Kapitel 22
Lena verließ den Chemiesaal mit allen anderen. Seit Luise sie und Cay am Beet beobachtet hatte, bewachte sie jeden von Lenas Schritten mit Argusaugen. Ständig musste Lena befürchten, dass sie Frau Hofstetter ein weiteres Mal auf sie hetzte, deswegen war sie besonders vorsichtig. Sie ging die Treppe hinunter und wartete, bis sie sicher sein konnte, dass Luise sie nicht verfolgte, bevor sie sich mit Cay irgendwo außerhalb der Schule traf. Heute jedoch ging sie die Treppe wieder rauf, als Luise verschwunden war, und zurück in den Saal, wo Cay noch ein paar Dinge zu erledigen hatte. Als sie wieder oben ankam, war er gerade dabei, einige Zettel zu sortieren.
»Was ist das?«, fragte sie.
»Die Bewertungszettel.«
»Oh, richtig, nächstes Mal ist ja schon das letzte Mal.« Sie streckte die Hand aus. »Darf ich mal sehen?«
Er zog spöttisch eine Augenbraue hoch. »Ich glaube nicht, dass das so gedacht ist.«
»Gib schon her, ich will mit eigenen Augen sehen, dass du mir nicht hilfst, indem du mich zu gut darstellst oder Luise zu schlecht.«
Er seufzte und schob ihr die Zettel hin. »Vorher gibst du ja doch keine Ruhe.«
Sie überflog Luises Bewertung. Sehr neutral und fair. Sie nickte zufrieden. Sie nahm ihre und errötete. »Okay, das ist … ähm …«
Er lachte. »Du wolltest, dass ich ehrlich bin und es ist eine sehr gute Bewertung.«
»Ja schon, aber dass du reinschreiben musstest, dass ich anfangs die Versuche ruiniert habe …«
»Das stimmt doch.«
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. »Schon, aber daran warst du schuld. Du hast mich nervös gemacht.«
»Wie schmeichelhaft.« Er zog sie in seine Arme und küsste sie. »Mach dir keine Sorgen, es wird dir nicht schaden. Wenn herauskommt, dass ich etwas unterschlagen habe, dann könnte das eher von Nachteil sein, weil man dann denken wird, dass ich dich bevorzugen wollte.«
Sie seufzte. »Du hast ja recht. Glaubst du denn, der Professor wird sich für mich entscheiden?«
»Er wäre dumm, wenn er es nicht täte. Obwohl ich zugeben muss, dass Luise eine ziemlich starke Konkurrentin ist. Aber da du ja nicht möchtest, dass ich dir helfe, musst du wohl abwarten.«
Sie nickte. »Gehen wir dann?«
»Ja, ich bin hier fertig.« Er packte die Zettel ein und sie verließen gemeinsam den Saal.
Es war niemand mehr da. Erst, als sie die Schule verließen und in das blendende Sonnenlicht traten, wurde ihr klar, wie leichtsinnig sie sich verhielten. »Mist. Wir haben vergessen, uns zu trennen.«
»Wenn du willst, gehe ich vor.«
Sie überlegte kurz, sah sich um. Es war totenstill und menschenleer. »Ach was soll’s. Hier ist ja wirklich niemand mehr.«
Gemeinsam gingen sie zu dem grünen Bentley, der wie immer auf dem Lehrerparkplatz stand. »Fahren wir gleich zur nächsten Stelle?«
Lena nickte. Sie hatten in den letzten Tagen gemeinsam alle möglichen Orte abgesucht, an der die Pflanze vielleicht wachsen könnte, die Lena für das Elixier gegen Trauer brauchte. Es war eine seltene Pflanze, eine, die es eigentlich gar nicht geben durfte. Die braune Trollblume. Sie stand in keinem gewöhnlichen Pflanzenführer. Lena konnte es sich nur so erklären, dass sie in Vergessenheit geraten und bisher nicht wieder entdeckt worden war. Entsprechend schwer war es, ein Exemplar zu finden. Zum Glück stand in dem Buch mit den Rezepten eine kurze Erklärung dazu und ein Bild war auch dabei. Trotzdem hätte sie wahrscheinlich nicht gewusst, wo sie hätte suchen sollen, wenn Cay sich nicht an die Stellen erinnert hätte, an denen er damals nach der Pflanze gesucht hatte, als er den Trank zum ersten Mal getestet hatte. Bisher waren sie allerdings auch an diesen Stellen nicht fündig geworden. Vielleicht lag es an der Umweltverschmutzung, die auch vielen anderen Bergblumen zu schaffen machte.
Jede Stelle, die sie absuchten, lag etwas weiter oben, war etwas abgelegener, etwas schwerer zu erreichen. Irgendwo musste doch noch ein Exemplar dieser braunen Trollblume zu finden sein.
Cay bog bald in eine alte Passstraße ein, die nur noch wenig benutzt wurde, seit es die neue Landstraße mit den Tunneln gab. Langsam wand sich die Straße in engen Kurven den Berg hinauf. Die Bäume standen weiter auseinander und die Nachmittagssonne brannte heiß durch die Fensterscheiben. Sie war froh, dass sie nicht mit dem Fahrrad fahren musste. Die Vorstellung, sich hier bei dieser Hitze hinaufzuquälen, war alles andere als angenehm.
