Pferde dienen dem Menschen bereits seit Tausenden von Jahren, und noch immer werden sie für Zauberwesen gehalten. Das Einhorn, Pegasus und der Zentaur, sie alle symbolisieren unseren Wunsch, einem Traum nahezukommen, zu fliegen ohne Flügel und eine größere Kraft in uns zu spüren.
Für mich beinhaltet die Reitkunst die Fähigkeit, diese Kraft anzuzapfen und sie zu erstaunlichen Höhenflügen zu führen. Die Prinzipien und die Psychologie, die ich durch das Parelli Natural Horsemanship gelernt habe, ermöglichen es mir, die mentale/emotionale Verbindung auf ein ebenso erstaunliches Niveau zu heben oder zumindest in einen Bereich zu bringen, der für mich erstaunlich ist. Wenn diese beiden Informationskreise aufeinandertreffen, kann es an Magie grenzen – dieses Gefühl, eines Geistes mit unserem Pferd zu sein, in einem Körper aus 500 Kilogramm reiner Kraft. Unser Pferd würde das hoffentlich ebenfalls als zauberhaft beschreiben. In diesem Augenblick berühren wir den Geist des Pferdes und der Reitkunst.
Wenn ich mich für Natural Horsemanship interessiere, warum soll ich dann noch das Dressurreiten lernen?
Viele Leute verbinden Dressur mit den „drei P“: Piaffen, Passagen und Pirouetten. Aber eigentlich kommt es bei der Dressur darauf an, Harmonie und eine gesunde Bewegungsmechanik des Pferdes zu erlangen. Wenn wir bei unseren Pferden auf natürliche Weise mentale und emotionale Gesundheit erreichen, haben wir erst zwei Drittel des Weges zurückgelegt. Wir müssen auch in der Lage sein, unsere Pferde physisch voranzubringen. Das Mentale/Emotionale beeinflusst den Körper und das Physische beeinflusst den Geist und die Gefühlswelt.
Wenn Sie die Grundlagen von Dressage Naturally erlernen, kann Ihnen das bei folgenden Problemen weiterhelfen:
·Permanente Steifheit/Widerstand
·Gelenkprobleme
·Impulsivität, besonders, wenn dieses Problem in einer Gangart oder in einer Richtung häufiger auftritt als in einer anderen
·Einseitigkeit
·Schlechte Qualität der Gänge, auch bei einem willigen Pferd
·Koordinationsmangel
·Rückenschmerzen
·Verbiegen des Halses oder merkwürdige Kopfhaltungen
·Schiefe
·Unruhiges Maul oder Zunge, was nicht emotional bedingt zu sein scheint
·Stoßende Gänge
·Alle Anlehnungsprobleme am Zügel
·Hineinfallen in Wendungen
·Schwierigkeiten beim Wenden, auch wenn das Pferd versteht, was es tun soll
·Keine Biegung auf Zirkeln oder nur einseitige Biegung
·Negative Gefühle beim Reiten in Anlehnung oder auch nur, wenn die Zügel kurz gehalten werden
·Zu hohe Kopfhaltung
Auch wenn Sie diese Probleme nicht haben, helfen die Grundlagen von Dressage Naturally dabei, die folgenden Eigenschaften zu verbessern:
·Elastizität der Gänge
·Leichtigkeit der Vorhand
·Kraft
·Koordination
·Geschmeidigkeit
·Balance
Warum brauche ich dieses Buch? Kann ich nicht einfach Dressurunterricht nehmen?
Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen ist meiner Erfahrung nach der Sprung von den Grundlagen des Natural Horsemanship zum Unterricht bei einem Dressurlehrer zu groß. Ich glaube, es gibt ein allgemeines Grundlagentraining, auf das ein spezifisches Grundlagentraining für den Sport und schließlich das Sporttraining folgen. Das vorliegende Material soll Ihnen eine sportspezifische Grundlage vermitteln, sodass Sie gut vorbereitet zu einem Dressurlehrer gehen können, um dessen Spezialdisziplin zu lernen. Dadurch werden Sie nicht als Anfänger in das Dressurtraining einsteigen, sondern schon als Fortgeschrittener. Dieses Material gibt Ihnen auch die Möglichkeit, viele der typischen Frustrationen und Probleme zu vermeiden, die Schüler und Pferde normalerweise beim Erlernen des Dressurreitens durchmachen. Ich weiß, welche Reaktionen schon etabliert sein müssen, um Ihre Erfahrung in der Dressur zu maximieren. Am wichtigsten ist es, dass Sie und Ihr Pferd bereits ein Team geworden sind und sich über das verständigen können, was Sie brauchen werden.
