Kapitel 29

 

 

 

Mike drückte Lena an sich und wirbelte sie herum. »Du gehst nach München! Wahnsinn.«

Lena strahlte. »Ja. Ich hoffe nur, dass du auch mitkommst. Sonst kenne ich nur Luise dort.«

»Dir das zu ersparen, wäre ja schon fast ein Grund für mich, doch zu studieren. Aber hey, bis dahin ist noch so viel Zeit. Ein Dreivierteljahr. Darüber denke ich doch jetzt noch nicht nach.«

Lena hob die Schultern. »Solange du bis zur Einschreibung weißt, was du machen willst. Ich bin jedenfalls froh, dass jetzt schon alles geregelt ist.«

»Gut, also bist du doch noch zur Vernunft gekommen.«

»Was meinst du?«

Mike verdrehte die Augen. »Ich meine, dass du dich offensichtlich gegen ihn entschieden hast. Finde ich gut. Sehr gesund.«

Lena blieb wie angewurzelt stehen. Die Freude über das Stipendium hatte jeden Gedanken an Cay und den Fluch völlig verdrängt. Zum ersten Mal seit Tagen.

»Was ist? Du bist plötzlich weiß wie ein Bettlaken.«

»Ich hab nur nicht mehr daran gedacht, dass ich vielleicht gar nicht studieren werde. Zumindest, falls der Fluch nicht aufgehoben wird.«

Mike verschränkte die Arme. »Lena, das ist nicht dein Ernst. Du willst doch nicht deine ganze Zukunft wegwerfen, für ihn?«

»Natürlich will ich das nicht«, sagte sie. »Aber vielleicht tue ich es trotzdem«, fügte sie leise hinzu.

»Ich versteh das einfach nicht, nach allem, was er verbrochen hat.«

»Mir hat er nie etwas getan. Außerdem hat er für seine Verbrechen lange gebüßt.«

»Du glaubst wirklich, dass er sich geändert hat?«

»Ich muss es einfach glauben«, flüsterte sie.

»Was, wenn du dich irrst? Dann bist du eingesperrt mit ihm und kannst nichts dagegen tun.«

Der Gedanke war in der Tat furchtbar. Aber da war immer noch dieses Gefühl, dass sie das Richtige tat und dass sie ihm trotz allem vertrauen konnte. Sie starrte blicklos den langen Gang entlang, der sich langsam leerte. »Dazu kommt es sowieso nicht. Der Fluch wird heute gelöst und dann kann ich ganz in Ruhe über alles nachdenken.«

»Hoffen wir es.«

»Kann ich heute Nachmittag mit zu dir kommen? Die Aussicht, bis heute Abend allein die Wand in meinem Zimmer anzustarren, ist nicht gerade verlockend.«

Mike nickte. »Na klar.«

Auf dem Weg zum Ausgang hakte sie sich bei ihm unter. »Heute machen wir mal nur, was du willst, okay?«

»Wirklich?« Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Das gefällt mir.«

Sie drückte seinen Arm. »Ich hab ja auch einiges wiedergutzumachen.«

»Stimmt.« Er grinste. »Ich weiß auch schon, was wir machen.« Mike fing an, die unmöglichsten Sachen aufzählte, die er gern mit ihr machen wollte. Er war gerade bei »ein Baumhaus bauen« angekommen, als sie durch das Portal ins Freie traten. Es fühlte sich herrlich an, einen völlig normalen, vielleicht ein wenig verrückten Nachmittag mit Mike zu planen. Irgendwie hatte ihr das richtig gefehlt.

»Und dann schauen wir alle Teile von Rush Hour.« Mikes Augen blitzten. Er wusste genau, dass Lena Kung-Fu-Filme hasste. Sie gingen die Treppe hinunter und den Weg zum Tor entlang.

»Du weißt genau, dass ich …« Sie verstummte, als sie den grünen Bentley auf dem Parkplatz stehen sah.

»Nein«, hauchte sie und wich einen Schritt zurück.

»Was ist los? Lena? Alles in Ordnung?«

Nein, nichts war in Ordnung. Wie betäubt starrte sie auf das Auto. Er war hier. Warum war er nur hier? Alles drehte sich um sie, als sie panisch nach einem Ausweg suchte. Sie durften sich nicht begegnen.

»Ich muss hier weg, sofort. Er darf mich nicht sehen.«

Es war zu spät. Sie spürte seine Gegenwart, bevor sie ihn sah. Langsam hob sie den Kopf. Cay stand vor ihnen auf dem Weg. Der leichte Herbstwind zerzauste seine schwarzen Haare und auf seiner Stirn hatte sich eine tiefe Falte eingegraben.

Lenas Gedanken drehten sich im Kreis, während sie überlegte, wie sie die Situation noch retten könnte. Als Cay einen Schritt auf sie zu machte, wich sie zurück. »Nein, nicht.« Ihre Stimme schwankte.

