Noch nie zuvor hatte James das Bedürfnis verspürt, einem Mädchen den Hals umzudrehen. Jetzt war es jedoch ziemlich stark, daher hielt er Mary mit geballten Fäusten bei ihrem groben Baumwollhemd, um dem Impuls nicht nachzugeben.
»Sie und ich«, knurrte er, wobei er sie zu sich herumriss, damit sie ihn ansah, »müssen uns unterhalten.«
»Vielleicht nachher«, schlug sie vor. »Nach dem Essen und der Wohltätigkeitstombola.«
Trotz ihrer schnippischen Worte stand ihr die Panik in die Augen geschrieben. Gut so. Im Moment wollte er ihr ordentlich Angst einjagen. Er hielt sie fest beim Hemd gepackt – ohne konnte sie ja wohl schlecht davonlaufen, oder? – und schob sie vor sich her, während er ihre verstreuten Habseligkeiten aufsammelte. Jacke. Tasche.
Sie marschierten zum Lagerhaus zurück, bis sie im Nebel eine schwarze Droschke erspähten.
Sie erstarrte, als sie das Gefährt sah. »Oh nein.«
»Da steig ich nicht mit Ihnen ein.«
»Warum nicht?«
Sie wand sich unter seinem Griff. »Es … gehört sich nicht.«
Er hätte fast losgelacht, aber mit dem Schlag auf seine Nase war ihm der Humor schmerzlich abhandengekommen. »Mitten in der Nacht als Junge verkleidet in London herumzurennen, das gehört sich aber wohl?«
Darauf fiel ihr keine Antwort ein. Ein kleines Wunder.
Er öffnete die Tür der Droschke und stieß sie hinein wie ein Bündel Wäsche, kletterte ihr nach und verschloss die Tür.
Sie zog sich sofort zur Tür auf der anderen Seite zurück.
Er stürzte sich auf sie, packte ihre schmalen Schultern und hielt sie fest. »Versuchen Sie es erst gar nicht. Sie kommen nicht raus, bevor ich es erlaube.« Er starrte sie drohend an und klopfte zweimal an die Decke der Kutsche, die sich ruckelnd in Bewegung setzte.
Ihr Haar hatte sich beim Davonlaufen gelöst. Sie sah lächerlich jung aus. Und an ihrem Hemd fehlten fast alle Knöpfe – die mussten wohl abgesprungen sein, als er sie daran festgehalten hatte. Ihre Wangen waren gerötet. Eilig hielt sie das Hemd vorne zusammen, sodass er rot wurde und den Blick abwandte. »Kann ich meine Jacke haben?«, flüsterte sie.
Er reichte sie ihr, konnte sich jedoch nicht überwinden, sich zu entschuldigen. Wie ein Stein lag seine Zunge in seinem Mund. Stattdessen machte er sich geschäftig daran, die Vorhänge an beiden Fenstern vorzuziehen.
Es entstand ein peinliches Schweigen, das Mary schließlich brach. »Ihre Nase blutet.«
James blinzelte und fasste sich vorsichtig ins Gesicht. »Tatsächlich.« Er kramte nach seinem Taschentuch.
»Ist sie … gebrochen?«
Er konnte nicht anders und verzog den Mund zu einem kleinen Lächeln. »Sie klingen hoffnungsvoll.«
Sie stieß ein Lachen aus, das sie jedoch schnell wieder unterdrückte. »Ganz und gar nicht«, sagte sie rasch. »Ich hatte nicht vor – das heißt, ich wollte schon kräftig zuschlagen, aber ich wusste nicht, dass Sie das sind …« Sie verstummte.
»Sieht sie aus, als ob sie gebrochen ist?« Er nahm das Taschentuch weg und beugte sich zu ihr.