Die nötige Kommunikation kann so erarbeitet werden, dass sie auf den Grundlagen aufbaut, die Sie und Ihr Pferd bereits mitbringen. Für die Zukunft träume ich davon, dass alle Pferdeleute eine Basis haben werden, die sowohl die Prinzipien der natürlichen Pferdepsychologie als auch die bewegungsmechanischen Grundlagen der Dressur beinhaltet, sodass der Bruch zwischen diesen beiden Welten nicht mehr so groß ist. Im Moment ist es mein Ziel, die aktuelle Lücke zu schließen. Natürlich gibt es schon einzelne Trainer, die Meister der Dressur und im Umgang mit dem Pferd sind. In Teil III werde ich Ihnen Hinweise geben, wie Sie solche Leute erkennen können, weil sie sich unter Umständen selbst nicht als „Dressurreiter“ oder „Natural Horsemen“ bezeichnen.
Aus meiner Erfahrung mit meinen Pferden und meinen Schülern kann ich sagen, dass man, wenn man den Inhalt dieses Buches verstanden hat, gleich in der ersten Stunde Dressurunterricht die wichtigsten und flüchtigsten Eigenschaften der Dressur mit sehr wenig Anstrengung demonstrieren kann. Das häufigste Feedback von Dressurspezialisten, die Pferde und Reiter, die nach dieser Methode arbeiteten, ausgebildet haben, war so etwas wie: „Ihr Pferd gibt Ihnen so bereitwillig, was Sie von ihm verlangen!“, oder: „Es ist so wunderbar, dass Sie Ihr Pferd nicht ständig beeinflussen oder gängeln müssen.“ Ich wünsche mir, dass jeder so eine positive Erfahrung in seiner ersten Dressurstunde macht! Dressur ist fantastisch, aber zu oft sind die Reiter, die es damit probieren wollen, nicht gut vorbereitet, und sie haben nicht den richtigen Lehrer gefunden, der in der Lage ist, die Harmonie zu schaffen, nach der sie suchen, oder die Partnerschaft zu bewahren, die sie entwickelt haben.
Seit ich Natural Horsemanship mache, habe ich eine besondere Verbindung mit meinem Pferd, die ich nur ungern verletzen möchte. Dadurch, dass ich mit meinen Pferden in Freiheit spiele und sie zaumlos reite, habe ich einen ganz neuen Sinn für das bekommen, was ein Pferd mit Leichtigkeit und Verständnis tun kann. Es IST möglich, Dressur zu reiten und dabei die Partnerschaft, Verspieltheit und Leichtigkeit zu bewahren. Und es IST auch möglich, „Natural Horsemanship“ zu studieren und das Pferd gleichzeitig besser zu gymnastizieren. Mein wichtigstes Ziel ist, dass Ihnen das gelingt!
Bevor Sie sich in dieses Material stürzen, möchte ich Ihnen meine Vorstellung davon mitteilen, wie Sie den größtmöglichen Nutzen aus diesem Buch ziehen können. Mir ist bewusst, dass manche von Ihnen besser durch Lesen lernen und andere durch Beobachten. Das Buch besteht aus mehreren Ebenen. Teil I gibt einen Überblick über das große Ganze, die Philosophie und die Konzepte. In Teil II können Sie die Ärmel hochkrempeln und die eigentlichen Übungen ausprobieren. Teil III bietet Ihnen „Essays für den Erfolg“. Die Essays in dieser Sammlung enthalten Konzepte, die Ihnen helfen werden, bei allen Übungen Erfolge zu erzielen. Es ist das, was zwischen all den Techniken steckt.
