In den 1960ern kamen die poststrukturalistischen Metakritiker des Weges, stellten die literarische Ästhetik auf den Kopf, verwarfen für ihre Lehrer seinerzeit noch selbstverständliche Thesen und verkomplizierten das Gewerbe der Textinterpretation, indem sie Theorien des kreativen Diskurses mit metaphysischen Hardcore-Positionen verschmolzen. Ob man sich nun zu Barthes, Foucault, de Man und Derrida bekennt oder nicht, das fruchtbare Verquirlen von Kritik und Philosophie muss man ihnen lassen: Kritische Theorie ist heute ein anerkanntes Forschungsgebiet für junge amerikanische Philosophen, die sich einerseits für kontinentaleuropäische Poetik und andererseits für angelsächsische analytische Philosophie interessieren. H.L. Hix gehört zu diesen jungen (nach dem Autorenfoto zu urteilen in diesem Fall ungefähr zwölfjährigen) US-amerikanischen Philosophen, und ich bin ziemlich sicher, sein Morte d’Author: An Autopsy von 1992 ist eine Doktorarbeit, die mehr als gut genug war, um im Rahmen der Reihe »The Arts and Their Philosophies« der Temple University Press gedruckt zu werden.
Verfolgt man die Entwicklung der Literaturtheorie in den Neunzigern, macht es einen Heidenspaß zu beobachten, wie junge Kritiker/Philosophen heute des Weges kommen und ihre poststrukturalistischen Lehrer attackieren, indem sie die für diese noch selbstverständlichen Thesen verwerfen. Dieses Verfahren übt Professor Hix an einem der wahrhaftigen Fanale, die den Übergang vom New Criticism und Strukturalismus zum Dekonstruktivismus markiert hatten: Roland Barthes’ Bekanntgabe vom »Tod des Autors« von 1967. Barthes’ bahnbrechender Essay löste eine fünfundzwanzig Jahre währende heftige interperiodikale Debatte zwischen europäischen Theoretikern (pro-Tod) und US-amerikanischen Philosophen (mehrheitlich anti-Tod) aus, eine Debatte, die Hix auf beeindruckende Weise zusammengefasst und zwischen zwei Buchdeckeln aufbereitet hat, und eine Debatte, die er – weniger beeindruckend – zu beenden versucht, indem er allen Beteiligten vorwirft, ihr Verständnis der Ex- wie Implikationen des Begriffs »Autor« sei noch lange nicht kompliziert genug.
Wenn Sie nicht auf jeder Welle des kritisch-theoretischen Zeitgeists mitsurfen und trotzdem verstehen wollen, warum die metaphysische Lebensfähigkeit des Autors absolute Chefsache ist, müssen Sie sich erst mal klarmachen, dass es ein himmelweiter Unterschied ist, ob wir von einem Schriftsteller sprechen (dem Menschen, der mit seinen Entscheidungen und Handlungen für die Merkmale eines Texts einsteht) oder von einem Autor (der Instanz, deren Intentionen für die Bedeutung eines Texts verantwortlich gemacht werden). Hix paraphrasiert den stets luziden Alexander Nehamas und kommt wieder mal mit der ollen Kamelle von den Affen und den Schreibmaschinen an: »Natürlich ist es möglich, wenn auch sehr unwahrscheinlich, dass tausend Affen an tausend Schreibmaschinen durch reinen Zufall eine Enzyklopädie hervorbringen könnten. In diesem Fall wären sie verantwortlich für alle Merkmale des Texts: Alles im Text wäre von Affen an Smith-Coronas dort hingetan worden. Aber niemand wäre für den Sinn der Textmerkmale haftbar zu machen, denn die Affen könnten mit ihrem Tippen nichts gemeint haben.« Autoren sind Affen, die was meinen.