Mit ihren schlanken Fingern strich sie über sein Nasenbein, so leicht, dass er die Berührung kaum spürte. »Schon möglich … zumindest schwillt sie bestimmt dick an.«
»Solange sie nicht schief wird, mache ich mir keine Sorgen.«
Sie zog die Hand unsicher zurück. »Sie sollten zum Arzt.«
Er musste unvermittelt grinsen, dann verzog er schmerzlich das Gesicht. »Genau, was ich Ihnen auch geraten habe. Waren Sie bei einem?«
Sie machte eine wegwerfende Geste. »Es heilt schon wieder.«
James stellte erschrocken fest, dass er ihre Gesellschaft genoss. Das Schimmern in ihren Augen, ihre freche Art, das intime Beisammensein … Es war höchste Zeit, zum eigentlichen Geschehen zurückzukehren. »Nun, Miss Quinn, warum interessieren Sie sich für Mr Thorolds Privatangelegenheiten?«
Alle Wärme wich aus ihrem Gesicht und sie richtete sich auf. »Das geht Sie nichts an.«
»Oh doch«, widersprach er. »Meine Familie wird sich demnächst möglicherweise mit den Thorolds verbinden. Aus diesem Grund muss ich wissen, warum Sie heute Nacht in das Lagerhaus eingebrochen sind und was Sie gefunden haben.«
»Ist das der Grund, warum Sie bei Thorold herumschleichen? Spionieren Sie Ihre zukünftigen Verwandten aus?«
Er versuchte, ein beschämtes Gesicht zu machen, was ihm allerdings nicht gelang. »Ein trauriger Kommentar zu unseren heutigen Zeiten, nicht wahr?«
»Sehr tragisch«, zischte sie. »Trauern Sie bitte für sich weiter.« Sie klopfte zweimal scharf an das Dach und griff nach dem Türschloss.
James verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. »Ich empfehle Ihnen nicht, aus der fahrenden Kutsche zu springen, Miss Quinn.«
Da hatte er recht. Die Kutsche rollte in raschem Tempo weiter. Sie funkelte ihn an. »Warum halten wir nicht?«
Er konnte ein Lächeln nicht ganz unterdrücken. »Weil mein Kutscher gut aufpasst. Er kennt mein Klopfen.«
Sie starrte ihn einen Moment an, dann zog sie den Vorhang auf. »Wo sind wir überhaupt?« Da das Innere der Kutsche erleuchtet war, konnte sie im Fenster nichts als ihr Gesicht sehen.
Er zuckte die Schultern. »Vielleicht in Twickenham?« Ihr offenes Haar faszinierte ihn. Wie würde es sich wohl anfühlen, es zu berühren? Doch sogleich schob er den Gedanken wieder beiseite.
Sie wurde ganz starr vor Unwillen. »Das ist eine Entführung!«
»Keineswegs. Bilden Sie sich nur nichts ein, Miss Quinn.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Was wollen Sie dann?«
»Nur ein bisschen reden. Ich bringe Sie nach Cheyne Walk zurück, sobald wir uns unterhalten haben.«
»Und das soll ich wirklich glauben?«
Er verzog den Mund. »Meine liebe Miss Quinn, wenn ich auf Melodrama und Klischees aus wäre, würde ich ins Theater gehen. Ich entführe Sie nicht. Ich habe kein niederträchtiges Motiv. Und ja, ich erwarte, dass Sie mir glauben. Also lassen Sie uns reden: Es wird uns beiden nützen, Informationen auszutauschen und vielleicht sogar zusammenzuarbeiten. Oder zumindest nicht gegeneinander.«
Er war auf weitere Empörung gefasst. Stattdessen verschränkte Mary die Arme und sah ihn kühl an. »Meinetwegen. Sie zuerst.«
»Mir ist kürzlich zu Ohren gekommen, dass ein paar private Investoren über die letzten Jahre schwere Verluste gemacht haben bei einigen von Thorolds Handelsexpeditionen. Angeblich hat Thorold behauptet, dass die Schiffe entweder auf See gesunken oder verschollen seien. Diese Investoren sind jedoch zu der Ansicht gekommen, dass die Schiffe entgegen seinen Behauptungen keineswegs verschwunden sind. Sie glauben vielmehr, dass Thorold den Profit selbst eingestrichen hat.«