Es werden Philosophien diskutiert. Die Übungen sind nicht einfach nur Rezepte. Sie beinhalten Erzählungen, die, wie ich hoffe, die Absicht hinter der jeweiligen Übung verdeutlichen. Es geht dabei weniger um die Übung selbst, sondern mehr darum, die Übung dazu zu verwenden, etwas Größeres zu erreichen. Ich möchte Sie ermutigen, sich die Zeit zu nehmen, die Essays in Teil III zu lesen, denn Techniken ohne die zugrunde liegenden Philosophien sind nur Methoden der Manipulation. Aus Techniken mit Intention entsteht hingegen Kommunikation, und wenn die Intention die Natur des Pferdes berücksichtigt, dann kommt es zum Dialog. Wenn Sie einfach direkt mit den Übungen in Teil II anfangen, dann verpassen Sie etwas sehr Wichtiges.
Manchmal beschreibe ich eine Übung äußerst detailliert, damit Sie mit Ihren Techniken selbstständig Probleme lösen können, vor allem, wenn es auf das genaue Timing ankommt. Das Wichtigste sind die Intention und das Ziel der Übung. Wenn Sie die Übung mechanisch Schritt für Schritt abarbeiten, dann werden Sie das Timing nicht hinbekommen und Sie werden das Gefühl dafür nicht entwickeln. Sie müssen also erst das Prinzip verstehen, dann die Schritte lernen, und dann können Sie rausgehen und Ihr Pferd erfühlen. Wenn es nicht klappt, kehren Sie zurück, gehen alles noch einmal durch, um dann erneut Ihr Pferd zu erfühlen. Pat Parelli sagt oft: „Denke in der Nacht und fühle am Tag.“ Ich bekam damals auf diese Weise nicht viel Schlaf. Machen Sie deshalb Ihre Denkarbeit, wann immer es Ihnen am besten in den Zeitplan passt, und die restliche Zeit fühlen Sie einfach nur!
Eine andere Sache, die ich Ihnen gern durch dieses Material vermitteln möchte, ist, dass die Techniken nicht nur ein Mittel zum Zweck sind, sondern dass die Art und Weise, wie Sie Ihre Techniken anwenden, eine Kunst für sich ist. Das Wort Technik kommt von „techne“, dem griechischen Wort für „Kunst“. Wir müssen unsere Kunst üben, aber mehr noch, als sie zu üben, müssen wir mit ihr spielen. Wenn wir etwas künstlerisch und spielerisch üben, anstatt es „zu üben, um es zu perfektionieren“, dann haben wir eine größere Chance, etwas Schönes zu erschaffen. Stephen Nachmanowitch beschreibt das Verhältnis zwischen dem Beherrschen von Techniken und dem Spielen mit ihnen sehr gut in seinem Buch Free Play, wo er sagt: „Wir nennen das ‚Techniken im Überfluss haben‘ – das bedeutet, dass man wirkungsvollere und flexiblere Mittel besitzt, als man jemals brauchen wird.“ … „Die nötige Abwechslung, die unsere Ausdrucksmöglichkeiten erweitert, kommt vom Ausüben, Spielen, Trainieren, Erkunden und Experimentieren. Die Auswirkungen des Nichtausübens (oder zu wenig riskanten Ausübens) sind Steifheit von Herz und Körper und eine ständig schrumpfende Bandbreite an verfügbarer Variabilität.“
Meiner Erfahrung nach bringen Schüler mit dem Dressurreiten oft Präzision und „Korrektheit“ in Verbindung. Das ist zwar wichtig, aber Präzision entsteht aus der Fähigkeit, überall zu sein, und Korrektheit kommt oft erst dann zustande, wenn man herausgefunden hat, wie sich inkorrekt anfühlt. Der Schlüssel ist, hervorragende Fertigkeiten zu erwerben und dann frei mit ihnen herumzuspielen – wobei das Endprodukt auch nur das ist, das Endprodukt.
