Techniken werden nur so erfolgreich sein wie die Absicht, mit der sie angewandt werden. Wenn es beim Horsemanship und der Reiterei nur darum ginge, bestimmte Hilfen anzuwenden, dann wäre alles viel leichter, als die Erfahrung vieler von uns zeigt. Ich scherze oft, dass ich es mit nur zwei Beinen, zwei Armen und einem Hintern eigentlich öfter richtig hinbekommen sollte! Aber unsere Tanzpartner sind sensible, lebendige Kreaturen. Daher kommt es darauf an, wie wir unsere Techniken anwenden. Und es ist auch wichtig, was unser Pferd von uns hält und wie unsere geistige Verfassung ist. Es folgen einige Essays, die Ihnen, wie ich hoffe, helfen werden, die Lücke zwischen dem Verständnis einer Technik und dem praktischen Erfolg zu schließen. Wenn Sie sich ein wenig in einer Sackgasse befinden, könnten Ihnen diese Essays wieder auf die Sprünge helfen, um weiter Fortschritte zu machen. Viel Spaß!

 

 

Athletisches Gleichgewicht

Rufen Sie sich das Prinzip in Erinnerung, dass die Balance irgendwo zwischen der Schiefe und der spiegelbildlichen Schiefe liegt. Die beste Balance befindet sich irgendwo zwischen zu schnell und zu langsam, zu lang und zu kurz, der Kruppe zu weit rechts oder links, den Schultern zu weit rechts oder links, der Biegung zu weit rechts oder links, Ihrem Körper, der zu weit nach rechts oder links lehnt oder gedreht ist oder zu sehr rechts oder links belastet, der zu weit nach vorn oder hinten sitzt, zu steif oder zu locker ist … Sie sehen, worauf ich hinauswill! Wenn Sie mein Tennisschüler wären, der einen Aufschlag erwidern will, und ich würde bemerken, dass Sie sich nach links lehnen, dann würde ich den Ball auf Ihre rechte Seite spielen und umgekehrt. Ich würde das so lange tun, bis ich sehe, dass Sie für beide Seiten gleich gut vorbereitet sind. Während dieses Vorgangs würde es Ihnen schwerer fallen, die Aufschläge auf der Seite, für die Sie nicht vorbereitet sind, zu erwidern – Sie wären vielleicht sogar frustriert, aber am Ende hätten wir einen besser ausbalancierten Athleten geschaffen.

Wenn Sie einmal die notwendige Kommunikation etabliert haben, können Sie Ihr Pferd mit folgender Strategie so ausbilden, dass es ein ausbalancierter Athlet wird:

 

·Erkennen Sie das Ungleichgewicht.

·Lassen Sie sich etwas einfallen, wie Sie von Ihrem Pferd das Gegenteil dieses Ungleichgewichts auf einfachere, übertriebene Art verlangen können.

·Wiederholen Sie die Übung, bis Ihr Pferd sie besser koordinieren kann.

·Kehren Sie zu Ihrem ursprünglichen Vorhaben zurück und fühlen Sie, ob Sie eine verbesserte Balance feststellen können.

 

Zwei Beispiele:

1. Eine Schülerin kam die Viertellinie der Bahn entlang im Trab und wollte ein Viereck-Vergrößern nach rechts zurück zur Bande reiten. Das Problem, das dabei auftauchte, war, dass die Hüften des Pferdes hinterherschleiften und die Schultern nach rechts kippten. Das Pferd fiel dadurch auf die Vorhand und die Anlehnung wurde schwer. Sie arbeitete mit großem Einsatz daran, alle diese Probleme in den Griff zu bekommen, und trotzdem gelang ihr kein gutes Viereck-Vergrößern. Ich gab ihr die folgende Aufgabe:

 

·Trab linke Hand

·Im Trab auf die zweite Viertellinie abwenden

·Viereck-Vergrößern einleiten, dann Übergang zum Schritt und steil seitwärts

·Übergang zum Weichen der Hinterhand vom linken Schenkel, 90 Grad (die Hinterhand würde dann senkrecht zur Wand stehen, das Pferd stünde also mit dem Schweif zur Wand)

·Rückwärtsrichten

·Entspannen

·Antraben, linke Hand, Übung wiederholen

 

Diese Aufgabe verlangt vom Pferd, das Gegenteil des eigentlichen Problems zu tun. Wenn es beginnt, auf die Schulter zu fallen, bitten wir das Pferd, zum Schritt überzugehen. Die Kruppe hatte hinterhergeschleift, daher lassen wir die Kruppe mehr übertreten als die Schulter (eine schwierigere Bewegung, aber wir reiten sie langsam im Schritt, und dann richten wir rückwärts, um das Gewicht nach hinten zu bringen). Durch die Entspannung setzen wir den Schlusspunkt hinter den Satz.

Als Pferd und Reiter diese Übung koordinieren und sich darüber verständigen konnten, trabte das Pferd die Viertellinie entlang, geistig und körperlich bereit, mit der Vorhand zu warten, die Hinterhand unter dem Körper zu aktivieren und sich zu entspannen. Dadurch war die Reiterin in der Lage, das Pferd im einfachen Schenkelweichen leicht und ausbalanciert weitergehen zu lassen.

 

2. Eine Schülerin hatte ein Pferd, dem es Probleme bereitete, auf einem 20-Meter-Zirkel sein Gleichgewicht im Galopp zu halten. Es wurde ein wenig schief, indem es über die Schulter ausfiel und ständig den Zirkel vergrößerte. Sobald das Pferd schief war, konnte es schlechter auf ihre Hilfe reagieren, mit der sie es bat, auf den Zirkel zurückzukehren. Es wurde schwerer in der Anlehnung und fiel aus. Ich gab ihr die folgende Aufgabe:

 

·Sie sollte sich vorstellen, dass sie auf einem Zifferblatt im Uhrzeigersinn ritt.

·Bei 3, 6, 9 und 12 Uhr ein Weichen der Vorhand um 360 Grad nach rechts. Dann den Zirkel fortsetzen.
Das Weichen der Vorhand kann langsam sein, aber es muss leicht und sensibel geschehen.

·Den Zirkel im Schritt, dann im Trab und dann im Galopp reiten, und daraus jedes Mal einen Übergang zu einem äußerst willigen Weichen der Vorhand im Schritt.

·Sobald das Pferd die Hilfe zum Wenden gut annimmt, muss die Wendung keine 360 Grad mehr betragen.
Die Wendung unterbrechen, sobald das Pferd zu 100 Prozent willig mitmacht. Das kann nach einem halben Tritt der Fall sein, nach fünf Tritten oder schon im ersten Sekundenbruchteil, nachdem die Hilfe erfolgte.

 

Als das Pferd in der Lage war zu galoppieren, dann zu wenden, dann wieder zu galoppieren und dann noch mal zu wenden, konnte es auch galoppieren und wenden. In dem Moment, als das Pferd mit der Schulter ausfiel und sein Gewicht nach vorn warf, übten wir die Gegenbewegung: das Gewicht nach hinten verlagern und die Schultern nach innen leichter werden lassen, in einem gleichbleibenden, vorhersagbaren Schema, wobei langsame Wendungen mit großer Sensibilität geritten wurden. Bald fühlte die Reiterin, dass das Pferd sich auf diese Sequenz vorbereitete, und konnte ihm leicht erlauben, nur eine kleine Veränderung vorzunehmen und weiterzugaloppieren.

 

Stellen Sie sich der Herausforderung, Ihre Probleme zu diagnostizieren. Suchen Sie nach einer Aufgabenstellung, die aus Ihrem Pferd einen besser ausbalancierten Athleten macht.

 

Stellen Sie sich der Herausforderung, Ihre Probleme zu analysieren. Suchen Sie nach einer Aufgabenstellung, die aus Ihrem Pferd einen besser ausbalancierten Athleten macht. Vergewissern Sie sich, dass Sie die neue Aufgabe nicht als Strafe reiten, sondern um zu sagen: „Wenn du diese Übung nicht als Ganzes hinbekommst, dann üben wir die fehlende Zutat übertrieben deutlich und entwickeln so die dafür nötige Koordination.“

 

 

Antizipation: Wie man einen hohen Grad an Sensibilität erreicht

Der Unterschied zwischen Antizipation und willkürlicher Vermutung war eines der vielen wichtigen Dinge, die ich im Parelli-Programm gelernt habe. Pat Parelli lehrt, dass man 80 Prozent Einheitlichkeit und 20 Prozent Abwechslung verwenden soll, um Verständnis und Sensibilität zu wecken. Das ist einer der Unterschiede zwischen Kommunikation und „Tricks“. Hier sind meine Gedanken zu diesem Konzept:

 

Dieser Zustand der Antizipation ist die natürlichste halbe Parade beziehungsweise das natürlichste Werkzeug für das Herstellen eines neuen Gleichgewichts. Er ist ein kostbarer Moment, eine Tür zu einem wunderbar dynamischen Zusammenspiel mit Ihrem Pferd.

 

Wenn wir eine bestimmte Antwort vom Pferd haben möchten, haben wir die Möglichkeit, etwas ständig zu wiederholen und damit ins „Muskelgedächtnis“ zu übertragen und eine Annahme beim Pferd herzustellen. Wir können es dem Pferd aber auch als ein Stück Kommunikation beibringen. Wenn man will, dass ein Pferd ein bestimmtes Schema lernt und jedes Mal dasselbe tut, beginnt man mit diesem Schema und wiederholt es so lange, bis das Pferd annimmt, dass es die Aufgabe immer auf genau die gleiche Weise ausführen soll. Das ist so, als ob man eine Münze in einen Automaten wirft. Eine Reihe von Ereignissen läuft ab und kann nicht unterbrochen werden. Denken Sie an die automatischen Autowaschanlagen, wo das ganze Waschprogramm abläuft, ob Sie wollen oder nicht, wenn Sie einmal auf der Schiene stehen und „Start“ gedrückt haben!

