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Die Eltern meiner Großmutter, Sam und Arabella Davis, kamen aus dem Westen Englands – hügeliges Land, nicht gut für die Landwirtschaft. Als sie im Frühjahr 1890 nach Zebulon kamen und sahen, dass die Hälfte des Landes, das sie unbesehen gekauft hatten, einen Teil des Jahres zwei Fuß unter Wasser stand und ein anderes Viertel sumpfig war, gingen sie zurück nach Mason City und blieben dort den Sommer und Winter über. Sam war einundzwanzig und Arabella zweiundzwanzig. In Mason City trafen sie einen Engländer, John Cook, der, da er aus Norfolk kam, keine Angst vor stehendem Wasser hatte. Cook war nur ein einfacher Verkäufer in einem Textilgeschäft, aber er las viel, interessierte sich für die neuesten landwirtschaftlichen und industriellen Errungenschaften, und er überredete meine Großeltern dazu, das ihnen noch verbliebene Geld für die Trockenlegung eines Teils ihres Landes zu benutzen. Er war sechzehn Jahre alt. Er verkaufte meinem Urgroßvater zwei Forken, einige Spaten, einen Nivellierschlauch, Drainagerohre, die ganz in der Nähe hergestellt wurden, und ein Paar hohe Stiefel. Als das Wetter wärmer wurde, hörte John auf, in dem Textilgeschäft zu arbeiten, und er und Sam gingen raus unter die Moskitos und fingen an zu graben. Auf dem trockeneren Stück Land baute mein Großvater zwanzig Morgen Flachs und zehn Morgen Hafer an, genau das, was jeder, der sich mit der Bodengewinnung abrackerte, im ersten Jahr anbaute. Beides gedieh recht gut, verglichen mit dem, was sie zu Hause in England gehabt hätten. In Mason City wurde meine Großmutter Edith geboren. John und Sam gruben, nivellierten und legten Rohrleitungen, bis der Boden zu hart gefroren war, als dass sie mit ihren Forken noch etwas hätten ausrichten können; dann gingen sie nach Mason City zurück, wo beide Bekanntschaft mit Edith machten und beide für die Mason City Stein- und Rohrwerke arbeiteten.

Ein Jahr später, direkt nach der Ernte, bauten John, Arabella und Sam an der südlichsten Ecke der Farm ein flaches Haus mit zwei Schlafzimmern. Drei Männer aus der Stadt und ein Farmer namens Hawkins halfen. Sie brauchten drei Wochen, und am 10. November zogen sie ein. Im ersten Winter wohnte John im ersten Schlafzimmer, Sam und Arabella im zweiten. Edith schlief in einem Einbauschrank. Zwei Jahre später erwarb John Cook, wieder zu einem guten Preis, achtzig weitere Morgen sumpfigen Bodens, der an das Land der Davises angrenzte. Er lebte weiterhin mit ihnen zusammen, bis 1899, dann baute er sich ein eigenes Haus.

Von außen konnte man dem Land unter meinen Kinderfüßen nicht ansehen, dass es nicht die Urerde war, über die ich in der Schule gelesen hatte. Sie war neu, erschaffen durch magische Leitungen aus Tonrohren, über die mein Vater mit Freude und Ehrfurcht sprach. Ton »zog« Wasser und erwärmte die Erde, so dass sie sich leicht bearbeiten ließ und er mit seinen Maschinen bereits vierundzwanzig Stunden nach dem schwersten Unwetter wieder auf die Felder konnte. Vor allem aber produzierten die Tonrohre wie durch Zauberei Wohlstand – mehr Bushel pro Morgen einer besseren Ernte, Jahr für Jahr, trocken oder nass. Ich wusste, wie Tonrohre aussahen (als ich klein war, lagen immer fünf oder zwölf Zoll lange Rohre aus echtem Ton überall auf der Farm herum, für Reparaturen oder Verlängerungen der Leitungen; als ich älter wurde, wurde der »Ton« zu langen Schlangen aus Plastik), aber über Jahre hin stellte ich mir einen Fußboden unter der oberen Erdschicht vor, blaugrün und gelb kariert, wie der Fußboden auf der Mädchentoilette in der Grundschule, ein harter glänzender Boden, in den man nicht einsinken konnte, besser als ein Treuhandvermögen, verlässlicher als eine Ernteversicherung, eines Farmers bestes Gut. John und Sam und schließlich mein Vater brauchten eine Generation, fünfundzwanzig Jahre, um die Tonrohre zu verlegen und die Entwässerungsschächte und die Zisternen zu graben. Ich in meinem Sonntagskleid und -hut, in dem Buick unterwegs zur Kirche, war eine Nutznießerin dieser gewaltigen Anstrengung, jemand, der immer Boden unter den Füßen haben würde. Wie sehr diese Morgen Land auch wie ein Geschenk der Natur aussahen oder ein Geschenk Gottes, sie waren es nicht. Wir gingen in die Kirche, um unsere respektvolle Aufwartung zu machen, nicht um zu danken.

Es war nur allzu klar, dass John Cook sich mit viel Schweiß einen Wert, einen Gewinnanteil erworben hatte, und als Edith sechzehn wurde, heiratete John sie – er war mittlerweile dreiunddreißig. Sie lebten weiter in Johns Haus, aber Sam und Arabella bestellten bei Sears ein Haus, das »Chelsea« hieß, eins, das weit größer und prächtiger war als das alte. Sie nahmen das Chelsea (vier Schlafzimmer, Wohnzimmer, Esszimmer und Diele, mit Innentoilette und Schiebetüren zwischen Wohn- und Esszimmer, 1129 Dollar) in Cabot am Güterbahnhof in Empfang. Das fertig abgepackte Hauszubehör enthielt jedes einzelne Brett, jeden Balken, Nagel, Fensterrahmen und jede Tür, die sie brauchen würden, und dazu sechsundsiebzig Seiten Anleitung. Das war das Haus, in dem wir aufwuchsen und in dem mein Vater lebte. Das alte Haus wurde in den Dreißigern abgerissen, das Holz für einen Hühnerstall verwendet.

Ich war mir, so glaube ich, immer des Wassers in der Erde bewusst: wie es sich von einem Teilchen zum nächsten fortbewegt, dabei Moleküle haften bleiben, zusammenwachsen, verdunsten, sich erhitzen, abkühlen, erstarren, an die Oberfläche steigen und die kühle Luft neblig machen, oder wie es nach unten sinkt, diesen oder jenen Nährstoff auflöst, wie es flink ist in allem, was es tut, endlos arbeitend und fließend, manchmal ein Fluss, manchmal ein See. Als ich sehr klein war, stellte ich mir vor, es könnte jederzeit hochsteigen und wieder die Erde bedecken, wenn nicht die langen Reihen Tonrohre wären. Die ersten Siedler hatten die Prärie immer als See oder Ozean aus Gras gesehen, vielleicht weil die meisten unlängst den Atlantik überquert hatten. Die Davises aber fanden tatsächlich eine schimmernde weite Fläche vor, durchsetzt von Schilfrohr und Kalmus. Das Gras ist jetzt nicht mehr da und die Sümpfe auch nicht, »die weite feuchte Prärie«, aber das Meer ist immer noch unter unseren Füßen, und wir gehen darauf.