12

Am nächsten Abend tauchte Jess wieder bei uns auf, diesmal alleine, nach dem Essen, dann rief Rose an und sagte, sie würde für Daddy Frühstück machen, weil sie sowieso früh losmüsste, um Linda und Pammy aus West Branch abzuholen, was eine ungefähr vierstündige Autofahrt bedeutete. Ich fragte sie nicht, ob sie sich wohl genug für eine so lange Strecke fühlte, denn sie hätte mir nicht die Wahrheit gesagt und sich geärgert. Ich schlug vor, dass sie mit Pete herüberkommen sollte. Wir redeten davon, Karten zu spielen, vielleicht Poker oder Bridge, einer konnte immer aussetzen, aber dann hatte Rose eine Idee und tauchte mit einem alten Monopoly-Spiel auf, und damit fing das Turnier an, die Eine-Million-Dollar-Monopoly-Weltmeisterschaft, die ungefähr zwei Wochen dauerte und der sich keiner entziehen konnte, trotz der vielen Arbeit, die getan werden musste. Wir trafen uns jeden Abend und spielten wenigstens ein bisschen. Eines Abends schlief Ty sogar am Tisch ein, aber als er aufwachte, kam er noch ein- oder zweimal dran und kaufte die Pacific Avenue, bevor er nach oben ins Bett ging.

Ich frage mich, ob es irgendjemanden gibt, der angesichts eines Monopoly-Bretts nicht in Schwung kommt, all die Farben, all die vielen Teilchen, all die Möglichkeiten. Jess war das Rennauto, Rose war der Schuh, Ty war der Hund und ich war der Fingerhut. Pete war hin- und hergerissen zwischen der Schubkarre, mit der er zweimal gewonnen hatte, und dem Reiter, der zwar mehr Schmiss hatte, mit dem er dafür aber zweimal verloren hatte. Pete wollte unbedingt gewinnen. Im Grunde war Pete derjenige, der vorschlug, wir sollten eine Liste führen und Extrapunkte für bestimmte Strategien und Glückstreffer draufgeben und auf eine Million Dollar Monopoly-Geld abzielen. Es sollte auch einen Preis geben, Geld, wenn wir alle zwanzig Dollar in den Topf taten, oder ein Wochenende in Minneapolis (wie wär’s mit L. A.?) oder zwei Tage Farmarbeit Mitte Januar. Beim Spielen waren Jess und Pete sich ähnlich – wie Stadtjungen, hätte mein Vater gesagt, die in einer Situation nur den Gewinn im Auge hatten und den möglichen Verlust ignorierten. Rose und Ty und ich spielten wie Farmer, achteten auf die Fallen, Löcher, herumliegendes Zeug, irgendetwas Kleines, das den Traktor umkippen lässt, ihn kaputtmacht, deine Zeit frisst, deine Ernte, den Gewinn, der bereits in deinem Kopf existiert, nicht nur als Ergebnis von Ernteplänen und langfristigen Überlegungen, sondern auch als ein Ideal, das noch nie erreicht wurde – aber vielleicht dieses Jahr!

Die Diskussionen um das Monopoly-Brett herum waren lebhaft. Jess hatte eine Menge Abenteuer zu berichten, aber Pete auch. Er erzählte davon, wie er 1967, direkt nach seinem High School-Abschluss, durch die Gegend getrampt war. Er wollte es bis nach San Francisco schaffen, wo er mit Jefferson Airplane spielen wollte, oder wenigstens mit den Grateful Dead. Bis Rawlins, Wyoming, ereignete sich nichts Besonderes. Er war reich (siebenunddreißig Dollar in der Tasche) und hatte eine neue Gitarre (Gibson J-2000, dunkle Maserung, 195 Dollar, ein Geschenk zum Schulabschluss). Ein Rancher nahm ihn eines späten Nachmittags mit und bot ihm einen Platz zum Übernachten an, dann am Morgen die Weiterfahrt nach Salt Lake. Der Rancher hatte zwei Brüder und eine Frau. Sie gaben ihm ein Steak zum Abendessen und weckten ihn dann mitten in der Nacht auf und rasierten ihm Kopf und Bart. Die beiden Brüder hielten ihn fest, die Frau hielt die Taschenlampe. »Wisst ihr«, sagte er, »ich hab nie rausgekriegt, warum sie nicht das Licht angemacht haben. Da war niemand weit und breit.« Am Morgen gaben sie ihm noch mehr Steak und zwei Spiegeleier und fuhren ihn zur nächsten Straße. Als er bemerkte, dass er seine Gitarre vergessen hatte, versuchte er, zu Fuß zur Ranch zurückzugehen, und verirrte sich. Am gleichen Nachmittag fand ihn einer der beiden Brüder, wie er sich den Weg entlang schleppte, reichte ihm die Gitarre und fuhr ihn zurück zu der Straße. Es war beinahe dunkel, und das einzige Auto, das vorüber kam, fuhr Richtung Osten, also hielt er es an, und der Mann nahm ihn die ganze Strecke bis nach Des Moines mit. »Als ich aus dem Auto stieg«, sagte Pete, »fasste mich der Typ am Arm und sagte leise, er hoffe, meine Chemotherapie war erfolgreich.«

