Wenn man nicht weiß, wo man herkommt und wo man hingehört, dann ist das verwirrend und prägt einen Menschen bis in die tiefsten Tiefen. Doch wenn man sein Leben lang zu wissen glaubt, wo man herkommt, und sich dann alles als Lüge entpuppt, dann ist das, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen werden. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Die Basis des Lebens fehlt plötzlich und alle Konstanten wurden entfernt. Alles besteht nur noch aus Unsicherheiten und Variablen, aus vielleicht und womöglich.
Mein Leben lang hatte ich zu wissen geglaubt, wer ich war und wo ich herkam. Doch diese Lebenslüge war mir genommen worden und plötzlich wusste ich nicht mehr, wer ich war.
Dieser Anker an der Kette meiner Mutter war in diesen turbulenten letzten Tagen das Einzige gewesen, an das ich mich klammern konnte, meine einzige Hoffnung, mein Traum von meiner Herkunft. Aber selbst in meinen kühnsten Träumen hatte ich mir nicht ausmalen können, dass mich dieser Anker nicht nur zu der Geschichte meiner Herkunft, zu Antworten auf meine Fragen, sondern zu einem Ort, mehr noch, zu einem Menschen führen würde.
Ich umfasste den Anker meiner Kette, die ich seit jenem Moment auf der Lichtung mit Schalith um meinen Hals trug. Konnte das wirklich wahr sein? Höre auf dein Gefühl, hatte Naru gesagt. Wenn ich alles zusammen rechnete, diese Wärme, das Licht, die ständige Abwesenheit von Gefahr, diese bekannten Augen … Konnte es wirklich sein, dass ich mich in Kadosch befand? Konnte es sein, dass dieser Mensch dort mein Vater war?
»Die Kette deiner Mutter«, sprach er leise und in seinen Worten schwangen tiefe Traurigkeit und Schmerz mit. Und noch etwas anderes. Liebe.
»Komm mit, ich will dir etwas zeigen.« Ohne meine Antwort abzuwarten, ging er zu einem Bücherregal, betätigte einen Schalter und das Regal schwang zur Seite. Er betrat einen dunklen Gang, der genauso hoch war wie er selbst und nur unwesentlich viel breiter. Noch während ich mich fragte, ob ich ihm wirklich folgen sollte, hatte er eine weitere Tür erreicht. Als er seine Hand auf eine Fläche neben dem Türgriff legte, klickte es leise und die Tür öffnete sich. Ohne sich umzudrehen, fragte er: »Kommst du?« Und es klang weder böse noch kommandierend. Sondern irgendwie sanft.
Als ich den hinter der Tür befindlichen Raum betrat, stockte mir der Atem. Unzählige kleine Lichter erstrahlten von allen Seiten, eins schöner, intensiver und heller als das andere. Erst beim zweiten Hinsehen realisierte ich, woher diese Lichter kamen. Es waren Steine.
»Jeder Stein gehört zu einer Kette und zu einem bestimmten Menschen«, erklärte er.
In der Mitte des Raumes stand ein kleiner Tisch, auf dem ein einziger leuchtender Stein lag. Er nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn liebevoll, als wäre er sein größter Schatz. Dann ging er langsam damit auf mich zu. Zunächst war ich zu verwirrt von den vielen Eindrücken, mein Gehirn verweigerte den Dienst, die vielen neuen Informationen zu verarbeiten. Doch dann sah ich es. Je näher er mir kam, desto heller leuchtete der Stein. Er umrundete mich einmal und der Stein leuchtete immer nur auf der Seite, auf der ich mich befand. Wie eine Art Kompass, der immer nach Norden zeigt. Schließlich blieb er eine Armeslänge von mir entfernt stehen und hielt mir auf der offenen Hand den Stein hin. Da war es mit mir geschehen. Ein Schluchzer entrann meiner Kehle, ohne dass ich ihn zurückhalten konnte. Ich presste meine Hand auf den Mund, doch die Tränen kamen trotzdem. Auch ohne die Kette von meinem Hals zu nehmen, erkannte ich, dass sie genau in die Einkerbung in der Mitte des Steines passte. Ich erkannte, dass dies der Basisstein war, der zu meiner Kette gehörte. Die Kette, die nur bei ihrem Eigentümer ihre Funktion erlangen konnte und die ich mit meinem Blut aktiviert hatte. Ich erkannte, dass ich am Ziel meiner Suche angekommen war und dass ich mehr gefunden hatte, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Ohne ein weiteres Wort schloss er mich in seine warmen Arme und ich weinte hemmungslos. Ich hatte nicht nur einen Teil meiner Vergangenheit gefunden, meine Herkunft, nicht nur einen Ort – sondern einen Menschen. Ich hatte meinen Vater gefunden.