Auf der Passhöhe gab es einen kleinen Parkplatz für Wanderer, wo Cay den Bentley parkte. Zu beiden Seiten ragten die kahlen, felsigen Bergspitzen hoch über ihnen auf und bildeten einen reizvollen Kontrast zu den saftigen Almwiesen, die sich auf dem Pass noch relativ flach, dann aber immer steiler die Hänge hinaufzogen und schließlich vor der schieren Höhe des Berges kapitulierten und Felsen und Schotter das Feld überließen. Aber so hoch hinauf wollten sie heute nicht mehr. Wahrscheinlich würden sie nicht einmal die Baumgrenze hinter sich lassen. Cay nahm einen Rucksack aus dem Auto, in den sie Getränke, die Bücher und ein paar andere Utensilien gepackt hatten. Sie folgten einem Weg, der vom Parkplatz aus über ein Kuhgitter auf die Almwiese führte. Hier und da grasten einige braungefleckte Kühe. Der Weg wurde bald steiler und führte zwischen die Bäume. Wenig später hörten sie Wasser rauschen.
»Das muss es sein«, sagte Cay, als sie vor einem kleinen Bach standen. Es war ungewöhnlich, dass zu dieser Jahreszeit in dieser Höhe ein Bach floss. Die meisten Bäche bestanden aus Schmelzwasser und flossen nur im Frühjahr. Das bedeutete, dass es irgendwo eine Quelle geben musste. Sie folgten dem Flusslauf, der jetzt nur noch ein kleines Rinnsal war, das sich nach allen Seiten hin ins Moos ausbreitete und eine Art winziges Sumpfgebiet schuf. Sie untersuchten das Ufer des Baches ganz genau, aber sie fanden keine Spur der Pflanzen. Bald mussten sie vom Weg abweichen und sogar eine kurze Felswand hochklettern, an der das Wasser hinunterlief. Oben angekommen sah Lena sich um.
»Da ist die Quelle«, Lena deutete auf ein kleines Loch, aus dem das Wasser mehr heraussickerte, als dass es floss. Sie kniete sich daneben und untersuchte vorsichtig das feuchte Moos und die sumpfige Erde nach Hinweisen auf die Pflanze.
»Schau mal hier, ich glaube, das ist eine. Trollius Fulvus!« Ihre Stimme überschlug sich beinahe. Konnte es wirklich sein, dass sie endlich fündig wurden? »Gib mir mal das Buch.«
Cay schlug es an der richtigen Stelle auf und hielt es ihr hin. Die braune Trollblume war etwas kleiner als ihre gelbe Verwandte. Die winzigen Blüten, die auf den Stängeln saßen, sahen nicht besonders spektakulär aus. Sie hatten etwas von einem braunen Miniatur-Rosenkohl. Sorgsam darauf bedacht, die Seiten nicht mit ihren nassen Fingern zu berühren, deutete Lena auf die Zeichnung.
»Schau dir mal die Blätter an. Was meinst du?«
Cay ging neben ihr in die Hocke und musterte das Kraut. »Ja, das sieht danach aus.«
»Ich glaub’s nicht. Endlich! Das fotografiere ich.« Sie machte eine Aufnahme mit ihrem Handy. »Hm. Hier steht, dass man die braune Trollblume in der Blüte ernten muss. Sie blüht aber noch nicht richtig. Oder?«
Cay betrachtete die kleine Pflanze genauer. »Nein. Die Blüten müssten etwas offener sein. Ich denke aber, dass es spätestens morgen so weit ist. Wir sollten morgen Abend noch mal herkommen. Wenn ich mich recht erinnere, blühen sie nur sehr kurz.«
»Ja, das steht hier auch. Na gut. Dann kommen wir eben morgen wieder. Es hat ja keine Eile.«
»Nein, keine Eile«, sagte Cay grimmig. Wahrscheinlich, weil er ja ohnehin nicht glaubte, dass es funktionieren würde.
Sie suchten noch nach weiteren Exemplaren, nur für den Fall, dass eine der Pflanzen vielleicht nicht blühen würde, und markierten sie mit kleinen Aufklebern, die Lena um die Stängel wickelte. Dann packten sie alles wieder ein und machten sich an den Abstieg. Von unten war der etwa drei Meter hohe Felsen für Lena leicht zu bewältigen gewesen, aber von oben flößte ihr die Felswand fast ein wenig Angst ein.
Cay schien ihr Zögern zu bemerken. »Soll ich dir helfen?«, fragte er.
Lena sah nach unten. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, es geht schon. Ich habe nur etwas Respekt.« Sie wollte nicht Angst sagen.
Es waren eigentlich nur wenige Kletterzüge, aber von oben nach unten war es eben doch etwas schwieriger. Trotzdem gelang es ihr, Tritte und Haltegriffe für Hände und Füße zu finden. Unten angekommen sprang sie das letzte Stück zum Boden. »War ja gar nicht so schlimm.« Sie drehte sich um. Cay stand dicht hinter ihr. Wahrscheinlich, um zur Stelle zu sein, falls sie abgerutscht wäre. Sein Blick wirkte, als hätte er gar nichts dagegen gehabt, sie aufzufangen. Und als hätte er nicht vorgehabt, sie dann einfach wieder loszulassen. Er ließ sie nicht aus den Augen, sein Blick hing an ihren Lippen, während er näher kam. Immer näher, bis sie seine Wärme spüren konnte und die Berührung seiner Brust an ihren empfindlichen Brustwarzen. Sie unterdrückte ein Keuchen.