»Ha!«, rief Rose aus. Wir lachten, so wie wir unter uns, ohne Jess, nie lachten.

»Hört mal zu«, sagte Jess, und er erzählte, wie er in Vancouver in einer Kneipe einer Amerikanerin anvertraut hatte, dass er in Kanada war, um nicht dienen zu müssen. Sie bat ihn, ihr noch einen Drink zu bestellen, und als er den Arm hob, um die Bedienung heranzuwinken, spürte er, wie sie ihn mit etwas in die Seite stieß. Sie murmelte, sie habe eine geladene Kanone, ihr Freund sei in Vietnam gefallen, und »wenn ich nicht das magische Wort sagte, würde sie abdrücken, also winkte ich der Bedienung ab und dachte eine Weile nach und sagte dann: ›Scheiße.‹ Sie sagte: ›Das ist das magische Wort.‹ Sie nahm, was auch immer in meine Rippen stieß, weg und sah mich dann mit einem Lächeln an und sagte: ›Warum trink ich keine Margarita?‹ Ich bestellte ihr eine Margarita, und ich bezahlte sie ihr auch noch.«

Als er sechzehn war, sagte Pete, und regelmäßig zwischen Davenport und Muscatine hin und her trampte, um mit seiner Gruppe zu proben, hatte ihn mal ein Paar aus New York in einem VW-Bus mitgenommen, die einen Afghanen und zwei Katzen dabeihatten. Sie waren seit achtzehn Monaten unterwegs und lebten in dem Bus. Sie fragten ihn, ob er schon jemals vorher Juden gesehen habe, »weil wir für ungefähr fünfundsiebzig Prozent aller Leute, die wir getroffen haben, die ersten waren«. Der Mann schrieb Stücke über ihre Reisen für die Straßentheatergruppe, die sie gründen wollten, sobald sie wieder in New York waren, und eines der Stücke hieß »Die Ersten Juden«. Er fragte Pete, ob er nicht von der High School abgehen und als Theatermitglied ihrer Gruppe mit ihnen zurück nach New York kommen wollte. Sie hielten am Straßenrand an und rauchten mit ihm einen Joint, dann übernahm der Mann das Fahren, und die Frau nahm ihn mit nach hinten, wo Hund und Katzen schliefen, und verführte ihn. Rose lächelte während dieser ganzen Geschichte, so als ginge die Atmosphäre der Sorglosigkeit, die sie ausstrahlte, ebenso von ihr wie von Pete aus.

