Kapitel 7

 

Worf sah sich um, als er durch die Gänge des Kaiserlichen Palasts geführt wurde. Der Diener, der ihm den Weg zeigte, ging leise und sehr schnell, so dass selbst Worf mit seinen langen Beinen kaum mit ihm Schritt halten konnte.

Bislang hielt der klingonische Krieger nicht viel von den Pai. Die üppig verzierten Hallen, das protzige Gehabe der Leute, an denen sie vorbeikamen, der parfümierte Rauch, der in der Luft hing, das alles kam ihm dekadent vor, weich. Eine Spezies, die so kunstvoll und mühsam sogar die Scharniere einer jeder Tür mit Schnitzereien verziert hatte, musste einfach jedes Gefühl für angemessene Disziplin verloren haben. Über ihm erblickte Worf irgendeinen Kunsthandwerker, der mehrere Meter über dem Boden auf einer Antigravplattform auf dem Rücken lag. Der Mann spähte durch ein dickes Vergrößerungsglas, während er mit einem Grabstichel viel zu feine Details gravierte, als dass man sie vom Boden aus erkennen konnte. Was für eine Zeitverschwendung, dachte Worf. Ein leises Knurren drang über seine Lippen, als er unter der schwebenden Plattform herging.

Schließlich – und keine Sekunde zu früh, was Worf betraf – blieb der Diener vor einer reich verzierten Tür mit hellblauen und rosa Emailintarsien stehen. Worf knurrte erneut, als die Tür aufglitt und er einem stirnrunzelnden Adligen der Pai gegenüberstand.

Nach Art eines wahren Klingonen schätzte Worf automatisch ab, ob der Fremde ein ernstzunehmender Widersacher sein könnte. Der Pai war nur ein paar Zentimeter kleiner als er und von Kopf bis Fuß mit einer Rüstung bekleidet. Dieser Panzer erinnerte Worf an Illustrationen, die er in Geschichtsbüchern seines menschlichen Stiefvaters gesehen hatte, besonders in den Kapiteln über die alten asiatischen Reiche der präindustriellen Erde. Die goldenen und silbernen Perlen, die die Brustplatte und den Helm bedeckten, waren ein typisch dekadenter Zug, doch ansonsten kam ihm die Rüstung durchaus stabil vor. Nur das Gesicht des Pai lag frei; der Mann hatte breite Wangenknochen und strahlende Augen unter schweren schwarzen Brauen, die über einer Nase aufeinandertrafen, die in vergangenen Kämpfen breitgeschlagen und mindestens einmal gebrochen worden zu sein schien. Auch eine lange Narbe auf der rechten Wange des Kriegers kündete von seiner gewalttätigen Vergangenheit. Worf nickte anerkennend. Das mitgenommene, aber unbesiegte Gesicht des Mannes war das erste, was er in dieser verkitschten Schmuckschatulle gesehen hatte, womit er sich identifizieren konnte.

Noch wichtiger waren für Worf jedoch die beiden blanken Schwerter, die der Pai-Krieger in den Händen hielt.

»Ich bin Chih-li, Kaiserlicher Großminister der Inneren Sicherheit, Erster Rang«, bellte der Mann. »Ihre bloße Anwesenheit stellt eine Beleidigung für meine Ehre dar.«

Das Wort traf Worf wie ein Schlag ins Gesicht. »Was wissen Sie schon von Ehre?«, fragte er.

Chih-li hob stolz das Kinn. »Die Sicherheit des Drachen, seiner Familie, seiner Gäste und seines Besitzes fällt unter meine Verantwortung, und unter meine allein. Die Andeutung, ich bräuchte fremde Hilfe, besudelt meine Ehre auf die schändlichste Weise, die ich mir vorstellen kann.«

Worfs ruhiger Blick wich nicht von den Klingen in Chih-lis Händen. »Die Ehre verlangt, dass ich den Befehlen meines Captains gehorche. Ich kann nicht anders.«

»Ich verstehe«, sagte Chih-li und bedachte den Klingonen mit einem durchdringenden Blick. »Dann ist der Verlauf vorbestimmt.« Er hob beide Schwerter und hielt sie ihm hin. Worf griff nach seinem Phaser. »Wählen Sie Ihre Waffe«, sagte Chih-li ernst.

