Hugo Delgado liebte es, eine große Show abzuziehen, das war schon immer so gewesen, dachte Stina Forss, und meistens war er dabei tatsächlich ziemlich unterhaltsam, bisweilen sogar witzig, aber gerade fehlte ihr schlichtweg die Muße.

»Was ist denn jetzt?«

»Einen Moment noch!« Beschwichtigend hob er die Arme und machte sich dann wieder an den Kabeln zu schaffen, die seinen Laptop mit dem Beamer unter der Decke verbanden. »Gleich bin ich so weit. Wenn nicht das verdammte WLAN die ganze Zeit …«

Forss saß auf dem Stuhl im Besprechungszimmer, auf dem Platz zu nehmen Delgado sie genötigt hatte, und schlug ungeduldig ein Bein über das andere. Das Telefon auf dem großen ovalen Tisch klingelte. Das kam nicht oft vor, die Durchwahl kannten nur wenige. Erik Edman vermutete sie, was erfahrungsgemäß selten gute Neuigkeiten verhieß. Da Delgado weiterhin an seinen Geräten herumstöpselte und sonst niemand da war, griff sie genervt nach dem Hörer.

»Ja bitte?«

Es war nicht Edman. Überraschenderweise war es Anders Nyström. Ob seine Frau im Präsidium sei. Forss verneinte verblüfft. Ob sie sich da sicher sei? Forss versprach nachzusehen, stand auf, ging zu Nyströms Büro, klopfte an die Tür, und nachdem sich nichts regte, öffnete sie sie und blickte hinein. Von der Chefin keine Spur. Um ganz sicherzugehen, rief sie von Nyströms Telefon aus die Rezeption an. Die Hauptkommissarin befand sich nicht im Haus. Forss ging in den Besprechungsraum zurück und gab die Information weiter. Anders bedankte sich und beendete das Telefonat.

»Was war denn?«, wollte Delgado wissen.

»Offenbar hat sich Ingrid vor anderthalb Stunden selbst aus dem Krankenhaus entlassen.«

»Was ist nur mit ihr los?«, entgegnete Delgado kopfschüttelnd.

»Eigentlich wissen wir beide das doch sehr genau, nicht wahr?«

Sie sahen einander lange an, bis Delgado irgendwann den Kopf abwandte.

»Schau mal bitte hier«, sagte er in einer Tonlage, die nichts mehr mit dem großen Zampano von vor einigen Minuten zu tun hatte. »Denkst du, es ist derselbe Mann?«

Die beiden Bilder, die der Beamer an die Wand projizierte, weckten unmittelbar ihr Interesse, auch ohne großsprecherisches Tamtam und Trara. Das eine kannte sie bereits. Es war ein Still aus dem wackeligen Handyvideo, das ihr Maddy geschickt hatte, und zeigte den Unbekannten im Profil. Das andere war ein typisch erkennungsdienstliches Foto eines grobschlächtigen Manns um die fünfzig.

»Wer ist das?«, fragte sie.

»Magnus Andersson, Spitzname Kanonen-Magge, der Juwelendieb, der den Wachmann erschossen hat. Nachdem er zwölf Jahre abgesessen hat, befindet er sich seit sechs Wochen auf freiem Fuß. Das reizende Porträtfoto wurde am Tag seiner Entlassung aufgenommen.«

Forss war sich sofort sicher, dass es sich auf den beiden Bildern um denselben Mann handelte, trotz der völlig unterschiedlichen Aufnahmen, was Winkel, Entfernung, Beleuchtung, Körnigkeit und Schärfe anging.

»Verdammt, Hugo, das ist der Kerl!«

»Nicht wahr?« Delgado lächelte schmal. »Und nun kümmern wir uns um das Kleingedruckte.«