Der Ausdruck „Muskelgedächtnis“ bedeutet, dass das Pferd nicht über sein Tun nachdenkt, was durchaus positiv sein kann. Wir wollen bei bestimmten Bewegungen an den Punkt gelangen, wo das Pferd sie nicht jedes Mal neu durchdenken muss. Sein Verstand muss frei sein, um sich mit anderen Eigenschaften zu beschäftigen, die mit der Ausführung der Lektion zu tun haben. Aber es gibt viele Momente, in denen wir unserem Pferd etwas beibringen und mit ihm spielen und in denen wir wollen, dass sein Verstand involviert ist! Nachdenkzeiten sind so wichtig in der Lernphase. Wir wollen, dass unser Pferd sein Gehirn benutzt, nicht nur seinen Körper wie ein Roboter. Haben Sie schon einmal ein Pferd in einem Reitstall geritten, das ein Schulpferd für Anfänger war? Diese Pferde haben alles im Muskelgedächtnis gespeichert und handeln auf der Grundlage von Annahmen. Sie gehen in die Bahn und folgen die ganze Zeit dem Pferd vor ihnen an der Bande entlang, ganz egal, was passiert. Das kann in dieser Situation natürlich nützlich sein und Sicherheit geben. Die Annahme ist entstanden, weil dies jedes Mal passiert, wenn das Pferd die Bahn betritt. Das Pferd kann dabei geistig abstumpfen … Es kann schwierig sein, dieses Pferd dazu zu bringen, etwas anderes zu tun!

Antizipation ist, wenn das Pferd sich für etwas vorbereitet, geistig wach ist und die anstehende Handlung unterbrochen werden kann. Das Pferd stellt eine Frage, anstatt nur mechanisch die Bewegungen auszuführen. Wenn man etwas regelmäßig tut, entsteht Antizipation. Tut man es dann immer weiter genau so, nimmt das Pferd an, dass es dies immer so machen soll. Wenn Sie merken, dass das Pferd etwas antizipiert, wonach Sie noch nicht gefragt haben, können Sie etwas anderes abfragen. Das wird die Aufmerksamkeit Ihres Pferdes erhöhen und es dazu bringen, Fragen zu stellen. Es sensibilisiert das Pferd für den Moment, wenn Sie im Begriff sind, etwas abzufragen, es aber noch nicht getan haben. Dieser Zustand der Antizipation ist die natürlichste halbe Parade beziehungsweise das natürlichste Werkzeug für das Herstellen eines neuen Gleichgewichts. Er ist ein kostbarer Moment, eine Tür zu einem wunderbar dynamischen Zusammenspiel mit Ihrem Pferd. Sie können Antizipation benutzen, um ihm beim Erlernen einer Übung zu helfen, die ihm schwerfällt. Sein eifriger Geist kann seinen Körper mit sich ziehen! Können Sie sich das vorstellen? In jeder Ecke der Bahn fragt Ihr Pferd bei Ihnen an: „Was soll ich jetzt machen?“ Das ist möglich, wenn wir dazu beitragen, dass es so weit kommt. Es handelt sich dabei aber auch um einen empfindlichen Zustand, der leicht verloren gehen kann, wenn wir uns nicht um ihn bemühen.

 

Die Schlüssel für das Erreichen dieses Zustands der Antizipation sind:

 

·Geben Sie durch einen Gedanken oder das Einnehmen einer Haltung ein Ankündigungssignal, das sagt:
„Mach dich bereit“ oder „Wir wollen …“

·Bleiben Sie konsequent bei einer Lektion, bis das Pferd sie geistig und körperlich versteht und somit mühelos auf eine leichte Aufforderung hin ausführen kann.

·Wenn Ihr Pferd eine Lektion antizipiert, danken Sie ihm dafür und führen eine andere gleichbleibende Lektion aus, bis es auch diese antizipiert.

·Wenn Sie zwei oder mehr Antworten etabliert haben, dann variieren Sie, welche Sie nach dem Ankündigungskommando (die mentale halbe Parade, der „Mach-dich-bereit“-Moment) anfordern.

·Das Ziel ist ein Pferd, das auf Ihr Ankündigungssignal hin fragt: „Was willst du?“

 

Wenn wir immer ein wenig variieren, können wir das Pferd geistig wach und aufmerksam machen. Wir riskieren allerdings, es zu verunsichern. Es kann ängstlich werden und sich hereingelegt fühlen. Wenn wir hingegen immer alles genau gleich machen, kann es ruhig und zuverlässig werden, aber wir riskieren, dass es abschaltet und abstumpft.

Überprüfen Sie sich und Ihr Pferd ständig: Haben Sie ihm beigebracht, bestimmte Schemata anzunehmen? Ist das beabsichtigt? Gibt es Zeiten, in denen Ihr Pferd sehr unbeständig antwortet und ängstlich wird? Das Stellen solcher Fragen hilft Ihnen, die gewünschten Antworten zu bekommen.

Helfen Sie Ihrem Pferd dabei, vertrauensvoller und mutiger zu antworten, indem Sie:

 

·gut sichtbare, bestimmte Ziele verwenden: einen Kegel, einen Baum oder ein Fass oder irgendetwas, das Ihr Pferd als Endpunkt sehen kann. Anstatt zu sagen: „Nicht herumirren“, können Sie sagen: „Gehe zum Baum.“
Sie können Übergänge an eindeutigen Markierungen reiten.

·Finden Sie einen motivierenderen Druck. Das bedeutet nicht immer eine stärkere Hilfe, sondern kann auch durch häufigeres Wiederholen der Übung erreicht werden. Wenn Sie und Ihr Pferd zehn Wiederholungen brauchen, um etwas zu verändern, dann können Sie vielleicht alle zehn an einer langen Seite machen, anstatt sie über die nächste Stunde auszudehnen. Sie können versuchen, Ihre Vorschläge auf eine andere Weise zu unterstützen, die Ihr Pferd von Natur aus besser versteht. Vielleicht verwenden Sie bisher stärkeren Druck, um mehr Energie zu bekommen, aber Unterstützung durch die Gerte würde Ihrem Pferd mehr einleuchten (oder umgekehrt).

·Geben Sie betonter nach. Ein Nachgeben kann ein Ausatmen sein. Es kann ein Überstreichen mit beiden Händen für einen Tritt sein. Es kann ein Dehnenlassen in der Bewegung sein. Es kann ein Geradeausgehen nach einer schwierigen Beweglichkeitsübung sein. Es kann Schritt am langen Zügel sein. Es kann Anhalten und Nachdenken sein. Es kann Absitzen, Absatteln und Weggehen sein. Sie haben viele Auswahlmöglichkeiten, um Ihr Pferd mit dem Gedanken zurückzulassen: „Wow, die Anstrengung hat sich aber gelohnt!“

 

Dressur kann auf das Pferd leicht kompliziert, zwecklos und verwirrend wirken. Wir müssen alles tun, was in unserer Macht steht, um sicherzugehen, dass die kleinen Dialoge, aus denen die großen Übungen zusammengesetzt sind, sehr, sehr gut funktionieren.

 

 

 

Ich ritt eines Tages ein Pferd, mit dem ich versuchte, unsere Traversalen zu verbessern. Es hatte große Schwierigkeiten, seine Biegung beizubehalten, und je mehr ich mich darauf konzentrierte, desto unmotivierter wurde es, die Seitwärtsenergie zu liefern. Dann wurde das Verbessern der Biegung richtig schwierig für mich, weil das Pferd einfach nicht mehr ging! Ich wollte nicht das Biegesystem und gleichzeitig das Seitwärtssystem unterstützen müssen. Daher entschied ich mich, nur ein System zu verbessern. Ich ritt auf einer Wiese, ungefähr fünf Meter vom Zaun entfernt, in einem entspannten Schritt. Dann nahm ich Haltung an, wurde sehr „aufgeregt“ energisch und sagte mir: „Auf die Plätze, fertig … LOS!“ … eilte dann seitwärts zum Zaun, verlangte ein Rückwärtsrichten, warf die Zügel hin, sprang ab, setzte mich auf den Zaun und ließ das Pferd grasen. Ich war nicht pingelig, was die Details der Seitwärtsbewegung betraf. Ich wollte nur, dass mein Pferd irgendwie mit der Vorhand und Hinterhand seitwärtsging. Dann stieg ich wieder auf, ritt entspannt davon und wiederholte den Vorgang. Sehr bald wurde das Pferd, sobald ich die Zügel aufnahm, ebenfalls aufgeregt und motiviert, sich zu beeilen, um seitwärts zum Zaun zu kommen, rückwärtszugehen und dann zu grasen und sich zu entspannen. Es dauerte nicht lange, bevor es fröhlich, im Gleichgewicht, motiviert und vorwärtsdenkend seitwärtsging. Ab dann hatte ich die Freiheit, Vorschläge zur Biegung zu machen. Als uns eine bessere Biegung gelang, konnte ich das Pferd auch leichter so stellen, dass ihm die Traversale bewegungsmechanisch leichter fiel, als wenn wir beide steif wurden und ins Stocken gerieten. Jetzt hatten wir alles!

 

 

 

9 + 1 Dialoge

Es gibt 9 + 1 „Themen für Dialoge“, die Sie mit Ihrem Dressurpferd führen werden. Ausgehend von der Annahme, dass wir alles aus einem Zustand der Ruhe/Entspannung heraus beginnen, sind dies:

 

1.Gangart (Takt)

2.Richtung

3.Energie

4.Verschieben der Vorhand oder Hinterhand

5.Wo das Gewicht ist

6.Gebogen/Gerade

7.Haltung

8.Tempo

9.Länge/Form der Tritte

+1.Verbindung mit den Zügeln/Beizäumung

 

Ich liste die Themen in dieser Reihenfolge auf, weil ein Problem in einem der neun Bereiche sich in den Zügeln manifestieren wird und ein Problem mit den Zügeln die anderen neun in Mitleidenschaft ziehen wird.

Dem Menschen den empfindlichsten Körperteil des Pferdes in die Hand zu geben, ist ein Rezept zum Herbeiführen einer Katastrophe. Daher denke ich, dass es wichtig ist, die neun Dialoge ohne Anlehnung oder Beizäumung führen zu können und extrem positive separate Antworten auf Anlehnung und Beizäumung zu erhalten, bevor man beides kombiniert. Das wird auch beim Analysieren des wahren Problems helfen und Pferd und Reiter die besten Aussichten für Leichtigkeit und Selbsthaltung während des ganzen Trainings bescheren.

Jede Dressurlektion, die Ihnen einfällt, ist eine Kombination dieser Dialoge, und langfristig gesehen können Sie alle auf einmal im Blick haben – ähnlich wie ein Dirigent, der ein Orchester dirigiert.

