»Das … Das war eine schöne Geschichte. Vielleicht meine liebste von allen, die Sie mir erzählt haben. Sie können gut erzählen.«

Im Hintergrund waren Stimmen zu hören.

»Mrs Crawford. Ich muss los. Und … die Reise. Catania, Sizilien. Ein schönes Hotel, können Sie mir etwas raussuchen?«

»Natürlich.«

»Ich melde mich morgen oder übermorgen.«

Als Jona an dem Abend nach Hause kam, klopfte sie an Muriels Tür. Es war fast eine Tradition, dass sie Muriel jede neue Lord-Fulton-Geschichte erzählte.

Muriel öffnete.

»Jona«, sagte sie. »Hat der Lord sich gemeldet?«

Jona nickte und folgte Muriel in die Wohnung.

Mikes Sachen lagen verstreut herum. Malstifte, Matchbox-Autos, Spielkarten. Ein riesiges Stofftier – ein Krokodil, das zu lächeln schien. Das meiste verschwand in einer Holztruhe aus Zedernholz, wenn Muriel eine Verabredung mit Lance hatte. Nur das Krokodil schleppte Mike immer mit zu Jona.

»Wo ist Mike?«, fragte Jona und setzte sich auf die Couch neben das Krokodil.

»Gerne«, sagte Jona.

Als Muriel mit den Gläsern zurückkam, setzte sie sich neben Jona.

»Dann lass mal hören«, sagte sie.

Jona nahm einen großen Schluck Gin Tonic und begann. Sie versuchte sich an jedes Wort zu erinnern.

Als sie fertig war, klatschte Muriel.

»Hast du ihm jemals von deiner ersten Liebe erzählt? Paris, Baptiste?«

»Nein«, sagte Jona und dann: »Was wohl aus Susan geworden ist?«

»Wahrscheinlich wohnt sie im selben Haus, ist mit demselben Mann verheiratet und trinkt jeden Abend ein paar Highballs. Oder sie ist geschieden. Susan hat dann auf jeden Fall das Haus bekommen. Und Susan trinkt Highballs.«

»Was genau ist ein Highball?«, fragte Jona.

»Eine Cocktailart in einem hohen Glas mit Eis. Scotch-Soda, Gin Tonic …«

»Also trinken wir gerade einen Highball?«

»Nein. Die Gläser sind zu klein, wir haben kein Eis und mehr Gin als Tonic.«

Beide Frauen schwiegen für einen Moment. »Du musst ihn treffen«, sagte Muriel unvermittelt.

»Wen?«

Jona streichelte das Stoffkrokodil. Natürlich würde sie ihn gerne kennenlernen. Aber was, wenn ihre Begegnung ein Desaster wäre? Dann gäbe es keine Anrufe mehr, keine Geschichten. Außerdem hatte er niemals ein Treffen vorgeschlagen.

Mike platzte ins Zimmer. Auf seine Stirn war mit schwarzer Farbe ein Blitz gemalt, in seiner Hand hielt er einen abgebrochenen Kochlöffel.

»Ist das Edding?«, fragte Muriel und deutete auf Mikes Stirn.

»Das ist eine Narbe«, sagte er, »Mama, ich brauche einen richtigen Zauberstab.«

»Sag deinem Vater, er soll dir einen kaufen.« Sie zwinkerte Jona zu.

»Kann ich ihn anrufen?«

»Morgen.«

»Ich brauch mein Krokodil«, sagte er und griff nach dem Stofftier, das fast genauso groß war wie er.

»Tschüss«, sagte er. Und marschierte, das Krokodil hinter sich herschleifend, in sein Zimmer.

»Ich treffe ihn, wenn du Lance von Mike erzählst«, sagte Jona.

Muriel sah sie an. »Wirklich?«

»Ja. Ich werde mich in den Zug setzen, nach Schottland fahren und … und an seine Tür klopfen.«

Muriel reichte Jona ihre Hand. »O.k. Abgemacht.«

Jona schlug ein.