Pete war ein aggressiver Monopoly-Stratege, baute, wann immer er konnte, Häuser und Hotels und ließ sein flüssiges Kapital auf einen gefährlich niedrigen Stand fallen. Er brachte es auch fertig, dreimal richtig vorherzusagen, er würde rechtzeitig auf dem Boardwalk landen, um ihn zu kaufen, und zweimal war es der Boardwalk mit einem Hotel, der seinem jeweils gefährlichsten Gegner das Genick brach, einmal Jess und einmal mir selber. Pete rechnete eindeutig damit zu gewinnen. Aber indem sie langsam und stetig ihr Geld vermehrte, nur einen gewissen Prozentsatz zum Kaufen benutzte und den Rest hortete, schaffte Rose es, sich fast bis an eine Million Dollar heranzuarbeiten, ohne eigentlich je ein Spiel zu gewinnen. Eine Sache, die mir während dieser Monopoly-Abende auffiel, war, dass sich meine Gefühle für Pete veränderten. Schon lange nicht mehr hatte ich erlebt, wie viel Spaß es mit ihm machte (als ich das Rose gegenüber erwähnte, sagte sie, er habe tatsächlich schon lange keinen Spaß mehr gehabt, noch hätten andere Spaß mit ihm gehabt), aber es war noch mehr, die Erkenntnis, wie stark er auf andere Menschen wirken konnte. Während dieser Abende war er sehr lustig, zog mich auf, er schäkerte mit seinen Töchtern herum, bezog sie in das Spiel ein, ließ sie sogar für sich strategische Entscheidungen treffen, wenn sein Spiel in einer Krise steckte; er überbot Jess mit seinen Geschichten und in gewisser Weise auch mit der Art, sie zu erzählen; er sang Lieder, sowohl bekannte als auch unbekannte, die unterhaltsam waren, aber, was noch besser war, genau zur jeweiligen Situation passten. Man hatte dadurch das Gefühl, dass alles, was im Moment passierte, auf wundersame Weise zu harmonisieren schien – es wäre albern gewesen, das auszusprechen, aber ich empfand es so, und es zeigte mir eine Intelligenz, die ich ihm bisher nicht zugebilligt hatte.

Eines Abends erzählte uns Jess, Harold habe für die Juliflaute der Farmarbeit ein Umbauprojekt vor. Wir grinsten schon, als Pete sagte: »Das muss ich hören.«

»Na ja, er hat vor, das Linoleum und den Holzboden der Küche rauszureißen. Ihr müsst wissen, die Küche ist nicht unterkellert, sie hat nur diesen ganz niedrigen Gang darunter. Deshalb will er einen neuen Betonboden in der Küche gießen, grüngetönten Beton, der zu einem Abfluss hin abfällt, damit er ihn einfach mit dem Schlauch abspritzen kann, wenn er schmutzig ist.«

»Du machst ’nen Witz«, sagte Rose.

»Nee. Er sagt, wenn das so funktioniert, wie er sich das vorstellt, will er es auch unten im Badezimmer versuchen.«

Wir lachten.

Ty sagte: »Will er den Schlauch von draußen benutzen?«

Pete sagte: »Er könnte sich ja ganz leicht einen Leitungshahn für den Schlauch anbringen.«

Wir lachten wieder.

Ich sagte: »Was sagt Loren dazu?«

»Ihm ist das egal. Er hat gesagt: ›Das ist sein Haus, soll er doch damit machen, was er will.‹«

Ich würfelte, landete auf St. Charles Place und zahlte Rose ihre Miete. Sie teilte sie auf zwischen ihrem Ausgebehaufen und ihrem Sparhaufen, und ich sagte: »Unter diesen Umständen wird er nie ’ne Frau kriegen. Niemand will in einer Betonküche kochen, die zu einem Ausguss hin abfällt.«

»Harold denkt, er könnte die Idee patentieren lassen. Er kann einfach nicht begreifen, wieso das noch niemand gemacht hat.«

Pete sagte: »Ich kann’s kaum abwarten, bis er Larry das erzählt. Larry dreht durch.«

»Oder er will auch so einen Betonboden«, sagte Rose. »Oder er will Harold Konkurrenz machen und gießt unten alles in Beton, mit Vinylverkleidung an den Wänden, damit er die auch gleich mit abspritzen kann.«