Was dieses Material nicht für Sie darstellen soll, ist noch eine Anleitung, was man mit seinen Armen und Beinen machen soll, und es soll Ihnen auch keine Werkzeuge an die Hand geben, um das Pferd zu bestimmten Dingen zu bringen, wobei Sie sich dann fragen, ob Sie es „richtig gemacht haben“. Mein Ziel ist es, Ihnen die Fähigkeit zu vermitteln, Ihrer Intuition zu vertrauen und auf Ihr Pferd zu hören. Ich möchte, dass Sie meine Worte lesen, die Prinzipien verstehen und die Ziele der Übungen erreichen. Ich möchte, dass Sie all das so lange meistern, bis Sie „Techniken im Überfluss“ besitzen. Dann schlage ich vor, dass Sie alles wieder vergessen. Fühlen Sie es, spielen Sie damit und machen Sie es sich zu eigen – und machen Sie es zum Wohle Ihres Pferdes. Das, wonach Sie suchen, befindet sich inmitten all der Techniken.
Aus Techniken mit Intention entsteht Kommunikation, und wenn die Intention die Natur des Pferdes berücksichtigt, dann kommt es zum Dialog.
Ich lernte das Dressurreiten von einem Mitglied der Dressur-Equipe der USA, einer Pionierin der Dressur in den Vereinigten Staaten, die heute eine Fünf-Sterne-Dressurrichterin (die höchste Rangstufe) ist: Anne Gribbons. Ich lernte Natural Horsemanship direkt von den Leuten, die den Begriff geprägt haben: Pat und Linda Parelli, und durch das Programm, das sie geschaffen haben, um Natural Horsemanship zu unterrichten. Ich hoffe, dass die Informationen, die hier präsentiert werden, eine natürliche Weiterführung darstellen für die Absolventen dieses oder eines ähnlichen Programms sowie für jeden, der das Herz besitzt, die Natur des Pferdes zu verstehen. Falls Sie nicht mit der Sprache dieses Systems des Natural Horsemanship vertraut sind, werden Fachausdrücke und Begriffe im Lauf des Buches erklärt. Ich werde Voraussetzungen nennen, und wenn Ihnen nicht klar ist, wie man diese Voraussetzungen auf natürliche Weise erarbeitet, dann empfehle ich dringend, die vielen Quellen zu erkunden, die es gibt. Ich habe meine eigenen Erfahrungen mit Parelli gemacht, daher kann ich empfehlen, das Parelli-Programm auszuprobieren. Ich träume davon, dass wir in der Zukunft alle die universelle Sprache der Pferde verstehen, ganz gleich, wo wir sie gelernt haben, und unabhängig von der Disziplin, die uns interessiert. Die Wahrheit liegt immer in der Mitte.
Dieses Material stellt meinen Versuch dar, mein Wissen und meine Erfahrung in der Dressur mit meinem Wissen und meiner Erfahrung im Natural Horsemanship zu kombinieren. Ich habe mein Bestes getan, um eine Brücke zwischen diesen beiden Welten zu schlagen. In meinen Jahren als Lehrerin und Trainerin wurde mir klar, dass viele der „Probleme“, denen ich in der Dressur begegnete, nichts mit Dressur im eigentlichen Sinn zu tun hatten. Es ging dabei vielmehr um Pferdepsychologie und Partnerschaft. Als ich Informationen darüber suchte, fiel mir auf, dass viele der „Probleme“, die Natural-Horsemanship-Leute mit ihren Pferden hatten, bewegungsmechanischen Ursprungs waren oder sich auf mangelndes Gleichgewicht zurückführen ließen. Zwischen dem Punkt, an dem die Natural-Horsemanship-Lehre endet, und dem, an dem die Dressurlehre beginnt, klafft eine große Lücke. Ich versuche hiermit, diese Lücke zu schließen.
Es gibt drei Zugänge zum Pferd: auf mentaler, emotionaler und physischer Ebene. Sie sind alle gleich wichtig. Das Natural Horsemanship bietet eine Fülle von Informationen über die mentalen und emotionalen Aspekte des Pferdes. Es gibt zwar auch ein gewisses Verständnis der physischen Aspekte, aber das ist vergleichsweise geringer. Bei Parelli fand ich ein System, um das Pferd mental und emotional zu verstehen und auf diesen Ebenen anzusprechen, was zu einigen sehr erstaunlichen Ergebnissen führte. „Gefährliche“ Pferde sind sanft geworden, ängstliche Pferde haben Selbstvertrauen gewonnen. Impulsive „Durchgänger“ können nun ohne Zaumzeug geritten werden.