Um diese „Gesprächsthemen“ erfolgreich miteinander kombinieren zu können, müssen Sie bereits in der Lage sein, sich sehr gut mit Ihrem Pferd zu verständigen (durch eine leichte Hilfe [Phase 1 oder 2]). Wenn Sie herumreiten und bei mehr als einem dieser Themen damit beschäftigt sind, Kontrolle auszuüben oder verstärkende Hilfen zu geben, dann schaffen Sie dadurch eine Situation, in der es sehr schwierig sein wird, erfolgreich zu sein (falls Erfolg = Harmonie und Leichtigkeit!). Wenn der Dirigent ständig alle Instrumente daran erinnern muss, wie sie ihre Stimme zu spielen haben, dann wird keine besonders schöne Musik herauskommen!

Stellen Sie sich nun einen Dirigenten vor, der ein Orchester dirigiert. Er verkörpert die Musik und gibt den Takt vor (das ist die „Phase 1“ – der Vorschlag). Wenn eine Sektion „verstärkt“ werden muss, dann schaut er vielleicht die Violinen an, gestikuliert heftiger und erwartet, dass sich etwas ändert (das ist Phase 2). Stellen Sie sich nun vor, dass die Violinen nicht reagieren und der Dirigent permanent die Verstärkung anfordern muss. In dem Fall kann nur noch die Hälfte von ihm den Rest des Orchesters dirigieren! Jetzt stellen Sie sich vor, eine weitere Sektion muss verstärkt werden und reagiert ebenfalls nicht! Das wäre doch wohl sehr ineffektiv. Bei einer Aufführung würde der Dirigent wahrscheinlich sein Bestes tun, um die Situation zu beherrschen, und dabei denken: „Ich muss das später mit ihnen besprechen.“ Aber 99 Prozent der Zeit ist das Leben eine Probe. Um in die Zukunft zu investieren, würde er unterbrechen. „Hey, Violinen, wenn ich so gestikuliere, bedeutet das, dass ihr ein bisschen lauter werden sollt. Wir versuchen das einmal. Super, das ist es! Okay, jetzt wieder alle zusammen von vorn!“

Idealerweise hat jede Sektion zur Vorbereitung separat geübt und ihre individuellen Partituren studiert, sodass der Dirigent das gesamte Orchester nur noch dirigieren muss und nicht herumrennen muss, um alle Instrumente selbst zu spielen. Stellen Sie sich nun vor, dass jede Sektion des Orchesters einen dieser 9 + 1 Themenbereiche darstellt. Es gibt eine Sektion über die Richtung, eine Sektion über die Gangart und so weiter.

Nehmen Sie sich die Zeit, die einzelnen Themenbereiche getrennt zu „besprechen“. Dann üben Sie das Dirigieren eines Orchesters mit zwei Instrumenten, dann mit vier und erhöhen die Zahl nach und nach, bis Sie das Gefühl haben, dass Sie beim Reiten alle Bereiche im Blick haben und ein schönes Musikstück dirigieren können. Sie müssen bemerken, wenn Sie eine Sektion dauernd unterstützen müssen oder mehrere Sektionen gleichzeitig – und scheuen Sie sich dann nicht, alles aufzugeben, um Klarheit über den aktuell problematischen Themenbereich zu schaffen. Sie können jederzeit von vorn anfangen, sobald die positive Kommunikation wiederhergestellt ist.

Eine hervorragende Übung ist es, damit zu spielen, nur eine dieser Konversationen auf einmal zu verändern, während die anderen neutral bleiben. Können Sie zum Beispiel die Richtung, Energie und Haltung beibehalten, während Sie die Gangart ändern? Können Sie die Gangart, die Biegung und die Richtung beibehalten, während Sie die Stellung der Kruppe verändern?

Diese Übung, auf die Spitze getrieben, wird Ihnen alles geben, was Sie für jegliche Dressurlektionen brauchen!

 

… und scheuen Sie sich dann nicht, alles aufzugeben, um Klarheit über den aktuell problematischen Themenbereich zu schaffen. Sie können jederzeit von vorn anfangen, sobald die positive Kommunikation wiederhergestellt ist.

 

 

Harmonie: Ein Pferd und ein Mensch teilen dasselbe Bild

Harmonie ist schwer zu fassen und doch unverwechselbar. Für mich ist sie das höchste Ziel. Aber als Lehrerin und Ausbilderin weiß ich, dass ich die Komfortzone der Harmonie auch mal für einen Moment verlassen muss, um Fortschritte zu machen. Ein großer Ausbilder versteht die Kunst, genau zu wissen, wann er dabei wie weit gehen muss.

Einer der wichtigsten Schlüssel zur Harmonie mit unserem Pferd ist, dass wir uns ihm anpassen, bevor wir erwarten können, dass es sich uns anpasst. Die Zeit, die ich mit meinen Pferden verbracht habe, ohne etwas von ihnen zu verlangen, hat sich immens bezahlt gemacht hinsichtlich der Ausbildungsresultate und der allgemeinen Partnerschaft. Wie wäre es, ein paar Stunden mit Ihrem Pferd zu verbringen, das anzuschauen, was das Pferd anschaut, dorthin zu gehen, wo es hingeht, Schritt zu gehen, wenn es Schritt geht, seine Energie zu fühlen? Können Sie sich ihm anpassen? Können Sie Ihrem Pferd das Gefühl vermitteln: „Hey, du bist genau wie ich!“? Können Sie mental, emotional und physisch bei ihm sein? Oder einfach nur Ihr Pferd mitbringen, wenn Sie beim Unterricht von jemand anders zuschauen? Das kann helfen, Ihrem Pferd den Eindruck zu vermitteln, dass Sie ein Teil seiner Herde sind.

Wenn Sie sich Ihrem Pferd am Boden oder im Sattel anpassen, werden Sie zunächst das Gefühl haben, dass Sie ihm nur folgen. Sie haben vielleicht Angst oder das Gefühl, dass Ihr Pferd sich „etwas herausnimmt“. Versuchen Sie, diese Gefühle loszuwerden. Erlauben Sie Ihrem Pferd innerhalb der Sicherheitsgrenzen tatsächlich zu führen. Die nächste Stufe ist die erstaunliche. Wenn Sie sich voll und ganz diesem Moment hingeben, erfahren Sie vielleicht etwas, das weder Führen noch Folgen ist. Sie erfahren vielleicht, dass Sie und Ihr Pferd den Augenblick teilen. In diesem Moment führt oder folgt keiner von Ihnen. Sie sind zusammen und Ihr Pferd fühlt dasselbe wie Sie.

 

 

 

Ich habe eine Menge darüber durch meine Erfahrungen mit JoAnna Mendl Shaw und ihren Tänzern gelernt. Wir haben Kurse zusammen gegeben und ihre Übungen zum Führen und Folgen sind sehr nützlich. Unter www.dancingwithhorses.org erfahren Sie mehr über ihre Unterrichtsmethode.

 

 

 

Wir können nur etwas führen, dem wir auch folgen können. Wenn wir nicht zur Harmonie gelangen können, kann die Harmonie auch nicht zu uns gelangen.

 

Das ist wahre Harmonie. Das ist eine gleichwertige Beziehung, bei der wir in dem Maß mit unserem Pferd gehen, in dem wir von ihm verlangen, mit uns zu gehen. Ich finde, dass wir als Menschen in der Lage sein müssen, auf unsere Pferde zuzugehen und uns ihnen anzubieten, um zu beweisen, dass wir zusammen sein können. Wenn uns das gelingt, dann erfahren wir beide Harmonie auf die Weise, die für das Pferd am einfachsten ist. Es wird dann leichter sein, uns vorzustellen, dass unser Pferd mit uns kommt, um sich unseren Ideen anzupassen. Wir können nur etwas führen, dem wir auch folgen können. Wenn wir nicht zur Harmonie gelangen können, kann die Harmonie auch nicht zu uns gelangen.

Harmonie wird sich einstellen, wenn wir unserem Pferd folgen. Harmonie wird sich auch einstellen, wenn es uns folgt. Jeder, der bei mir Unterricht hatte, weiß, wie oft ich die Frage stelle: „Hat dein Pferd deinem Bild entsprochen?“

Unsere nächste Aufgabe, nachdem wir gelernt haben, unserem Pferd zu folgen, ist, zu lernen, es klar zu führen. Es will nur wissen, was wir von ihm wollen. Wir müssen ihm mitteilen können, wann es unseren Wunsch erfüllt hat und wann nicht – noch nicht. So vieles, was als „Ungehorsam“ von Pferden bezeichnet wird, kommt entweder daher, dass sie schon getan haben, was von ihnen verlangt wurde, sie aber noch immer den Druck fühlen, oder dass sie noch nicht getan haben, was von ihnen verlangt wurde.

Wenn das Problem darin besteht, dass das Pferd das Verlangte schon getan hat, aber noch immer den Druck fühlt, muss man bereit sein, sich selbst zu ändern, um den Druck wegzunehmen. Vielleicht starrt man das Pferd an. Vielleicht umklammert die Hand noch immer die Gerte oder vielleicht drückt man mit den Schenkeln, ohne es zu wollen. Man muss dem Pferd mitteilen, wenn es das Verlangte ausgeführt hat. Vergewissern Sie sich, dass Sie den Druck so wegnehmen können, dass das Pferd es auch versteht, und hören Sie nie auf, alternative Formulierungen für den Satz: „Ja!! Mach dir keine Sorgen, du hast es!“, zu finden.

Wenn das Problem darin besteht, dass das Pferd das Verlangte noch nicht getan hat, dann weiß das Pferd das und Sie wissen es auch. Harmonie fühlt sich fantastisch an und ist unverwechselbar. Harmonie und ein gemeinsames Bild vor Augen fühlen sich nicht an wie: „Na ja, das war ganz gut für deine Verhältnisse“ oder „Du hast es so ungefähr kapiert.“ Stellen Sie sich vor, wie Sie sich fühlen würden, wenn Ihr Lehrer Sie anschauen und sagen würde: „Na ja, das ist ganz gut für Ihre Verhältnisse“, Ihnen aber nie helfen würde, mehr zu erreichen. Der Punkt ist nicht, dass wir übertrieben penibel mit unseren Pferden sein müssen. Der Punkt ist, dass wir unser Bild gut wählen müssen und unseren Pferden erlauben müssen, erfolgreich zu sein. Betrügen Sie sich und Ihr Pferd nicht um einen „Ja-du-bist-so-perfekt“-Moment. Es gibt mehr Gelegenheiten für Harmonie, als Sie denken. Es kommt auf die kluge Auswahl des Bildes an. Verlangen Sie, was Sie auch erreichen können! Seien Sie sich darüber bewusst, wenn Sie eine Grenze ausdehnen und etwas Schwieriges verlangen. Vertrauen Sie darauf, dass Sie die Fertigkeiten haben, es zu erreichen, und wenn die Erfahrung Ihnen sagt, dass das, was Sie verlangen, im Augenblick noch zu schwer ist, dann ändern Sie Ihre Absicht und wählen Sie ein anderes Bild! Meine Pferde gehen immer mit dem Gefühl „nach Hause“, meinem Bild zu entsprechen. Manchmal ist das leicht, und manchmal ist es eine Herausforderung. Manchmal möchte ich nur einen Tritt der Lektion. Manchmal möchte ich mehr. Das Bild, das ich verlange, kann stark variieren, von „Geh einfach hin, wohin du willst“ bis zu „Gehe ganz geradeaus die Mittellinie entlang, in genau dieser Trittlänge und in diesem Tempo in der Versammlung.“ Es gehört Erfahrung dazu, zu wissen, welches Bild man wann verlangen kann. Aber wenn Sie aufmerksam sind, dann werden Sie durch Ihre Erfahrungen dazulernen.

