Sie nahmen belegte Brote und Bier zu sich, vorbeigebracht von einem nahe gelegenen Pub. Sie redeten nicht viel, aber es war ein freundliches Schweigen. Danach begleitete James sie heimlich aus dem Büro (sie konnten George irgendwo hören, wie er eine süßliche Ballade auf dem Akkordeon übte) und nach unten, wo er eine Droschke herbeirief.
Als er ihr hineinhalf, konnte sie ein Lächeln nicht unterdrücken. »Das ist das erste Mal, dass Sie mir Ihre Hilfe angeboten haben.«
»Es ist das erste Mal, dass Sie es zugelassen haben«, murmelte er und setze sich neben sie.
Das Licht war gelblich grau, so hell, dass man blinzeln musste, aber ohne direkten Sonnenschein. In diesem unschmeichelhaften diffusen Blenden wirkte ganz London schäbig. Selbst neue Gebäude wie der Palast von Westminster mit seinem im Bau befindlichen Glockenturm sahen traurig und verwittert aus. Als die Droschke langsam auf die Parliament Street einbiegen wollte, fuhr Mary plötzlich zusammen.
Sie lehnte sich zurück, als wolle sie nicht gesehen werden. »Schauen Sie.«
James konnte in dem üblichen Gedränge von schmuddeligen Passanten, geschundenen Pferden, bellenden Hunden und Staubwolken im engeren Umkreis nichts Besonderes erkennen. Er beugte sich zu Mary herüber. »Wohin soll ich schauen?«
»Die Kutsche, die gerade auf der anderen Straßenseite an uns vorüberfährt: Das ist die von den Thorolds.«
»Daran ist doch nichts Ungewöhnliches.«
Ungeduldig schüttelte sie den Kopf. »Doch, ist es schon. Thorold nimmt niemals die Kutsche. Er und Gray haben immer die Fähre genommen. Jetzt reiten sie.«
»Thorold liebt den stinkenden Fluss wohl wirklich, was?«
Sie ging nicht darauf ein. »Das in der Kutsche muss Mrs Thorold sein.«
»Ich dachte, sie ist unpässlich.«
»Ist sie auch.« Die Kutsche der Thorolds rumpelte in südlicher Richtung davon. »Verdammt, verdammt, verdammt!« Mary drehte sich nach James um. »Schnell, wir müssen ihr folgen!«
»Ich dachte, wir sind hinter Thorold her.«
»Bitte, James. Auf mich hört der Kutscher nicht, wenn Sie dabei sind.«
Mit resigniertem Blick gab er dem Kutscher ihre geheimnisvollen Anweisungen weiter, und die Droschke wechselte sofort die Richtung, sehr zum Unwillen eines Blumenmädchens, das bei dem Wendemanöver fast überfahren wurde. Es fluchte noch hinter ihnen her, als sie sich in den dichten Verkehrsstrom einfädelten, der sich langsam nach Millbank bewegte. Sie waren nur fünf oder sechs Fahrzeuge hinter der Kutsche der Thorolds.
»Nun sagen Sie doch, warum wir einer hypochondrischen Hausfrau durch die Stadt folgen!«
»Kommt es Ihnen nicht seltsam vor, dass Mrs Thorold über die Westminsterbrücke fährt? Sie hat nicht einen Grund, in diese Gegend zu fahren.«
»Vielleicht ist es ja auch nur eine ähnliche Kutsche«, hielt er ihr entgegen.