Cay blieb stehen. Er war bleich geworden. »Leonora, hab keine Angst vor mir, ich werde dir nichts tun.«

Der verzweifelte Ausdruck auf seinem Gesicht schnitt ihr ins Herz. Glaubte er wirklich, dass sie sich vor ihm fürchtete?

Bevor sie etwas sagen konnte, schob Mike sich vor sie. »Lass sie in Ruhe. Sie will dich nicht sehen«, knurrte er.

Ein paar Mitschüler waren stehen geblieben und sahen zu ihnen herüber.

»Das geht leider nicht.« Der Klang seiner Stimme ließ ihr Herz schneller schlagen. Sie hatte sich so sehr danach gesehnt, ihn wiederzusehen. Aber jetzt noch nicht. Verdammt. Warum war er nur hier?

»Siehst du nicht, was du ihr angetan hast? Willst du wirklich ihr Leben zerstören?«

Schmerz zuckte über Cays Gesicht, nur ganz kurz, sodass es außer Lena wahrscheinlich niemand bemerkte. »Nein. Ich will nur mit ihr reden.«

Sie überlegte kurz, ob sie ablehnen sollte, aber es spielte keine Rolle mehr. Er war hier, der Handel mit ihrer Mutter war also längst hinfällig.

Sie legte Mike eine Hand auf den Arm. »Ist schon gut, Mike. Es macht keinen Unterschied mehr, es ist vorbei.« Sie ging an ihm vorbei auf Cay zu. Sie wünschte sich nichts so sehr, wie von ihm gehalten zu werden. Aber alles, was sie tun konnte, war, ihn anzusehen, während eine Welle der Hoffnungslosigkeit über ihr zusammenschlug. Sie war sich so sicher gewesen, dass es klappen würde. Dass er heute Nacht endlich frei sein würde und sie diese grausame Entscheidung nicht treffen musste.

»Warum bist du nur gekommen? Warum?«, fragte sie leise.

Er presste die Lippen zusammen und warf einen Blick auf die umstehenden Schüler. »Nicht hier.«

Er streckte ihr seine Hand entgegen. Sie starrte ihn an, unsicher, was sie tun sollte. Bedeutete die Tatsache, dass er hier war und sie mitnehmen wollte, dass er sie doch nicht wirklich liebte?

»Bitte, Leonora. Es ist wichtig. Dir wird nichts geschehen, ich verspreche es.«

»Ich weiß. Ich habe keine Angst, ich vertraue dir.«

Sie sah ihn erleichtert aufatmen, als sie langsam ihre Hand in seine legte. Mike schnaubte. Sie warf ihm einen entschuldigenden Blick zu. Dann ging sie mit Cay zum Auto.

»Wohin fahren wir?«, fragte sie, als er den Motor anließ. »Zum Schloss?«

»Nein.« Wenn sie erwartet hatte, dass er noch mehr sagte, wurde sie enttäuscht. Er schwieg, während sie in eine Gegend fuhren, die Lena nicht kannte. Nach einer Weile erreichten sie einen kleinen Hügel weit außerhalb der Stadt. Cay führte sie hinauf. »Sobald der Fluch mich lässt, komme ich immer zuerst hierher.«

Oben angekommen sah Lena sich um. Der Ausblick verschlug ihr den Atem. Auf dieser Seite des Hügels fiel eine Felswand steil in die Tiefe und bildete eine Schlucht, in deren Grund ein Bach toste. Von hier aus konnte man unglaublich weit sehen. »Wie konnte ich hier aufwachsen und diese Stelle nicht kennen?«, murmelte sie.

Cay trat neben sie. »Was hast du damit gemeint, dass jetzt alles vorbei ist?«

»Meine Mutter wollte den Fluch aufheben, wenn du nicht mehr kommst.« Sie starrte auf den Fluss hinunter, wollte den Ausdruck in seinen Augen nicht sehen, wenn ihm klar wurde, was das bedeutete. Sie hörte ihn scharf einatmen und erwartete, dass er etwas sagen würde, aber er schwieg.

Lena hob den Blick und starrte über die Schlucht hinweg in die Ferne. »Wie lange ist unsterblich?«, fragte sie. »Ich meine, wie lange wirst du leben, wenn du wirklich unsterblich bist? Tausende von Jahren? Millionen Jahre?«

Er zuckte stumm mit den Achseln.

»Und der Fluch? Wird er ebenso lange halten?«

»Er wird halten, bis deine Mutter ihn löst oder bis ich sterbe. Nicht einmal der endgültige Tod deiner Mutter würde daran etwas ändern.«

Lena schloss die Augen. Sie war seine einzige Chance. Er sagte es nicht, aber sie wusste es dennoch. Wenn sie nicht mit ihm ging, dann würde er dem Fluch vielleicht nie entkommen. Sie würde es niemals schaffen, ihre Mutter zu überzeugen, den Fluch aufzuheben, wenn er erst wieder in Kraft getreten war. Mit Cay zu gehen, war das Einzige, was vielleicht eine Wirkung auf sie hatte. Die Reaktion ihrer Mutter heute Morgen ließ hoffen, dass sie dann vielleicht doch eingreifen und den Fluch aufheben würde.

