Obwohl die Klimaanlage seines Pick-ups die Fahrerkabine konstant auf neunzehn Grad hielt, was exakt der Außentemperatur des milden Herbsttags entsprach, war Lasse Knutsson innerlich immer noch am Kochen. Diese verdammten Bürokraten! Er nahm die Entscheidung, die Suche nach dem Mädchen am Abend einzustellen, persönlich. Die Frage nach dem Warum hätte er nicht beantworten können. Im Laufe seiner siebenunddreißig Dienstjahre hatte er etliche Vermisstenfälle bearbeitet, darunter viele Teenager, mehrere Kleinkinder und einmal, das musste Anfang der Neunzigerjahre gewesen sein, sogar ein Säugling, der wenige Stunden nach der Geburt aus dem Wochenbett der schlafenden Mutter geraubt worden war. Die Entführerin hatte ihn dann aber glücklicherweise am nächsten Tag reumütig zurückgebracht, weil das schlechte Gewissen sie plagte. Trotzdem konnte sich Knutsson an keinen Fall erinnern, der ihm derart unter die Haut gegangen war wie der jetzige. Lag es daran, dass er eine Enkelin hatte, die fast in Mathildas Alter war? Spielte ihm seine Erinnerung einen Streich? Fühlte er sich schuldig, weil Latitia Ahlström ihn so einfach hatte austricksen können? Oder wurde er auf seine alten Tage sentimental? Ging es darum, dass dies womöglich eine der letzten großen Ermittlungen war, bevor er sich im nächsten Jahr endgültig Richtung Frührente abseilen und seinem Beruf, nein, seiner Berufung für immer den Rücken kehren würde? Das jedenfalls hatte er seiner Frau versprochen. Doch der Antrag auf vorzeitige Pensionierung lag seit Monaten unausgefüllt in der Schreibtischschublade in seinem Büro. Darüber wollte er nicht nachdenken, jedenfalls nicht im Moment. Er schaltete das Autoradio an und gleich wieder aus, obwohl er Status Quo eigentlich mochte, aber er war dafür nicht in Stimmung, er war generell nicht in Stimmung für Musik oder überhaupt irgendwas, das nicht direkt mit dem Fall zu tun hatte. Weshalb er sich in Aktionismus flüchtete. Oder wie sollte man seine Fahrt nach Ljungby sonst bezeichnen? Mehr oder weniger wahllos hatte er sich eines der vielen Hinweise angenommen, die nach Adlercreutz’ Belohnung und der Veröffentlichung von Mathildas Foto eingegangen waren. Dieses Mal handelte es sich um die Aussage eines Imbissbesitzers, der das Mädchen am Steuer eines Transporters gesehen haben wollte. Knutsson fiel es ehrlich gesagt schwer, sich das vorzustellen. Aber er war beim Lesen der Aussage an einem Wort hängen geblieben, das etwas in ihm auslöste: geisterhaft . Der Teenager am Steuer des Transporters habe geisterhaft ausgesehen. Sicher, das war vage und konnte alles Mögliche bedeuten, oder schlichtweg überhaupt nichts, aber es traf auf seltsame Weise an diesem Morgen Knutssons Nerv, denn genau so stellte er sich Mathildas Schicksal vor: geisterhaft, gefangen in einer Zwischenwelt von Leben und Tod. Deshalb brauchte sie seine Hilfe, eine ausgestreckte Hand, um sie zu befreien, um sie aus der twilight zone herauszuziehen, auf seine Seite, auf die Seite der Lebenden. Ja, das klang albern. Ja, das klang nach metaphysischem Unsinn und alten Akte X-Folgen, dabei war er eigentlich überaus stolz auf seine sachliche Bodenständigkeit. Durch und durch Småländer, gradlinig und hart wie ein Backstein. Aber dennoch …
Dass der angebliche Zeuge einen Imbiss führte, traf sich gut, denn so konnte er während der Befragung zu Mittag essen, was seiner inneren Uhr und dem Blutzuckerspiegel zufolge längst überfällig war. Deniz’ Kebabgrill stand am Rand eines Industriegebiets und bestand aus einem kleinen flachen Gebäude mit Theke und verglastem Vorbau, in dem ein Dutzend Stehtische verteilt war, ein Straßenimbiss, wie es landesweit Hunderte gab und der die typische Mischung aus Kebab- und Falafelgerichten, Pizza und schwedischer Hausmannskost anbot. Es ging auf zwei Uhr zu, die mittägliche Rushhour war vorüber, nur zwei der Tische waren besetzt. Knutsson stellte sich dem mittelalten Mann hinter dem Tresen vor, es war der Chef selbst, der einmal pfiff, woraufhin ein junger Angestellter erschien und den Platz seines Bosses einnahm. Knutsson bestellte einen neuschwedischen Klassiker, eine Falafelpizza plus Cola, bevor er sich zu Deniz, nur Deniz, darauf hatte der Mann Wert gelegt, an den Tisch gesellte.