Sie sah ihn skeptisch an, und er beeilte sich fortzufahren, um ihren Fragen zuvorzukommen. »Normalerweise ist es schwierig, derlei Ereignisse zu verschleiern: Jedes Schiff ist registriert und seine Route wird erfasst. Es gibt ziemliches Aufsehen, wenn ein Schiff entführt wird oder untergeht, und das passiert schon mal. Die Waren dieser speziellen Überfahrten wurden jedoch geschmuggelt, und die Investoren erwarteten einen großen Gewinn, indem sie Zoll und Steuern umgingen. Aus eben diesem Grund konnte Thorold in Bezug auf die Einzelheiten so vage bleiben. Es muss ihm ein Leichtes gewesen sein, sich etwas zusammenzulügen.«
James stellte befriedigt fest, dass sie jetzt sehr aufmerksam zuhörte. Das Mädchen war eine Nervensäge, aber sie war zumindest nicht einfältig. »Sie werden die Lage, in der ich mich befinde, sicher verstehen: Sie könnte sehr peinlich werden.«
»Geht es Ihnen um das Schmuggeln an sich oder stört Sie nur der doppelte Betrug? Ganovenehre und so weiter?«
»Sie brauchen sich gar nicht lustig zu machen. Es stört mich beides.«
»Und da haben Sie beschlossen, sich mal umzuhören …?«
»Genau.«
»Warum höchstpersönlich?«
»Aus Diskretionsgründen. Reicht Ihnen das?«
»Diskretion kann man doch kaufen.«
Er nickte. »Es ist auch eine Zeitsache. George möchte schon bald um Miss Thorolds Hand anhalten, und ich brauche Beweise, wenn ich ihn davon abhalten will.«
Das klang logisch. »Um was für eine Fracht hat es sich denn gehandelt?«
Er zögerte widerstrebend. »Vor allem um Opium. Aber ich habe gehört, dass Thorold auch an Edelsteinen interessiert ist.«
»Und wann war das?«
»Nach Auskunft meiner Gewährsleute liegt es zwischen zwei und sieben Jahren zurück.«
Sie dachte nach. »Es ist gut möglich, dass alle Unterlagen zu jenen Reisen schon lange vernichtet sind. Wenn es überhaupt welche gab.«
Er rieb sich abgespannt das Gesicht. »Ich weiß. Aus dem Grund habe ich mich auch nicht an offizielle Stellen gewandt.«
»Ich nehme an, dass Sie in erster Linie an der China-Route interessiert sind?«
»Ich bin mir nicht sicher … Opium wird auch auf dem indischen Subkontinent angebaut und Thorold handelt vor allem mit Indien.«
Mary starrte ihn ungläubig an. »Sie haben also keine Ahnung, wo die Schiffe herkamen und welche Route sie möglicherweise genommen haben?«
»Ich habe ja gerade erst mit meinen Nachforschungen angefangen«, verteidigte er sich.
»Und das alles wollen Sie … wie rausfinden?« Sie machte eine hilflose Geste. »Indem Sie mir durch London folgen?«
Er zog die linke Augenbraue hoch. »Schon wieder Melodrama?«
Sie seufzte. »Ich verstehe einfach nicht, wieso Sie glauben, ich könnte Ihnen nützlich sein.«
»Offen gestanden habe ich mehr Angst, dass Sie mir in die Quere kommen. Nachdem ich nun erklärt habe, was ich mache: Hinter was sind Sie denn her?«
»Das ist schnell erzählt. Sagen Sie Ihrem Kutscher lieber, er soll nach Chelsea fahren; ich muss zurück sein, ehe die Dienerschaft aufsteht und anfängt.«
»Erst, wenn Sie erklärt haben, was Sie vorhaben.«
Sie sah ihn mit einem Blick an, der wohl vernichtend wirken sollte.
