Ungläubig starrte ich auf den Griff des Klappmessers. Auf das sich ausbreitende Blut auf meiner weißen Bluse.
Blut.
Klinge.
In meinem Bauch.
Ein kleiner Teil von mir bekam mit, wie Holden und Monroe sich auf Peter stürzten. Doch mein Atem erfüllte meine Ohren. Mein Herzschlag gesellte sich dazu.
Ich sank auf die Knie, während Cameron mich festhielt.
»Hier spricht Celia del Campo! Wir brauchen einen Notarzt! Es gab einen Messerangriff!«, hörte ich Celia mit schriller Stimme sagen.
Ich atmete flach. Nicht zu tief, nicht in den Bauch. Konnte mich nicht bewegen. Ich berührte den Griff des Messers, doch Cameron hielt meine Hand mit klammen, zitternden Fingern fest. »Nicht. Zieh das auf keinen Fall raus, Sarah.«
Die Welt begann sich zu drehen, und ich sah auf zu ihr, sah in ihre panischen dunklen Augen.
Dann sah ich an ihr vorbei und beobachtete, wie Rosie das Chaos nutzte, um abzuhauen.
Ich hörte Peter brüllen.
»Sarah!«, rief Holden. Offenbar hatte er sich nach nur wenigen Augenblicken aus der Prügelei rausgezogen, denn nun sank er neben mir auf die Knie und hielt mich. »Baby«, sagte er atemlos. »Ich bin hier. Leg dich hin und beweg dich nicht mehr, okay?«
Er bettete meinen Kopf auf seinem Schoß, und Cameron half ihm dabei, streckte meine Beine aus, bis ich auf dem Rücken lag. Wimmernd tastete ich nach dem Blut auf meinem Bauch. Die Welt drehte sich, mein Herz raste, und Adrenalin pumpte durch meine Adern.
Immer wieder strich Holden mir über die Haare. »Alles wird gut. Es wird alles wieder gut.« Doch ich konnte ihm nicht glauben. Die Angst in seinen Augen war zu groß.
Peter und Monroe prügelten sich und wurden immer hitziger. Sie brüllten und keuchten, und das Geräusch von Fäusten auf Fleisch und Knochen zog meinen Blick an. Peter taumelte zurück und rieb sich das Blut von Mund und Kinn. Es strömte ihn aus der ganz offensichtlich gebrochenen Nase, und seine Lippe war nun an mehreren Stellen aufgeplatzt. Monroe stand mit blutigen Fäusten vor ihm, so schwer atmend, dass seine Schultern sich hoben und senkten.
Peter grinste seinen großen Bruder an. »Hast du Sarah mittlerweile eigentlich die Wahrheit gesagt, oder spielst du immer noch den liebeskranken Idioten?«
»Halt den Mund!«
Peter sah mich an, und sein Grinsen wurde selbstgefällig. Sein Atem ging röchelnd und pfeifend, und dunkles Blut tropfte unablässig aus seiner Nase. »Wusstest du, dass der Drogencocktail, den ich Payton auf Donnys Geburtstag gegeben habe, Monroes Idee war? Er wollte, dass ich deine Schwester schwängere. Für einen Erben.«
»Halt den Mund!«, brüllte Monroe noch einmal.
»Scheiße«, sagte Cameron erstickt. »Ist das wahr?«
»Nein!« Monroe wirbelte zu mir herum. Als er mich jedoch ansah, stolperte er zurück. Ich versuchte zu lächeln. Ich wusste nicht genau, wieso ich das tat. Das, was er gerade gesagt hatte, war grausam. Und doch hatte ich das Bedürfnis zu lächeln, um zu überspielen, wie meine Glieder zu kribbeln begannen.
»Fuck, Sarah«, flüsterte er heiser. Doch er trat nicht näher, denn Holden hielt mich in den Armen. Und was auch immer er sah …
Er schien in diesem Moment zu verstehen.
Peter spuckte hinter ihm Blut auf den Parkettboden. »Das ist noch nicht alles«, sagte er röchelnd. »Sarah, glaubst du wirklich, Monty hätte sich geändert? Dass er endlich ehrlich mit dir war, als er dich in seine Pläne für die Zukunft einweihte?«
»Halt endlich deinen verdammten Mund!«, befahl Monroe aufgebracht. Doch Peter hörte nicht auf. »Er hat dir die Welt versprochen, oder? Eine gemeinsame Zukunft, eine glückliche Ehe, nicht wahr?«
Die Welt drehte sich immer schneller.