 

 

Dressursuppe

Hier ist noch ein Vergleich, der Ihnen auf Ihrer Reise helfen kann. Wenn wir versuchen, etwas mit unseren Pferden zu erreichen, ist das wie beim Kochen. Wir haben eine Vorstellung vom Ergebnis. Dann bereiten wir unsere Zutaten vor und fangen an, sie zusammenzumischen. Zuerst müssen wir natürlich wissen, was wir brauchen. Wir denken also nach und gehen einkaufen. Wir schneiden, was geschnitten werden muss, messen alle Zutaten ab und geben sie in der richtigen Reihenfolge hinzu. Wenn wir zum ersten Mal kochen, müssen wir uns genau an das Rezept halten, und obwohl es nicht in jedem Moment perfekt schmeckt, folgen wir weiter genau dem Rezept und vertrauen darauf, dass der gesamte Vorgang uns letztlich zum Ziel führen wird. Ein erfahrener Koch weiß, wie es bei jedem Schritt schmecken soll, und er wird kleine Korrekturen vornehmen.

 

… und plötzlich tritt ein Umstand ein, der uns deutlich zeigt, dass eine Zutat in unserem Training fehlt oder dass Pferd und Reiter ein etwas höheres Niveau brauchen, um weiter Fortschritte machen zu können. Diese Erkenntnis ist ein Geschenk …

 

Genauso ist es mit diesen Informationen oder irgendeinem anderen Lernvorgang. Sie müssen die Anweisungen befolgen, um Ihr bestes Ergebnis zu erzielen. In dem Maß, wie Sie Erfahrung sammeln, werden Sie den Vorgang besser verstehen und können ihn das nächste Mal nach Ihrem Geschmack abändern.

Manchmal werden Sie während des Vorgangs denken: „Hm, das braucht mehr Zwiebeln.“ Und Sie müssen einen Schritt zurückgehen und mehr Zwiebeln hinzufügen. Oder Sie bemerken, dass Sie die Zwiebeln noch nicht klein geschnitten haben und dass Sie sich jetzt die Zeit nehmen müssen, mehr Zwiebeln zu hacken. Manchmal stellen Sie fest, dass Sie gar keine Zwiebeln im Haus haben und Sie sich noch mehr Zeit nehmen müssen, um ins Geschäft zu gehen und welche zu kaufen.

Bei der Pferdeausbildung ist es ähnlich. Wir reiten vor uns hin, und plötzlich tritt ein Umstand ein, der uns deutlich zeigt, dass eine Zutat in unserem Training fehlt oder dass Pferd und Reiter ein etwas höheres Niveau brauchen, um weiter Fortschritte machen zu können. Diese Erkenntnis ist ein Geschenk, obwohl sie manchmal frustrierend scheinen mag. Es lohnt sich immer, wenn nötig wieder zurück „zum Geschäft“ zu gehen, um zu holen, was wir brauchen.

Wenn Ihnen also das nächste Mal bewusst wird, dass ein Teil Ihrer Grundlagen fehlt, und Sie ein wenig frustriert sind, weil Sie keine Fortschritte machen, dann können Sie einfach denken: „Ich muss noch Zwiebeln schneiden … Dabei vergieße ich vielleicht ein paar Tränen, aber die ,Suppe‘ wird am Ende besser schmecken!“

 

 

„Mein Leben mit Karen“

Seitdem ich mein Dressurtraining um Natural-Horsemanship-Prinzipien ergänzt habe, habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, wie ich mich um meine Pferde kümmern soll – nicht nur physisch, sondern auch mental und emotional. Ich denke über Regeln fürs körperliche Fitnesstraining nach. Über Regeln, die 80 Prozent Beständigkeit und 20 Prozent Abwechslung beinhalten. Was aber für mich am besten funktioniert, ist, von Zeit zu Zeit einen Schritt zurückzutreten, um meine Schöpfung anzuschauen – wie ein Künstler, der einen Schritt von der Leinwand zurücktritt. Ich frage mich: „Wenn mein Pferd heute ein Buch schreiben würde mit dem Titel ,Mein Leben mit Karen‘, was würde da wohl drinstehen? Wäre es eine Tragödie, eine Komödie, ein Krimi, eine Liebesromanze oder die Vorlage für einen Kriegsfilm? Vielleicht wäre es eine Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte, eine Geschichte über das Erlangen von Selbstbewusstsein und das Gefühl von Befähigung!“

 

Wenn mein Pferd heute ein Buch schreiben würde mit dem Titel „Mein Leben mit Karen“, was würde da wohl drinstehen? Wäre es eine Tragödie, eine Komödie, ein Krimi, eine Liebesromanze oder die Vorlage für einen Kriegsfilm? Vielleicht wäre es eine Vom-Tellerwäscher-zum Millionär-Geschichte, eine Geschichte über das Erlangen von Selbstbewusstsein und das Gefühl von Befähigung!

 

Ich weiß, dass ich in dem Buch „Mein Leben mit Karen“ auch einzelne Kapitel fände mit Titeln wie „Karen ist so eine Ziege!“ oder „Ich hatte keine Ahnung, dass ich das kann!“ oder „Das war wirklich verwirrend“ oder „Wow, Karen versteht mich total!“ oder „Ich habe vergessen, warum mich das früher so aus der Fassung gebracht hat“. Aber wenn ich alle Kapitel zusammennähme und die ganze Geschichte lesen würde, dann ginge es um diese merkwürdige Kreatur, die wie ein Mensch aussieht, aber wie ein Pferd denkt, und zusammen haben sie Dinge getan, die keiner von ihnen für sich allein hätte tun können. Je pferdeähnlicher der Mensch wurde, desto mehr hat sich das ganze Potenzial des Pferdes entfaltet.

Hier ist nur ein Beispiel, wie ich das in die Praxis umsetze: Ich habe einmal daran gearbeitet, die Ausdauer von Monty (mein Lipizzanerwallach) in der Versammlung zu verbessern. Es klappte sehr gut, aber dann wurde er müde und abgelenkt. Ich weiß nicht, was zuerst kam, aber ich bemerkte, dass er abgelenkt war, bevor mir klar wurde, dass er müde war. Der Ritt ging schnell bergab (im wörtlichen und übertragenen Sinne). Es dauerte nicht lange, und ich war an dieser schrecklichen Stelle, wo ich dachte: „Ich hätte wahrscheinlich schon vor zehn Minuten aufhören sollen.“ Monty war immer weniger bei der Sache, und je länger ich dazu brauchte, seine Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken, desto müder wurde er. Ich hielt an und dachte einen Moment nach. Dieses Problem beschäftigt uns häufig. Monty lässt sich ablenken, aber er wird auch ängstlich, wenn er kein Zutrauen in seine eigenen Fähigkeiten hat. Ich neige manchmal dazu, wischiwaschi zu sein, und manchmal will ich zu viel. War in diesem Moment sein Abgelenktsein die Wurzel seiner Unfähigkeit, oder war seine Unfähigkeit die Wurzel seines Abgelenktseins? Er hat nicht gern das Gefühl, etwas nicht zu können (wer hat das schon?). Ich musste eine Entscheidung treffen, wie ich damit umgehen würde.

Ich entschied, dass ich tatsächlich glaubte, er könne das ausführen, was ich von ihm verlangte. Ich hatte ihn vorbereitet. Er war kräftig genug, und vielleicht wusste er nur nicht, dass er es konnte. Ich entschied mich, etwas deutlicher die Führung zu übernehmen, ihn bei der Hand zu nehmen und zu sagen: „Komm mit mir mit, du kannst das, aber du musst dich auf mich konzentrieren.“ Es war ein gewisses Risiko, falls er doch zu müde war, um es zu schaffen … Ich hätte tatsächlich sein Selbstvertrauen zerstören können. Ich hielt also an meiner Absicht für diese Übung fest, machte sie eine Stufe leichter, wurde aber sehr pingelig, sodass er sich stark auf mich konzentrieren musste, um bei mir zu bleiben. Ich hatte ein klares Bild davon, was er tun musste, um erfolgreich zu sein, und ich half ihm, dieses Bild zu finden.