»Ich hab den Kutscher erkannt, Brown.«
»Ich verstehe Sie immer noch nicht.«
»Sie fährt fast jeden Nachmittag aus, entweder um mal rauszukommen oder um einen ihrer Ärzte aufzusuchen. Wenn Sie mal das Bedürfnis hätten, an die frische Luft zu kommen, würden Sie nach Lambeth fahren?«
»Nein, aber vielleicht fährt sie ja zu einem Arzt.«
»Das ist aber weit von der Harley Street, wo die ganzen Ärzte ihre Praxen haben.«
»Vielleicht handelt es sich ja um einen von diesen Schlangenöl-Quacksalbern. Sie sind gerade in Mode und haben sich in allen möglichen Bezirken niedergelassen.«
»Also, Brown ist der Meinung, dass da was nicht stimmt. Er hat behauptet, dass sie meistens in ein Privathaus in Pimlico geht.«
»Warum sollte er lügen?«
»Vielleicht, weil er einfach gerne tratscht, oder weil er dachte, Sie würden so etwas gerne hören. Wann haben Sie überhaupt mit ihm gesprochen?«
»Er hat es mir kürzlich ganz von sich aus erzählt, auf der Treppe zur Küche.«
James war leicht verärgert. »Klingt eher so, als hätte er jeden Blödsinn erzählt, nur um Ihre Aufmerksamkeit zu bekommen.«
»Also bitte. Er war ganz scharf darauf, es loszuwerden, und ich bin ihm eben gerade über den Weg gelaufen.«
»Hmm. Was hat er sonst noch erzählt?«
»Er hat angedeutet, dass Mrs Thorold eine Affäre hat.« Beim Gedanken an Browns andere Andeutung, dass sie und James etwas miteinander hätten, wurde sie rot. Und war sofort verärgert, dass sie rot wurde.
»Was für ein Blödsinn.«
»Wie? Ach so.« Sie konzentrierte sich wieder auf das eigentliche Thema. »Es mag ja Blödsinn sein. Aber dann bleibt die Frage, was sie mehrmals in der Woche in Pimlico macht. In Pimlico hat eine Dame ihres Standes doch nichts zu suchen. Weder kann sie dort einkaufen noch Freunde besuchen.«
»Wie steht’s mit Wohltätigkeitsarbeit?«
»Mrs Thorold?«
Er zuckte die Schultern. »Es ist doch eine Möglichkeit, wenn auch unwahrscheinlich.«
»Na gut. Es ist nicht ganz ausgeschlossen, dass sie vielleicht etwas mit missionarischer Tätigkeit zu tun hat oder einen homöopathischen Arzt aufsucht. Aber ich würde das gerne überprüfen, falls sie doch irgendwas mit den Machenschaften von Thorold zu tun hat.«
»Das klingt doch noch unwahrscheinlicher als karitative Tätigkeit.«
»Ich weiß«, räumte sie ein. »Aber ich bin erst beruhigt, wenn ich es mit eigenen Augen sehe.«
Am Übergang zur Vauxhall-Brücke kippte ein Brauereiwagen um. Kutschen, Droschken, Karren und Wagen aus allen Richtungen kamen ruckend zum Stehen, während zerlumpte Männer und Frauen, Straßenjungen und Mädchen mit Kleinkindern durcheinanderwuselten, um einen Schluck von dem auslaufenden Bier zu ergattern. Ein besonders bulliger Straßenarbeiter legte den Mund direkt auf die Bruchstelle in dem Fass. Seine Kumpel ermunterten ihn lauthals. Der Bierkutscher unternahm keinen Versuch, die Straße zu räumen. Stattdessen baute er sich drohend vor den heilen Bierfässern auf und vertrieb jeden, der sich näherte, mit seiner Pferdepeitsche und einem Strom unflätiger Drohungen.
»Um Himmels willen«, murmelte Mary.
»Ich nehme an, dass ich Sie nicht überreden kann, die Verfolgung von Mrs Thorold aufzugeben?«, brummte er.
»Auf keinen Fall. Abgesehen davon können wir gar nicht wenden.«
James verrenkte den Hals, sah sich um und stöhnte. In weniger als einer Minute war die Straße mehr als hundert Meter weit verstopft.
»Würden Sie lieber aussteigen? Wir können ihr genauso gut zu Fuß folgen«, sagte sie.
Er warf einen Blick auf ihr Kleid, wieder so ein biederer brauner Sack. »Wir werden total staubig. Wie wollen Sie das zu Hause erklären?«
Sie setzten sich wieder zurück. Nach einer Weile brachte ein entnervter Kutscher eine kleine Gruppe Männer dazu, beim Wegräumen der Trümmer zu helfen. Doch trotz dieser Bemühungen dauerte es fast eine Dreiviertelstunde, ehe die Straße wieder befahrbar war.