Für die Literaturtheorie in der Romantik und im frühen 20. Jahrhundert stand der Autor im Mittelpunkt der Textinterpretation. Für Wordsworth betrachtet der Kritiker einen Text als kreative Emanation des Schriftsteller-Ichs. Deutlich medizinischer sah I.A. Richards die Hauptaufgabe der Literaturkritik darin, den »relevanten Geisteszustand« eines Textproduzenten festzunageln. Beide Schulen gingen von einem realen Autor aus, einer Instanz, die die meisten Literaturtheoretiker mit Hobbes definierten, der einen realen Autor im Leviathan als Person beschreibt, die erstens die Verantwortung für einen Text übernimmt und zweitens diesen Text »als eigenen anerkennt«, d.h., sich das Recht vorbehält, seine Bedeutung festzulegen. Genau diese Definition von »Autor« focht Barthes ’67 an, entkräftete das erste Kriterium mit dem Argument, ein Schriftsteller könne die Konsequenzen seines Texts nicht weit genug festlegen, um hinterher zur Rechenschaft gezogen zu werden (Salinger wurde nach dem Mord an John Lennon nicht als Mitschuldiger vor Gericht gezerrt), und das zweite mit dem Argument, ein Schriftsteller sei nicht der Eigentümer des Texts in Hobbes’ Sinn, denn in Wirklichkeit seien es kritische Leser, die die Bedeutung eines Texts fänden und fixierten.
Barthes’ zweites Argument ist der eigentliche poststrukturalistische Totenschein, und sein Gedankengang potenziert letztlich die Reaktion der New Critics im Zweiten Weltkrieg gegen Richards und die Romantiker. Zunächst wollten die New Critics eigentlich ganz vernünftig den Autor zur Abdankung bringen, indem sie den von ihnen so genannten »intentionalen Fehlschluss« attackierten. Schriftsteller irren sich manchmal hinsichtlich der Bedeutung ihrer Texte, und manchmal haben sie keine Ahnung, was diese wirklich bedeuten. Manchmal ändert sich die Textbedeutung sogar für den Schriftsteller. Den New Critics war es letztlich egal, was der Schriftsteller sagen wollte; wichtig war nur, was der Text sagte. Diese kritische Entmachtung der künstlerischen Intention schuf optimale Voraussetzungen für die poststrukturalistische Show, für die sich ein paar Jahrzehnte später der Vorhang hob. Die Dekonstruktivisten (»Dekonstruktivist« und »Poststrukturalist« bedeutet, nebenbei bemerkt, dasselbe: Als »Poststrukturalisten« bezeichnet man einen Dekonstruktivisten, der nicht als Dekonstruktivist bezeichnet werden will) beriefen sich explizit auf Husserl, Brentano und Heidegger, so wie die New Critics Hegel für sich in Beschlag genommen hatten, und die Debatte über das Eigentum an Bedeutung betrachteten sie als bloßes Scharmützel in dem größeren Krieg, der in der westlichen Philosophie um die ontologische Frage ausgebrochen war, ob Präsenz und Einheit dem Ausdruck vorgängig sind. Ihrer Meinung nach war es eine antiquierte und verblendete Annahme, hinter jeder Äußerung müsse es eine einheitliche, wirkmächtige Präsenz geben, die diese Äußerung bedinge und besitze. Der Angriff der Poststrukturalisten richtet sich in ihrem Selbstverständnis gegen das nachplatonische Vorurteil, Präsenz sei besser als Absenz, Reden besser als Schreiben. Wir neigen dazu, das Reden dem Schreiben vorzuziehen, weil der Sprecher unmittelbar da ist: Er steht vor uns, wir können ihn am Revers packen, ihm ins Gesicht sehen und ganz genau verstehen, was er gerade meint. Die Poststrukturalisten sind aber in der Literaturtheoriebranche, weil sie gerade behaupten, das Schreiben und nicht das Sprechen sei der Metaphysik des wahren Ausdrucks treuer. Für Barthes, Derrida und Foucault ist das Schreiben ein besseres Tier als das Sprechen, weil es »iterabel« ist; es ist iterabel, weil es abstrakt ist, und es ist abstrakt, weil es eine Funktion nicht der Anwesenheit, sondern der Abwesenheit ist: Der Leser ist nicht da, wenn der Schriftsteller schreibt, und der Schriftsteller ist nicht da, wenn der Leser liest.