Wir hörten in einem sehr schönen Moment auf. Ich sprang ab, dankte ihm, führte ihn, rieb ihn trocken, gab ihm ganz viele Leckerli und blieb bei ihm, bis er abgeschwitzt hatte. Ich dachte: „Na ja, morgen habe ich dann meine Antwort, ob das heute für ihn eine gute Strategie war.“

Am folgenden Tag traf ich die bewusste Entscheidung, dass ich nur das tun würde, wozu Monty mir die Erlaubnis gab, obwohl ich gern die Aufgabe wiederholt hätte, um auf die letzte Übungseinheit aufzubauen. (Man muss dabei bedenken, dass Monty und ich schon eine ausgezeichnete Partnerschaft als Basis hatten und dass unsere Kommunikation so gut war, dass wir am Boden frei spielen konnten.) Ich ging also auf meine vier Hektar große Weide und dachte: „Mal sehen, ob er herkommen und mit mir Verbindung aufnehmen möchte. Und wenn nicht, dann ist das alles, was ich heute mit ihm mache.“ Ich ging hinaus und suchte Monty. Als er mich sah, kam er her und stellte sich neben mich. Ich streichelte ihn und bewegte mich zurück in Richtung Tor. Ich dachte: „Wenn er bei mir bleibt, nehme ich ihn mit aus der Koppel heraus, aber wenn nicht, dann wäre unser einziges Spiel, zusammen auf der Koppel zu sein.“ Er folgte mir bis zum Tor – toll! Ich dachte: „Ich lade ihn ein, durch das Tor zu gehen, und wenn er bei mir bleibt, gehe ich mit ihm zum Stall und putze ihn. Aber wenn er mich verlässt, dann spiele ich nur Fangen mit ihm, und das ist alles, was wir tun.“

Ich öffnete das Tor und lud ihn ein, durchzugehen. Er ging hindurch, drehte sich um und schaute mich an. So weit, so gut! Ich drehte mich um, um das Tor zu schließen, und hörte donnernde Hufe. Ich lächelte und dachte: „Na ja, das war’s dann wohl! Ich hole ein paar Möhren, schaue mal, ob er zu mir kommt, dann gebe ich sie ihm und kraule ihn an allen seinen Lieblingsstellen, und das ist alles für heute.“ Wenn er wegläuft, anstatt mir in den Stall zu folgen, sagt er mir meiner Ansicht nach, dass er schon zu viel Druck fühlt oder dass unsere Partnerschaft heute nicht sehr stark ist. Die Partnerschaft wiederaufzubauen ist genauso wertvoll oder sogar noch wertvoller als die bloße Wiederholung einer Übung. Bedenken Sie, dass er an einem typischen guten Tag normalerweise frei laufend mit mir in den Stall kommt.

Doch als ich mich umdrehte, sah ich, wie Monty schnurstracks in den Stall rannte! Er stellte sich in die Putzbox und wartete auf mich. Ich putzte und sattelte ihn, stieg auf und ritt zu genau derselben Stelle, an der ich tags zuvor die Übung geritten hatte. Ich wurde hellwach und fing an, mir die Übung vorzustellen. Er begann, genau die Eigenschaften anzubieten, die ihm gestern so schwergefallen waren. Er tat nicht nur, was ich von ihm verlangte, sondern er tat es von sich aus, fast bevor ich die Hilfen gab. Ich beendete den Ritt schnell, weil Monty mir das Gefühl gab, er würde es noch ewig weiter tun – und genau deshalb brauchte er es nicht zu tun. Wenn er jedes Mal so viel Sicherheit hat, dann kann ich beschließen, die Grenze ein wenig zu erweitern.

Ohne mein dressurmäßiges Ziel aufzugeben, tat ich mein Bestes, die Dinge aus Montys Sicht zu sehen, und gab ihm die Gelegenheit, sich auszudrücken. Ich brachte ihn aus seiner Komfortzone, war mir bewusst, was ich tat, und war bereit, dem zuzuhören, was er zu sagen hatte. Am nächsten Tag war ich bereit zu akzeptieren, dass er nichts anbieten wollte, und genau deshalb erlebte ich, dass er alles anbot. Das Kapitel von gestern könnte den Titel tragen: „Wow, das war wirklich schwer …“, aber heute hatte das ganze Buch ein Happy End.

 

Ich war bereit zu akzeptieren, dass er nichts anbieten wollte, und genau deshalb erlebte ich, dass er alles anbot.

 

Das ist nur eine Geschichte, in der ich so gut wie möglich geraten habe, was in seinem Kopf vorging. Es ist keine Trainingsregel. Was diese Erfahrung positiv machte, war, dass ich alles ganz bewusst tat und mit dem Ziel, Monty am Ende mit einem Gefühl von Befähigung zurückzulassen. Obwohl ich ihn bis zu einer Grenze führte, dachte ich nicht: „Wie kannst du es wagen, mir gegenüber respektlos zu sein, du faules Pferd … du musst das machen!“ Stattdessen dachte ich: „Ich weiß, was du mir sagen willst, Monty, aber ich glaube wirklich, dass du das kannst.“

 

 

Ausbilden, Reiten und Vorführen

Ausbilden, Reiten und Vorführen sind drei verschiedene Kompetenzen. Sie unterscheiden sich voneinander, aber sie überschneiden sich auch.

Ausbilden ist eine Kunst mit dem Ziel, das Pferd für morgen zu verbessern. Wir gehen jeden Moment so vor, dass sich seine Fähigkeiten in der Zukunft verbessern werden. Wir ignorieren Probleme nicht. Wir bauen entweder das Vertrauen auf, indem wir innerhalb der Grenzen bleiben, oder wir stellen es auf die Probe, indem wir die Grenzen ausdehnen. Ein natürlicher Bestandteil der Ausbildung ist, dass wir die Komfortzone manchmal verlassen müssen.

Reiten ist eine Kunst mit dem Ziel völliger Zwanglosigkeit und Harmonie. Wir bleiben innerhalb der Komfortzone und steuern das Pferd durch das, was es schon kann. Wir passen uns dem Pferd an und konzentrieren uns darauf, was das Pferd von uns braucht, um unser Ziel zu erreichen. Wir konzentrieren uns auf die Technik und auf unsere reiterlichen Fähigkeiten, mit denen wir unser Pferd in diesem Augenblick bestmöglich „steuern“.

Vorführen ist eine Kunst mit dem Ziel, zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort in Höchstform zu sein. Wir verlangen, dass das Pferd hier und jetzt seinen bestmöglichen Einsatz zeigt, und wir müssen beide in der Lage sein, unsere Bestleistung unter Druck zu erbringen. Eine „Vorführung“ könnte eine Show oder ein Turnier sein. Es ist immer dann so weit, wenn Sie sich unter Druck fühlen, genau jetzt Ihr Bestes zu geben. Die Besonderheit beim Turnier ist, dass man hier auch noch besser sein will als alle anderen. Aber für mich ist ein Turnier im Grunde auch nur eine Vorführung. Wir können nur unser eigenes Resultat beeinflussen. Wie andere reiten oder was der Richter sagt, entzieht sich unserer Kontrolle.

Sie haben vielleicht schon den Satz gehört: „Jedes Mal, wenn man reitet, bildet man auch aus“, und das stimmt natürlich. Die Fertigkeiten, die man für eine Vorführung benötigt, sind oft gerade die klaren, nicht verhandelbaren Führungsqualitäten, die wir brauchen, um unser Pferd zu verbessern. Und wenn wir gut ausbilden, dann sieht es einfach so aus wie tolles Reiten. Aber ich finde, dass es sehr wichtig ist, diese drei Dinge zu unterscheiden. Ich trage zum Beispiel meinen Trainerhut zu oft und ich muss mich daran erinnern, einfach nur loszugehen und meine Pferde zu reiten. Manchmal verbringe ich zu viel Zeit damit, nur herumzureiten, und ich frage mich, warum meine Pferde nicht größere Fortschritte gemacht haben. Wenn ich beim Reiten jeden Tag die Techniken anwenden würde, die ich bei Vorführungen brauche, dann würde ich vielleicht die Kunst üben, „etwas als fertiges Produkt erscheinen zu lassen, auch wenn es das nicht ist“, und das wäre ganz sicher schädlich für die langfristige Ausbildung meiner Pferde. Auf dem Turnier könnte ich disqualifiziert werden, wenn ich nicht umschalte, sondern jedes Mal Extraübergänge oder -zirkel reite, wenn ich meine, es wäre insgesamt gut für die Ausbildung meines Pferdes.

Es gibt Leute, die mehr Talent für das eine oder das andere haben. Manche reiten schön und stellen Pferde schön vor, können aber nicht gut ausbilden. Andere sind effektive Ausbilder, aber nicht die feinsten Reiter. Es gibt Reiter und Ausbilder, die unter Druck nicht reiten können oder wollen.

Ich bin der Meinung, es gibt viele Lehrer und Ausbilder, die die Fertigkeiten, die man für Vorführungen/Turniere braucht, in der Ausbildung zu stark betonen. Ich glaube, dass dies ein trauriges Problem der modernen Dressur ist. Leute haben das Ziel, eine perfekte L- oder M-Aufgabe zu reiten, anstatt ein hervorragend ausgebildetes Pferd zu schaffen. Die Aufgaben, die auf Turnieren geritten werden, müssen keine Endziele sein. Sie sollen nur eine Phase beschreiben, die das Pferd durchlaufen soll.

Jeder Künstler weiß, dass ein Meisterstück nicht unbedingt immer in jedem Arbeitsschritt perfekt und vollendet aussieht. Es kann aber trotzdem schön aussehen – wie Michelangelos oder Leonardo da Vincis Skizzen für die späteren Gemälde.

Die Turnieraufgaben sind ein hervorragendes Hilfsmittel, um die Fähigkeiten des Reiters zu verbessern. Ich habe beobachtet, dass viele Leute das Turnier als einzigen Qualitätsmaßstab nehmen, aber es ist nicht der einzige Maßstab. Schüler haben oft in erster Linie die perfekte Turniernote zum Ziel, aber die eigentliche Kunst geht innerhalb der Aufgabe verloren. Das ist ein Grund, warum viele „klassische“ Dressurreiter keine Turniere reiten und nichts vom Turnierreiten halten. Ich denke, Turniere sind die größte Herausforderung. Wir müssen an einem bestimmten Tag, zu einer bestimmten Uhrzeit, an einem bestimmten Ort in Bestform sein. Aber das ist eine spezielle Gruppe von Fertigkeiten.

Ich möchte immer eine exzellente „Horsewoman“ sein, die eine exzellente Reiterin ist und die Entscheidungen einer exzellenten Ausbilderin trifft. Im Augenblick des Auftritts möchte ich über die Konzentration und die Führungsqualitäten verfügen, um die Herausforderung annehmen zu können und eine exzellente Schaureiterin zu sein, ohne mich gegen mein Pferd zu wenden.

 

Ich möchte immer eine exzellente „Horsewoman“ sein, die eine exzellente Reiterin ist und die Entscheidungen einer exzellenten Ausbilderin trifft. Im Augenblick des Auftritts möchte ich über die Konzentration und die Führungsqualitäten verfügen, um die Herausforderung annehmen zu können und eine exzellente Schaureiterin zu sein, ohne mich gegen mein Pferd zu wenden.

 

 

Kraft und Ausdauer verbessern: Wann mehr tun, wann weniger?