Die Wahrheit liegt in der Mitte.
Die Dressur bietet eine Fülle von Informationen über die physischen Aspekte des Pferdes. Es gibt zwar auch ein Verständnis der mentalen und emotionalen Aspekte, aber das ist vergleichsweise geringer. Die Dressur ist ein System, das es erlaubt, das Pferd auf der Grundlage der Bewegungsmechanik zu verstehen und zu gymnastizieren, was zu einigen sehr erstaunlichen Ergebnissen führt. Unausbalancierte Pferde können am Ende 15 fliegende Galoppwechsel à tempo ausführen, Pferde mit schwächlicher Konstitution entwickeln einen skulpturengleichen Körper, steife Pferde fangen an, über den Boden zu schweben.
Gutes Horsemanship ist universell und nicht auf einen bestimmten Reitstil begrenzt. Heute gibt es viele verschiedene Reitdisziplinen und Leute sagen stolz, dass sie ein „Springreiter“, ein „Reiner“ oder ein „Dressurreiter“ sind. Schüler fühlen eine gewisse Sicherheit, wenn sie einem bestimmten System angehören. Die Leute aus dem Natural-Horsemanship-Lager und die aus dem Dressurlager verstehen einander nicht ohne Weiteres. Natural Horsemanship wird oft dem Westernreiten zugeordnet, aber das kommt wahrscheinlich daher, dass früher die Cowboys auf weiter Flur diejenigen waren, die die beste Möglichkeit hatten, Pferde in der Natur zu beobachten. Die besten Vertreter der Cowboyzunft sind diejenigen, die eine Passion und eine Verehrung für die Natur empfinden und die sich auf ihre Pferde als echte Partner bei ihrer Arbeit verlassen. Dressur wird typischerweise als „Englisch“ betrachtet, mit seinen Wurzeln im Militär, in der Aristokratie und schließlich in der Kunst. Die besten Dressurreiter sind Leute, die eine Passion für Bewegung und Tradition haben und die sich darauf verlassen, dass ihre Pferde ihnen Kraft verleihen.
Diese beiden Gruppen mit ihrer unterschiedlichen Geschichte und ihren unterschiedlichen Prioritäten erscheinen absolut gegensätzlich. Die Natural Horsemen sehen einen Dressurreiter und denken: „Ja, das ist nett, aber siehst du denn nicht, dass dein Pferd sich unterworfen und in die Enge getrieben fühlt?“ Und die Dressurreiter sehen einen Natural Horseman und denken: „Ja, das ist nett, aber siehst du denn nicht, dass dein Pferd seinen Körper nicht richtig benutzt?“
Es gibt eine Gemeinsamkeit: die Passion für das Pferd. Beide schauen dasselbe Pferd an, nur von unterschiedlichen Standpunkten. Aber heute, im 21. Jahrhundert, ist es Zeit, dass sich beide Gruppen begegnen, gemeinsam um das Pferd herumgehen und ihr Wissen teilen. Wir alle wollen Harmonie. Dressage Naturally wurde geboren aus meinem Wunsch, meinem Pferd die bestmögliche Partnerin zu sein und dennoch Dressur zu reiten. Viele Leute sagen, dass man sich zwischen Dressur und Natural Horsemanship entscheiden muss, aber ich glaube das nicht. Wir müssen einfach das beste Wissen von beiden nehmen. Mein Bestreben ist es, als „Horsewoman“ so gut zu sein, wie es mir nur möglich ist – eine „Horsewoman“, die auch höhere Dressur betreibt.