»Geht aufs Haus«, sagte Deniz und rief seinem Angestellten zu: »Mach’s spezial!«
Dabei zwinkerte er und tätschelte Knutssons Arm. Knutsson murmelte etwas von Bestechung in seinen Bart und machte ein ernstes Gesicht, freute sich aber innerlich, spezial klang immer gut, und eine Gratispizza war schließlich kein Kapitalverbrechen, außerdem wäre es aus ermittlungstechnischen Gründen geradezu kurzsichtig, sie abzulehnen, denn wem nützte schon ein brüskierter Zeuge? Schließlich spielte Gastfreundschaft in diesen Breiten … ja, welchen eigentlich? Bagdad? Belgrad? War ja auch egal, … jedenfalls spielte sie eine wichtige Rolle, das war allgemein bekannt. Er riss die Coladose auf, die der junge Angestellte auf einem Messingtablett serviert hatte, und trank in langen Schlucken. Zucker und Koffein in einem Getränk vereint, wunderbar, eine der bedeutendsten Errungenschaften der Menschheit. Seine Meinung.
»Mathilda Adlercreutz«, gab er das Stichwort.
Deniz fuhr mit der Hand über seinen Dreitagebart, was ein kratzendes, raspelndes Geräusch ergab.
»Seltsame Geschichte«, sagte er. »Als ich die Fotos des Mädchens gesehen habe, bin ich ins Nachdenken gekommen.« Er tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn. »Ich habe ein Gedächtnis für Gesichter, schon immer gehabt, und als Restaurantleiter«, er machte eine allumfassende Geste, »trainiere ich das unbewusst. Wir haben Stammgäste, die täglich kommen, andere lassen sich nur einmal in der Woche, im Monat, im Jahr blicken. Ich habe sie alle hier drin.« Wieder der tippende Finger. Sein ausgeprägter ostschonischer Dialekt zwang Knutsson zu einer Korrektur, der Mann war weder in Bagdad noch in Belgrad aufgewachsen, sondern irgendwo zwischen Ystad und Simrishamn. Tomellila? Löderup? Aber das war völlig nebensächlich. »Die Straße hier, ist die einzige, die in das Industriegebiet hinein- und wieder herausführt. Als ich das Restaurant vor dreizehn Jahren eröffnet habe, habe ich den Standort sorgfältig ausgewählt, Deniz, habe ich mir gesagt, die Straße mag die hässlichste der ganzen Stadt sein, aber Schönheit spielt keine Rolle, wenn man Geld verdienen will. Um die vierhundert Arbeitsplätze gibt es dort, und die Leute haben Hunger. Morgens, mittags, abends. Manche gehen ohne Frühstück aus dem Haus, weil sie ihr Müsli nicht mehr sehen können oder erst mal eine Zigarette rauchen wollen. Sicher, viele bringen sich ihr eigenes Mittagessen mit, aber wer will schon jeden Tag Butterbrote oder die Reste vom Vortag aus der Mikrowelle? Abends nehmen viele auf dem Nachhauseweg etwas Warmes mit, weil sie keine Lust haben zu kochen, oder kehren ein, weil sie sich zu Hause mit ihrer Fertiglasagne allein vor dem Fernseher einsam fühlen. All diese Menschen kommen hierher zu mir. Wir haben so gut wie immer geöffnet, von sechs Uhr morgens bis ein Uhr nachts, das wissen die Leute zu schätzen. Wir haben Gäste, die jeden Tag extra von der anderen Seite der Stadt kommen. Dazu der Durchgangsverkehr und die Zulieferer. Seit drei Jahren haben wir sogar ein eigenes Werbeschild an der Autobahn stehen.« Stolz sah er Knutsson an. »Kochen kann jeder, aber man muss es auch mit Köpfchen machen, wenn man davon leben will.«
Er tippte sich wieder an die Stirn.