Für den Dekonstruktivisten gehören Schreibumstände und Absichten eines Schriftstellers zum »Kontext« eines Texts, aber Kontexte zurren Textbedeutungen nicht mit realen Zingula fest, weil Bedeutung in der Sprache eine Kultivierung eher der Absenz als der Präsenz bedingt und nicht die Zumutung, sondern die Auslöschung von Bewusstsein erfordert. Das liegt daran, dass diese Typen – Derrida im Anschluss an Heidegger, Barthes an Mallarmé und Foucault an weiß der Geier wen – literarische Sprache nicht als Werkzeug, sondern als Umwelt begreifen. Ein Schriftsteller handhabt Sprache nicht; er ist in ihr aufgehoben. Sprache spricht uns, Schrift schreibt uns usw. Hix geht nicht näher auf Heideggers Unterwegs zur Sprache oder Derridas Randgänge der Philosophie ein, wo das alles am einleuchtendsten dargelegt wird, zitiert aber genug Barthes (»Schreiben bedeutet, […] an den Punkt zu gelangen, wo nicht ›ich‹, sondern nur die Sprache ›handelt‹«[190]), um einem zu verklickern, dass die Vorstellung eines Autors als Eigentümer nicht nur überflüssig, sondern auch in sich widersprüchlich ist, und genug Foucault (»Zunächst lässt sich sagen, dass sich das Schreiben heute vom Thema Ausdruck befreit hat […]. [Es ist] ein Zeichenspiel […], das sich weniger nach seinem bedeuteten Inhalt als nach dem Wesen des Bedeutenden richtet«[191]), um einen verstehen zu lassen, dass sich sogar der Heilige Text der New Critics als eindeutige Referenz von Bedeutung und Wert auflöst. Für Hix’ Lehrer glich der Versuch, schriftlich festgehaltene Bedeutung einem statischen Text oder einem menschlichen Urheber zuzuschreiben, dem Unterfangen, seinen eigenen Körper zu stricken, ja seine eigenen Stricknadeln. Hix bringt ein treffenderes Bild aus der Schneiderei: »Bisher war der Text ein Tuch, das vom Leser aufgetrennt wurde; war der Text ganz aufgedröselt, stellte der Leser fest, dass der Autor das andere Ende des Fadens hielt. Barthes macht den Text aber zum Leichentuch, und niemand, auch keine Leiche, hält das andere Ende.«
Hix ist ein guter Weber; Morte d’Author ist ein straff komponiertes Werk. Seine erste Hälfte bietet einen kritischen Überblick über wichtige Positionen zu auktorialen Vitalzeichen. Man erfährt nicht nur, wie Hobbes und Frye einen Autor definieren, sondern auch, woran Foucault im Gegensatz zu Nehamas einen Autor erkennt, sowie die Einschätzung von Barthes im Gegensatz zu William Gass, ob man sich überhaupt die Mühe machen soll, einen Autor zu suchen. Hinzu kommen kurze kritische Zusammenfassungen von Derrida, Culler, Stecker, Booth und Burke. Hix’ Forschungspanorama ist allerdings unvollständig: Heidegger und Hegel finden kaum Erwähnung, und Husserl (ein wichtiger Einfluss auf Derrida) fehlt ebenso wie wichtige zeitgenössische Diskutanten wie Stanley Cavell (dessen Must We Mean What We Say? für Hix’ Thema mindestens so wichtig ist wie Booths Rhetorik der Erzählkunst), Paul de Man, Edward Said und Gayatri Spivak. Und Hix’ Analyse der Akteure, die er abdeckt, leidet unter dem akademischen Kästchendenken, das sich in so vielen veröffentlichten Dissertationen findet, der Besessenheit, bis in die feinsten Verästelungen auszubuchstabieren, was man sagen und worauf man hinauswill. Ermüdende argumentative Gabelungen wie »Ich möchte im Folgenden drei Thesen im Einzelnen herauspräparieren, wobei ich zweien widerspreche und einer zustimme« und mikropräzise Kritikpunkte à la »Der Denkfehler von Wimsatt und Beardsley mag sich hinter der Passivform verbergen; Cains verbirgt sich hinter dem Präsens« lassen den Leser wünschen, ein Lektor hätte Hix bei der Tilgung von Floskeln geholfen, die sich an den Doktorvater, aber nicht an den zahlenden Leser richten.
Hix’ Detailversessenheit könnte aber von der Tatsache gerechtfertigt werden, dass Morte d’Author mehr als nur einen Ariadnefaden durch das Theorielabyrinth des toten Autors bieten will. Hix entwickelt seine eigene Theorie der Autorschaft und beansprucht, die Debatte zu klären und nach der Totenwache im Gefolge des dekonstruktivistischen Plumazids eine differenziertere literaturtheoretische Herangehensweise zu begründen. Seine Lösung des Problems ist dann zwar nicht das Allheilmittel, auf das er den Leser eingestimmt hat, aber sein Projekt veranschaulicht die moderne Kommissur von kontinentaleuropäischer Theorie und analytischer Praxis. Sein Klärungsangebot kombiniert Derridas Metaphysik, die Denkfiguren einer einheitlichen kausalen Präsenz ablehnt, mit Wittgensteins analytischem Ansatz, reale Diskurse zum Prüfstein von Bedeutung und Praxis einzelner Begriffe zu machen.
