12

Soley

Es war die­sig im Zim­mer, mir war furcht­bar heiß und ich hat­te ex­tre­men Durst. Ich woll­te un­be­dingt die­se Wär­me­quel­le aus­ma­chen, auch das At­men fiel mir schwer.

Fenr­ir lag halb auf mir, mei­ne Zun­ge war dick und mein Mund staub­tro­cken. Was zur Höl­le? Als ich mich be­weg­te, reg­te er sich. Ich be­merk­te, dass er im­mer noch in mir war. Er stütz­te sich im sel­ben Au­gen­blick mit ei­nem Arm ab, den er wie eine Pran­ke ne­ben mir ins La­ken krall­te, lös­te un­se­re Ver­bin­dung. Fast woll­te ich fle­hen, dass er in mir blei­ben soll­te, lä­cher­lich. Das Ver­lust­ge­fühl, als Fen wort­los aus mir glitt und sich er­hob, war nicht in Wor­te zu fas­sen.

Fen. Ich moch­te die Ab­kür­zung sei­nes Na­mens, die ich ihm spon­tan ver­passt hat­te und die seit­her non­stop in mei­nem Kopf um­her­schwirr­te. Wahr­schein­lich nann­ten ihn sei­ne Ver­trau­ten längst so, es hat­te Fen zu­min­dest nicht ge­stört und er hat­te mich nicht kor­ri­giert.

Er blieb je­doch bei mir. Stell­te sich vor das Bett, spreiz­te mit sei­nen Hän­den mei­ne Bei­ne, hielt die Knie weit aus­ein­an­der. Ich woll­te sie in­stink­tiv zu­sam­men­pres­sen, denn ich spür­te, wie ich wie­der aus­lief, die La­ken ein­sau­te. Doch er ge­noss die­ses Bild, als sein Sa­men und mei­ne Es­senz aus mir ran­nen.

»Scham, So­ley, wirst du hier in mei­nem Haus ab­le­gen. Al­les von dir ge­hört mir, und wenn ich mir dei­ne ver­füh­re­ri­sche Pus­sy an­se­hen will, wäh­rend mein Sper­ma aus dir läuft, dann wirst du still­hal­ten und mei­nen Blick ge­ni­e­ßen.«

Gott, hat­te er das eben wirk­lich ge­sagt? Ich lief rot an.

Da hör­te ich das Vi­brie­ren ei­nes Smart­pho­nes. Fen ver­zog sein Ge­sicht, fluch­te et­was auf, wahr­schein­lich, Rus­sisch. War­um er in Schwe­den leb­te, aber stets in ei­ner frem­den Spra­che sei­ne Te­le­fona­te und Ge­sprä­che auf den Gän­gen führ­te, hat­te sich mir noch nicht er­schlos­sen.

Mein Herz poch­te hef­tig ge­gen mei­nen Brust­korb. Er ließ mei­ne Knie los, ging nackt, wie er war, zu der brei­ten Kom­mo­de ne­ben dem Bett. Dar­auf lag sein Smart­pho­ne. Er schenk­te dem Dis­play einen kur­z­en Blick und nahm den An­ruf an. Sprach wie­der auf Rus­sisch, klang ver­stimmt.

Wie lan­ge hat­ten wir in die­sem Bett ge­le­gen? Ich war kom­plett durch­ge­schwitzt, al­les an mir kleb­te. Als ich Rich­tung Fens­ter blick­te, of­fen­bar­te es sich mir, dass es be­reits spä­ter Nach­mit­tag sein muss­te. Puh.

Das Ge­spräch dau­er­te län­ger. Ohne Fens Kör­per frös­tel­te ich plötz­lich. Aber ich wür­de mich ein­fach wa­schen ge­hen. Wo das Bad war, wuss­te ich ja.