Wir lachten, aber am nächsten Tag sah ich einen Lieferwagen aus Pike an unserem Haus vorbeifahren und bei meinem Vater einbiegen. Ich sah zu, wie der Fahrer nach Daddy rief, und als er ihn nicht finden konnte, lief ich hinüber, um nachzusehen, was los war. Es waren eine Küchenanrichte, eine Spüle, vier Unterschränke, zwei Wandschränke und zweieinhalb Meter Arbeitsplatte, babyblau beschichtet, das Ausstellungsstück der Küchenabteilung des Bauhandels, das mein Vater für tausend Dollar gekauft hatte, sagte der Fahrer (2500 Dollar wert, so das Schild an der Spüle). Weder das Holz noch das Muster der Schranktüren passten zu dem, was mein Vater bereits besaß – gelb angestrichene Schränke, die zum Haus gehörten, und mit Linoleum bedeckte Arbeitsplatten, in Metall eingefasst –, aber das Ganze war auch nicht groß genug, um das, was schon da war, zu ersetzen. Ich rief im ganzen Haus und suchte in der Scheune nach Daddy, aber obwohl sein Truck da stand, war er nicht da. Der Fahrer und sein Gehilfe luden alles in der Einfahrt ab, und als ich sagte, ich hätte mein Scheckheft nicht dabei, sagte er, die Schränke seien schon bezahlt, und fuhr ab. Ich musste lachen, als ich mich daran erinnerte, wie wir am Abend zuvor so was prophezeit hatten, ging dann nach Hause und vergaß die Geschichte, bis Ty zum Essen kam und mir erzählte, er habe Daddy seine Hilfe angeboten, die neuen Schränke ins Haus zu tragen, und Daddy habe gesagt, er habe sich noch nicht entschieden, wo er sie haben wollte, deshalb wolle er sie erst mal da stehen lassen. Pete bekam beim Abendessen dieselbe Antwort.

Wir waren ein wenig perplex, nahmen die Küchenschrankgeschichte aber in der Hauptsache eher als Witz auf, bis wir zwei Tage später beim Aufstehen sahen, dass es bald regnen würde, wahrscheinlich schon vor Mittag. Ty aß schnell, ging dann mit mir die Straße hinunter, um Daddy dabei zu helfen, die Schränke unterzustellen, zumindest in der Scheune, während ich das Frühstück machte. Daddy saß am Tisch und trank Kaffee. Ich sagte: »Sieht nach Regen aus. Im Radio haben sie gesagt, es kann bis morgen Abend regnen.«

»Für den Mais wär’s letzte Woche besser gewesen. Der Mais ist zurück.«

Ich sagte: »Ja?«

Ty sagte: »So weit nun auch nicht. Jedenfalls, wenn wir die Schränke im Haus haben, wird Ginny wahrscheinlich gerade mit dem Frühstück fertig sein.«

Daddy sagte: »Du isst mit?«

»Nein, ich hab schon.«

»Dann machst du dich mal besser an die Bohnen da unten an Mel’s Corner, weil’s da ziemlich tief ist, und du wirst den Deere diese Woche nicht mehr auf das Feld kriegen, wenn du’s nicht vor dem Regen packst.«

»Hatte ich vor. Der Traktor steht schon da unten.«

»Du hast den Traktor da unten stehen lassen?«

Ich warf Ty einen Blick zu. Es war nichts Ungewöhnliches, den Traktor draußen stehen zu lassen, wenn Arbeit in Mel’s Corner anstand, denn es war das Feld, das am weitesten von der Scheune entfernt war, und man brauchte mit dem Traktor über die Straße länger als zu Fuß über die Felder. Er verstand meinen Blick und zuckte leicht die Achseln, sagte dann: »Was ist mit diesen Küchenschränken? Ich werd später keine Zeit haben, dir dabei zu helfen, und Pete muss heut Morgen nach Zebulon, ein paar Papiere einreichen.«

Daddy sagte: »Lasst mich mit dem Küchenzeug in Ruhe. Ich hol’s rein, wenn ich so weit bin.«

»Daddy, du willst doch nicht, dass sie sich im Regen verziehen und ganz schief und krumm werden, oder? Sie sind massiv Eiche. Sie sind gutes Holz.«

Er trank seinen Kaffee aus und sagte: »Hör auf, mir vorzuschreiben, was ich zu tun hab.« Er starrte uns an, bis Ty sich schließlich umdrehte und ging. Ich wünschte, Rose wäre da, denn sie hätte die richtige Antwort gewusst, aber dann sagte ich: »Was soll das, willst du sie draußen im Regen stehen lassen? Willst du’s Harold zeigen?« Ich versuchte, meinen Worten einen munteren Ton zu geben, der so wenig wie möglich verletzte.