Zu Beginn seines Arrangements moderner Autortheorien ordnet Hix die vorliegenden Konzepte zwei verfeindeten Lagern zu. Für die Anti-Tod-Typen ist der Autor immer noch »Ursprung«/»Ursache« eines Texts, und für die Pro-Tod-Typen ist er »Funktion«/»Effekt« eines Texts. Hix findet, dass beide Lager »Teilaspekte des Autors verabsolutieren«. Alle Disputanten vereinfachten die eigentliche Bedeutung des Begriffs »Autor«. Grund dafür sei ihre von Hix so genannte »Unterstellung von Homogenität«, denn sie gingen vereinfachend davon aus, »Autor« beziehe sich auf »ein einheitliches Gebilde oder Phänomen«. Wenn wir die Verwendung des Begriffs »Autor« im theoretischen Diskurs untersuchen, so Hix, müssen wir einsehen, dass die Denotation des Begriffs das Resultat komplexer Aktivitäten ist, ein Zusammenspiel von »historischem Schriftsteller« (dem Tintenfex), der Prägung und den Umständen des Schriftstellers, der im Text eingenommenen Erzählhaltung, dem vorliegenden Text selbst, dem Klima der Kritik, das die Textinterpretation umgibt und beeinflusst, der tatsächlichen Textinterpretation durch den einzelnen Leser und schließlich den Einstellungen und Handlungen, in die die Interpretation mündet. Anders gesagt, der ganze Zoff seit 1967 war für die Katz, weil in einer Art von theoretischem Aquaplaning nicht berücksichtigt wurde, was genau »Autor« überhaupt bedeutet und impliziert, bevor man sich daranmachte, den Patienten entweder beizusetzen oder zu reanimieren.
Es macht einen Heidenspaß zu beobachten, wie Hix die Instrumente der Dekonstruktivisten gegen sie wendet. Derridas Angriff auf die Prämisse einer metaphysischen Präsenz im literarischen Ausdruck nutzt er als Blaupause für den Angriff auf die Unterstellung von Homogenität, und sein Unterfangen, eine im Grunde genommen binäre Opposition von Autor als Ursache vs. Autor als Effekt auszuhöhlen und zu kippen, ist ein Paradebeispiel poststrukturalistischer Analyse. Origineller und interessanter ist, dass sich Hix im Anschluss an Austin und Wittgenstein einer Art Philosophie der normalen Sprache bedient, um den Bedeutungsumfang des Prädikats »Autor« auszuloten. Statt sich zu seinen Lehrern zu gesellen, die in der metaphysischen Stratosphäre herumsausen, schlägt Hix ganz pragmatisch vor, sich einfach mal anzuschauen, wie intelligente Leser den Begriff »Autor« in verschiedenen kritischen Diskursen verwenden, um herauszufinden, was hier eigentlich in der Natur der Sache liegt, bevor man den Spaten zückt beziehungsweise die Defibrillationselektroden anlegt. So wie er sein Projekt skizziert, ist es zugleich vernünftig und macht Spaß.
Seine Durchführung der Analyse von Autorschaft ist dann allerdings weniger vernünftig und macht sehr viel weniger Spaß. Zum einen ist seine Beweisführung unausgegoren. In ein und demselben Atemzug empfiehlt er eine Identifizierung als unabdingbar für jede Einschätzung der Lebensfähigkeit und konstatiert, eine eingehende Definition von »Autor« sei prima vista wichtig, weil es ohne hieb- und stichfeste Theorie des Autors keine zufriedenstellende Theorie des Texts und des Lesens geben könne, was der poststrukturalistischen Grundfrage ausweicht, ob ein Text überhaupt einen Autor brauche, um zu sein und zu bedeuten. Hix denkt definitiv, dass ein Text einen Autor braucht, und der vorgebliche Kompromiss zwischen den Begrabt-ihn- und Rettet-ihn-Lagern ist in Wirklichkeit eine verkappte Rechtfertigung des Lebensschutzes.