»Furcht ist so oft unbegründet. Findest du nicht auch?« Er drückte sie jetzt sanft gegen den Felsen.
Lenas Herz klopfte. Es war deutlich, dass er nicht von der Felswand sprach.
»Ja, ich bin froh, dass ich mich überwunden habe.« Sie bemühte sich um Gelassenheit, aber das winzige Zittern in ihrer Stimme verriet sie.
Sein Lächeln wirkte wölfisch. »Du weißt, dass ich nicht von der Kletterei rede.«
Sie erwiderte seinen Blick, ohne zu blinzeln, und nickte, zu atemlos, um zu sprechen.
Als er den Kopf senkte, öffnete sie die Lippen, wünschte sich seinen Kuss. Aber er küsste sie nicht auf den Mund, sondern auf die Schläfe und auf die empfindliche Stelle hinter dem Ohr. Dann zog er eine heiße Spur ihren Hals hinunter, bis zu ihrem Schlüsselbein, wo sein Zeichen prangte. Sie schloss die Augen.
»Komm heute mit zu mir«, flüsterte er rau, ganz nah an ihrem Ohr. Sein warmer Atem auf ihrer Haut schürte das Verlangen, das sich tief in ihr regte.
»Ich werde dich nicht aus den Augen lassen, ich verspreche es.«
»Da bin ich sicher«, flüsterte sie zittrig.
Er lachte leise. »Also?«
Sie schwieg. Sie wusste, was passieren würde, wenn sie zustimmte und sie wusste ebenso, dass sie es unbedingt wollte. So sehr, dass sogar ihre Angst verblasste. Trotzdem konnte sie sich nicht überwinden, einfach Ja zu sagen. »Ich weiß nicht …«
Seine Augen glitzerten spöttisch. »Du brauchst wohl noch ein paar Argumente?« Sachte ließ er seine Fingerspitzen über ihren Hals gleiten, hinunter bis zu ihrer Schulter, wo er ihr Oberteil ein wenig zur Seite schob, um sie auf die nackte Schulter zu küssen. »Wie ist es jetzt?«
»Schön«, seufzte sie. »Mach weiter.«
Sein leises Lachen jagte ihr einen Schauder über den Rücken. »Ich meinte eigentlich, wie deine Antwort jetzt lautet.«
Sie fuhr mit den Fingern durch seine pechschwarzen Haare. »Ja.«
»Ja?« Seine Lippen streiften ihren Mund, während er mit einer Hand unter ihr T-Shirt glitt. Lenas Herz raste und doch hielt sie still. Der Wunsch nach seiner Berührung war wie ein Sehnen auf ihrer Haut. Seine Finger glitten an ihrer Seite entlang nach oben, sein Mund lag immer noch auf ihrem. Sie krallte die Hände in seine Haare, zog ihn noch tiefer in den Kuss. Als seine Hand die Rundung ihrer Brust streifte, keuchte sie an seinen Lippen. Er hielt inne, in einer stummen Frage.
»Ja«, flüsterte sie noch einmal.
Sein Daumen streifte ihre Brustwarze. Die Berührung durchzuckte sie wie ein leichter Schmerz, der sich sofort in Erregung umwandelte. Er streichelte sie weiter, während er sie an den Felsen drückte. Hitze sammelte sich zwischen ihren Beinen und sie wünschte sich, er würde sie dort berühren. Sie verfluchte die Tatsache, dass sie eine ziemlich enge Jeans trug und keinen Rock wie in ihrem Traum.
»Hab ich’s doch gewusst.« Eine boshafte Stimme zerschnitt die Stille der Berge um sie herum und ließ sie auseinanderfahren.
»Luise, verdammt.« Lena stöhnte. Warum musste gerade dieser Teil ihres Traums Wirklichkeit werden? Immer noch spürte sie Cays Berührung. Anspannung und unerfüllte Erregung brachte sie zum Zittern. Cay nahm ihre Hand und drückte sie beruhigend, während sie sich umwandten.
So unauffällig wie möglich zog sie ihr T-Shirt zurecht und fuhr über die Haare. »Du bist uns bis hier hoch nachgelaufen? Ich fasse es nicht.«
»Ich bin nicht gelaufen. Im Gegensatz zu dir habe ich ein Auto. Außerdem hat es sich ja gelohnt.« Luise grinste boshaft und hielt ihr Handy in die Höhe.
Lena sackte das Blut aus dem Kopf und ihr wurde schwindlig. »O Mann.« Sie konnte nur hoffen, dass man darauf nicht alles sah.
»Das Foto, das endgültig dafür sorgt, dass du das Stipendium niemals bekommen wirst.«
Lena starrte sie mit offenem Mund an. »Das ist der wahre Grund, warum du es willst. Damit ich es nicht bekomme, oder?«
»Auch, ja«, sagte sie mit einem gehässigen Lächeln. »Vielleicht sorgt das Bild ja auch dafür, dass deine Errungenschaft«, sie warf Cay einen vielsagenden Blick zu, »postwendend nach München zurückgeschickt wird.«
Eigentlich sollte sie wütend werden, aber aus irgendeinem Grund machte Luises Verhalten sie einfach nur traurig.