Er sagte: »Kümmer dich um deinen Kram!«

Ich machte ihm Frühstück, sagte keinen Ton mehr, aber er schien es nicht zu bemerken. Danach stieg er in seinen Truck und fuhr weg, und ich ging nach Hause. Ich beobachtete den Himmel, und als es zu regnen anfing, ein gleichmäßiger Dauerregen, zog ich meinen Regenmantel an und lief zu ihm hinüber. Die Schränke standen traurig auf der Kieseinfahrt, und das Wasser floss in Rinnsalen an ihnen herunter. Mir war das alles ein Rätsel.

Am Abend machte Rose Witze darüber wie ein 4. Juli-Feuerwerk. Ihre Lieblingsidee war es, dass Daddy vorhatte, in den drehbaren Schrankregalen Kaninchen und in den Wandschränken Hühner zu halten. Ich merkte, dass sie wütend war, denn sie war von dem Thema einfach nicht abzubringen. Pete war auch verärgert, und er ermutigte sie, immer weiterzumachen. Schließlich sagte Ty auf seine milde Art: »Larry hat früher auch schon alberne Sachen gemacht.«

Rose sagte: »Tausend Dollar! Direkt zum Fenster hinaus. Er hat sie einfach nur gekauft, um Harold zu übertrumpfen, und dann ist er zu faul, sie ins Haus zu bringen.«

Jess sagte: »Vielleicht hat er nie vorgehabt, sie ins Haus zu bringen.«

»Wozu sollte er denn so schöne Schränke in die Werkstatt stellen? Die meisten Leute stellen die alten in die Werkstatt und die neuen ins Haus.«

Das Spiel um das Monopoly-Brett herum glich sich dem beschleunigten Rhythmus der Unterhaltung an, und es fiel mir schwer zu behalten, wer mir was schuldete. Wenn Rose dran war, warf sie die Würfel so, dass sie vom Tisch fielen, und mit ihrem winzigen Metallschuh schoss sie nur so über die Felder. Ich spürte, wie angespannt ich war.

»Nein«, sagte Jess, »ich mein, vielleicht ist es nur eine Geste, die alles, was Harold tut, runtermachen soll.«

»So was wie ›Das hier ist meine Meinung von Küchen‹«, sagte Ty.

»Er ist verrückt«, sagte Rose. »Wie dem auch sei, Ginny, dir geht das Geld aus, und du hast noch all die teuren Mieten vor dir, bis du über Los kommst. Willst du deine beiden Bahnhöfe verkaufen?«

»Verkauf sie ihr nicht«, sagte Pete, die Schärfe in seiner Stimme nicht ganz spielerisch.

»Er ist verrückt«, sagte Rose. »Er steigt jeden Morgen in seinen Truck und fährt weg, ohne irgendjemandem zu sagen, wohin. Er hat auch ein Sofa gekauft. Hat er euch das erzählt? Es ist noch nicht geliefert, weil er es irgendwo unten in Marshalltown gekauft hat und sie noch keine Zeit hatten, einen Wagen hier heraufzuschicken. Marshalltown muss zwei Stunden von hier sein, also kutschiert er nicht nur auf den kleineren Straßen herum. Mir gefällt das nicht, dass er da runterfährt.«

»Wie viel hat er dafür ausgegeben?«, fragte Ty.

»Er hat gesagt, das geht mich nichts an. Ich weiß das mit dem Sofa nur, weil ich die Karte des Verkäufers auf dem Küchentisch liegen gesehen und ihn danach gefragt hab. Er war stolz auf sich!«

»Wir glauben, es war irgendwann letzte Woche«, sagte Pete, »so um dieselbe Zeit, als er die Schränke gekauft hat.«

Ich landete auf Park Place und schob Rose meinen Nordbahnhof und Südbahnhof hinüber. Sie gab mir dreitausend Dollar. Es war klar, dass ich dieses eine Spiel verlor, und ich überlegte, ob ich lieber aufhören sollte, solange ich noch etwas Geld hatte, das meiner Gesamtpunktzahl zugezählt werden konnte, aber die Unterhaltung regte mich auf. Eintausend Dollar und mehr waren eine Menge Geld, aber Rose schien mir zu wütend, selbst für diese Summe. Ty auf der anderen Seite tat so, als begriffe er nicht, dass diese Art, Geld auszugeben, eine neue Seite an Daddy war, nicht die übliche »Albernheit«.