Vor­sich­tig dreh­te ich mich aus dem Bett, be­rühr­te mit den Fü­ßen den küh­len Flie­sen­bo­den. Mir war bis­her gar nicht auf­ge­fal­len, dass er ver­schie­de­ne De­si­gnmi­xe als Bö­den hat­te. War be­stimmt ei­nem In­nen­de­si­g­ner ein­ge­fal­len. Der gan­ze Raum war eine Mi­schung aus war­men Fa­r­ben und küh­ler Do­mi­nanz. Eben ty­pisch Fenr­ir. Ich fluch­te, als ich auf­stand, zwi­schen mei­nen Bei­nen fühl­te sich al­les an wie auf­ge­rie­ben.

Lang­sam tapp­te ich Rich­tung Bad, doch Fen hielt im Vor­bei­ge­hen mein Hand­ge­lenk fest. Ich blieb an Ort und Stel­le. Er fi­xier­te mich so stark mit sei­nen tief­blau­en Au­gen, die­se Blau­tö­ne mach­ten mich fer­tig, wel­che Fa­r­be war das? Ein tie­fes Blau wie das dunk­le Meer oder ein kris­tall­ar­ti­ges Blau, das von der Son­ne ge­küsst war? Es über­for­der­te mich, ich ver­gaß bei­na­he, zu at­men, nur durch die­se Über­le­gun­gen. War­te­te ab, bis er fer­tig mit Te­le­fo­nie­ren war.

»Wo willst du hin, ma­len’koye sol­nys­h­ko

Durch sei­ne wohl an­ge­bo­re­ne Au­to­ri­tät wur­de ich wie­der ganz klein. Manch­mal nahm mir die­se Do­mi­nanz noch mein Selbst­be­wusst­sein, auch wenn ich je­den Tag bes­ser dar­in wur­de, ihm die Stirn zu bie­ten.

»Mich wa­schen.«

Dar­auf­hin ließ er mein Hand­ge­lenk los, ich rieb es mir aus Re­flex. Sei­ne Kraft un­ter­schätz­te ich wohl, aber ich war ge­warnt. Wenn man Fen ver­är­ger­te, konn­te das den ei­ge­nen Un­ter­gang be­deu­ten.

Im Bad war ich dann doch dank­bar, kurz al­lein zu sein. Was hat­te ich mir nur da­bei ge­dacht, ihn so zu rei­zen und dann doch nach­zu­ge­ben?

Er­schöpft lehn­te ich mei­nen Kopf ge­gen die Flie­sen der Du­sche. Nur schnell all den Schweiß ab­wa­schen, dann … kei­ne Ah­nung. Mein Kopf war wie leer­ge­fegt. Ich hat­te im­mer noch Durst, leg­te mei­nen Kopf in den Nacken, als das Was­ser aus dem Re­gen­brau­se­dusch­kopf auf mich pras­sel­te, öff­ne­te mei­nen Mund, fing die noch küh­len Trop­fen auf, es er­frisch­te mich herr­lich, fühl­te sich gut an. Dann wusch ich mich, schnell, dar­auf be­dacht, ein­fach sau­ber zu wer­den. Mei­ne Haa­re wa­ren ver­hed­dert, da wür­de ich auch mit den Sham­poos, die an­ein­an­der­ge­reiht in ed­len Fla­cons in der Mau­er­ni­sche stan­den, nicht viel ver­bes­sern kön­nen, aber ich be­müh­te mich. Nor­ma­le­r­wei­se wusch ich mei­ne Haa­re nicht zwei­mal hin­ter­ein­an­der, aber ich hat­te ein furcht­ba­res Nest auf dem Kopf, es muss­te sein.

Nach der Du­sche trock­ne­te ich mich ab. War er­leich­tert, dass ich im­mer noch al­lein war. Er be­dräng­te mich nicht, gab mir so et­was wie Pri­vat­sphä­re.

