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Das Date hatte sich sehr kurzfristig ergeben, ein unverbindlicher Drink nach Feierabend an der Bar des PM . Warum auch nicht? Zu Hause erwarteten Delgado nicht mehr als eine Tiefkühlpizza und ein Ballerspiel zum Runterkommen. Sie hieß Sonja, war in seinem Alter und arbeitete als Verwaltungsfachkraft bei der Kommune. Am besten gefielen ihm ihre tollen Locken, die in natura sogar noch besser aussahen als auf Sonjas Profilbild in der Dating-App. Auf ihren Vorschlag hin teilten sie sich eine Flasche spanischen Rotwein und einen Teller Tapas. Dauernd fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, und ihr wippender Fuß berührte immer wieder seinen Unterschenkel. Alle Signale standen also auf Angriff. Dennoch kam er nicht richtig in Fahrt. Vielleicht lag es an seiner Müdigkeit. Oder an dem Umstand, dass Sonja ununterbrochen von sich selbst erzählte. Sie saßen bereits annähernd eine Stunde hier, und nach dem einleitenden »Na, wie geht’s?« hatte sie ihm keine einzige Frage mehr gestellt. Dabei hatte er in seinem Profil als Beruf Astronaut angegeben, was bei ihr offenbar kein weiteres Nachhaken provozierte, entweder fand sie den Gag zu lahm, um ihn anzusprechen, oder sie hatte ihn schlichtweg nicht als solchen verstanden, was wiederum derart abtörnend wäre, dass er gar nicht weiter darüber nachdenken wollte. Als die Tapas verputzt waren und sich der Weinpegel in der Flasche dem Boden näherte, begann er, unruhig auf dem Barhocker hin- und herzurutschen, was die blond gelockte Plaudertasche allerdings beharrlich zu übersehen schien. Nein, aus Sonja und ihm würde nichts werden, daran würde auch eine zweite Flasche Rioja nichts ändern. Es war höchste Zeit, einen sauberen Abgang hinzulegen. Als sich sein Smartphone piepend meldete, war das eine Steilvorlage. Mit entschuldigender Mimik nahm er das Handy aus der Innentasche seines Jacketts und blickte aufs Display. Es war die Benachrichtigung eines seiner Programme, das mit staatsanwaltschaftlichem Segen die Kontobewegungen Latitia Ahlströms überwachte, immerhin ging es um die Ehefrau eines mutmaßlichen Mordopfers, die sich durch Falschaussagen und eine übereilte Flucht verdächtig gemacht hatte. Seit ihrem Abtauchen hatte die Frau weder ihre Kreditkarte benutzt noch Geld abgehoben. Das hatte sich nun geändert. Gerade eben hatte sie aus einem Geldautomaten in der Innenstadt Stockholms die zulässige Höchstsumme von zehntausend Kronen gezogen.

»Alles in Ordnung?«, fragte Sonja und drehte eine lose Haarsträhne mit dem Zeigefinger auf. Offenbar konnte sie doch Fragen stellen, wenn es darauf ankam.

»Leider nein.« Delgado zog die Mundwinkel nach unten. »So leid es mir tut, ich muss leider auf der Stelle los. Ein beruflicher Notfall. Irgendwas stimmt mit der Raumstation nicht, wahrscheinlich sorgen mal wieder die Sonnensegel für Ärger.«

»Das ist aber schade.«

»Nicht wahr? Was meinst du, teilen wir uns die Rechnung fifty-fifty?«

Sonja lächelte kokett.

»Lädt ein Gentleman seine Lady nicht ein?«

Ein Gentleman vielleicht, dachte er und verdrehte innerlich die Augen. Nun gut. Das Geld war ihm völlig egal. Bloß nichts wie weg hier. Also lächelte er gequält und nahm die Kreditkarte aus dem Portemonnaie.

»Sicher doch, gern.«

»Ihr Astronauten verdient doch bestimmt ganz ordentlich?«

Er sah sie ein letztes Mal an. Nichts in ihrer Mimik deutete darauf hin, dass sie diese Frage nicht vollkommen ernst meinte.