Pammy stellte sich neben mich an den Tisch, und ich legte ihr den Arm um die Taille. Sie sagte: »Kann ich Popcorn machen?«

»Klar.«

»Hilfst du mir?« Sie kannte eine der großen Familienwahrheiten, dass Tanten immer helfen, während Mütter immer denken, es tue einem gut, wenn man es alleine macht. Wie auch immer, ich war froh, von den anderen wegzukönnen.

In der Küche sagte sie: »Ist Grandpa verrückt?«

Ich sagte: »Was meinst du mit verrückt?«

»Brüllen und Schreien und sich komisch benehmen. Und ins Krankenhaus kommen.«

»Deine Mom übertreibt bloß. Grandpa hat ein paar Dinge gemacht, die wir nicht verstehen.«

Sie bewegte den Topf vorsichtig hin und her, denn sie war wie immer darauf aus, es gut zu machen. Sie sagte: »Mom lässt uns nicht mehr rübergehen. Und sie hat gesagt, wir sollten ihm nicht die Tür aufmachen, wenn er rüberkommt und sie nicht da ist.«

»Na, das kommt mir ein wenig übertrieben vor, aber sie wird ihre Gründe haben.« Das Popcorn sprang nicht mehr im Topf herum, und ich hielt ihr die Schüssel hin. Pammy nahm den Deckel ab und legte ihn auf eine kalte Platte, kippte dann das Popcorn in die Schüssel. Sie war schon immer ganz Roses Tochter gewesen, mit ihrer Genauigkeit und ihrer Entschlossenheit, die Dinge richtig zu machen, aber es gab einen Unterschied: Rose machte die Dinge richtig, um sich damit selbst zu bestätigen, Pammy machte die Dinge richtig, damit sie nicht in Schwierigkeiten geriet. Linda, ein Jahr jünger, war sorgloser. Ich liebte Pammy und fühlte mich ihr nah. Linda, die sehr hübsch und anmutig war, bewunderte ich, und ich erfreute mich an ihr, aber mit ein wenig Distanz.

»Butter?«

Pammy nickte.

»Hast du Angst vor Grandpa?«

»Ein bisschen.«

»Du hättest mal sehen sollen, wie es war, als wir Kinder waren. Wir hatten alle möglichen Verstecke, aber wenn er unsere Namen rief, mussten wir innerhalb von zehn Sekunden antworten. So ist er nun mal. Und deine Mom hat nicht eine Sekunde lang Angst vor ihm, also verlässt du dich einfach auf sie, okay?«

Pammy nickte, und wir nahmen das Popcorn mit ins Wohnzimmer.

Rose sagte gerade: »Vielleicht hat er Alzheimer.«

Jess sagte: »Ist er vergesslich? Das ist das erste Symptom für Alzheimer.«

»Genau das Gegenteil«, sagte Pete. »Er erinnert sich haargenau an alles, was man sagt, an jeden schiefen Blick, an jeden Zweifel, den man anmeldet, wenn er seine Anweisungen gibt. Ist das ’ne Krankheit?«

»Er könnte sich in unsere Arbeit einmischen«, sagte Ty. »Davor hatte ich eigentlich Angst, aber er hält sich da raus, oder er fragt, ob es irgendwas gibt, das er tun könnte. Wenn ich ja sage, dann tut er’s auch.«

»Aber das hält ihn nicht davon ab, an allem rumzumeckern«, sagte Pete. »Er meckert ständig an allem rum, was wir tun.«

»Na ja«, sagte Ty, »mir ist das lieber, als wenn er sich einmischt.

Ich hör die halbe Zeit schon gar nicht mehr hin.«

Rose sagte: »Tausend Dollar! Was für ’ne Verschwendung, ich kann’s noch immer nicht fassen. Und es macht mich einfach krank, wenn ich sie da draußen stehen sehe. Ich mein, jemand hat sie gebaut! Es ist wirklich traurig.«

Ich sagte: »Das hab ich auch gedacht.«

»Er ist außer Rand und Band«, sagte Rose.

Ich war versucht, ihr zuzustimmen.