***
Ich hatte geweint, bis keine Tränen mehr gekommen waren. Er hatte es zugelassen und ausgehalten, dass aller Schmerz, alle Einsamkeit, alle Leere aus mir herausgeschwemmt wurden. Und auf eine mir nicht zu erklärende Art und Weise hatte allein seine Anwesenheit mir den Trost gespendet, den ich immer nötig gehabt hatte, ohne es zu wissen. Es war, als würde uns der gemeinsame Schmerz der vergangenen achtzehn Jahre vereinen. Nun saßen wir gemeinsam in seinen privaten Räumen, wie er es nannte, und mir wurden allerlei Speisen und warme Getränke zur Stärkung aufgetischt.
Während wir aßen, erzählte ich ihm alles. Wie ich in Benoth bei Jetur aufgewachsen war, wie meine Mutter gestorben war, von meiner Gabe, Gefahr zu spüren, von Großmutter und vor allem den Ereignissen der letzten Wochen, von den Spähern, der Kette und wie meine Mutter sie bei meiner Großmutter hinterlassen hatte. Und von meiner und Devens Flucht. Deven. Es fiel mir schwer, seinen Namen überhaupt auszusprechen. Tränen verstopften mir die Kehle. Schon beim kleinsten Gedanken an ihn versagte mein Herz und ich hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen. Er hatte mich gerettet, in so vielerlei Hinsicht. Was war ihm nur zugestoßen? Ich schluckte schwer und bemerkte den mitfühlenden Blick meines Vaters, doch er sagte nichts.
»Du bist also mein Vater!«, sagte ich schließlich, mehr eine Feststellung als eine Frage.
Er nickte lächelnd.
»Wer bist du? Ich meine, wo bin ich hier? Wo warst du all die Jahre? Wie konntest du mich jetzt finden?« Plötzlich fühlte ich mich, als würde mein Kopf platzen. Zu viele Dinge waren passiert. Dinge, die ich nie hatte kommen sehen. Im Moment fühlten sie sich an wie zentnerschwere Gewichte auf meinem Herzen.
Er lächelte sanft. »Fangen wir mit dem Einfachsten an!«
»Und das wäre?«, fragte ich, ohne dass ich wusste, worauf er hinauswollte.
»Wie wir dich finden konnten. Du hast deine Kette aktiviert. Mit deinem Blut hast du die Kette und somit den Ortungsmechanismus aktiviert. Und wie ich an dieser Schnittwunde erkennen kann«, er deutete auf meine linke Hand, »war es kein Versehen, hab ich recht?«
Ich nickte und er fuhr fort.
»Als die Nachricht kam, dass der Basisstein zu deiner Kette zu leuchten begonnen hatte, da …«
»Moment«, unterbrach ich ihn, »Nachricht bekommen? Was meinst du damit?«
»In den letzten achtzehn Jahren wurde der Stein ununterbrochen bewacht, falls er zu leuchten beginnen würde. Ich habe nie die Hoffnung aufgegeben, dich noch zu finden.« Seine Stimme wurde zittrig und rau. Einen Moment lang dachte ich, er würde nicht weiterreden.