Sobald es ging, schlängelte sich Mrs Thorolds Kutsche durch eine enge Lücke am Rand des Gehwegs. Dabei zerquetschte sie fast einen schmutzigen kleinen Jungen und den Korb mit Brunnenkresse, den er umgeschnallt hatte. Auf diese Weise wurden die nachfolgenden Wagen erneut zum Anhalten gezwungen, während die empörte Kressefrau ihr Kind in Sicherheit brachte. Ein paar Minuten lang war Mary sicher, dass sie Mrs Thorold aus den Augen verloren hätten. Doch als sie die Kreuzung hinter sich hatten, entdeckte sie, wie die vertraute Kutsche in einer Seitenstraße verschwand. Ihr Fahrer trieb die Pferde an.
Die Thorold-Kutsche bog schließlich nach links in eine schmale Straße mit Reihenhäusern ein, die Denbigh Place hieß. Sie war erstaunlich leer: keine spielenden Kinder, keine Hausierer, die von Tür zu Tür gingen. In einer Stadt, in der ständig Getriebe war, wirkte das befremdend. Es war, als habe man die ganze Gegend evakuiert.
Mrs Thorolds Kutsche hielt etwas weiter vorne in der Straße, und die Tür flog auf, noch ehe Brown vom Kutschbock geklettert war. Es gelang ihm zwar, den Tritt unbeholfen auszuklappen, doch die Dame in der Kutsche wehrte seinen Versuch, ihr herauszuhelfen, mit scharfer Bewegung ab. Ihre Gestalt war rundum vertraut: Sie trug die übliche matronenhafte Kleidung – weiten Reifrock, mehrere Röcke, Haube. Ihr Schritt war sicher, und sie stieg mit einer selbstverständlichen Gewissheit aus, die Mary völlig unbekannt war. Vom Rinnstein bis zur Haustür waren es nur ein paar Schritte. Dennoch reichte das aus, um die aufrechte Haltung und den forschen Schritt der Dame zu bemerken. Sie öffnete die Tür mit einem eigenen Schlüssel und verschwand im Inneren.
James und Mary sahen sich perplex an.
»Haben Sie …?«
»War das …?«
Sie blickten wieder zu dem Haus und sahen gerade noch, wie Brown weiterfuhr und in eine Hintergasse abbog. Offensichtlich wollte sie eine Weile bleiben.
»Wie groß ist die Chance, dass eine andere Dame Mrs Thorolds Kutsche benützt?«, fragte James.
»Eine andere Dame mit der gleichen Figur?« Mary schüttelte den Kopf. »Das ist fast unmöglich.«
»Nette Familie«, bemerkte er. »Papa ist korrupt, Mama treibt sich in London herum … Gibt es auch etwas, das ich über Angelica wissen sollte?«
Mary schwieg. Das gab es ja in der Tat, aber sie hatte versprochen, es keinem zu sagen. Und ehrlich gesagt wollte sie es auch nicht erzählen. Wenn er diese Neuigkeit erfuhr, würde er keinen Grund mehr haben, mit ihr zusammenzuarbeiten. Er war ihr aber von Nutzen. Und sie genoss seine Gesellschaft inzwischen, so arrogant er auch war.
Er beobachtete ihren Ausdruck forschend. »Ist das ein Ja?«
»Das hat Zeit.« Sie sprang aus der Droschke und wartete ungeduldig, während er den Kutscher bezahlte.
»Also gut«, sagte er, als die Droschke davonfuhr. »Wie finden wir mehr darüber heraus, was Mrs Thorold hier zu suchen hat?«
»Wir fragen die Nachbarn.«
»Wir läuten einfach und sagen: ›Entschuldigung – wer ist die Dame nebenan und was macht sie hier?‹«
Sie verdrehte die Augen. »Wir läuten und sagen, dass mir die Hitze ganz schlimm zugesetzt hat und ob ich wohl kurz hereinkommen könnte.« Sie nahm seinen Arm und stützte sich mit theatralischer Geste darauf.