Die einfach groteske Definition von »Autor«, mit der Hix in »Autopsie« aufwartet, dem letzten Kapitel seiner Untersuchung, scheint dann aber genau den Mord zu begehen, zu dem Barthes angestiftet hatte. Im Unterschied zu Barthes, der schlicht geltend gemacht hatte, das Konzept eines Autors sei für kritische Absichten heute obsolet, weitet Hix die Denotationen von »Autor« so weit aus, dass der Begriff irgendwann gar nichts mehr bezeichnet. Substantive sollten schließlich mal etwas hervorheben. Hix reklamiert erst: »Die Absage an eine Unterstellung von Homogenität impliziert zwar, dass der historische Schriftsteller nicht der ausschließliche Bedeutungsnexus ist, aber nicht, dass es gar keinen Bedeutungsnexus gibt«, und dann führt er sein Verständnis von Bedeutungsnexus aus, kocht dabei aber einen solchen Eintopf aus vertrackten Handlungen und Bedingungen und Relationen, dass er den Autor schlussendlich ausradiert, weil dem Signifikanten kein Signifikat mehr zuzuordnen ist. Ein Philosophieren à la Westmoreland: Hix vernichtet den Autor, um ihn zu retten.
Seine Schlussfolgerungen lösen zwar nicht das Problem, das er sich vorgeknöpft hat, aber seine Versuche, jene zu organisieren und zu untermauern, bringen immer wieder beeindruckende Wissenschaftsprosa hervor. Hix hat die seltene Begabung, verschiedene Aspekte einer Frage übersichtlich gliedern zu können, und dank der Komplexität seiner Theorie finden sich Erklärungen für diverse Vieldeutigkeiten, mit denen wir es zu tun bekommen, wenn wir beispielsweise behaupten, Lukas sei der Autor des dritten Evangeliums, Jefferson sei der Autor der Unabhängigkeitserklärung, George Eliot sei die Autorin von Middlemarch, und Franklin W. Dixon sei der Autor von The Hardy Boys at Skeleton Cove. Das Kapitel »Schizografie« enthält eine faszinierende Diskussion des »impliziten Autors« in Bezug auf literarische Texte in der Ichform wie Robert Brownings »Meine letzte Herzogin« oder Jonathan Swifts »Ein bescheidener Vorschlag« und bietet darüber hinaus – ob man’s glaubt oder nicht – eine richtig verständliche Theorie der Funktionsweise der Ironie. Und geniale Beispiele wie das des hirngeschädigten Patienten in A.R. Lurias Der Mann, dessen Welt in Scherben ging, der schreiben konnte, aber nicht imstande war, zu lesen, was er geschrieben hatte, unterstützen nicht nur Hix’ These, der Schriftsteller sei keineswegs der ultimative »Insider« hinsichtlich seines eigenen Werks, sie sind auch schlicht und einfach cool.
Durch sein Gespür für Bilder und Beispiele spricht Hix mit Morte d’Author den allgemeinen Literaturliebhaber an. Er schreibt oft geistreich und unterhaltend, und seine Begabung für die Konstruktion von Beispielfällen sorgt immer wieder für Erholung von der akademischen Faktenhuberei, der er gern verfällt. Ich weiß bloß nicht, wie viel Vorwissen über die Literaturtheorie des 20. Jahrhunderts der Leser mitbringen sollte. Alles in allem liefert Hix den Löwenanteil dessen, was man über die Vexierfrage des toten Autors wissen muss. Ein Leser, dem bei Foucaults Nebelkerzenvokabular (»Ich meine also, dass ein solcher Gebrauch des Begriffs Schreiben Gefahr läuft, die Privilegien des Autors im Schutz des a priori zu bewahren«[192]) blümerant zumute wird, dürfte aber ins Schleudern geraten, denn mit solchen Zitaten schmeißt Hix gern um sich, ohne sie groß zu erläutern. Und ich kann einfach nicht sagen, ob 226 kompakte Seiten über die Frage, ob der Autor nun lebt oder nicht, außer Literaturwissenschaftsprofis und Theoriejunkies irgendwen hinter dem Ofen hervorlocken können. Normalsterbliche, die instinktiv davon ausgehen, dass ein Mensch, der schreibt, mit einem anderen Menschen kommunizieren will, könnten die ganze Sache leicht abgehoben finden. Wie William (anti-Tod) Gass in Habitations of the Word bemerkt, können Theoretiker aus den verschiedensten technischen, politischen und philosophischen Gründen versuchen, den Autor in die Anonymität zu radieren oder zu Tode zu definieren, aber »diese ›Anonymität‹ [kann], wie wir gesehen haben, ja vielerlei bedeuten, eines jedoch nicht: dass niemand das Kunstwerk gemacht hat«.[193]
1991