Was, wenn nicht? Dann wäre sie für immer mit ihm zusammen eingesperrt, und wenn sie starb, ging für ihn alles wieder von vorn los. Vielleicht noch mal fünfhundert Jahre lang oder länger.

»So viel Zeit. Was bedeutet schon ein Jahrzehnt für dich. Oder ein Jahrhundert«, flüsterte sie. »Mein ganzes Leben ist für dich nur ein einzelner Wimpernschlag. Schnell vorbei, schnell vergessen.«

Sie spürte, dass er hinter sie getreten war, aber sie widerstand der Versuchung, sich an ihn zu lehnen.

»Die Zeit vergeht nicht schneller, weil man länger lebt«, sagte er. Sie schloss die Augen, als sein warmer Atem ihren Nacken streifte. »Manchmal vergeht sie sogar langsamer. Quälend langsam. Und je langsamer die Zeit vergeht, desto weniger gibt es, was einem im Gedächtnis bleibt.«

Sie wusste genau, was er meinte. »Die letzten Wochen sind für mich rasend schnell vergangen, so viel ist passiert«, sagte Lena. So viel, was ich nie vergessen werde. Das Schlucken fiel ihr plötzlich schwer. Was ich nicht vergessen will. Sie wusste ja nicht, ob ihre Mutter ihr erlauben würde, ihre Erinnerungen zu behalten.

Sie spürte seine Fingerspitzen, die sanft ihren Hals streichelten. »Für mich auch. Ich glaube, was du gesagt hast, ist wahr. Man lebt intensiver, wenn man weiß, dass es irgendwann vorbei ist.« Sie hörte einen Anflug von Traurigkeit in seiner Stimme.

Vorbei? Der traurige Tonfall in seiner Stimme konnte nur eines bedeuten. Er war nicht gekommen, um sie zu holen. Er wollte es beenden. Aber was, wenn sie das nicht wollte? Was, wenn sie sich doch dafür entschied, bei ihm zu bleiben? »Bist du gekommen, um dich zu verabschieden?« Sie drehte sich zu ihm um, die Arme um sich geschlungen, als müsste sie sich vor seiner Antwort schützen.

»Nicht nur.« Er hob eine Hand und fuhr sanft mit den Fingerspitzen über das Zeichen auf ihrem Schlüsselbein. Das sanfte Kribbeln ließ sie erschaudern. »Ich muss es entfernen. Das wollte ich gestern schon.«

Sie schob seine Hand weg. »Nein, ich will es behalten.«

»Du weißt nicht, was das bedeutet.«

»Meine Mutter hat es mir erklärt.«

»Es könnte wehtun, vielleicht dein Leben lang.«

»Gut, dann werde ich es wenigstens nie vergessen.« Vielleicht konnte der Schmerz ja irgendwie ihre Erinnerungen erhalten, die ihr sonst genommen würden.

»Leonora …«

Sie wich ein Stück zurück aus Angst, er könnte das Zeichen ohne ihre Zustimmung verschwinden lassen. »Du hast selbst gesagt, dass manche Dinge Narben hinterlassen und dass man die nicht einfach auslöschen soll.«

»Bitte, sei vernünftig. Es geht ganz schnell.«

»Und danach?« Sie wusste, wie seine Antwort lauten würde. Trotzdem zwang sie ihn dazu, es auszusprechen.

»Es gibt kein Danach für uns. Ich bin nicht gekommen, um dich mitzunehmen.«

Sie lachte bitter. »Wenigstens beweist das, dass ich recht habe. Nur nützt es jetzt nichts mehr.«

»Was meinst du?«, fragte er mit gerunzelter Stirn.

»Du liebst mich.«

Er sah sie ruhig an. »Natürlich. Der Fluch zwingt mich dazu.«

»Nein«, sagte sie fest und nahm seine Hand. »Das ist nicht der Fluch. Ich kenne den Unterschied. Ich empfinde dasselbe für dich.« Sie schluckte. »Ich möchte mit dir gehen.«

»Trotz allem, was ich getan habe?«

»Ich weiß, dass du kein Mörder bist.«

Er schnaubte. »Was ich getan habe, ist nicht viel besser.«

»Doch, ist es. Man kann sich davon erholen. Man kann wieder glücklich werden. So wie ich.« Sie hielt seinen Blick mit ihrem fest. »Außerdem finde ich, dass du lange genug dafür gebüßt hast.«

»Ich bin immer noch derselbe Mensch. Es ist meine Vergangenheit und die kann ich nicht ungeschehen machen.« Bedauern lag in seinen Worten.