Eine der wichtigsten Fragen lautet: „Wie weiß ich, wie viel ich mit meinem Pferd machen kann?“ Wenn es sich um eine mentale Angelegenheit handelt (wenn man etwas lehrt), dann ist das Ziel im Allgemeinen, Verständnis zu erlangen. Denken Sie daran, dass Druck motiviert, aber dass das Nachgeben lehrt. Wenn Sie Ihrem Pferd also etwas beibringen wollen, dann müssen Sie ihm viel Zeit zum Nachdenken geben.

Wenn das Pferd eine Lektion verstanden hat und ich sie ihm auf eine Art gelehrt habe, dass es sich zutraut, sie leicht und willig anzubieten, dann kann ich daran denken, sie länger am Stück zu fordern, um die Ausdauer meines Pferdes zu verbessern. Im Allgemeinen kann ich nur das stärken, was mein Pferd schon kann. Wenn ich Kraft- und Konditionstraining mache, bin ich mir im Klaren darüber, dass ich Gefahr laufe, das Pferd unsensibel zu machen, Langeweile aufkommen zu lassen oder die Aufmerksamkeit des Pferdes oder seine Bereitwilligkeit zu verringern. Wenn wir geschickt und aufmerksam sind, können wir unsere Pferde physisch so trainieren, dass sie sich dabei immer befähigt, wach und erfolgreich fühlen.

Manchmal meinen Leute, dass meine Pferde sich angewöhnen, etwas nur einen Tritt lang zu tun und dann aufzuhören, weil ich beim Ausbilden so viel nachgebe. Ja, es ist durchaus sehr leicht möglich, seinem Pferd diese Angewohnheit beizubringen! Der Schlüssel liegt darin, im Augenblick des größten Einsatzes nachzugeben und nicht zu spät, wenn der beste Einsatz schon vorüber ist und das Pferd anfängt nachzulassen. Wenn Sie das Verhaltensmuster richtig etabliert haben und Sie später nicht sogleich nachgeben, dann wird Ihr Pferd denken: „Hey, mein Mensch hat nicht nachgegeben. Er hat wohl nicht gemerkt, dass ich mich angestrengt habe. Ich werde mich noch mehr und noch offensichtlicher anstrengen!“ Wenn Sie den Aufzugsknopf drücken, aber der Aufzug kommt nicht, dann drücken Sie den Knopf immer wieder, nicht wahr? Wenn Sie nie belohnt werden, hören Sie irgendwann auf, den Knopf zu drücken, und werden den Aufzug nicht wieder benutzen. Sie haben das Vertrauen in ihn verloren. Es gibt hier ein bestimmtes Gleichgewicht, das funktioniert. Man gibt meistens nach und belohnt das Pferd für das, was es einem gibt. Dann wird es den Knopf gern immer und immer wieder für einen drücken. Das Pferd soll sich als Gewinner fühlen.

 

Im Allgemeinen kann ich nur das stärken, was mein Pferd schon kann.

 

Denken Sie auch daran, dass das Nachgeben verfeinert werden kann. Nachgeben bedeutet, dass Druck weggenommen wird. Man kann Druck auf viele verschiedene Arten wegnehmen. Versteht das Pferd, wenn Sie „JA!“ zu ihm sagen, kann es Ihr emotionales Nachgeben fühlen, auch während es die Energie weiter aufrechterhält. Anfangs machen wir Denkpausen im Halten, doch das ist eine Übertreibung, die verfeinert werden kann. Wir werden üben müssen, das Pferd mental/emotional zu entlassen, während wir uns physisch mit ihm bewegen. Man kann die Übungen längere Zeit durchhalten und Kondition aufbauen, wenn das Pferd ein verfeinertes Nachgeben fühlen kann und auch zu schätzen weiß. Dadurch baut es im Lauf der Zeit keine Verspannungen auf.

Aber das wird ein Teil Ihrer Reise sein: Ihr eigenes Pferd zu fühlen und einzuschätzen, wann es Ihnen die Erlaubnis gibt, eine Sache länger fortzuführen. Innerhalb eines Rittes versichere ich mich erst, dass ich eine leichte, willige Antwort auf meinen Vorschlag zum Schulterherein bekomme, bevor ich 30 Tritte in einem leichten, willigen Schulterherein erwarte. Dann reite ich vielleicht zehn Ansätze zu je drei Tritten des leichten, willigen Schulterhereins hintereinander. Wenn das gelingt, verringere ich die Anzahl der Tritte zwischen den Wiederholungen der Übung, und schon bald habe ich 30 Tritte gutes Schulterherein hintereinander. Ja, irgendwann werden Sie die Koordination üben müssen, die Sie brauchen, um Lektionen dauerhaft durchhalten zu können, aber stellen Sie sicher, dass Sie zuerst eine Lektion haben, die durchgehalten werden kann!

Wenn Sie hingegen mit Ihrem Pferd eine Übung „gut genug“ beherrschen, dann resultieren positive Eigenschaften aus der Beständigkeit. Entspannung liegt im Takt der Gangart, und oft findet man ein neues Harmonieniveau erst, nachdem man eine gewisse Zeit in der Gangart oder der Lektion verbracht hat. Bauen Sie zuerst Verständnis auf, dann die Bereitwilligkeit, sich anzustrengen, und dann entwickeln Sie die Kondition in Lektionen, die Ihrem Pferd leichtfallen. Ausgleichstraining ist sehr nützlich. Wenn ich ein Pferd habe, das verstärkt an Versammlung arbeiten kann, reite ich häufige, kurze Reprisen in Versammlung. An anderen Tagen verbessere ich seine allgemeine Kondition, vielleicht, indem ich ohne Zaumzeug auf der Weide Runden im Trab absolviere. Dadurch baue ich seine Muskulatur und aerobe Kapazität auf, während ich gleichzeitig unser gegenseitiges Vertrauen, unsere Partnerschaft und sein Freiheitsgefühl vergrößere. Wenn mein Pferd Kondition, Freiheit und Versammlungsfähigkeit separat erworben hat, habe ich sehr gute Chancen auf freie Bewegungen innerhalb der Versammlung über längere Strecken. Rechtzeitiges Nachgeben stärkt den Geist, löst Verspannungen und beschützt den Körper. Im richtigen Moment dranbleiben, kräftigt den Körper und entspannt den Geist. Das Pferd erlangt Vertrauen in die Beständigkeit.

 

Bauen Sie zuerst Verständnis auf, dann die Bereitwilligkeit, sich anzustrengen, und dann entwickeln Sie die Kondition in Lektionen, die Ihrem Pferd leichtfallen.

 

 

Was wird Ihr Pferd zu seinen Freunden sagen?

Nachdem ich aufgehört habe, mit meinem Pferd zu spielen, denke ich darüber nach, in welcher Verfassung ich es verlasse. Ich frage mich: „Was wird es sagen, wenn seine Koppelfreunde fragen, was es heute gemacht hat?“ Es gibt ein breites Spektrum von akzeptablen Antworten auf diese Frage, da ich viele verschiedene Dinge mit meinen Pferden mache. Aber es gibt einige Dinge, die ich nicht von meinem Pferd hören möchte:

·„Was sollte das denn sein? Ich habe keine Ahnung, was sie von mir wollte.“

·„Ich habe die ganze Zeit Angst gehabt.“

·„Hat sie denn nicht gemerkt, dass ich mich angestrengt habe, aber dass ich erschöpft war?“

·„Ich habe das gemacht, von dem ich dachte, dass sie es wollte, aber sie hat mich abgeblockt.“

·„Das war viel zu viel. Sie macht mich nervös.“

·„Das war unglaublich langweilig, immer die gleiche alte Routine.“

·„Sie muss mich wirklich für bescheuert halten.“

 

Rechtzeitiges Nachgeben stärkt den Geist, löst Verspannungen und beschützt den Körper. Im richtigen Moment dranbleiben, kräftigt den Körper und entspannt den Geist. Das Pferd erlangt Vertrauen in die Beständigkeit.

 

Hier sind einige Dinge, die ich sehr gern von meinem Pferd hören würde:

·„Das war leicht. Als sie DAS gemacht hat, habe ich einfach nur DIES gemacht, und sie hat mich in Ruhe gelassen!“

·„Das war mir anfangs unheimlich, aber sie hat mir gezeigt, dass es ungefährlich ist.“

·„Das war toll. Sie hat es bemerkt, wenn ich mich angestrengt habe.“

·„Manchmal war ich mir nicht sicher, was ich tun sollte, aber sie hat mir nie das Gefühl gegeben, dass ich etwas falsch gemacht habe.“

·„Weißt du, ich hätte nicht gedacht, dass ich es schaffen könnte, aber sie zeigte mir, dass ich es kann!“

·„Das hat Spaß gemacht. Das hatte ich nicht erwartet.“

·„Sie ist fast so schlau wie ich!“

 

Das ist einfach eine weitere Kontrollmöglichkeit für mich. Es ist natürlich immer etwas spekulativ, wenn man versucht zu erraten, was unsere Pferde wirklich denken; und wir müssen uns davor hüten, sie zu sehr zu vermenschlichen; aber es hilft mir, sowohl die Qualität meiner Zeit und meiner Kommunikation als auch meine Partnerschaft mit meinem Pferd zu beurteilen. Es hat viele Tage gegeben, an denen ich ins Haus kam, mich hinsetzte und dachte: „Was zum Teufel habe ich da draußen eigentlich gemacht?!“ Wenn ich das schon denke, können Sie sich sicher vorstellen, was mein Pferd denken muss! Es wird häufig vorkommen, dass unserem Pferd ganz und gar nicht klar ist, warum wir etwas tun, vor allem in der Dressur. Wir müssen uns sehr darum bemühen, so klar wie möglich zu kommunizieren und inspirierende Führungspersönlichkeiten für unsere Pferde zu sein.

 

Es hat viele Tage gegeben, an denen ich ins Haus kam, mich hinsetzte und dachte: „Was zum Teufel habe ich da draußen eigentlich gemacht?!“Wenn ich das schon denke, können Sie sich sicher vorstellen, was mein Pferd denken muss!

 

 

Nutzen Sie die zur Verfügung stehenden Ressourcen – auch die Hilfe eines Dressurprofis

Mit diesem Material möchte ich Ihnen unter anderem helfen, die Ressourcen besser zu nutzen, die bereits für die Dressur vorhanden sind. Wenn Sie die in diesem Buch/dieser DVD vermittelten Inhalte gelernt haben, können Sie ein Buch übers Dressurreiten in die Hand nehmen, darin eine Übung oder Aufgabe entdecken, beispielsweise zum „Verbessern der Geschmeidigkeit im Schulterherein“, sie dann nachreiten und eventuell auftretende Probleme lösen. Denken Sie daran, dass die gymnastizierenden Übungen unter anderem die wahre Genialität der Dressur ausmachen. Die in diesem Buch aufgeführten sind nur der Anfang!