»Ah, da kommt die Pizza«, sagte Knutsson und rieb sich erwartungsvoll die Hände.
Der junge Mann stellte den großen Teller mit einer eleganten Armbewegung vor ihm ab und legte eine gefaltete Serviette samt Besteck daneben. Die Falafelpizza sah großartig aus und duftete verführerisch. »Jetzt bin ich aber gespannt, woraus das spezial besteht!«
Er schnitt ein großes Stück ab, schob es sich mit der Gabel in den Mund und kaute andächtig.
Deniz sah ihn erwartungsvoll an.
»Na?«
Es schmeckte hervorragend. Der krosse dünne Teig, die saftige Tomatensauce, die frittierten Falafel und die weiße Kräutersauce, die zur Überraschung seiner anspruchsvollen Geschmacksknospen mit …
»Dill!«, rief er verzückt mit vollem Mund. »Die Kräutersauce ist mit Dill abgeschmeckt!«
Deniz nickte, lächelnd und wissend.
»Gut, oder? An der Sauce habe ich jahrelang gefeilt, bis ich zufrieden war.«
»Der Hammer«, grunzte Knutsson und säbelte hastig den nächsten Happen ab. »Wirklich der Hammer!«
Eigentlich hatte er den Imbissbesitzer während des Essens befragen wollen, aber dafür war die Pizza einfach zu gut, und er wäre der Kochkunst seines Gegenübers nicht gerecht geworden. Also ließ er den redseligen Mann von Gott und der Welt, von seiner Kochphilosophie und Kräutermischungen erzählen, nickte und grunzte hier und da zustimmend und genoss jeden Bissen seiner Mahlzeit. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen, dachte er, der Spruch mochte alt sein, aber seine Gültigkeit hatte er nicht verloren. Zum ersten Mal an diesem Tag ließ seine innere Anspannung nach. Diese Dillsauce war wirklich ein Gedicht! Erst als der leere Teller abgeräumt und die Cola ausgetrunken war, wandte er sich wieder dem eigentlichen Anlass seines Besuchs zu.
»Du hast also Mathilda Adlercreutz gesehen?«
Deniz’ lebhafte Mimik wich einem ernsten Ausdruck.
Nachdem man von einem Mitmenschen zum Essen eingeladen worden war, noch dazu vom Gastgeber selbst kreiert, sah man ihn mit anderen Augen, erst recht, wenn es einem geschmeckt hatte. Er war einzig und allein aus einer winzigen, vagen und wilden Hoffnung heraus nach Ljungby aufgebrochen, doch nun wollte er wirklich wissen, was der Mann zu berichten hatte.
»Drei Tage ist das jetzt her. Ich bin sehr früh am Morgen hier angekommen, um kurz nach fünf, um alles für die Frühschicht vorzubereiten, Kaffee kochen, Brötchen schmieren, du kannst es dir vorstellen. Eigentlich übernimmt diese Aufgaben meine Tochter, und ich komme erst am späten Vormittag dazu, wenn es aufs Mittagsessen zugeht, aber sie liegt schon seit einer Woche mit einer Grippe im Bett, mein Schwiegersohn macht die Spätschicht, und den Aushilfen«, er nickte Richtung Küche, »vertraue ich den Schlüssel und die Kasse nicht an. Also führte kein Weg am frühen Aufstehen vorbei. Wenn ich erst mal hier bin, mag ich die erste Arbeitsstunde des Tages eigentlich sehr gern. Das Radio dudelt vor sich hin, die routinierten Handgriffe erinnern mich an die Zeit, als ich mit zwanzig meinen ersten Kiosk eröffnete, und ich sehe der Stadt beim Aufwachen zu. Eigentlich war alles wie immer. Um kurz vor sechs habe ich die Eingangstür aufgeschlossen und die Werbeschilder mit den Tagesangeboten rausgestellt. Dabei ist mir der Transporter aufgefallen, der ins Gewerbegebiet hineingefahren ist.«
»Und dort saß Mathilda am Steuer?«
Deniz schüttelte den Kopf.