Zu oft habe ich Schüler in traditionellen Dressurstunden beobachtet, wo der Trainer sagt: „Nein! Setz dich durch, damit dein Pferd das tut!“, oder: „Behalte deinen Schenkel da, damit dein Pferd nicht sein Gleichgewicht verliert!“ Was diese Trainer aber nicht sehen, ist, dass das Pferd vielleicht genau das tut, was der Reiter verlangt hat, ob es diesem nun bewusst ist oder nicht. Oder der Lehrer sagt: „Ja! Das ist toll!“ Aber wenn man den Schüler fragt, hatte er das Gefühl, dass das Pferd ihn in dem Moment unsensibel „durchgezogen“ hat oder dass es einfach nur reagiert hat. Der Lehrer lobt das Bild, nicht aber die Kommunikation und die Beziehung. Der Schüler bekommt vielleicht eine Schleife auf dem Turnier, hat aber eine schmerzliche Beziehung zu seinem Pferd und ist vollkommen verwirrt durch die widersprüchlichen Signale, die er erhält.
Umgekehrt habe ich Natural-Horsemanship-Schüler gesehen, die einen Mangel an Koordinationsvermögen oder Geschmeidigkeit als Widerstand oder „Respektlosigkeit“ fehlinterpretiert haben. Oder sie erkennen nicht, dass man die Einstellung und die Kooperationsbereitschaft des Pferdes positiv beeinflussen kann, indem man an der Qualität der Bewegungsmechanik arbeitet. Wenn Sie eine Lektion verlangen, die physisch schwerer oder komplexer ist, als Sie denken, können Sie bei Ihrem Pferd Angstzustände auslösen. Ich möchte, dass ein Schüler, der Dressage Naturally macht, solche Situationen nie erlebt.
Die Schwierigkeiten oder Herausforderungen, denen Sie mit Ihrem Pferd begegnen können, lassen sich auf die folgenden grundlegenden Kategorien reduzieren:
·Partnerschaft: Wie ist die „Verbindung“ zwischen Ihnen und Ihrem Pferd?
Wie wohl fühlen Sie sich miteinander? Wie viel Vertrauen existiert zwischen Ihnen?
·Respekt: Sieht Ihr Pferd jemanden in Ihnen, bei dem es sich lohnt zuzuhören?
Hat Ihr Pferd das Gefühl, dass Sie es respektieren?
·Angst: Wie sicher fühlt sich Ihr Pferd in seinem Umfeld und/oder bei dem, was Sie ihm abverlangen?
·Kommunikation: Versteht Ihr Pferd, was Sie von ihm verlangen?
·Motivation: Wirkt Ihr Pferd eifrig und aufmerksam oder gelangweilt, hilflos und als fühle es sich kritisiert?
·Gesundheit: Ist Ihr Pferd physisch fit oder gesund genug für die Aufgabe?
·Gymnastik/Koordination: Versucht Ihr Pferd, die Aufgabe auszuführen, hat aber noch nicht die nötige Geschicklichkeit, Kraft, Balance oder das erforderliche Koordinationsvermögen?
Ihr Ziel ist es, alle Ihre Ressourcen einzusetzen, um Ihr Pferd zu verstehen und um es hinsichtlich all dieser Kategorien richtig einschätzen zu können.
Ihre Aufgabe als Schüler ist es, das Gesagte zu verstehen, dafür zu sorgen, dass Sie es umsetzen können, und dann nach Herzenslust damit zu spielen. Bemühen Sie sich darum, sich Ihrer selbst bewusst zu werden. Bitten Sie Ihr Pferd und eine erfahrene Person um Feedback. Nehmen Sie all die Informationen und finden Sie heraus, wie sie auf Sie und Ihr Pferd anzuwenden sein könnten. Das Wichtigste ist, dass Sie und Ihr Pferd einander verstehen und vertrauen – dass Sie in der Lage sind, dem Pferd Ihr inneres Bild zu übermitteln, und das Pferd sagt: „Ja, natürlich mache ich das“, nicht, weil es Angst davor hat, etwas nicht zu tun, sondern weil es Sie versteht und im Sinne der Harmonie agiert. Harmonie fühlt sich gut an.
Ich hoffe, dieses Material ermöglicht es Ihnen,
·Ihr Pferd zu fühlen.
·Ihrer Intuition zu vertrauen.
·die Hauptursachen für Disharmonie zu beseitigen.
·größere Harmonie zu entwickeln.
·die Grundlagen gesunder Bewegungsmechanik zu verstehen.