»Und ich steh da wie ein Idiot?«
»Sie sind mein Bruder, der sich große Sorgen um mein Wohlbefinden macht.«
James schüttelte den Kopf. »Ich habe eine bessere Idee. Ich mache das und Sie schnüffeln so lange in der Hintergasse herum. Versuchen Sie einen Blick in die Fenster zu werfen.«
»Aber mit Ihnen werden die Damen nicht so unbekümmert reden wie mit mir.«
Er grinste. »Ich gehe ja nicht zum Vordereingang. Ich werde ein hübsches Hausmädchen bezirzen, mir alles zu erzählen.«
»Sie scheinen ja sehr von Ihrem Charme überzeugt zu sein.«
Er versuchte, ein bescheidenes Gesicht zu machen, was ihm jedoch nicht gelang. »Es hat bei Angelica gewirkt … und da habe ich mich nicht mal bemüht.«
***
Mary war schnell mit der rückwärtigen Gasse fertig. Der Hinterhof von Mrs Thorolds Haus war sauber und leer, die Fenster vor neugierigen Blicken gut geschützt. Selbst für einen cleveren Spürhund gab es nicht einen einzigen Hinweis. Sie schlich ungefähr zehn Minuten in der Gasse auf und ab, dann kehrte sie zur Ecke von Denbigh Place zurück und wartete auf James. Er ließ sich Zeit – bestimmt eine halbe Stunde, so schätzte sie, obwohl sie keine Uhr hatte –, und ihr kam der Gedanke, dass er sich – absichtlich oder nicht – für die Wartezeit vor dem Laskarenheim rächte. Das einzige andere menschliche Wesen in der Straße war ein ungefähr zehnjähriger Junge, der einen Fußball herumkickte.
»Sie sehen aber selbstgefällig aus«, sagte sie zu James, als er endlich auftauchte.
Er grinste. »Das Hausmädchen, Janet, ist ein bezauberndes Ding. Sie hat mir Tee serviert und mir ihr ganzes Leben erzählt, vom Morgen bis Mitternacht. Angeblich erinnere ich sie an den Helden eines Romans, den sie liest, nur dass ich besser aussehe.«
»Warum ist Bescheidenheit niemals ein Kennzeichen des Helden?«
Er nahm ihren Arm. »Sie sind ja nur neidisch, weil ich Tee bekommen habe. Und sehr leckere Scones mit Marmelade und Sahne.«
»Ist das ein Beispiel für Ihren berühmten Charme?«
»Oh, den verschwende ich nicht an jedermann«, sagte er grinsend. »Zum Beispiel nicht an Damen, die man in Schränken trifft; an Damen, die mir eins auf die Nase geben; an Damen –«
Mary musste lachen. »Schon gut. Erzählen Sie, was Sie rausbekommen haben.«
Er wurde ernst. »Mrs Thorold mietet das Haus unter dem Namen Thorpe und kommt nachmittags her. Sie hat einen männlichen Freund, einen Mr Samuels, den sie zwei- oder dreimal die Woche hier trifft.«
»Hat mal jemand das Haus von innen gesehen? Hat ›Mrs Thorpe‹ ein Mädchen?«
»Nein; man fragt sich hier allgemein, wie sie das Haus in Schuss hält.«
»Und was ist mit ungewöhnlichen Lieferungen? Irgendwas, das man mit Thorolds Fracht in Verbindung bringen könnte?«
Er schüttelte den Kopf. »Nichts dergleichen. Die beiden halten sich sehr bedeckt; Janet weiß auch nicht, wo Mr Samuels herkommt, und sie ist wirklich äußerst neugierig.«
Mary überlegte. »Klingt ja wirklich nach einem klassischen Seitensprung.«
James nickte. »Janet meint das auch. Angeblich ist es das Lieblingsthema der hiesigen Hausmädchen, wenn sie sich treffen.«
Sie gingen ein Stück weiter, bis sie an den Rand eines kleinen Rasenstücks kamen. Der Junge mit dem Fußball schoss diesen plötzlich in ihre Richtung. »Entschuldigung, Sir!«, rief er.