Lena lehnte sich an ihn und legte den Kopf auf seine Schulter. »Du hast dich geändert. Ich weiß es. Jede deiner Berührungen hat es mir verraten und deine Sorge um mich. Und was du für Luise getan hast, trotz allem.«

Sie spürte, wie er sich unter ihrer Wange verspannte. »Kleinigkeiten.«

»Vielleicht. Aber sie sagen etwas über dich aus. Du bist nicht mehr der grausame Magier, dem seine Ziele über alles gehen.«

»Dieser Magier wird immer ein Teil von mir sein«, sagte er kalt. »Menschen ändern sich nicht.« Er schob sie von sich. Sie wollte etwas sagen, aber er schüttelte den Kopf. »Ich werde nicht erlauben, dass du mit mir gehst. Ich will nicht, dass du alles für mich opferst.«

Sie verengte die Augen. »Manches erfordert eben Opfer. Ich bin bereit dazu. Außerdem ist es deine einzige Chance, dass meine Mutter den Fluch aufhebt, und ich bin sicher, dass es funktionieren wird. Ich bin sicher, dass es nicht für immer ist.« Selbst wenn, ich würde es trotzdem tun.

Er schüttelte den Kopf. »Das Risiko ist zu groß.«

Wut ballte sich in ihr zusammen. Wie konnte er nur so stur sein? »Wer sagt, dass du das entscheiden darfst? Ich lasse mich nicht davon abhalten, auch von dir nicht! Warum wehrst du dich so dagegen?«

Er presste die Lippen zusammen.

»Warum? Sag es mir!«

»Wenn du alles aufgibst und der Plan schief geht, dann wirst du es irgendwann bereuen. Du würdest mich dafür hassen. Ich könnte es nicht ertragen, dich so unglücklich zu sehen.«

Stumm starrte sie ihn an. Wie konnte er nur glauben, dass er immer noch der gleiche Mensch war, der all diese furchtbaren Dinge getan hatte, wenn es doch so offensichtlich war, dass er sich geändert hatte? Jedes einzelne seiner Worte bewies es.

Er schien ihr Schweigen falsch zu deuten. »Gut, du siehst es also ein.« Er hob die Hand, um ihr Schlüsselbein zu berühren. Erschrocken wich sie vor ihm zurück.

»Nein, fass mich nicht an! Ich will nicht, dass du es entfernst.«

Er blieb stehen und schüttelte resigniert den Kopf. »Wie du willst. Ich werde dich nicht zwingen. Wirst du mir wenigstens versprechen, mir nicht zum Schloss zu folgen, wenn ich dich nach Hause bringe?«

»Auf keinen Fall.«

Ein trauriger Ausdruck lag in seinen Augen. »Dann lässt du mir keine Wahl.«

»Was willst du tun, mich fesseln?«, fragte sie höhnisch.

»So etwas in der Art. Nur, um zu verhindern, dass du mir folgst.«

Ungläubig starrte sie ihn an. »Das ist wirklich mittelalterlich.«

Er grinste schief. »Ich habe mich eben doch nicht geändert.«

»Du bluffst doch nur. Das würdest du nicht tun.« Ihre Augen waren jetzt weit aufgerissen, während sie sich vorstellte, wie er sie mit einem Seil an einen Baum fesselte.

Er hob spöttisch eine Augenbraue. »Wahrscheinlich würde es reichen, wenn ich dich einfach hier zurücklasse. Der Rückweg ist ziemlich weit. Aber bei dir weiß man nie. Sicher ist sicher.«

Wütend sah sie ihn an. »Wag es ja nicht.«

Er machte noch einen Schritt auf sie zu. »Es tut mir leid.« Dann zog er sie an sich und senkte seine Lippen auf ihre. Es war kein zärtlicher Kuss. Er war rau, fast brutal, voller Liebe und Verzweiflung. Endgültig.

Er ließ sie los, trat einen Schritt zurück und betrachtete sie, als wollte er sich den Anblick für alle Ewigkeit einprägen. Sie ballte die Fäuste. Er mochte denken, dass das der letzte Kuss gewesen war, aber das würde sie nicht zulassen. »Selbst wenn du mich hier stehen lässt, ich schaffe es noch rechtzeitig.«

In seinen dunkelgrünen Augen zeigte sich ein Anflug von schlechtem Gewissen. »Es ist nur zu deinem Besten.«

»Was meinst du?«

Sein Blick zuckte zu ihren Füßen. Sie sah nach unten. Ein Kreis aus Herbstlaub hatte sich dort gebildet.

»Ich rate dir, im Kreis zu bleiben, wenn du ihn verlässt, wird er versuchen, dich aufzuhalten.« Er lächelte sie traurig an. »Dir wird nichts passieren. Sobald der Fluch wieder in Kraft tritt, bist du frei.«

Sie ballte die Fäuste. »Verdammt, das ist nicht fair. Lass mich hier raus!«

»Dass du bereit warst mitzukommen, bedeutet alles für mich.« Seine Stimme klang rau. »Aber ich kann dir das nicht antun.« Er wandte sich ab und ging den Hügel hinab auf sein Auto zu.