Als ich aus dem Bad trat, be­merk­te ich, dass ich un­er­war­tet völ­lig auf mich al­lein ge­stellt war. Sein Apart­ment war leer, kei­ne Spur von ihm, nur sein Ge­ruch hing noch in der Luft. Auf dem zer­wühl­ten Bett­zeug lag eine has­tig hin­ge­krit­zel­te Nach­richt auf ei­nem edel wir­ken­den, ge­stärk­ten Pa­pier­bo­gen.

Bin in 12 Stun­den zu­rück, es geht dich zwar we­nig an, aber mei­ne Brü­der brau­chen mich. Du kannst dich im Ge­bäu­de frei be­we­gen, wenn du Hun­ger oder Durst hast, du weißt, wo die Kü­che ist, und alle wer­den dir die­nen.

Fen hat­te eine schö­ne Hand­schrift, aber das war ein mie­ser Ab­gang ge­we­sen. Im­mer tauch­te er auf und ver­schwand wie­der, als wäre er eine Art Geist.

Auf je­den Fall wünsch­te ich mir einen Föhn, da­nach wür­de ich fra­gen, wenn mir die Haus­häl­te­rin be­geg­ne­te. Oder Mar­tha. Egal wer, denn ich muss­te mei­ne Haa­re drin­gend in Ord­nung brin­gen. Ich dreh­te mich, nackt, wie ich war, zum Spie­gel, seufz­te da­bei re­si­gniert über mein ei­ge­nes Spie­gel­bild. Ich sah wirk­lich durch­ge­fickt aus, das hat­te auch die Du­sche nicht re­pa­rie­ren kön­nen.

Mein Ma­gen knurr­te. Also such­te ich in sei­nem be­geh­ba­ren Klei­der­schrank auf der Sei­te, wo er mei­ne neu­en Sa­chen un­ter­ge­bracht hat­te, nach Kla­mot­ten, in de­nen ich mich hin­aus­trau­en konn­te.

Ob­wohl es mit­ten im Som­mer war, war es nie brü­tend heiß in die­sem Teil der Welt. Schwe­den hat­te ein küh­les Kli­ma, für mich war es an­ge­nehm, warm ge­nug. Um die zwan­zig Grad. Ich wähl­te ein kur­z­es dop­pel­la­gi­ges, bei­na­he bauch­frei­es Top, die en­ge­re Schicht war grau, das kür­ze­re dar­über­lie­gen­de Top hat­te die Fa­r­be mei­ner Au­gen, und eine be­que­me schwa­r­ze Ha­rems­ho­se. Auf Un­ter­wä­sche ver­zich­te­te ich, ich hat­te Angst, einen String oder Ähn­li­ches an mei­ner ge­pei­nig­ten Mit­te nicht zu er­tra­gen, und die Aus­wahl in den Schub­la­den pass­te eher zu ei­ner Por­no­dar­stel­le­r­in als zu mir. Sa­chen aus prak­ti­scher Baum­wol­le wür­de ich hier nicht fin­den. Dann tapp­te ich wei­ter. Im Be­reich, wo die Schu­he stan­den, ver­dreh­te ich in­ner­lich die Au­gen. Was für ein Scheiß. War klar. Fünf­zehn Paar High Heels für … kei­ne Ah­nung was? Wozu soll­te ich hier am Arsch der Welt an ei­nem See sol­che Schu­he brau­chen? Aber na­tür­lich wuss­te ich, was er sich da­bei in sei­nem kran­ken Hirn zu­sam­men­ge­dacht hat­te. Egal. Ich wühl­te her­um, dann fand ich zar­te Riem­chen­san­da­len, zwar mit Glit­zer, aber über­aus be­quem und vor al­lem flach. Gott sei Dank. Und sie pass­ten per­fekt.

So fühl­te ich mich ge­wapp­net, an­de­ren Men­schen zu be­geg­nen. Und hoff­te auf wei­te­re Ge­sprä­che mit dem Per­so­nal, viel­leicht sah ich auch die lie­be Mar­tha wie­der, für mehr In­for­ma­ti­o­nen aus der Welt der Mor­g­onstir­nas.