·gymnastizierende Übungen erfolgreich anzuwenden, um Ihr Pferd dressurmäßig immer weiter auszubilden.
·sich der bereits existierenden Quellen über die Dressur richtig zu bedienen.
Ein Schüler der natürlichen Dressur ist seinem Pferd ein Partner, lernt, mit ihm zu kommunizieren, und bekommt das meiste Feedback von seinem Pferd. Er weiß, wohin man sich wenden kann, um Probleme zu lösen, kann präzise Fragen stellen und Übungen erfassen und anwenden. Wer natürliche Dressur lehrt, wird immer die Beziehung zwischen Mensch und Pferd respektieren. Er wird beide in neue Regionen führen und ihre Grenzen erweitern, ohne ihren Geist zu brechen. Wenn ein Schüler fragt: „War das richtig?“, wird ein Lehrer für natürliche Dressur zuerst fragen: „Hat dein Pferd getan, was du ihm vermitteln wolltest?“ Wenn die Antwort „Nein“ lautet, dann wird er erforschen, wo der Mangel an Klarheit besteht oder ob das Pferd die Frage beantworten kann. Wenn die Antwort „Ja“ lautet, dann wird er ein Feedback geben, ob das zum gegebenen Zeitpunkt eine Haltung oder Aufgabe ist, von der das Pferd profitiert.
Ich hoffe, dass das Verständnis dieses Materials Ihnen helfen wird, die vielen verfügbaren Quellen zum Thema Dressur zu nutzen. Es gibt Bücher, Videos und Zeitschriften, die wunderbare Übungen beschreiben. Durch die Informationen in diesem Buch werden Sie lernen, eine gute Verbindung zu Ihrem Pferd aufrechtzuerhalten, wie Sie sich mit Ihrem Pferd über all das verständigen können, was für eine bestimmte Aufgabe notwendig ist, und wie man Probleme löst. Hoffentlich werden Sie auch lernen, die richtigen Übungsaufgaben auszusuchen, die Ihnen und Ihrem Pferd weiterhelfen.
Wenn Sie Anleitung benötigen, gibt es begabte Dressurtrainer, die sich ihre Natürlichkeit bewahrt haben. Sie selbst tragen die Verantwortung dafür, eine natürliche Grundlage zu schaffen, indem Sie die Kommunikation und die Fertigkeiten herstellen, die in diesen Materialien beschrieben sind, und dann, wenn Sie das Feedback oder die Anleitung eines erfahrenen Dressurreiters in Anspruch nehmen wollen, einen der eben beschriebenen Ausbilder zu finden. Sie werden sich nicht unbedingt als Natural Horsemen bezeichnen, aber hoffentlich werden Sie sie dennoch erkennen, wenn Sie sie sehen. Diese Informationen werden Ihnen und Ihrem Pferd helfen, bereit, willig und befähigt bei diesen Trainern anzukommen und Wachs in ihren Händen zu sein. Und gemeinsam können Sie dann schöne Dressur schaffen! Ich hoffe ebenfalls, dass Sie erkennen werden, wenn ein Dressurtrainer kein hervorragender Horseman ist, und so viel Frustration vermeiden können. Ich weiß, welche Anforderungen ein Dressurlehrer ab der ersten Stunde an Sie und Ihr Pferd stellen wird. Diese Materialien sollen Sie optimal darauf vorbereiten, sodass Sie wertvolle Hinweise von einem qualifizierten Trainer bekommen können und die nötigen Werkzeuge besitzen, um Fortschritte in der Dressur zu machen, ohne die Beziehung mit Ihrem Pferd zu opfern. Ihre Aufgabe besteht darin, sich mit Ihrem Pferd in Einklang zu bringen und mit ihm zu kommunizieren. Die Aufgabe Ihres Lehrers besteht darin, Sie beide als Team so zu leiten, dass die gymnastischen Fähigkeiten Ihres Pferdes zunehmen. Aber denken Sie immer daran: Solange wir unserem Pferd zuhören, haben wir den besten Lehrer der Welt.
… solange wir unserem Pferd zuhören, haben wir den besten Lehrer der Welt.