Er zuckte freundlich die Schultern und sah aus dem Fenster. »Andrerseits ist es ein schöner Tag für eine Landpartie.«
»Also gut«, seufzte sie. Sie schwieg und schien zu überlegen. »Sie wissen über die vorige Kammerzofe der Thorolds Bescheid – über Gladys.«
»Ihre Schwester hat nichts mehr von ihr gehört, seit sie entlassen worden ist, was Gladys gar nicht ähnlich sieht. Die Schwester ist mit mir befreundet. Sie macht sich große Sorgen und hat mich gebeten herauszufinden, was mit ihr passiert ist.«
Er wartete ein paar Sekunden, aber anscheinend war das alles. Ungläubig starrte er sie an. »Eine Bedienstete, die verschwunden ist?«
»Ja.«
»Und Sie erwarten, dass ich das glaube?«
»Wer wird jetzt melodramatisch?«
Er runzelte die Stirn. »Hört sich eher wie ein Fall für die Polizei an.«
»So wie Ihrer auch?«
Er zog die Brauen noch mehr zusammen, ging aber nicht darauf ein. »Was haben Sie heute Abend rausgefunden?«
Sie seufzte. »Nichts.«
Er überlegte, ob er ihre kleine Umhängetasche durchsuchen sollte, um sicherzugehen, aber das war zu unverschämt. (Seltsame Überlegung angesichts der Tatsache, wie grob er sie vorhin angepackt hatte.) »Nach was haben Sie denn gesucht?«
»Nach irgendwas: Briefe. Anweisungen. Lohnabschnitte. Irgendwas, das auf sie hinweist oder auf Einrichtungen für gefallene Frauen oder Bordelle oder Armenhäuser, auf irgendeinen Ort, wo sie abgeblieben sein könnte.«
»Aber warum sollte Thorold darüber etwas Schriftliches haben? Für die Bediensteten ist Mrs Thorold zuständig.«
»Sie hat anscheinend überhaupt keine Unterlagen; sie schreibt nicht gerne. Und ehrlich – glauben Sie, dass ein Mann wie Thorold seine kränkelnde Frau bitten könnte, sich mit dem Schicksal eines Mädchens abzugeben, das er verführt hat?«
»Aber warum sollte er etwas Schriftliches behalten? Würde einer wie er sie nicht einfach auf die Straße setzen?«
Mary sah ihn verächtlich an. »Das wäre wohl Ihre Lösung. Und ich muss zugeben, es ist ziemlich wahrscheinlich. Aber Gladys war schwanger. Thorold hat vor ein paar Jahren seinen Sohn verloren und er hat eine sentimentale Ader. Es gibt eine kleine Chance, dass er versucht haben könnte, dem Mädchen zu helfen oder vielleicht sogar Kontakt zu ihr zu halten. Er könnte das Kind zwar niemals öffentlich anerkennen, aber das scheint für einige Männer ja kein Hinderungsgrund zu sein.«
»Verstehe.« Er schwieg eine Minute.
»Könnte das die Haltung Ihres Bruders Miss Thorold gegenüber beeinflussen?«
»Nein. George hat ganz und gar den Kopf verloren wegen ihr. Abgesehen davon hat diese alte Geschichte mit der schwangeren Geliebten keine rechtlichen Konsequenzen für uns.« Er fing ihren Blick auf. »Bei allem Respekt gegenüber Ihrer Freundin Gladys natürlich.«
»Natürlich.« Ihre Stimme war eisig.
Er hüstelte verlegen. »Äh – Sie erinnern sich wohl nicht, ob irgendwelche der Unterlagen, die Sie gesehen haben, in Verbindung standen zu –«
»Ihren Interessen? Auf jeden Fall war da nichts, was mit Opium zu tun hatte. Alles, was ich gefunden habe, war rechtlich einwandfrei. In den meisten Fällen sendet Thorold auf seinen Schiffen industriell hergestellte Güter wie Textilien und Stahl nach Indien und auf dem Rückweg haben sie Sachen wie Tee und Reis geladen. Gelegentlich macht ein Schiff noch einmal halt in Amerika oder auf den Westindischen Inseln, aber inzwischen wohl sehr viel seltener.«
»Verstehe.«
»Tun Sie das?« Es war nicht möglich, ihren Ausdruck zu deuten. Ihre Augen – je nach Beleuchtung nussbraun oder grünlich, wie er inzwischen wusste – blickten ihn unbewegt und trotzig an.
Er wusste nicht, was er erwidern sollte. Sie hatte einen dunklen Fleck – Ruß? Schmutz? – auf der Wange, was aus irgendeinem Grund ganz reizend aussah.
»Wenn dem so ist, was sollte dann neulich der ganze Unsinn, ich sei die Geliebte von Thorold?«
Er hoffte, dass sie in dem spärlichen Licht nicht sah, wie er rot wurde. »Das war nur eine Theorie.«
»Es klang aber eher wie ein Anschuldigung.«
Unter seinem Kragen wurde ihm immer heißer. »Ich entschuldige mich.« Das kam nur zögernd heraus.