»Warum hasst du mich eigentlich so?«, fragte sie leise.
»Wenn du das nicht selbst weißt, hast du Pech gehabt.«
»Das war doch früher nicht so. Klar, wir waren nie Freundinnen, aber das hier«, sie deutete auf Luises Handy, »das ist doch Wahnsinn. Früher hättest du so was nie gemacht.«
»Das war auch, bevor …«, platzte Luise heraus, stockte aber dann.
Lena löste sich von Cay und ging auf sie zu. »Bevor was?«
Luise funkelte sie zornig an. »Du bist sogar zu dumm, um zu verstehen, was du angerichtet hast, oder?«
Jetzt regte sich doch Wut in Lena. »Offensichtlich, also sag es endlich, sonst stehen wir morgen noch hier.«
Luise ballte die Fäuste. Ihr Blick zuckte zu Cay. Sie wirkte verunsichert. Vielleicht überlegte sie, ob sie das wirklich vor ihm ausbreiten wollte. Lena fragte sich, ob sie ihr anbieten sollte, es unter vier Augen zu besprechen. Nie hätte sie gedacht, dass Luise einen echten Grund für ihren Hass und all die Attacken haben könnte. Bevor sie sich dazu durchringen konnte, sprach Luise weiter.
»Du hast ihn mir weggenommen«, sagte sie gepresst.
Fassungslos starrte Lena sie an. Meinte sie das ernst? »Wen? Cay? Ich sag’s dir ja nur ungern, aber er interessiert sich nicht für dich.«
Luise schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Den doch nicht.«
»Aber wen dann?« Noch während sie die Frage aussprach, wurde ihr alles klar. »Adrian«, flüsterte sie.
Luise nickte. Lena hatte sie noch nie so gesehen. Zornig und verletzt zugleich.
»Zuerst hast du dafür gesorgt, dass er keine Zeit mehr für mich hatte, und dann hast du ihn auch noch vertrieben.«
Obwohl sie Adrian nicht mehr liebte, durchfuhr sie eine Welle von Schmerz, als sie daran dachte, wie er gegangen war. Sie einfach zurückgelassen hatte. Ohne ein einziges Wort. Offensichtlich war sie nicht die Einzige gewesen.
»Luise, ich war das nicht. Ich weiß nicht, warum er das gemacht hat.«
»Lüg mich nicht an«, schrie sie. »Du hast ihm doch gesagt, dass er nicht an Vaters Stelle in der Firma treten muss, wenn er nicht will! Du hast ihn ermuntert, wegzugehen.«
Diese Anschuldigung war so ungerecht, dass sie Lena die Tränen in die Augen trieb.
»Das stimmt einfach nicht, Luise«, flüsterte sie. »Ich … es … er war plötzlich einfach weg und ich wusste nicht, warum. Er hat mich genauso zurückgelassen wie dich. Ohne ein Wort.«
Blass starrte Luise Lena an. »Das glaube ich dir nicht. Ich habe euch reden hören.«
»Ja, natürlich, er hat mir alles erzählt. Er hat den Gedanken gehasst, die Firma zu übernehmen. Es hat ihn völlig fertiggemacht. Aber er wollte euren Vater nicht enttäuschen. Luise, es war so schrecklich, ihn so hoffnungslos zu sehen. Natürlich hab ich ihm gesagt, dass er seinen eigenen Weg gehen muss, wenn ihn allein der Gedanke an all das schon so unglücklich macht.«
»Na also, du gibst es zu.«
Lena schüttelte den Kopf. »Weißt du, wie schlimm es für mich war, dass er einfach weggegangen ist? Das hab ich sicher nicht gewollt.«
Luise starrte sie stumm an. Wusste offensichtlich nicht, was sie glauben sollte.
»Bitte Luise, lass uns damit aufhören. Wenn einer Schuld hat, dann Adrian. Er hätte sich wenigstens verabschieden können oder mal von sich hören lassen.« Wochenlang hatte Lena nach seinem Verschwinden auf eine Nachricht gewartet. Keine E-Mail, keine SMS. Nichts. Nicht einmal eine Postkarte. Mit jedem Tag, an dem der Briefkasten leer geblieben war, war das Loch in ihrer Brust größer geworden. Sie hatte sich gefragt, was sie falsch gemacht hatte und wie sie nicht hatte merken können, dass er sie nicht genug liebte. Nicht einmal genug, um sich zu verabschieden. Sie schloss gequält die Augen. »Er war ein Teil von mir. Nie hätte ich gewollt, dass er geht.«
»Das ändert nichts«, unterbrach Luise sie kalt. »Adrian ist weg, ich muss seinen Platz einnehmen und dafür will ich dieses Stipendium. Das Foto hier wird mir dabei helfen.«
»Luise, bitte …«
Luise hatte sich schon umgedreht und ging den Weg zurück zum Parkplatz. Erschüttert starrte Lena ihr nach. Wenn sie das wirklich durchzog, wenn sie Lenas Beziehung zu Cay publik machte, war es vorbei mit dem Stipendium. Lena überlegte, ihr nachzulaufen. Aber was sollte sie tun? Ihr das Handy aus der Hand reißen? Umstimmen konnte sie Luise sicher nicht.
»Was machen wir jetzt?« Sie wandte sich zu Cay um. »Kannst du nicht vielleicht …« Sie verstummte, als sie sein Gesicht sah.