»Dann gib wenigstens zu, dass ich recht hatte«, schrie sie ihm hinterher.

Er blieb stehen. Langsam drehte er sich noch einmal um und sah sie an. »Ich würde es gern glauben.« Seine Stimme klang tonlos.

Tränen stiegen ihr in die Augen. »Dann lass mich nicht hier. Nimm mich mit!«

Er schüttelte den Kopf. »Leb wohl, Leonora«, flüsterte er, drehte sich um und stieg ins Auto. Lena sah ihm wütend hinterher, während Tränen ihre Wangen hinunterliefen. Sie konnte einfach nicht glauben, dass er das getan hatte. Sie konnte nicht glauben, dass er weg war, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Dass es das letzte Mal gewesen sein sollte, dass sie seine Lippen gespürt hatte. Als ihre Tränen endlich versiegten und die Wut verraucht war, kehrte ihr Kampfgeist zurück. Noch war Zeit. Es war noch nicht einmal dunkel. Sie würde schon eine Möglichkeit finden, aus diesem dämlichen Kreis herauszukommen.

Langsam hob sie einen Fuß und trat vorsichtig auf die Blätter. Sie erwartete, dass ihre Fußspitze gegen eine unsichtbare Mauer stoßen würde, aber da war nichts. Sie schnaubte. War sie doch auf einen Trick hereingefallen? Sie trat über die Blätter hinweg und stellte ihren Fuß auf das Gras.

Ein leichter Wind kam auf und trocknete die letzten Spuren ihrer Tränen. Es war ein warmer Herbstwind, angenehm und frisch. Er fuhr durch die Blätter zu ihren Füßen, als wollte er sie warnen. Vorsichtig zog sie den zweiten Fuß nach und stand außerhalb des Blätterkreises. Der Wind wehte ein paar der Blätter davon. Lena lächelte triumphierend. Das war ja einfach gewesen. Cay hatte tatsächlich nur so getan, als ob er sie bannen würde. Der Wind rupfte jetzt stärker an ihren Kleidern, wehte ihr die Haare ins Gesicht und wirbelte ein paar Blätter auf.

»Dann gehe ich wohl mal besser«, murmelte sie.

Sie machte einen Schritt weg von dem Kreis und noch einen. Der Wind war jetzt dermaßen angeschwollen, dass sie sich beinahe dagegen lehnen konnte. Blätter wurden in die Luft geschleudert und peitschten ihr ins Gesicht. Bald konnte sie die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Überall um sie herum wirbelten Blätter in allen Farben des Herbstes. Sie sah nichts anderes mehr. Unmöglich zu sagen, in welche Richtung sie gehen musste. Sie stolperte ein paar Schritte in die Richtung, die sie für die richtige hielt, aber sie konnte nichts erkennen. Plötzlich fiel ihr die Schlucht wieder ein und sie blieb stehen. Sie machte ein paar Schritte rückwärts in Richtung, wo vorhin der Kreis gewesen war. Sofort wurde der Wind schwächer. Probehalber stellte sie sich wieder an die Stelle des Kreises. Der Wind hörte auf. Nur ein paar Blätter raschelten noch leise über das Gras.

»Du verdammter Mistkerl«, schrie sie, als sie merkte, was er getan hatte. »Ich finde einen Weg, verlass dich drauf. So leicht wirst du mich nicht los.«

Sie würde es eben noch mal versuchen, nachdem sie sich den Weg genau eingeprägt hatte. Vielleicht war der Zauber nur ein paar Meter lang wirksam. Vielleicht musste sie nur eine gewisse Anzahl von Schritten zwischen sich und die Stelle bringen, an der sie jetzt stand.

Sie trat wieder aus dem ursprünglichen Kreis, den Blick fest auf den Weg gerichtet, aber die Blätter wirbelten wieder um sie herum und nahmen ihr die Sicht. Sie versuchte, trotzdem weiterzugehen. Ein paar Schritte nur, dann hätte sie bestimmt den Zauber überwunden. Wieder verlor sie die Orientierung.

Ein paar vergebliche Versuche und etwa eine halbe Stunde später ließ sie sich resigniert ins Gras des Kreises sinken. Es war die einzige Stelle weit und breit, auf der keine Blätter lagen. Verdammtes Laub. Sonst hatte sie es immer schön gefunden, aber so langsam bekam sie einen Hass, wenn sie die Blätter sah. Nur ihretwegen verlor sie jedes Mal die Orientierung. Es war hoffnungslos.

Immerhin war sie nicht allein hier. Sie griff in ihre Tasche und zog das Irrlicht heraus. Es klingelte freundlich und setzte sich auf ihre Schulter.