James fing den schmutzigen Ball fast reflexartig ab. »Entschuldigen Sie mich einen Moment.« Er bedeutete ihr, weiterzugehen, und wandte sich an den Jungen. Zuerst sah es so aus, als würde er ihn ausschimpfen, doch als der Junge zu reden begann, hörte James aufmerksam zu. Mary beobachtete die Szene ohne größeres Interesse, bis sie eine plötzliche Veränderung in James’ Körpersprache wahrnahm. Er erstarrte, warf einen Blick in ihre Richtung und redete wieder mit dem Jungen. Die ganze Unterhaltung dauerte nur drei oder vier Minuten, aber als sie vorüber war, gab James dem Jungen etwas – Geld? – und kam zu ihr zurück.
»Wer war das?«, fragte Mary.
»Komisch, dass Sie fragen.« Er umklammerte ihren Arm fest, ging mit langen Schritten voran und zwang sie zu laufen, um mit ihm Schritt zu halten.
»Was ist passiert?«
Er blieb abrupt stehen. »Wann wollten Sie es mir sagen?«
Mary verspürte wieder diesen Augenblick des Grauens, die Gewissheit, dass sie erwischt worden war. »Was sollte ich Ihnen sagen?«, fragte sie vorsichtig.
Sein Griff um ihren Arm wurde noch fester. »Heute Morgen haben Sie der Eheschließung von Angelica Thorold und Michael Gray als Trauzeugin beigewohnt. Warum haben Sie das nicht erzählt?«
»Ich … ich habe mein Wort gegeben.«
»Ihr Wort gegeben.« Seine Stimme klang verächtlich.
»Michael und Angelica. Ich habe ihnen versprochen, es keinem zu sagen.«
»Ein Versprechen, das Sie nie hätten geben dürfen. Sie hatten schon zugestimmt, mit mir zusammenzuarbeiten, und unsere Übereinkunft hätte so ein Versprechen nicht zulassen dürfen.« Er sah sie noch immer finster an, dann ließ er sie plötzlich los. Das kam so unerwartet, dass sie zurückstolperte. »Sie haben Ihr Wort gebrochen!«
Gekränkt verteidigte sie sich. »Und Sie haben mich beobachten lassen, Sie trauen mir also sowieso nicht! Jetzt tun Sie so wütend, aber Sie sind doch wohl derjenige, der mich ausspioniert hat!«
»Ich muss mich Ihnen gegenüber zwar nicht rechtfertigen«, murmelte er, »aber der Junge hat Gray beschattet. Nicht Sie.«
Mary wurde bleich. Ihr Zorn verflog und wurde von plötzlicher Übelkeit abgelöst.
»Der Junge hat nur berichtet, was er heute Morgen in der Kirche beobachtet hat: Sie haben die Vermählung bezeugt.« James starrte sie lange an. »Was sagten Sie, wie alt Sie sind?«
»Ich … ich sagte, ich sei zwanzig.«
Seine Augen verengten sich. »Sie sagten …«
Sie schaffte es nicht, wieder zu lügen. Jetzt nicht mehr. Nicht mehr ihm gegenüber. »Ich bin siebzehn«, gab sie kleinlaut zu.
»Dann ist die Heirat nicht mal legal.«
»Nein«, flüsterte sie.
»Verstehen Sie das unter einem Scherz? Und wenn ja, auf wessen Kosten? Angelicas, Michael Grays, Georges oder auf meine Kosten? Oder vielleicht hatten Sie ja auch vor, uns alle zu täuschen, aus welchem Grund auch immer?«
Sie konnte nichts sagen.
Er sah aus, als habe er etwas Schlechtes gegessen. »Ich hoffe bei Gott, dass es niemand sonst rausfindet.«
Sie zitterte inzwischen. »Das findet niemand raus!«
Er sah sie nur erneut an, schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
Mary starrte ihm hinterher. Als klar war, dass er nicht stehen bleiben würde, rannte sie ihm nach. »Warten Sie – wo gehen Sie hin?«
Er drehte sich um und sagte förmlich: »Ich bedaure, dass ich Ihnen diese sogenannte Partnerschaft aufgedrängt habe. Sie können sie als beendet ansehen.«
Betroffen starrte sie ihn an. »Wie bitte?«
»Auf Wiedersehen, Miss Quinn. Alles Gute.« Er machte auf dem Absatz kehrt und eilte davon.