Er war kreidebleich. Natürlich. Er hatte alles mit angehört. Dass sie nicht gewollt hatte, dass Adrian ging. Wie schlimm es für sie gewesen war. Und was sie zum Schluss gesagt hatte. Er war ein Teil von mir.
Lena schloss die Augen und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Wie hatte sie vergessen können, dass er jedes Wort mitbekam? Was er jetzt denken musste, war vollkommen klar.
Sie fühlte sich furchtbar hilflos. Luise hatte das Foto und würde ihr damit jede Aussicht auf das Stipendium verbauen. In ihr schmerzte immer noch die Erkenntnis, wie sehr Adrian sie damals verletzt hatte, und sie konnte nichts dagegen tun. Am hilflosesten aber machte sie der Ausdruck in Cays Gesicht. Er machte alles andere bedeutungslos. Wie sollte sie ihm erklären, was sie fühlte, wenn sie es selbst nicht richtig verstand?
»Es tut mir so leid«, flüsterte sie.
Statt ihr Vorwürfe zu machen, kam er zu ihr und nahm sie wortlos in den Arm. Sie lehnte den Kopf an seine Brust und ließ den Tränen freien Lauf. Es tat gut, sich einfach gehen zu lassen. Wut, Trauer, Schmerz und Angst, alles floss mit den Tränen aus ihr heraus. Die ganze Zeit hielt Cay sie fest und streichelte ihr tröstend den Rücken. Irgendwann versiegten die Tränen und sie sah zu ihm auf.
»Cay, ich …«
Er schüttelte den Kopf. »Schon gut, du musst mir nichts erklären.« Langsam und unendlich zärtlich streichelte er mit dem Daumen über ihr Gesicht und wischte eine letzte verirrte Träne fort. »Für mich zählt nur eins. Hast du mir damals die Wahrheit gesagt?«
»Ja.« Verzweifelt versuchte sie, für das, was sie fühlte, die richtigen Worte zu finden. »Er wird immer einen Platz in meinem Herzen haben, aber ich liebe ihn nicht mehr. Nur was er getan hat, tut mir immer noch weh. Verstehst du das?«
Sanft strich er ihr ein paar Haare aus der Stirn. »Sehr gut sogar. So etwas hinterlässt Narben, auch wenn man sie nicht sehen kann.«
Sie nickte und presste die Lippen aufeinander. Vielleicht fühlte sie die Wunden von damals nur deshalb noch so sehr, weil sie Angst hatte, dass es wieder passierte.
»Wir sollten gehen, es dämmert bereits«, sagte Cay sanft.
Lena fasste nach seiner Hand und umklammerte sie, um zu spüren, dass er bei ihr war. Zu spüren, dass er sie nicht einfach verlassen würde.
*
»Ich bringe dich nach Hause.« Cay lenkte das Auto auf die Landstraße.
»Nein.« Lena schüttelte den Kopf. »Ich komme mit zu dir.«
»Ich glaube, das ist keine gute Idee.«
»Bitte, ich möchte jetzt nicht allein sein«, flüsterte sie. Ihr Körper war bis zur letzten Faser angespannt. Wie sollte es jetzt weitergehen? Mit dem Stipendium? Mit Cay und ihr?
Er zog die Augenbrauen zusammen. »Meinst du nicht, es wäre besser, wenn du noch mal in Ruhe über alles nachdenkst?«
»Du glaubst mir nicht.«
Er warf ihr einen kurzen Blick zu, sagte aber nichts. Sie biss sich auf die Lippe. Dann wandte sie sich ab und sah aus dem Fenster. Der Streit mit Luise hatte sie ziemlich aufgewühlt. Sie wusste nicht, wie es jetzt weitergehen würde, mit dem Stipendium, dem Studium, ihr und Cay. Nur eines wusste sie ganz genau. Über Adrian war sie längst hinweg.
»Er bedeutet mir nichts mehr«, flüsterte sie. »Darüber muss ich nicht nachdenken.«
»Ich weiß.«
»Also fahren wir zu dir«, sagte sie entschlossen. Sie wünschte sich nichts so sehr, wie jetzt bei ihm zu sein.
Er sah sie kurz an. »Willst du das wirklich? Wenn du immer noch Angst hast, dann …«
»Nein. Wir können nicht ewig so weitermachen. Uns irgendwo herumtreiben, nur weil ich nicht aufs Schloss will. Wenn du versprichst, mich nicht allein zu lassen, dann ist das in Ordnung für mich.«
Er runzelte die Stirn, nickte dann aber. »Gut.«
Sie fuhren zum Schloss, wo nur Athanor wartete. Cay legte ihm das Zaumzeug an und führte ihn aus dem Paddock. »Ich hatte nicht erwartet, dass du heute mitkommen würdest«, sagte er entschuldigend.