»Aber wusstest du, dass diese Drogencocktails Montys Spezialität sind? Er hat das schön öfter getan, um Frauen zu ficken, die ihm einen Korb gegeben haben. Sobald ihr geheiratet hättet, hätte er dich geschwängert, ob du wolltest oder nicht. Und sobald du ein Kind auf die Welt gebracht hättest, hätte er dich ganz einfach verschwinden lassen, weil du ja sein jämmerliches schwarzes Herz brechen musstest, indem du seine kranke Liebe nicht erwidert hast. Einen Selbstmord zu inszenieren, wäre bestimmt auch in seinem Sinn gewesen. Und es wäre auch nicht das erste Mal, er hat Erfahrung. Denn wenn Monty dich nicht haben kann, dann darf es keiner. Nicht wahr, Bruderherz?«
Monroe erstarrte. Er blickte mich mit großen Augen an. Ich wollte wütender sein, entsetzter, doch meine Augenlider wurden schwer. Wir alle starrten die Darlington-Brüder sprachlos an.
Peter machte unablässig weiter. »Monroe würde euch Fotzen niemals auch nur einen Cent überlassen, geschweige denn hundert Millionen Dollar. Eine Scheidung würde er auch nicht hinnehmen. Du bist einfach zu dumm und naiv gewesen, um das zu erkennen. Du glaubst, ich wäre das schwarze Schaf in der Familie? Niemand kann meinem großen Bruder das Wasser reichen.«
»Glaubt ihm kein Wort«, sagte Monroe erstickt. »Sarah, Peter will dich nur mit Lügen füttern. Seine Worte sind Gift, ich könnte dir niemals etwas antun, das musst du mir glauben. Ich liebe dich. Und ich will, dass du glücklich wirst. Selbst wenn du nicht mit mir zusammen sein willst, sondern mit …« Seine Stimme versagte. Er sah Holden an und fuhr sich fahrig durch die blonden Haare, was rote Blutspuren in ihnen hinterließ. »Glaub Peter kein Wort, ich flehe dich an.«
»Oh, du gequälte heilige Seele!«, höhnte Peter. »Der arme, missverstandene König von Manhattan, der verzweifelt versucht, den lichten Pfad wiederzufinden. Hast du dir mittlerweile selbst eingeredet, dass es so ist, Monty?«
Monroe drehte sich zu Peter um und ballte wieder die Hände zu Fäusten.
Peter hob das Kinn, während sich sein Pullover mit Blut vollsog. »Du bist genauso verrottet und verdorben wie ich.«
Ich holte zitternd Luft. Wieder versuchte ich, das Messer aus meinem Bauch zu ziehen, doch Holden und Cameron hielten mich auf.
»Stimmt das?«, fragte ich mit schwacher Stimme. »Monroe … ist das alles wahr?«
Monroe drehte sich mit gequälter Miene zu mir um. Schüttelte den Kopf. »Ich liebe dich, Sarah«, ächzte er. »Du darfst nicht auf Peter hören.«
Ich konnte nichts dagegen tun. Peters Worte …
Peter wusste von Monroes und meinem Plan. Er wusste davon. Also hatte Monroe es ihm gesagt. Ich konnte nicht anders, als Peter zu glauben. Er wusste einfach zu viel. Es konnten keine Lügen sein.
»Scheiße, sag ihr endlich die verdammte Wahrheit!«, brüllte Peter.
»Sag es«, keuchte ich. Ich versuchte, mich aufzusetzen, doch Holden ließ es nicht zu. »Nicht«, sagte er leise. »Der Krankenwagen ist gleich da. Nicht bewegen. Du darfst dich nicht anstrengen.«
Ich ignorierte ihn. »Sag mir, ob es die Wahrheit ist, Monroe«, verlangte ich mit dünner Stimme. »Stimmt das, was Peter da sagt? Sieh mir in die Augen, wenn du antwortest.« Jedes Wort verschlimmerte das Brennen in meinem Bauch.
Tränen standen in Monroes blauen Augen. Wieder schüttelte er den Kopf, konnte gar nicht mehr damit aufhören, und die Zerrissenheit in seiner Miene, seinem einst so schönen Gesicht, war tief. Er schluckte schwer. »Sarah.« Er machte einen Schritt auf mich zu. »Ich liebe dich. Das musst du mir glauben.«
Mir wurde schlecht.
Denn das … war kein Nein.