»Als die diensthabende Wache mir dann die Nachricht überbrachte, konnte ich es kaum glauben. Ich rannte in die Steinekammer und tatsächlich! Da lag er, dein Stein, und er leuchtete so unvergleichlich schön. Immer wieder hatte ich mir vorgestellt, wie er wohl leuchten würde, dein Stein, aber so prächtig … So schnell wir konnten, machten wir uns auf den Weg, immer in die Richtung, die uns dein Stein wies.« Er seufzte tief. »Schon von weitem hörten wir das Kampfgeschrei und dann sahen wir, wie sie dich umringt hatten. Ich dachte schon, wir wären zu spät.« Er schluckte, bevor er weitersprach. »Wir hatten den Überraschungsmoment auf unserer Seite. Sie ahnten nicht, dass wir kommen würden, wähnten sich siegessicher. So konnten wir sie überrumpeln und dich herausholen. Schalith war außer sich vor Wut, doch wir waren in der Überzahl.«
»Danke«, murmelte ich verlegen, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte sagen können.
»Oh, bedanke dich nicht, ich habe dein ganzes Leben lang auf diesen Moment gewartet.«
Seine Stimme bebte und mir wurde bewusst, dass er all die Jahre nie die Hoffnung aufgegeben hatte, mich zu finden. Es war mir unbegreiflich, dass es einen Menschen geben sollte, dem ich so wichtig war, dass er jahrelang auf mich gewartet hatte. Mein Herz war zu klein, um dies zu begreifen.
»Aber wieso …« Die Fragen schwirrten durch meinen Kopf wie ein Schwarm Bienen. Es waren zu viele, um eine davon zu fassen.
Er schaute mich an und lächelte mit traurigen Augen. »Du willst die ganze Geschichte hören?«
Ich nickte. Dann lehnte er sich zurück und begann seine Geschichte zu erzählen. Meine Geschichte, meine Vergangenheit, meine Herkunft.
»Vor vielen Jahren gab es einen König und eine Königin in Kadosch, die keine Kinder hatten. Viele Jahre warteten sie auf ein Kind, auf einen Thronfolger für das Land. Doch nichts geschah. Als gute Freunde von ihnen einen kleinen Sohn bekamen, war es Trauer und Trost zugleich. Sie verbrachten viel Zeit miteinander. Der Sohn ihrer Freunde war ein kleiner Trost für das eigene Kind, das ihnen verwehrt blieb. Doch das Leben geht manchmal seltsame Wege! Eines Tages geschah es. Im Haus ihrer Freunde brach ein Feuer aus, beide Elternteile starben darin, doch wie durch ein Wunder überlebte der zweijährige Sohn. In ihrer Trauer nahm das Königspaar ihn bei sich auf, gab ihm ein Zuhause, liebte ihn wie einen eigenen Sohn. Und so wuchs er im Königshaus auf und schon früh war klar: Durch ihn gab es endlich einen Thronfolger für das Land. Er wurde erzogen in dem Bewusstsein, dass er später einmal das Land regieren würde. Er war der langersehnte Königssohn!
Doch zwölf Jahre später geschah das Unerwartete. Die Königin wurde schwanger. Keiner hatte damit gerechnet, dass sie nach all den Jahren doch noch ein leibliches Kind empfangen würde. So gebar sie ihr erstes leibliches Kind, einen Sohn, den echten Thronfolger …« Er machte eine Pause und schaute mich an. »Mich!«
»Dich?« Ich brauchte ein paar Momente. um zu verstehen, was er da sagte. »Willst du mir damit sagen, dass du … König bist?«
»Ja, ich bin König Abner von Kadosch.«
Für einen Moment nahm mir dieser Gedanke die Luft zum Atmen. Wenn mein Vater König war, dann war ich … Schnell schob ich den Gedanken beiseite.
