KAPITEL 29

Ein Stück vom Himmel

Payton

Man hatte mir Schmerzmittel verabreicht. Starke Schmerzmittel. Es fühlte sich an, als hätte ich endlich wieder Wasser trinken dürfen, nachdem ich wochenlang am Verdursten gewesen war. Endlich spürte ich wieder die vertraute Leichtigkeit, das angenehme Kribbeln. Was immer sie mir gegeben hatten – vermutlich Morphium oder Methadon –, es machte mich total high, und ich wollte vor Freude weinen.

Trotz der Schmerzmittel war das Pochen in meinem Kopf unerträglich. Gott, warum pulsierte mein Kopf dermaßen?

Stöhnend öffnete ich die Augen. Durch ein Fenster drang fahles Licht in das fremde Zimmer. Ein absolut fremdes Zimmer. Nackte Decke, weiße Wände. Wo zur Hölle war ich? Und was war das für ein Piepen?

Je wacher und alarmierter ich wurde, desto schneller wurde das Piepen.

Und dann war ich endlich wach genug, um zu realisieren, dass ich in einem Krankenhaus war.

Alarmiert sah ich an mir hinunter, blickte auf meine Hände und entdeckte … Schläuche, die aus meinen Handrücken ragten. Außerdem war da irgendetwas an meinem Kopf. Als ich die Hand hob und es berührte, spürte ich, dass es wohl eine Art Pflaster oder Verband sein musste. Meine Fingerspitzen kribbelten zu sehr vom Schmerzmittel, um es beurteilen zu können.

Gott, mein Kopf. Er pochte wirklich höllisch.

Immer wieder blinzelte ich, versuchte, gegen die Unschärfe anzukommen. Doch ich sah verschwommen. Wie war ich überhaupt hierhergekommen? Das Letzte, woran ich mich erinnerte, waren Schmerzen. Die Treppe. Der Sturz.

Oh Gott. Hatte ich mich etwa schlimm verletzt? Noch einmal fasste ich an den Verband, allerdings mit zu viel Schwung. Ich fuhr vor Schmerz zusammen.

Himmel, offenbar schon.

Die Erschöpfung gewann wieder die Oberhand. Ich schloss kurz die Augen, nur um mich einen Moment auszuruhen.

Als ich sie wieder öffnete, war das Licht, das ins Zimmer fiel, nicht länger fahl. Es war heller. Doch noch immer war alles so furchtbar verschwommen und unscharf …

… und es dauerte eine Weile, bis ich bemerkte, dass ich nicht allein war. Neben mir war eine Gestalt.

Ich sah …

Wilde blonde Locken.

Das Piepen der Geräte wurde deutlich schneller, zusammen mit meinem Puls. Ein Wimmern entfuhr mir.

»Guten Morgen, Dornröschen«, sagte Rosie und beugte sich über mich, bis ich ihr Gesicht ausmachen konnte. »Ich habe mich schon gefragt, wann du endlich wach wirst. Für diesen Blick ist mir das Warten so was von wert gewesen.«

»Wa… Was …«, lallte ich.

Da hielt sie etwas hoch.

Mein Blick richtete sich darauf. Ich blinzelte und zwang meine Augen dazu, sich zu fokussieren.

Und als ich endlich erkannte, dass es eine Spritze war, drehte das Piepen der Geräte durch, denn mein Herz begann panisch zu hämmern.

Wimmernd versuchte ich, mich von ihr wegzubewegen. Doch ich war zu schwach. Ich war viel zu high für eine normale Koordination, konnte noch nicht aufstehen, geschweige denn fortlaufen.

»Schhh«, machte Rosie und strich über meinen Arm. Über meine Armbeuge.

Ich keuchte. »N-nein …«

»Es ist gleich vorbei«, sagte sie sanft. Dann schob sie die Nadel in meinen Arm und drückte, was auch immer sich in der Spritze befand, in mich hinein.

Mein Mund öffnete sich. Meine Augen weiteten sich. Hitze schoss durch mein Blut, ausgehend von meinem Arm, und plötzlich erfüllte mich …

Glück.

Pures Glück.

Unglaubliches Glück, das schönste und beste und unglaublichste Gefühl, was mich jemals erfüllt hatte.

Ich stöhnte und schloss flatternd die Augen.

»So ist gut«, sagte Rosie. Ein Kuss traf auf meine Wange. Ich lächelte beseelt, schwamm in Vollkommenheit und wohliger Wärme. Ein dicker Nebel legte sich um meinen Geist und verwandelte mein Hirn in Watte.

Lippen legten sich an mein Ohr. Ich lächelte und lächelte und war so glücklich wie nie zuvor. Die Wärme, die mich erfüllte, war nicht von dieser Welt. Es fühlte sich an, als hätte sich ein Stück vom Himmel gelöst. Als würde Gott persönlich mich mit seinen Händen umschließen. Als würde Gott zu mir sprechen, ohne Worte zu gebrauchen. Nein. Es war, als würde ich schmelzen. Als wäre ich schmelzendes Gold. Mein Körper war nicht länger. Mein Sein war wie ein Wollknäuel, das sich immer weiter auflöste, während es einen Berg hinunterrollte.

»Das hast du davon, dass du mich bestohlen hast, du dreckige kleine Schlampe. Viel Spaß beim Verrecken.«

Ich wusste nicht, ob sie blieb oder ging. Es war mir egal. Die Welt löste sich in Honig auf. Und ich ertrank in ihm.

Ich hatte mich nie besser gefühlt, als sich schließlich eine tiefe Dunkelheit über mich legte.

Und das Wollknäuel sich auflöste.