Sie lächelte zaghaft. »Dass es mir was ausgemacht hat, mit dir auf einem Pferd zu sitzen, ist schon länger her.«
Cay half Lena beim Aufsteigen und schwang sich dann hinter sie auf Athanors Rücken. Er nahm mit einer Hand die Zügel und legte den anderen Arm fest um ihre Taille. Als er Athanor antrieb, spürte sie, wie sich seine Muskeln an ihrem Rücken und ihren Oberschenkeln bewegten. Seine Nähe vertrieb die Gedanken an den Streit mit Luise. Sie wollte auch gar nicht mehr darüber nachdenken. Sie wollte einfach nur vergessen, was passiert war. Wenigstens für ein paar Stunden, bevor sie sich überlegen musste, wie es jetzt weiterging. Sie lehnte sich an Cay und ließ sich vollkommen in die Wärme seiner Umarmung sinken. Sein Atem streifte warm ihre Schläfe und beschwor die Erinnerung an den Kuss beim Felsen herauf. Immer noch wärmte die längst vergangene Berührung seiner Finger die Haut ihrer Brust und das unerfüllte Sehnen, ihn noch mehr zu spüren, schmerzte in ihrer Brust.
Bald klapperten Athanors Hufe über die Zugbrücke und sie ritten durch das Tor, das sich wie von allein öffnete. Cay brachte Athanor zum Stehen und stieg ab. Dann hob er Lena herunter. Sie hatte erwartet, dass er die Gelegenheit nutzen würde, sie zu küssen, aber er stellte sie nur sanft auf die Füße und führte Athanor zu einer der Boxen. Lena sah ihm dabei zu, wie er Athanor trocken rieb und ihm dann Kraftfutter und Heu zu Fressen gab.
»Warum machst du das nicht mit Magie?«
Er zuckte die Achseln. »Es tut gut, ein paar Dinge selbst zu machen. Die Pferde mögen es.« Er strich Athanor ein paar Mal über den Hals, trat aus der Box und schloss die Tür. Dann nahm er Lenas Hand. Schweigend gingen sie die Treppe hinauf und weiter in Cays Wohnung.
»Möchtest du etwas essen oder trinken?«
Lena schüttelte den Kopf. Ihre Kehle war so eng, dass sie nicht einmal einen Schluck Wasser runtergebracht hätte. Sie musste ununterbrochen an den Kuss bei dem Felsen denken, seine Lippen auf ihren, seine Hände auf ihrer Haut, kurz bevor Luise sie unterbrochen hatte.
»Willst du darüber reden?«, fragte er leise.
»Worüber?« In Gedanken war sie immer noch bei dem Kuss.
»Über das, was Luise gesagt hat?«
»Oh. Nein.« Nicht jetzt. Sie hatte es schon fast erfolgreich verdrängt. »Du?« Sie warf ihm einen vorsichtigen Blick zu.
Er schüttelte den Kopf.
Erleichtert atmete sie auf. Sie legte ihre Arme um seinen Hals. »Ich will es einfach nur vergessen, okay?« Sie ging auf die Zehenspitzen und berührte seine Lippen mit ihren. Er erwiderte ihren Kuss, zuerst sanft, dann drängender. Als er mit der Zunge in ihren Mund drang, durchzuckte Verlangen ihren Körper und weckte ein sehnsüchtiges Ziehen in ihrem Unterleib. Sie wollte ihn endlich richtig spüren. Überall. Vorsichtig löste sie ihre Arme von seinem Hals und begann mit zitternden Fingern, sein Hemd aufzuknöpfen. Ungeduldig schob sie es auseinander und fuhr mit den Händen über seine nackte Haut. Sie küsste ihn auf die Schulter, den Hals, die Brust und entlockte ihm ein leises Stöhnen. Mit den Fingerspitzen streichelte sie über seine glatte warme Haut, erkundete ihn überall. Gierig, als hätte sie viel zu lange darauf gewartet. Sie schob die Hände unter sein Hemd, ließ sie über seinen flachen Bauch gleiten und stieß schließlich gegen den Stoff seiner Hose. Nur kurz zögerte sie, bevor sie langsam die Hand unter den Stoff schob. Es reizte sie, ihn zu berühren und seine samtige Haut unter ihren Fingern zu spüren. Die Vorstellung, wie es sich anfühlen und wie er darauf reagieren würde, steigerte ihre Lust. Aber bevor sie ihren Gedanken in die Tat umsetzen konnte, lag seine Hand auf ihrer und hielt sie fest.
Sie hob den Kopf. »Was ist?«
»Du weißt, wohin das führt.« Seine Augen waren dunkel vor Verlangen.
»Ja.«
»Bist du sicher, dass du das willst? Du musst mir nichts beweisen.«
Was meinte er nur damit? Vielleicht wegen Adrian? Sie sah ihm fest in die Augen. »Ich will nur dich.« Du bist alles für mich.
Seine Augen leuchteten, als er sie wieder an sich zog und küsste. Dann hob er sie hoch und wollte sie in sein Schlafzimmer tragen.