»Das Königreich jubelte«, fuhr Abner fort, »und alle feierten den leiblichen Sohn des Königs, feierten die Ankunft des wahren, echten Thronfolgers. Für meinen Stiefbruder war es wie ein Schlag ins Gesicht. Er war zu diesem Zeitpunkt vierzehn, fast fünfzehn. Sein ganzes bisheriges Leben war darauf ausgerichtet gewesen, der nächste König Kadoschs zu werden und mit einem Schlag war alles zerstört. Erst jetzt erfuhr er, dass er kein leibliches Kind meiner Eltern war. Meine Eltern liebten ihn so sehr, dass sie immer versucht hatten, diese Wahrheit vor ihm zu verbergen, um es ihm nicht unnötig schwer zu machen. Doch jetzt brach alles über ihn herein.« Abner fuhr sich mit der Hand über die Stirn, als könne er so die traurigen Erinnerungen vertreiben. »Von dem Zeitpunkt an veränderte er sich zusehends. Er wurde verschlossen, stur, kapselte sich ab. Unser Verhältnis in der Kindheit war sehr schwierig, ich verstand erst später, warum. Als ich fünf war, wurde ich nachts geweckt von dem Geschrei meines Bruders und meines Vaters. Es gab einen großen Streit zwischen ihnen und danach verschwand er für immer. Erst später erfuhr ich, dass er erfahren hatte, dass seine Eltern aus Jissurim stammten, und dass er nun dahin zurückkehren wollte. Meine Eltern waren sehr traurig über seinen Weggang, hatten sie ihn doch zwanzig Jahre lang wie ein eigenes Kind geliebt.« Die Trauer stand Abner ins Gesicht geschrieben – und die Frage, ob irgendwer es hätte verhindern können. »Er ging fort aus dem Land, in dem er geliebt wurde, aber in dem er kein König sein konnte. In ein Land, in dem man ihn nicht kannte, aber über das er seitdem herrscht.«
»Du meinst Schalith? Schalith ist dein Stiefbruder?« Tiefe Bestürzung ergriff mich.
»Ja, Schalith, Herrscher der Jissurim, ist mein Stiefbruder.« Allein der Klang seines Namens jagte eine eisige Welle durch meinen Körper.
Abner schüttelte resigniert den Kopf. »Er war seit jeher sehr ehrgeizig, wollte etwas erreichen. Er hat es nie verkraftet, dass sich durch mich von heute auf morgen seine Zukunft verändert hat, dass er wortwörtlich vom Thron gestoßen wurde.«
»Aber wie konnte er so einfach Herrscher von einem Land werden, das er nie zuvor gesehen hatte?« Verständnislos blickte ich ihn an.
»Weißt du, Keylah«, für einen Moment schloss er die Augen und sog die Luft ein, »Schalith besitzt eine Gabe. Es gibt sehr wenige Menschen, die dieselbe Gabe besitzen wie er, und fast alle, von denen ich gehört habe, sind daran zugrunde gegangen. Er besitzt die Gabe der Manipulation. Er kann durch seine bloße Anwesenheit die Gedanken der Menschen beeinflussen.«
»Ja, ich durfte schon Bekanntschaft damit machen.« Die Erinnerung an die trügerische Wärme seiner Worte ließ mich frösteln. »Aber wieso hat er die Gabe dann nicht hier angewandt, um König von Kadosch zu werden?«
»Wenn du das reine Blut Kadoschs in dir trägst, also wenn dein Vater und deine Mutter aus Kadosch stammen, dann bist du immun gegen seine Gabe.« Er blickte mich wehmütig an.
»Jetzt verstehe ich auch, warum ich dagegen ankämpfen musste.«
Er nickte. »In deinen Adern fließt das Blut Kadoschs und Benoths. Du besitzt beides. Im Gegensatz zu Menschen, die kein Blut Kadoschs in sich haben, bemerkst du die Manipulation, bist aber nicht komplett immun, sondern musst bewusst dagegen ankämpfen.«
Ein kurzes Schweigen legte sich über uns. Dann fuhr Abner fort.
