Sarah«, sagte er behutsam.
Ich atmete scharf ein. Die plötzliche Angst ließ die kalte Luft in meiner Kehle beißend werden. Gott, darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Aber er hatte recht. Natürlich hatte er das! Immerhin konnte die Ortungsfunktion nur das Handy und nicht Sarah selbst orten.
»Okay«, sagte ich mit dünner Stimme. Panik und Adrenalin strömten durch meinen Körper und beschleunigten meinen Atem. »D-du suchst die Klingeln ab. Ich den Bordstein. Okay. Okay …«
Donnys Hand zuckte. Er sah aus, als wollte er nach mir greifen und mich in den Arm nehmen. Aber er tat es nicht. Und zu sehen, dass er sich zurückhielt, schmerzte mehr, als es sollte.
Komm schon, Payton. Pflaster abreißen.
Wir teilten uns auf.
Nach fünfzehn Minuten und etlichen Anrufen, die sofort auf der Mailbox landeten, verließ mich die Hoffnung, und wir trafen uns unter einer Straßenlaterne. Mittlerweile hatte sich die Kälte bis in meine Knochen gefressen. Im Lichtkegel der Laterne sah ich, wie unser Atem Wolken bildete.
»Sicher, dass das Handy hier ist?«, fragte ich zähneklappernd.
»Ja, ich bin mir ganz sicher«, sagte er inbrünstig und sah wieder auf sein iPhone. »Wir sind hier. Irgendwo hier muss es doch sein.«
»Und wenn sie doch in einem der Apartments sind?«
»Wir können unmöglich bei allen Parteien klingeln.«
Ein Grollen entfuhr mir, und ich sah mich um, sah auf die Straße. Die Ampel ein paar Meter entfernt schaltete auf Rot, und für einen Moment rauschten keine Autos an uns vorbei.
Da sah ich etwas im Licht der Laternen auf der anderen Straßenseite funkeln.
»Dort!«, schrie ich aufgeregt. Bevor ich darüber nachdenken konnte, rannte ich los, über die Straße und geradewegs auf den Gegenstand am Boden zu.
Mein Herz machte einen Satz.
Jackpot.
Vor mir lag ein großes iPhone mit einer Hülle, die mir nur allzu vertraut war.
»O mein Gott, Donny!«, rief ich, und meine Stimme überschlug sich. »Das ist es, das ist mein Handy!«
Ich hob es auf. Der Bildschirm war trotz Schutzhülle von unzähligen Rissen überzogen. Himmel, wieso lag es hier am Straßenrand?
Ich drehte mich um und rannte zurück zu Donovan. Ein Taxi hupte wütend, als ich im letzten Moment auf den Gehweg sprang.
Schwer atmend sah ich ihn an. »Hier ist es«, wiederholte ich.
»Fuck«, flüsterte er und nahm es mir ab. Er schaltete es ein, jedoch blieb der Bildschirm an zwei Stellen unter den Rissen im Glas schwarz.
Allmählich begriff ich, was das hier bedeutete. Was es zu bedeuten hatte, dass wir das Handy am Straßenrand gefunden hatten.
»O nein«, sagte ich verzweifelt und krallte die Hände in meine Jacke. »Sarah ist nicht hier. Sie ist nicht hier!«
Donny fluchte so derb, wie ich ihn noch nie gehört hatte. »Vielleicht hat Monroe es aus dem Fenster geworfen, als sie davongefahren sind«, murmelte er. Dann stieß er ein Grollen aus und trat gegen die Straßenlaterne. »Scheiße!«
Die Enttäuschung war so groß, dass ich aufschluchzte. Die Hoffnungslosigkeit riss ein Loch in meine Brust. Ich drehte mich im Kreis, suchend, den Blick jedoch unfokussiert.
»Sarah«, flüsterte ich. »Wo bist du nur?«