»Warte.« Sie drückte gegen seine Brust, und er stellte sie langsam wieder auf die Füße. »Was ist mit …« Sie räusperte sich. »Du weißt schon. Verhütung.«
Er hob eine Augenbraue. »Wenn ich dir sage, dass ich das mit Magie machen könnte, würde das wahrscheinlich nicht genügen, oder?«
»Ich fürchte nicht.« Sie lächelte ihn entschuldigend an. »Nicht, weil ich dir nicht glaube, aber … Verhütung mit Magie? Jedem anderen, der mir das sagen würde, würde ich einen Vogel zeigen.« Sie grinste schief. »Das ist wohl einfach zu tief verankert.«
Seine Mundwinkel zuckten. »Ich verstehe.«
Ihr Blick fiel auf ihren Rucksack. Mit ein paar schnellen Schritten stand sie davor und ging in die Knie. Aus einer Seitentasche zog sie eine kleine Folienpackung heraus. Sie ging zu Cay zurück und drückte sie ihm in die Hand. Sie wartete nicht ab, was er sagen würde. Auf keinen Fall wollte sie das amüsierte Glitzern in seinen Augen sehen, wenn ihm klar wurde, dass sie schon die ganze Zeit mit dem Gedanken gespielt hatte, mit ihm zu schlafen, und deswegen entsprechende Vorkehrungen getroffen hatte. Sie schlang die Arme um seinen Hals, als Zeichen, dass sie dort weitermachen wollte, wo sie vor wenigen Augenblicken aufgehört hatten. »So. Jetzt.«
Lachend gab er ihr einen schnellen Kuss und hob sie noch einmal auf seine Arme. In seinem Schlafzimmer ließ er sie aufs Bett sinken und beugte sich über sie. Notgedrungen, denn sie hielt immer noch seinen Hals fest umschlungen. Sie zog ihn zu sich herunter, bis er halb auf ihr lag. Es fühlte sich gut an, so von ihm in die Kissen gedrückt zu werden, aber sie wollte noch mehr. Viel mehr.
Von ihrer anfänglichen Befangenheit war nichts mehr übrig. Es fühlte sich zu richtig an, zu natürlich, um ängstlich zu sein. So vertraut, als wäre es nicht das erste Mal, und doch so aufregend und neu, dass sie ihre Finger nicht bei sich behalten konnte.
Als sie sah, dass sein Blick auf ihren Mund fiel, öffnete sie die Lippen, um ihn willkommen zu heißen. Sofort senkte er den Kopf und küsste sie mit einer Wildheit, die ihr deutlich sagte, dass auch er jede Zurückhaltung aufgegeben hatte.
Mit einer Hand streichelte er ihren Bauch und sandte winzige Hitzewellen durch ihren Körper. Sie konnte seine Finger schon erahnen, wie sie nach unten und zwischen ihre Beine glitten. Doch er umfasste ihre Taille, um sie noch enger an sich zu ziehen. Sie drängte sich an ihn, wünschte sich, dass er endlich fortsetzte, was er beim Felsen begonnen hatte.
Als könnte er doch Gedanken lesen, schob er ihr T-Shirt nach oben, bis über ihre Brust. Kalte Luft streifte ihre empfindliche Haut und ihre Brustwarze zog sich beinahe schmerzhaft zusammen. Cay senkte den Kopf und sie erwartete, wünschte sich mit jeder Faser, dass er die Lippen um ihre Brustwarze schließen würde. Stattdessen küsste er sie auf das Schlüsselbein und arbeitete sich nur ganz langsam über die sanfte Rundung ihrer Brust nach unten vor.
Der Wunsch, er würde sie endlich dort küssen oder wenigstens mit den Fingern berühren, wuchs zu einem quälenden Sehnen. In einer stummen Bitte hob sie sich seinem Mund entgegen.
Er merkte genau, was sie wollte, das hörte sie an seinem leisen Lachen. Doch statt seiner Lippen spürte sie plötzlich noch mehr Kälte, nicht mehr nur auf ihrer Brust, sondern auch da, wo zuvor noch seine Haut gewesen war. Lena öffnete die Augen. Cay hatte sich aufgesetzt. Was hatte er vor? Quälte er sie mit Absicht? »Ich dachte, hier wird nicht gefoltert.« Warum tat er ihr das an, warum machte er nicht endlich weiter?
Seine Augen glitzerten amüsiert. »Das habe ich nie behauptet.«
Lena wollte etwas erwidern, als er sie an den Handgelenken packte und sanft ins Sitzen zog. Er griff nach dem Saum ihres T-Shirts und zog es ihr über den Kopf. Achtlos ließ er es auf den Boden fallen.
Er betrachtete sie ausgiebig, bis ihre Wangen heiß wurden. Trotzdem bedeckte sie sich nicht. Es gefiel ihr, wie er sie ansah, mit einer Mischung aus Erregung und Bewunderung, die sie förmlich auf ihrer Haut spüren konnte. Es kribbelte überall dort, wohin sein Blick fiel, in ihren Brustwarzen, ihrem Bauchnabel und schließlich zwischen ihren Beinen, obwohl sie immer noch die Hose trug. Am liebsten hätte sie sie sich sofort die restliche Kleidung vom Leib gerissen und ihn auf sich gezogen. Gleichzeitig wollte sie ihn zuerst selbst erkunden, ansehen, fühlen, so wie er es getan hatte.
Als er sich zu ihr beugte, um sie wieder in die Kissen zu drücken, schüttelte sie den Kopf. Ihre Finger zitterten vor unterdrücktem Verlangen, als sie sie unter den Stoff seines Hemdes schob. »Gleiches Recht für alle«, flüsterte sie.
Sie folgte der Kontur seiner Muskeln mit den Fingerspitzen, schob dabei das Hemd immer weiter nach hinten, bis es hinunterrutschte, und küsste seine entblößte Haut. Es fühlte sich wunderbar an, ihn so zu berühren, alles an ihm in Besitz zu nehmen. Sie küsste ihn wieder, erst seine Brust und seine Schulter, dann glitt sie mit ihren Lippen an seinem Hals entlang nach oben. Er sog scharf die Luft ein, als ihre harten Brustwarzen seine Haut streiften. Sie presste sich noch fester an ihn, spürte, wie jede ihrer Bewegungen ihn erschaudern ließ. Es war ein unglaubliches Gefühl, seine Selbstbeherrschung ins Wanken zu bringen, einfach nur, in dem sie ihn berührte.