»Du kannst mir diesmal auch nicht helfen. In dem Blättergewimmel kann ich nicht sehen, wohin du fliegst.«

Das Irrlicht schwebte vor ihr Gesicht und piepste aufgeregt. Verständnislos sah sie es an. Es klingelte frustriert und setzte sich dann in ihre Hand. Es drückte gegen ihre Finger und zog daran. Es fühlte sich ein wenig an, als würde sie in eine Kerze fassen. Sie stand auf, denn sie glaubte, zu verstehen, was das Irrlicht ihr sagen wollte. »Du meinst, du kannst mich führen?«

Zustimmendes Piepsen. Konnte das klappen? Sie zuckte mit den Achseln. Sie hatte nichts zu verlieren, einen Versuch war es wert. Sie setzte das Irrlicht in ihre rechte Hand, hielt sie sich vor den Bauch und entspannte die Finger. Es stupste nach vorn, hinaus aus dem Kreis und Lena folgte ihm. Bald tosten die Blätter wieder um sie her und flogen ihr ins Gesicht. Sie versuchte, gleichzeitig den Anweisungen des Irrlichts zu folgen und zu erkennen, wohin sie lief. Aber das funktionierte nicht. Immer wieder musste sie sich in den Kreis retten. »Es klappt nicht.«

Das Irrlicht wurde kurz so heiß, dass Lena sich beinahe daran verbrannte. Dann schwebte es vor ihr Gesicht und flog vor ihren Augen hoch und runter.

»Ich soll die Augen zumachen?« Konnte das funktionieren? Was für einen Unterschied sollte das machen? Andererseits konnte ein Versuch nicht schaden.

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich nur darauf, was das Irrlicht ihr eingab, versuchte, sich ihm ganz anzuvertrauen. Es funktionierte. Mit geschlossenen Augen konnte sie seine Anweisungen viel besser wahrnehmen. Sie lehnte sich gegen den Sturm, ignorierte die Blätter, die ihr ins Gesicht hieben, immer stärker und stärker. Dann plötzlich Stille. Keine Blätter mehr, kein Sturm. Sie hätte beinahe vor Zorn aufgeschrien, als ihr klar wurde, dass sie wieder im Kreis stehen musste.

Seufzend öffnete sie die Augen und erstarrte. Ihre Füße standen im Gras und um sie herum lag kein einziges Blatt. Sie war dem Kreis doch entkommen. Hastig fuhr sie herum. In einem Umkreis von ungefähr zweihundert Metern um den kleinen Kreis, in dem sie anfangs gestanden hatte, bot sich ihr ein Bild der Verwüstung. Der Sturm hatte ganze Arbeit geleistet.

Ihre Erleichterung sprudelte mit einem Lachen aus ihr heraus. »Wir haben es geschafft!«

Sie hob das Irrlicht zu ihrem Mund, um ihm einen Kuss aufzudrücken, überlegte es sich dann aber in letzter Sekunde anders, als sie sich vorstellte, wie es sich anfühlte, eine Flamme zu küssen.

Sie wollte das Wesen wieder in die Hosentasche schieben, als sich ihr Gewissen regte. Sie hatte vergessen, dass sie sich etwas Besseres hatte überlegen wollen. Kurz dachte sie darüber nach, sich das Irrlicht einfach auf die Schulter zu setzen, aber es war zu riskant, falls jemand sie sah. Es musste eben warten. »Es tut mir leid, wirklich. Nur dieses eine Mal noch, okay?«, raunte sie ihm zu und schob es so vorsichtig wie möglich in die Tasche ihrer Jeans.

Sie rannte los, zur Landstraße war es nicht weit. Von da aus würde es allerdings ein langer Fußmarsch zur Schule werden, wo ihr Fahrrad stand. Cay hatte wirklich ganze Arbeit geleistet, indem er sie so weit vom Schloss weggebracht hatte. Niemand konnte sie hier abholen. Ihre Mutter hatte kein Auto und Mike auch nicht. Doch dann fiel ihr etwas ein, wie sie rechtzeitig zum Schloss kommen konnte und vorher sogar noch nach Hause, um ein paar Sachen einzupacken. Sie würde etwas tun, das sie noch nie zuvor in ihrem Leben getan hatte. Aber extreme Umstände erforderten extreme Maßnahmen. Sie zog ihr Handy aus der Tasche und rief ein Taxi.

 

*

 

Das Taxi hatte sie zuerst zur Schule gebracht, wo der Fahrer ihr Fahrrad in den Kofferraum verfrachtet hatte. Dann hatte er sie nach Hause gefahren und unten gewartet, während sie ihre ganzen Ersparnisse zusammenkratzte, um die Rechnung zu bezahlen. Es tat ihr nicht leid um das Geld. Da wo sie hinging, hatte sie sowieso keine Verwendung dafür.