»Und dann – es war noch vor meiner Amtseinführung als König – lernte ich deine Mutter kennen. Sie war gerade achtzehn und arbeitete hier am Hof. Sie hatte einen großen Streit mit ihrer Mutter – deiner Großmutter – und sprach wenig über ihre Herkunft. Es war Liebe auf den ersten Blick. Die Hochzeit folgte schnell und noch in der Hochzeitsnacht wurde sie schwanger. In den ersten Monaten ging es ihr sehr schlecht, doch nach ungefähr der Hälfte der Schwangerschaft ging es ihr besser und sie äußerte den Wunsch, ihre Mutter zu besuchen, um sie zu bitten, bei uns zu wohnen. Wir planten also die Reise nach Benoth, doch kurz vor unserer Abreise wurde mein Vater schwer krank. Ich konnte ihn nicht alleine lassen und da er ans Bett gefesselt war, war ich in der Pflicht, die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Wir überlegten hin und her, doch deine Mutter konnte sehr sturköpfig sein. Sie hatte sich so fest vorgenommen, ihre Mutter zu uns zu holen, dass sie alleine die Reise auf sich nehmen wollte. Das war mir sehr unrecht in ihrem Zustand. Ich wusste aber auch, dass es nicht möglich war, noch ein paar Monate mit der Reise zu warten. Und der Zustand meines Vaters schien sehr ernst. Also stellten wir ihr Reisebegleiter zusammen, auch eine Amme war mit dabei. An dem Tag ihrer Abreise streichelte ich ihr über den immer größer werdenden Bauch und da spürte ich dich zum ersten Mal. Deine Mutter sah mich an und sagte: ›Ich glaube, es wird ein Mädchen!‹ Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen habe.« Traurig blickte er in die Leere und seine Augen wurden glasig. »Als auch nach zwei Wochen kein Bote von der Reisegruppe kam, um mir zu berichten, schickte ich einen Suchtrupp los. Den ersten von unendlich vielen. Wir suchten sie fast zwei Jahre lang. Aber das Land Benoth ist wie ein Labyrinth und wenn die dunklen Wälder erstmal jemanden verschluckt haben, ist es unmöglich, ihn wiederzufinden. Ich wusste es und doch versuchte ich es immer und immer wieder. Sie war die Liebe meines Lebens und trug mein Kind in sich, ich musste sie einfach suchen. Ich schwor mir, immer auf sie zu warten.« Seine Stimme brach ab.
»Du hast nie wieder geheiratet?«, wunderte ich mich.
»Nein, ich habe immer deine Mutter geliebt, ich liebe sie noch immer, ich werde nie eine andere so lieben können wie sie.«
Seine Worte hingen unfertig in der Luft und ein düsterer Schleier umhüllte uns.
»Doch nun habe ich dich. Meine Tochter.« Sein Lächeln wurde sanft. »Du bist ein Teil von ihr. Und du siehst ihr so unglaublich ähnlich. Die Haare. Und dein Lächeln. Es war ihr Lächeln. Ich bin so froh, dass sie dir die Kette hinterlassen hat.«
»Du denkst also auch, dass es Absicht war?« Meine Gedanken flogen zurück zu dem Moment, als Deven diese Idee zum ersten Mal geäußert hatte. Aber ich hatte ihn abgewiesen. Mehr noch. Ihn verletzt und von mir gestoßen. Wie gern hätte ich die Möglichkeit, mich bei ihm zu entschuldigen. Mich zu bedanken. Mit aller Kraft riss ich meine Gedanken wieder von ihm los.
»Auf jeden Fall!«, nickte Abner. »Wenn deine Mutter, so wie du sagst, mit Jetur bei deiner Großmutter war, dann wusste sie, dass Schalith seine Finger da im Spiel hatte und wollte die Kette für dich in Sicherheit bringen. Hätte Schalith sie entdeckt, er hätte sie vernichtet. Er kennt diese Ketten. Er weiß, dass jeder in der Königsfamilie solch eine Kette besitzt. Deine Mutter trug sie bei sich, um sie bei deiner Geburt gleich aktivieren und dir übergeben zu können.«
»Warum hatte meine Mutter keine eigene Kette? Dann hättest du sie finden können«, wunderte ich mich.
»Die Kette funktioniert nur, wenn man auch kadoschianisches Blut in sich hat. Wir haben es versucht, doch leider ohne Erfolg.«
Mir schwirrte der Kopf von so vielen neuen Informationen. Doch es war, als würden sich die fehlenden Puzzleteile endlich zusammenfügen und ein Bild ergeben. Aber irgendwie hatte ich das starke Gefühl, dass mir einige wichtige Teile immer noch fehlten.
»Ich möchte dir noch etwas zeigen«, setzte er an, doch ich unterbrach ihn.
»Ich glaube, ich brauche wirklich eine Pause. Das ist einfach alles sehr viel …«
»Ich weiß, Keylah, aber glaub mir, das willst du noch sehen!«
Er lächelte und im nächsten Moment öffnete sich die Tür.