»Da saß ein Mann in der Fahrerkabine, um die fünfzig, würde ich schätzen, ungefähr mein Alter, plus, minus. Mehr als einen kurzen Blick habe ich auf ihn nicht geworfen, obwohl die Straßenlaternen in der Dämmerung noch an waren und ich eigentlich eine gute Sicht hatte, er fuhr ja direkt an mir vorbei. Ich glaube, das liegt daran, dass ich automatisch auf die Seitenaufschrift des Wagens geachtet habe, übrigens ein blauer Mercedes-Sprinter, wie schon gesagt, mache ich das den lieben langen Tag. Ich kann die zehn, eigentlich identisch lackierten Caddys des Schließdienstes auseinanderhalten, der drüben sein Werksgelände hat. Ich könnte dir acht verschiedene hier ansässige Betriebe nennen, die einen Crafter im Fuhrpark haben. Ich kann dir alle drei Telefonnummern nennen, die auf den Planen der Spedition Kalles Åkeri stehen. Aber diesen Wagen kannte ich nicht. Aufzugwartung Petterson & Söhne. Weißt du, was ich da gedacht habe?« Er sah Knutsson eindringlich an, der die rhetorische Frage mit einem Kopfschütteln beantwortete. »Ich habe gedacht, dass es im gesamten Gewerbepark kein einziges Gebäude mit Fahrstuhl gibt. Wozu auch? Kein Bau hier hat mehr als zwei Stockwerke. Was will also ein Aufzugsmann um sechs Uhr morgens in einem Gewerbegebiet ohne Aufzug? Vielleicht wartet er ja auch Gabelstapler oder Hydrauliklifte, habe ich mir gesagt. Dann kam mein erster Kunde, ich bin wieder reingegangen und habe nicht mehr weiter darüber nachgedacht. Bis der Lieferwagen etwa eine halbe Stunde später ein zweites Mal vorbeigefahren ist, diesmal von der anderen Seite aus. Ich stand dort hinter dem Tresen und hatte eine gute Sicht. Da habe ich ihn gesehen.«
Knutsson verstand nicht.
»Den mittelalten Fahrer des Wagens?«
»Mathilda.«
Knutsson verstand nun überhaupt nichts mehr.
»Was denn jetzt? Mathilda oder den Mann?«
»Nein, nicht den Mann.« Deniz rieb sich verlegen das Ohr. »Wie soll ich das am besten erklären? Beim zweiten Mal saß ein junger Mann am Steuer, nein, eher noch ein Junge, vielleicht sechzehn oder siebzehn Jahre alt, wie sagt man, ein Jugendlicher, ein Halbstarker? Ein Halbstarker mit dünnem Oberlippenbart. Diese ersten dünnen Fussel, die sie sich wachsen lassen, um älter und männlicher zu wirken.«
Knutsson spürte den Ärger wieder aufwallen, der ihn seit dem Aufstehen begleitet hatte.
»Aber du hast dich bei der Polizei gemeldet und behauptet, du hättest Mathilda gesehen!« Die pizzasatte Gutmütigkeit war schlagartig verschwunden. Er verbat sich, laut zu werden, aber er sprach eindringlich und ohne seinen Zorn zurückzuhalten. »Das ist eine Falschaussage. So etwas hat Konsequenzen. Ich fahr doch nicht fünfzig Kilometer hier heraus und vergeude einen halben Arbeitstag …«
Sein Gegenüber hob beschwichtigend die Hand.
»Nein, nein, du verstehst es nicht. Dieser Junge … es war dieses Mädchen.«
Knutsson war baff.