Jetzt stand sie in ihrem Zimmer und überlegte, was sie mitnehmen wollte. Sie hatte den alten Wanderrucksack ihrer Mutter aus dem Keller geholt. Er stammte aus den Achtzigerjahren und war entsprechend schwer verdaulich für die Augen. Rosa und Türkis, mit gelben Neonnähten. Dafür war er groß und sie konnte ihn sich beim Fahrradfahren auf den Rücken schnallen. Sie hoffte inständig, dass Cay in der Lage war, Kleidung zu erschaffen. Sie wollte den kostbaren Platz nicht für Anziehsachen verschwenden. Sie hatte eine Jeans und ein paar Oberteile eingepackt, etwas Unterwäsche und einen Pulli. Außerdem hatte sie sich eine weitere Strickjacke angezogen, sodass sie zwei übereinander trug. Das sparte Platz. Ihre Winterjacke würde sie später noch außen an den Rucksack schnallen. Das musste reichen.

Als sie gerade überlegte, welche DVDs sie mitnehmen sollte, klingelte es an der Tür.

»Mike!« Noch vom Taxi aus hatte sie ihn angerufen und gebeten, vorbeizukommen. Sie rannte die Treppe runter, riss die Tür auf und zog ihn ins Haus. »Ich bin so froh, dass du gekommen bist.« Sie drückte ihn ganz fest an sich. »Ich wollte dich so unbedingt noch mal sehen.«

Mike versteifte sich in ihren Armen. »Das heißt, du gehst mit ihm?«

»Ja.«

Mike nickte stumm. Seine Augen glänzten feucht. Sie wusste genau, wie er sich fühlte. Es ging ihr selbst genauso. Die Vorstellung, ihn nie wiederzusehen, zeriss ihr das Herz.

»Kommst du mit rauf?«, fragte sie leise. »Ich packe gerade.«

Wieder nickte er und folgte Lena in ihr Zimmer.

»Schicker Rucksack.« Sein Grinsen wirkte wacklig.

»Hässlich, aber nützlich.« Auch ihr eigenes Grinsen fühlte sich irgendwie unecht an. Sie räusperte sich. »Ich versuche gerade, zu entscheiden, welche DVDs ich mitnehmen soll.«

Mike warf einen Blick auf ihre Sammlung. »Nimm sie doch einfach ohne die Hüllen, dann nehmen sie kaum Platz weg. So viele sind es ja nicht.«

»Na klar, warum bin ich da nicht selbst drauf gekommen.« Sie ging zu ihrem Schreibtisch und kippte eine Spindel mit CD-Rohlingen aus. Die leere Spindel hielt sie Mike hin. »Machst du das? Bitte?«

Er nickte griesgrämig. »Obwohl ich dazu eigentlich keine Beihilfe leisten will. Ich bin gekommen, um dich zum Bleiben zu überreden.«

Sie hielt inne und sah ihn an. »O Mike.« Ihre Stimme klang rau, sie brachte kaum ein Wort heraus. »Ich weiß, es ist furchtbar. Wenn ich daran denke, dass wir uns vielleicht nie wiedersehen …«

»Dann tu es nicht. Bleib! Du gibst so viel auf, das kann es doch nicht wert sein.«

Sie ging zu ihm, setzte sich neben ihn und legte eine Hand auf seine. »Ich gebe nicht so viel auf, wie du denkst, Mike. Ich habe dort alles, was ich brauche. Ich kann experimentieren und erforschen, was ich will, ohne dass mir jemand reinredet. Cay kann mir beibringen, was ich wissen muss.«

Mike zog die Augenbrauen zusammen. »Das ist doch nicht das Gleiche.«

Sie schüttelte den Kopf. »Ist es nicht. Aber ich weiß, dass es die einzige Möglichkeit ist, meine Mutter dazu zu bringen, dass sie den Fluch aufhebt. Wenn ich nicht mit ihm gehe, dann würde ich es mir mein ganzes Leben lang vorwerfen.«

Mike hatte die Augenbrauen zusammengezogen. »Nur deswegen tust du es?«

»Nein.« Sie tat es, weil allein der Gedanke, Cay nie wiederzusehen, sie beinahe um den Verstand brachte. »Aber das macht mir die Entscheidung leichter.« Ihre Stimme klang belegt, als sie fortfuhr. »Ich könnte es nicht ertragen, ihn zu verlieren. Wenn er geht, dann nimmt er einen Teil von mir mit sich. Einen Teil, den ich zum Leben brauche, wie die Luft zum Atmen.« Sie legte den Kopf an Mikes Schulter. »Irgendwann wirst du mich verstehen, ganz bestimmt.«

Mike seufzte. »Ich hoffe nur, dass du es nicht bereust.«

Lena stand auf und strich sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. »Das hoffe ich auch«, flüsterte sie.

Während Mike sich den DVDs widmete, stopfte Lena ihren Laptop, ihren MP3-Player und eine externe Festplatte zwischen die Kleidung in den Rucksack.