Ich hatte das große Glück, eine ausgezeichnete Lehrerin zu haben. Leute, die reiten, ausbilden, lehren und richten können, sind selten. Anne Gribbons vermittelte mir eine sehr tragfähige Basis in der Dressur und ich weiß, wie viel schwerer es für Schüler ist, die nicht ständig so ein hoch qualifiziertes Feedback bekommen. Deshalb tue ich mein Bestes, Ihnen die Informationen zu geben, die Ihnen helfen werden, die bestmögliche Verbindung zu Ihrem Pferd herzustellen und alle Informationen, die Sie finden, maximal ausnutzen zu können.

Meiner Meinung nach würde sich jeder Dressurprofi freuen, wenn Sie zu ihm ins Training kämen und sich mit Ihrem Pferd bereits auf die in diesem Buch und der DVD vermittelte Weise verständigen könnten. Sie sind dann bestmöglich vorbereitet, um Fortschritte zu machen, indem Sie das geniale Dressurwissen nutzen. Ob Sie erfolgreich hervorragende Hilfe finden, wird abhängen von:

 

·Ihrer Hilfsquelle

·Ihrer Fähigkeit und Ihrem Verantwortungsbewusstsein, Ihrer Beziehung und Kommunikation mit Ihrem Pferd immer höchste Priorität einzuräumen.

 

Wie wählen Sie eine Hilfsquelle aus? Es gibt Bücher, DVDs, Ausbilder und Lehrer. Jeder lernt unterschiedlich. Wählen Sie daher die Ressource, von der Sie am besten lernen. Woher wissen Sie aber, welche die „richtige“ ist? Ich denke, man kann aus jeder Situation etwas lernen. Denken Sie daran, dass die Wahrheit immer in der Mitte liegt. Ich achte immer auf die Gemeinsamkeiten von unterschiedlichen Systemen und ich denke, dass ich auf diese Weise der Wahrheit näherkomme. Auch wenn ich eine Technik sehe, die in dem Augenblick nicht nützlich erscheint, merke ich sie mir. Eines Tages treffe ich vielleicht auf ein Pferd, das davon profitieren kann. Wenn Sie ins Dressurreiten einsteigen wollen, halten Sie Ausschau nach schönen Bildern. Wenn Sie eine DVD anschauen oder eine Unterrichtsstunde, und es fühlt sich nicht gut an oder es sieht nicht schön aus, dann speichern Sie dieses Bild nicht in Ihrem Kopf ab.

Wenn Sie bei einer Dressurstunde zuschauen, achten Sie darauf, was der Lehrer verlangt. Wenn es nichts mit elementaren Grundlagen oder Partnerschaftsproblemen zu tun hat, dann handelt es sich höchstwahrscheinlich um die 9 + 1-Dialoge. Ein Lehrer wird ein Anpassen des Energieniveaus verlangen oder eine Änderung der Richtung, der Biegung, der Balance und so weiter. Stellen Sie sicher, dass Sie sich mit Ihrem Pferd über diese Eigenschaften verständigen können.

 

Ich achte immer auf die Gemeinsamkeiten von unterschiedlichen Systemen und ich denke, dass ich auf diese Weise der Wahrheit näherkomme.

 

Nichts ist so gut, wie ausgezeichnete Hilfestellung von einer erfahrenen Person am Boden zu bekommen. Einen Trainer zu haben ist vorteilhaft, weil:

 

·er mehr Erfahrung hat.

·das, was wir fühlen, und das, was tatsächlich passiert, nicht immer das Gleiche ist.

·eine erfahrene Person wissen wird, wann wir etwas noch Besseres erreichen können als das, was wir im Moment bekommen.

·eine Person am Boden sehen kann, inwiefern wir das Pferd stören, ohne es selbst zu merken.

·ein Lehrer oft den Fortschritt sehen kann, bevor wir ihn fühlen.

·er uns Ideen liefern kann, die uns wachsen lassen.

 

Meine Empfehlungen für die Wahl eines Lehrers:

·Beobachten Sie ihn. Vertrauen Sie auf Ihre Intuition.

·Achten Sie auf seine Sprache. Können Sie klar nachvollziehen, was er mit seinen Schülern bespricht?
Sagt er Dinge, wie „Setz dich durch, er ist nur stur und faul“ oder behandelt er die Ursache der mangelnden Reaktion?

·Beobachten Sie seine Pferde. Gefällt Ihnen, wie sie gehen? Wie behandelt er sie?

·Sprechen Sie mit den Schülern. Fühlen sich diese frustriert und inkompetent oder inspiriert und befähigt?

·Finden Sie heraus, ob Ihre Ziele mit den Zielen übereinstimmen, die der Trainer für Sie formuliert.

·Hören Sie zu, was der Lehrer verlangt, wenn er andere Schüler unterrichtet. Können Sie Ihr Pferd um diese Zutaten bitten? Stellen Sie sicher, dass Sie gut darauf vorbereitet zum Unterricht erscheinen.

 

Denken Sie daran, dass es Ausbilder und Lehrer gibt. Manche können beides, aber ausbilden und lehren sind zwei verschiedene Fertigkeiten.

Ich persönlich habe lieber Lehrer, die in Bildern sprechen. Sie können beschreiben, was sie im Pferd sehen wollen, und dann kann ich das Pferd darum bitten. Wenn ein Lehrer sagt: „Mehr Schenkel“, dann wäre meine Frage: „Was wollen Sie sehen, wenn ich meinen Schenkel anlege?“ Ich verwende meinen Schenkel, um viele verschiedene Dinge zu verstärken (Biegung, Weichen der Hinterhand, Energie und so weiter). Wenn Lehrer nur von Hilfen sprechen, dann verwenden die Schüler meistens stärkere Hilfen, ohne aber ein Bild im Kopf davon zu haben, was das Ergebnis sein soll. Wenn Sie einen Lehrer besser kennen und wissen, was er meint, wenn er eine bestimmte Hilfe verlangt, dann kann es klappen. Es ist Ihre Verantwortung, sich zu melden, wenn Sie nicht verstehen, was verlangt wird.

Ich habe auch lieber Lehrer, die meine Fähigkeit respektieren, mit meinem Pferd zu kommunizieren, und die es nicht stört, wenn ich um Erlaubnis bitte, mich wieder zu sammeln und mich mit meinem Pferd neu in Verbindung zu setzen. Ich muss bei meinem Pferd sein, um mit ihm Dressur reiten zu können, und es ist meine Verantwortung, dies zu erreichen. Wenn ich zum Beispiel gebeten werde, etwas zu tun, und ich habe das Gefühl, mein Pferd antwortet nicht oder ist nicht bei mir, dann brauche ich einen Moment, um die Verbindung wiederherzustellen. Oder wenn ich weiß, dass ich verwirrt bin, oder nur aus dem Gleichgewicht, und ich nur einen Moment brauche, um mich wieder zu fangen, dann will ich keine Angst haben müssen, das zu sagen.

Der „Trick“ ist, dass wir als Schüler Schüler sein und unserem Lehrer vertrauen müssen. Wenn wir in die Stunde hineingehen, um den Lehrer infrage zu stellen und „Ja, aber“ zu sagen, dann wird es nicht funktionieren. Wenn ich einen Lehrer habe, dann will ich mich auch in seine Obhut begeben! Und wenn ich unterrichte, möchte ich, dass meine Schüler offen und vertrauensvoll sind. Das Beste ist, wenn man den Lehrer zuerst beobachtet und Fragen stellt, sodass man ihm Vertrauen und volle Aufmerksamkeit schenken kann, ohne ihn anzuzweifeln, wenn man selbst zum Unterricht erscheint. Der Weg zu einem erstaunlichen Ergebnis ist oft holprig und unbequem. Wir müssen lernen, da „durch“zugehen, aber es gehört viel Vertrauen in den Lehrer dazu. Stellen Sie eine gute Kommunikation mit Ihrem Lehrer her, sodass Sie der Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Pferd die höchste Priorität einräumen können. Hoffentlich ist das auch für Ihren Lehrer ein wichtiges Ziel.

Ich habe kürzlich versucht, von jemand Neuem Unterricht zu nehmen. Das ist etwas, das ich nicht ohne gründliche Überlegung tue, und ich hatte viel Freude an den Stunden mit ihm. Er wartete, bis ich ihm sagte, dass mein Pferd und ich bereit seien, und an einem Punkt in der Stunde merkte ich, dass mein Pferd sich sehr anstrengte, aber dass ihm die Kraft ausging. Also sagte ich mitten in der Übung: „Ich fühle, dass mein Pferd gerade zu kämpfen hat. Kann ich einen Moment Schritt reiten?“ Er sagte: „Ja, ja, natürlich. Hören Sie immer auf Ihr Pferd!“ Wenn er gesagt hätte: „Ja, ich sehe das, aber ich glaube, Sie stehen kurz vor einem Durchbruch“, dann wäre ich weitergeritten. Wenn er gesagt hätte: „Nein, reiten Sie weiter. Er darf nicht lernen zu mogeln“ oder „Seien Sie still und reiten Sie weiter“, dann hätte ich entscheiden müssen, ob ich die richtige Schülerin für ihn bin.

 

Stellen Sie eine gute Kommunikation mit Ihrem Lehrer her, sodass Sie der Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Pferd die höchste Priorität einräumen können. Hoffentlich ist das auch für Ihren Lehrer ein wichtiges Ziel.

 

 

 

Ich war in Italien, um einem Freund zu helfen, der ein Trainer-/Turnierreiterkollege ist, aber im Springreiten. Er arbeitet ebenfalls nach den Prinzipien, die er im Parelli-Programm gelernt hat. Ich machte mit ihm eine Übung, die ich soeben auf seinem Pferd geritten hatte und von der ich glaubte, dass sie für beide sehr nützlich sei. Es war eine Herausforderung für beide und sie verloren ein wenig die Verbindung. Ich half ihnen mit der Übung, aber es funktionierte nicht … Er versuchte, das Pferd so zu reiten, wie er dachte, dass ich es wollte, aber das Pferd ging nicht darauf ein. Er und sein Pferd waren uneins miteinander. Die Unterrichtsstunde war eine Katastrophe. Wir stellten das Pferd weg und gingen zum Mittagessen und besprachen, was passiert war.