»Ein Junge ist kein Mädchen. Ein Mann ist keine Frau. Er ist nicht sie , sondern das Gegenteil davon. Die Begriffe schließen einander aus.«
»Sie … Er … hatte ihre Gesichtszüge.« Der Mann sah ihn verzweifelt an. »Er war sie. Besser kann ich es nicht erklären. Es war merkwürdig. Geisterhaft. Und hätte ich nicht so ein gutes Gedächtnis für Gesichter, wäre ich niemals so weit gegangen und hätte die Polizei angerufen.«
»Vielleicht wäre das besser gewesen.«
Knutsson grollte, dennoch zwang er sich, sich Mühe zu geben und den Mann ernst zu nehmen. Offenbar glaubte er selbst an das, was er da behauptete, so unlogisch es auch klang. Geisterhaft , hatte er gesagt. Überhaupt nur wegen dieses Wortes war Knutsson hergekommen. Aber wie sicher konnte sich dieser Deniz mit seiner Beobachtung sein? Es war früh am Morgen gewesen, die Lichtverhältnisse trotz Straßenbeleuchtung nicht optimal, und er hatte seine Beobachtung aus gut zehn Metern Entfernung durch mehrere Glasscheiben hindurch gemacht. Außerdem konnte er Mathilda nur anhand der wenigen Fotos kennen, die im Internet aufgetaucht waren. Wie lange hatte er einen Blick auf sie haben können? Beziehungsweise den vermeintlichen Jungen? Eine Sekunde? Zwei? Knutsson glaubte ihm ja, dass er ein guter und geschulter Beobachter war. Aber ganz abgesehen von dem geschlechtlichen Verwirrspiel: Einen Menschen unter diesen Bedingungen sicher zu identifizieren war nahezu unmöglich.
»Beschreibe sie mir. Oder ihn. Oder wie auch immer.«
»Er … sie war klein, sein Kinn reichte knapp übers Lenkrad. Rundes Gesicht, spitze Nase, dünner Schnurrbart.«
Bis auf den Oberlippenbart natürlich passte die Beschreibung auf Mathilda. Aber sie traf ebenso auf Tausende andere zu. Tausende andere junge Männer.
»Das Haar?«
Deniz stockte. Sein Zeigefinger fuhr die Bartstoppeln entlang, was ein feines Knistern erzeugte.
»Da war was«, sagte er schließlich. »Da war etwas mit dem Haar, das merkwürdig war.« Sein gedankenverlorener Blick klärte sich, und er sah Knutsson wieder direkt in die Augen. »Ich weiß nicht, wie ich es besser formulieren soll, aber da war etwas mit dem Haar, was nicht stimmte.«
»Auf den veröffentlichten Fotos hat sie langes rotbraunes Haar.«
Der Umstand, dass sie es seit mehr als einem halben Jahr deutlich kürzer trug, auf Kinnlänge, hatte den Weg ins Internet nicht gefunden. Knutsson fragte sich, wie gut Jan Adlercreutz seine Tochter überhaupt kannte, wenn er veraltete Fotos von ihr veröffentlichte.
»Da war was mit den Haaren«, wiederholte sich Deniz. Er sah ratlos aus.
»Eine Mütze, eine Kappe, ein Hut? Eine andere Haarfarbe oder Haarlänge? Eine Perücke?«
Knutsson bemerkte selbst, wie die Befragung ins Unlautere und Absurde kippte. Seine Fragen waren nicht länger offen. Aber das lag nicht an ihm, sondern den seltsamen Aussagen seines Gegenübers.
»Es tut mir leid. Ich kann es nicht besser beschreiben.«
Deniz zuckte resigniert mit den Achseln.
Knutsson stöhnte. Eine letzte Frage:
»Wie sicher bist du dir, dass es tatsächlich Mathilda war?«
Deniz wog seine Antwort sorgfältig ab.
»Zu fünfzig Prozent«, sagte er, nachdem fast eine halbe Minute vergangen war.
Knutsson nickte grimmig, stand auf, nahm sein Portemonnaie aus der Tasche, entnahm ihm einen Zweihundertkronenschein, legte ihn wortlos auf den Tisch und ging.