»Ich dachte, du magst keine Folter«, keuchte er.
Ein Lachen mischte sich in ihre Erregung. »Das habe ich nie behauptet.«
Sie hätte noch ewig so weitermachen können, aber er schien genug zu haben. Er packte ihre Handgelenke und drückte sie zurück aufs Bett. Er hielt sie fest, die Arme über ihrem Kopf, sodass sie ihm völlig ausgeliefert war. Nie hätte Lena gedacht, dass ihr das gefallen könnte, dass es sie sogar erregen würde, seinen Blick so auf sich zu spüren. Langsam senkte er den Kopf. Diesmal ließ er sie nicht warten. Heiß schloss sein Mund sich um ihre Brustwarze. Lena keuchte auf und bäumte sich ihm entgegen, aber er ließ sich Zeit. Immer wieder reizte er die hart aufgerichtete Spitze mit der Zunge, biss vorsichtig hinein, bis Lena glaubte, es kaum noch aushalten zu können, und sich ungeduldig unter ihm wand.
Er schien es zu genießen, sie so hinzuhalten, aber sie hatte genug, sie wollte nicht mehr warten.
Sie befreite ihre Hände aus seinem Griff und schob ihn von sich, sodass er über ihr kniete. Unter seinem verlangenden Blick zog sie sich zuerst ihre Hose und den Slip aus, bevor sie sich mit zitternden Fingern an seiner Hose zu schaffen machte. Sie spürte, dass er sie beobachtete, während sie den Reißverschluss öffnete. Als sie ihre Hand unter den Stoff seiner Hose gleiten ließ, hörte sie, dass sein Atem schneller ging. Seine Augen waren geschlossen und seine Hände zu Fäusten geballt, als ob er kurz davor stünde, die Beherrschung zu verlieren. Es war ein berauschendes Gefühl, diese Art von Macht über ihn zu haben. Sie machte weiter, streichelte ihn zärtlich, ließ ihre Fingerspitzen über seine Haut gleiten, bis seine Finger sich um ihr Handgelenk schlossen.
»Das reicht«, sagte er rau.
Er stand auf, drehte ihr den Rücken zu und entledigte sich mit ein paar schnellen Bewegungen seiner Hose. Sie hörte, wie er die kleine Packung aufriss, die sie ihm zuvor gegeben hatte.
Ihr Mund wurde trocken, als er sich wieder neben sie legte. Nicht vor Angst. Es waren Vorfreude und Erregung, die ihren Körper zittern ließen. Er küsste sie auf die Wange, auf den Mundwinkel und auf die zarte Haut hinter ihrem Ohr. Ihr Körper kribbelte unter jeder seiner Berührungen. Sachte ließ er seine Hand zwischen ihre Beine gleiten, über die Innenseiten ihrer Oberschenkel. Sie zuckte zusammen, als er ihre empfindlichste Stelle berührte und eine Welle der Lust durch ihren Körper sandte. Mit einem Finger drang er in sie ein und streichelte sie quälend langsam, steigerte ihre Erregung immer weiter, bis sie es nicht mehr aushielt und seine Hand wegschob.
»Ich will dich. Jetzt. Ich kann nicht mehr warten.«
Sein leises Lachen vibrierte durch ihren Körper und sie öffnete sich ganz für ihn, als er sich endlich zwischen ihre Beine legte. Langsam drang er in sie ein, gab ihr Zeit, sich an das Gefühl zu gewöhnen, auf diese Weise mit ihm verbunden zu sein. In ihrer Brust spürte sie wieder diesen süßen Schmerz, den schon sein Kuss in ihr ausgelöst hatte. Nie hätte sie gedacht, dass es sich so anfühlen könnte. So als würden sich nicht nur ihre Körper, sondern auch ihre Seelen vereinen.
Seine Bewegungen waren zuerst langsam gewesen, sachte und lockend. Jetzt wurden sie fordernder und sie legte die Hände auf seinen Rücken, um ihn noch tiefer in sich zu ziehen. Sie hörte ihn keuchen und auch ihr Atem ging schneller, so schnell, dass ihre Fingerspitzen kribbelten und sich alles um sie drehte. Verzweifelt klammerte sie sich an ihn, als könnte er verhindern, dass sie sich vollkommen verlor. Auch er hielt sie jetzt fest in seinen Armen. Mit jeder seiner Bewegungen wuchs ihre Lust weiter an, steigerte sich zu einem unerträglichen Pochen, bis sie endlich ihren Höhepunkt erreichte. Verschwommen nahm sie wahr, dass er auf sie sank, vorsichtig, als hätte er Angst, ihr wehzutun. Immer noch hielt sie sich an ihm fest, schmiegte sich in seine Wärme und ließ sich einhüllen von seinem sanften Streicheln. Jede zärtliche Berührung seiner Fingerspitzen, jedes Kribbeln auf ihrer Haut, jeder federleichte Kuss sagte ihr, dass es richtig gewesen war, auf ihre Gefühle zu hören.