»Jetzt hat es sich wenigstens gelohnt, dass ich mal in einem Anfall von Wahnsinn alle meine CDs gerippt habe.«

Obwohl Mike die Niedergeschlagenheit immer noch deutlich an seinen Augen abzulesen war, lächelte er. »Es ist gut, vorbereitet zu sein, man kann nie wissen, wann man in ein verfluchtes Schloss umziehen muss.«

Das brachte sie ebenfalls zum Lächeln, während sie vor ihrem Bücherregal stand und sich schweren Herzens für so wenige ihrer Lieblinge entscheiden musste. Sie zog ein paar Bücher heraus, von denen sie dachte, dass sie ohne sie nicht leben konnte, und steckte sie in den Rucksack.

Dann griff sie nach einem Fotoalbum und nahm ein paar Kinderfotos heraus, auf denen sie mit ihrer Gromi und ihrer Mutter zu sehen war. Gedankenverloren strich sie darüber. Sie hatte eine glückliche Kindheit gehabt. Irgendwann war zwischen ihr und ihrer Mutter aber etwas schiefgelaufen und jetzt würde sie vielleicht nie wieder Gelegenheit haben, es auszubügeln. Nur, weil sie sich für ihn entschied. Um ihr schlechtes Gewissen im Zaum zu halten, musste sie sich mit Gewalt ins Gedächtnis rufen, dass ihre Mutter den Fluch ja jederzeit aufheben konnte.

Mike reichte ihr die Spindel mit den DVDs und sie quetschte sie zu den Büchern. Der Rucksack quoll jetzt fast über, sodass sie kaum das Band zuziehen konnte. Nur in der Klappe war noch etwas Platz. Ihr Blick fiel auf ihre Pflanzensammlung. Unmöglich, die auch noch mitzunehmen. Sie brauchte sie auch nicht mehr. Das Pflanzenprojekt, das sie so lange beschäftigt hatte, war abgeschlossen. Trotzdem steckte sie das kleine Büchlein ihrer Gromi ein. Es war das Einzige, was wirklich zählte. Das Einzige im Rucksack, auf das sie auf keinen Fall verzichten konnte.

»Das war’s. Mehr geht nicht.« Sie sah aus dem Fenster. Es wurde bereits dunkel. Viel Zeit hatte sie nicht mehr. Lena nahm den Rucksack und hob ihn sich auf den Rücken. »Mann, ist der schwer.« Die Nähte protestierten ächzend. »Hoffentlich hält er noch eine Weile.« Sie drehte sich zu Mike um. »Bringst du mich zum Fahrrad?«

Mike nickte. »Ich fahre mit dir, wenn du willst.«

Es war verlockend, nicht allein zu sein, aber Mike konnte sie nur bis zum Tor begleiten, danach wäre sie ohnehin allein. Sie schüttelte den Kopf. »Es hinauszuzögern macht es nur schwerer.«

Auf dem Weg zur Tür ließ Lena den Blick durch das Haus streifen, das ihr Zuhause gewesen war, solange sie sich zurückerinnern konnte. Vielleicht würde sie es nie wiedersehen. Traurigkeit durchdrang sie, als sie daran dachte, dass sie sich wohl nicht von ihrer Mutter verabschieden konnte. Trotz allem, was vorgefallen war, hätte sie sie gern noch ein letztes Mal umarmt.

Als sie ihr Fahrradschloss geöffnet hatte, richtete sie sich auf und sah Mike an. »Ich fürchte, das ist jetzt der Abschied.« Sie schluckte die Tränen hinunter, die ihr die Kehle zuschnürten. Ein Leben ohne Mike, wie sollte das überhaupt funktionieren? Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, ihn nie wiederzusehen.

Mike sah auf seine Chucks hinunter. »Ja.«

»Ich werde dich vermissen. Mehr, als alles andere«, sagte Lena und umarmte ihn.

Er drückte sie an sich, als wollte er sie festhalten. »Ich werde jeden Tag herkommen und Greta mit meinem ganzen Charme bearbeiten, damit sie den Fluch aufhebt. Sie mag mich. Das wird schon.« Er versuchte sich an einem Lächeln, aber seine schwankende Stimme machte den Effekt zunichte.

»Ich werde jeden Tag hoffen, dass du Erfolg damit hast.« Lenas Stimme versagte ihr den Dienst.

Mike schob sie schroff von sich. »Jetzt geh, bevor ich mir doch noch was einfallen lasse, um dich hier zu halten.«

Lena schwang sich auf ihr Fahrrad. Kurz bevor sie um die Ecke bog, drehte sie sich noch einmal um. Tränen verschleierten ihren Blick, als sie ein letztes Mal die Hand hob. »Wir sehen uns wieder. Ganz bestimmt«, flüsterte sie. »Dann mache ich alles wieder gut.«