Wir stellten Folgendes fest: Ich wusste zwar, dass ich das Pferd durch diese Momente durchreiten konnte, aber damit er die von mir verlangte Übung selbst reiten konnte, brauchte er die Freiheit, Verbindung zu seinem Pferd aufzunehmen und die Teile der Kommunikation wiederherzustellen, die zwischen ihm und seinem Pferd verloren gegangen waren. Wir machten einen Plan. Er würde reiten, und wenn er das Gefühl hatte, dass die Verständigung klappte, dann könnte ich ihm durch die Übung helfen. Es funktionierte wunderbar. Gelegentlich sagte er mir: „Warte einen Moment.“ Dann machte er irgendetwas Komisches, und bald darauf sagte er: „Okay“ und wir konnten weitermachen.

Nun ist er ein hoch talentierter, sehr erfahrener Reiter und ich kann seiner Intuition und seinen Entscheidungen vertrauen. Es ist sicherlich eine komplizierte Angelegenheit, aber wenn der Schüler die Verantwortung dafür übernimmt, offen vor dem Lehrer zu erscheinen, wenn der Lehrer bereit ist, ohne Ego zu helfen, und wenn wir alle zum Wohl des Pferdes arbeiten – dann sind wir auch erfolgreich. Das Wichtigste ist, dass das Pferd versteht und das tut, was der Reiter verlangt. Das Zweitwichtigste ist, dass Sie verstehen und ausführen, was der Lehrer verlangt. Als Schüler müssen Sie ein perfekter Dolmetscher sein.

 

 

 

Meine Hoffnung ist, dass Sie mit einer guten allgemeinen Grundlage und einer guten Beziehung zu Ihrem Pferd sowie mit der Kommunikation und der guten Bewegungsmechanik, die Sie durch dieses Material erreichen werden, bereit für wahre Dressur zu Ihrer Unterrichtsstunde erscheinen werden. Und dass Sie es wissen werden, wenn Sie noch nicht bereit sind. Ich hatte neulich die Gelegenheit, bei einer Grand-Prix-Trainerin Unterricht zu nehmen, die im A-Kader der USA ist. Sie kicherte während der ganzen Stunde und sagte: „Das ist ein Traum! Dein Pferd macht alles, was du verlangst! Wer könnte sich etwas Besseres vorstellen?“

Hier sind sechs allgemeine Kategorien dessen, was man lehren kann:

 

·Beziehung/Partnerschaft

·Kommunikation

·Motivation

·Gymnastisches Training

·Tanzen (Reiten, was Sie sich erarbeitet haben)

·Turnierreiten

 

Wenn Sie eine Dressurstunde nehmen, sind Sie verantwortlich dafür, dass die Beziehung, die Kommunikation und die Motivation stimmen, sodass Sie bereit für Ihr gymnastisches Dressurtraining beim Lehrer ankommen. Wenn Sie noch immer um die Kontrolle kämpfen, dann nehmen Sie bei jemandem Unterricht, der diese Grundlagenprobleme in einer Weise angeht, die sich an den Prinzipien Ihrer natürlichen Grundlage orientiert. Wenn Sie das beherzigen, dann kommt das Tanzen von ganz allein! Wenn Sie lernen möchten, auf Turniere zu fahren und sich dem Richterurteil zu stellen – dann sollten Sie erst etwas Positives vorzuweisen haben!

 

 

Diamanten im Dunkeln suchen

Es gibt eine Meditation, die ich in einer Yogastunde gelernt habe. Ich fand sie toll und sie erinnerte mich an den Geisteszustand, der notwendig ist, um die magischen Momente in der Dressur zu finden. Ich bin keine Meditationslehrerin, aber es geht etwa so:

Denken Sie an etwas sehr Wertvolles; etwas, das für Sie von großem Wert ist, oder etwas, von dem Sie träumen und von dem Sie genau wissen, dass Sie es erkennen werden, wenn Sie es haben – etwas, das Ihnen ein wunderbares Gefühl gibt, wenn Sie es berühren. Jetzt stellen Sie sich vor, dass sich dieses wertvolle Ding in einem Zimmer befindet. Das Zimmer ist vollkommen dunkel. Sie wissen genau, dass es in diesem Zimmer ist und dass Sie es finden können.

Betreten Sie das Zimmer und stellen Sie sich bildlich vor, wie Sie suchen. (Würden Sie eintreten, ein paar Armbewegungen machen und dann sagen: „Ich kann’s nicht finden, es kann nicht hier sein“, oder würden Sie alle Ihre Sinne öffnen und in einem Zustand der erhöhten Sensibilität fühlen, horchen nach dem kleinsten Hinweis darauf, ob Sie ihm näher kommen?) Durchsuchen Sie jede Ecke und jeden Winkel. Kriechen Sie wenn nötig auf allen vieren, stellen Sie sich auf einen Stuhl, wenn Sie möchten. Fühlen Sie alles. Und wenn Sie es finden, dann erforschen Sie es, als ob es das erste Mal wäre.

 

 

Frei spielen

Das Letzte, was ich erwähnen möchte, ist das Prinzip des freien Spiels. Von Stephen Nachmanovitch gibt es ein ausgezeichnetes Buch zu diesem Thema, mit dem Titel Das Tao der Kreativität: Schöpferische Improvisation in Leben und Kunst. Ich habe beim Unterrichten von Schülern und bei meinen eigenen Studien festgestellt, dass wir eine Kombination der folgenden Eigenschaften brauchen, um Fortschritte zu machen:

 

·Starke Konzentration und Beharrlichkeit, bis wir ein Ergebnis erzielt haben.

·Weiche Konzentration und die Bereitschaft, Dinge zu akzeptieren oder zu verfolgen, die unerwartet auftauchen.

·Fehler gibt es in unserer Vorstellungswelt nicht.

 

Diese drei Eigenschaften müssen sich die Balance halten und fließen und es gibt eigentlich keine Möglichkeit, sie zu lehren; jeder Einzelne muss hier auf eine persönliche Erkundungsreise gehen. Nehmen Sie sich die Zeit, um ausgezeichnete Techniken zu entwickeln. Musiker spielen Tonleitern, Fußballspieler laufen bestimmte Spielzüge, Baseballspieler machen Schlagtraining. Sie müssen die Zeit investieren, um das Geschick, die Technik und die Koordination zu entwickeln, die Sie brauchen. Aber denken Sie daran: Diese Techniken sind dazu da, Ihnen zu dienen und es Ihnen zu ermöglichen, etwas Größeres zu schaffen – sei es schöne Musik oder die Fähigkeit, in einem Spiel unverzüglich zu reagieren. An einem bestimmten Punkt müssen Sie loslassen und sich von Ihren Techniken durchströmen lassen. Dabei spielt die Fähigkeit eine große Rolle, keine Angst vor Fehlern zu haben. Stellen Sie sich vor, dass in Ihrer Sichtweise keine Fehler existieren.

 

Haben Sie keine Angst, es zu versauen!

 

Am College belegte ich einen Zeichenkurs. Er fand einmal die Woche statt und alles, was ich tun musste, um eine Eins zu bekommen, war, zu jeder Sitzung zu erscheinen. Es war ein lebendiges Model da und wir sollten einfach nur das zeichnen oder malen oder tun, was immer wir mit dieser Gelegenheit anfangen wollten.

Ich legte meinen Zeichenblock (sehr billiges Übungspapier) zurecht und meinen Bleistift und machte sehr sorgfältige Strichzeichnungen. Die Figuren hatten gewöhnlich kein Gesicht und keine Hände, weil ich das nicht gut zeichnen konnte. Am Ende fand ich meine Zeichnungen entweder ganz toll oder ganz schrecklich. Mein Urteil war also entweder ein „Gut“ oder ein „Schlecht“.

In jeder Unterrichtsstunde kam mein Lehrer zu mir und sagte nur eins, immer dasselbe: „Haben Sie keine Angst davor, es zu versauen“, und ging weiter. Ich wusste mit der Aussage nichts anzufangen und zeichnete weiter wie bisher.

Schließlich, am Ende des Semesters, kam er zu mir, legte eine rote Pastellkreide in meine Hand, nahm meine Hand und kritzelte damit große rote Spiralen über meine Zeichnung. Dabei sagte er: „Haben Sie keine Angst, es zu versauen!“, und ging weg. Ich war schockiert. Dann lachte ich über mich, weil ich anfing zu verstehen, was er meinte. Ich fing an, freier mit meinen Zeichnungen zu spielen, und dadurch lernte ich so viel mehr darüber, was ich kann. Ich fand die interessantesten Techniken und Effekte durch die Verwendung verschiedener Farben. Ich fand neue Fähigkeiten, nicht, indem sie mir beigebracht wurden, sondern indem ich ohne Werturteil experimentierte und neuen Informationen erlaubte, sich selbst zu präsentieren.

Irgendwo zwischen allen Möglichkeiten, mit denen ich spielen konnte, fand mein Auge die Linie, Farbe oder Form, nach denen ich gesucht hatte, sodass ich sie das nächste Mal leichter finden konnte. Das Auge sucht automatisch Schönheit und Harmonie. Werturteile und Angst behinderten und verzögerten nur meinen Lernprozess. Natürlich haben wir eine größere Verantwortung gegenüber dem Wohlergehen unseres Pferdes als gegenüber einem Stück Papier, aber mir geht es hier um den freien Geist, nicht um die Missachtung. Spielen Sie frei mit den Techniken, die Sie mit Ihrem Pferd lernen, und etwas Magisches kann passieren. Die großartigsten Dinge im Leben lassen sich nicht lehren – aber sie können erlernt werden! Je mehr wir „um das Thema herumtanzen“, desto größer ist die Chance, dass wir genau das finden, wonach wir suchen.

 

Irgendwo zwischen allen Möglichkeiten, mit denen ich spielen konnte, fand mein Auge die Linie, Farbe oder Form, nach denen ich gesucht hatte, sodass ich sie das nächste Mal leichter finden konnte. Das Auge sucht automatisch Schönheit und Harmonie.

 

 

 

Ich wünsche Ihnen und Ihrem Pferd fantastische Mengen von Harmonie und Licht auf Ihrem Weg.

Unterschätzen Sie niemals die Möglichkeit, dass es Wege gibt, um Dinge zu verbessern, die Sie sich noch gar nicht vorstellen können.

 

Dies ist erst der Anfang!

 

Karen