Ein amüsiertes Flackern huschte über ihre Augen. »Das tun Sie wohl nicht so oft, was?«
Gegen seinen Willen musste er grinsen. »Nein. Sie gehören zu den Auserwählten.«
»Also, da wir nun so höflich miteinander umgehen, warum bringen Sie mich nicht nach Chelsea?«
Folgsam streckte er den Kopf aus dem Fenster und rief dem Kutscher eine Anweisung zu. »Es dauert nur ein paar Minuten«, sagte er und zog seine Uhr hervor. »Wir sind schon fast in Battersea und es ist erst kurz nach fünf.«
»Danke.« Ihr Blick war leicht selbstironisch, als sie das sagte.
»Oh, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite, Miss Quinn«, sagte er grinsend. »Wir müssen das bald wiederholen.«
Sie konnte ein Lächeln nicht ganz unterdrücken. »Sobald Ihre Nase geheilt ist vielleicht.«
Er ließ einen Finger über das Nasenbein gleiten. »Das ist gar nicht schlimm. Wo haben Sie nur so zu kämpfen gelernt?«
»Wie zu kämpfen?«
»Wie ein Mann, meinte ich wohl. Die meisten jungen Damen hätten sicher geschrien und mir das Gesicht zu zerkratzen versucht. Oder sie wären vielleicht einfach ohnmächtig geworden.«
»Ich war ein Wildfang.«
»Mit einer Menge Brüdern?« Er konnte es sich direkt vorstellen, ein entschlossenes Mädchen, umgeben von einem Rudel bulliger Jungen.
»So was in der Art. Und jetzt schulden Sie mir noch eine Antwort: Woher wussten Sie, dass ich heute Nacht in dem Lager war?«
Er machte ein selbstgefälliges Gesicht. »Ich habe gesehen, wie Sie am Vormittag um den Speicher geschlichen sind.«
Sie riss die Augen auf. »Heute Morgen? Aber woher wussten Sie, dass ich dort sein würde?«
»Ich, äh, hab einen Tipp bekommen.«
»Von wem?«
»Von einem, der dafür angestellt ist.«
»Sie haben mich beschatten lassen?«
»Tja, war wohl nicht besonders anständig von mir …«
Sie überlegte einen Moment, dann räumte sie ein: »Ich hätte an Ihrer Stelle das Gleiche getan.«
Dem Klang der Droschkenräder nach zu urteilen überquerten sie jetzt die Battersea Brücke. In einer Minute würden sie Cheyne Walk erreichen.
»Hören Sie – ich finde, wir sollten zusammenarbeiten«, sagte er und beugte sich vor.
Sie zog leicht die Brauen zusammen. »Warum?«
»Weil wir auf diese Art schneller vorankommen«, erwiderte er ungeduldig. »Und wir riskieren nicht, uns gegenseitig bei unseren Untersuchungen zu behindern, ganz zu schweigen davon, Thorold misstrauisch werden zu lassen.«
»Wir untersuchen doch total verschiedene Ereignisse und Zeiten.«
»Aber wir suchen nach ähnlichen Beweismitteln … angenommen, dass es welche gibt. Hören Sie: Sie können doch nicht eine Nacht nach der anderen in Thorolds Lagerhaus einbrechen. Ein- oder zweimal könnten Sie noch Glück haben, aber irgendwann werden Sie geschnappt. Und wenn Sie vorher noch nichts Handfestes gefunden haben, was machen Sie dann?«
»Improvisieren, nehme ich an.«
»Genau. Und dafür wäre ein Verbündeter doch nützlich.«
Sie sah ihn skeptisch an. »Und natürlich wären Sie der ideale Verbündete.«
»Ich habe Sie heute Nacht schließlich entdeckt, oder nicht?«
Die Kutsche blieb stehen. James warf einen Blick hinaus. »Wir sind direkt um die Ecke. Lawrence Street«, sagte er. »Gut so?«
»Perfekt.« Sie wollte aussteigen, aber seine langen Finger legten sich auf dem Türgriff über ihre.
»Denken Sie wenigstens darüber nach.«
Sie erstarrte, weil ihr sein Gesicht so nahe kam. »Warum sind Sie so sicher, dass Sie mir trauen können?«, fragte sie leise und sah ihn direkt an.
Er erwiderte ihren Blick. »Bin ich nicht. Aber ich bin bereit, das Risiko einzugehen.«