Worf nahm die Hand wieder vom Phaser. In seinen Augen und unter der Stirnwulst dämmerte es allmählich. »Sie fordern mich heraus?«

Chih-li nickte und stieß die Griffe beider Klingen in Worfs Richtung. »Es ist eine Frage der Ehre«, erklärte er.

Das genügte dem Klingonen. Er vermutete, dass Captain Picard dieses Duell nicht gutheißen würde, aber er sah keine Alternative. Weigerte er sich, die Ehrbegriffe der Pai zu respektieren, würde er den Pai zutiefst beleidigen und die Beziehungen zwischen der Föderation und dem Drachenreich trüben. In seiner Vorstellung war Ehre die einzige universelle Wahrheit, die stark genug war, so unterschiedliche Völker wie die Pai und die zahlreichen Spezies der Föderation, ganz zu schweigen von der Föderation und dem Klingonischen Imperium, zu vereinen. Die gegenseitige Anerkennung der Ehre war der Eckpfeiler der Allianz zwischen Föderation und Klingonen, genau wie der schändliche Mangel an Ehre es unvorstellbar machte, sich mit den Cardassianern oder den verfluchten Romulanern einzulassen.

Worf entschied sich für das Schwert in Chih-lis rechter Hand. Die lange silberne Klinge leuchtete unter dem flackernden Licht der Lampions. Er sah keine Kerben, Kratzer oder andere Beschädigungen der Oberfläche. Er trat zurück und schwang die Klinge versuchsweise, durchschnitt die neblige, weihrauchdurchsetzte Luft. Das Schwert war weder so schwer noch so vielseitig verwendbar wie ein klingonisches Bat'leth, schien aber trotzdem eine gute Waffe zu sein. »Sie wird genügen«, knurrte er.

Weitere Worte waren überflüssig. Chih-li nahm das andere Schwert in die nun leere rechte Hand und richtete die Spitze auf Worf, der eine Abwehrhaltung einnahm. Da er keine Rüstung trug, war er im Nachteil, doch nur ein Feigling würde eine Herausforderung aus diesem Grund ablehnen. Außerdem hatte er nicht vor, dem Pai den ersten Treffer zuzugestehen.

Chih-li griff wütend an und trieb Worf in den Gang zurück. Hinter dem Minister für Innere Sicherheit (Ersten Ranges) glitt die emailbedeckte Tür wieder zu und schnitt die beiden Kämpfenden von dem Raum dahinter ab. Worf wich jedoch nur ein paar Schritte zurück, bevor er den Ansturm des Pai mit einem Gegenangriff beantwortete. Stahl schlug gegen nackten Stahl, als sie versuchten, sich allein mit der Kraft ihrer Arme zurückzudrängen. Ihre Gesichter trafen sich nur ein paar Zentimeter entfernt über gekreuzten Klingen. Chih-li biss die Zähne zusammen. Schweiß tropfte vom Rand seines Helms herunter. Worf sah die Anstrengung – und die Entschlossenheit – auf dem Gesicht des Pai. Seine Meinung vom Drachenreich wurde von Minute zu Minute besser.

Hin und her wankten sie, und kein Krieger war bereit, dem anderen auch nur einen Zentimeter nachzugeben. Worf drängte kurz vor, nur um einen Augenblick später von Chih-li unter Aufbietung aller Kräfte zurückgedrängt zu werden. Der Minister für Innere Sicherheit war stark für einen Menschen … oder einen Pai. Der Klingone änderte die Taktik, drückte nicht mehr gegen das Schwert seines Widersachers und trat abrupt zur Seite. Überrascht taumelte Chih-li vor, und sein Schwung trug ihn genau dorthin, wo Worf gerade noch gestanden hatte. Die flache Seite seiner Klinge traf Chih-li genau unter die Rippen. Der Hieb trieb die Luft aus den Lungen des Pai, der laut aufstöhnte. Gut, dachte Worf. Er wollte Chih-li nicht töten, und das nicht nur, weil der Captain keineswegs davon begeistert sein würde. Der Pai hatte sich als ehrbarer Gegner bewiesen. Worf hob die freie Hand und ballte sie zur Faust, um sie Chih-li genau unter dem Helmrand in den Nacken zu schmettern. Mit etwas Glück würde der Hieb dem Pai das Bewusstsein rauben und das Duell zu einem ehrenhaften Abschluss bringen, ohne dass Blut geflossen war.

Aber Chih-li war nicht so überrascht, wie der Klingone gehofft hatte, und wesentlich gelenkiger. Bevor Worf die Faust senken konnte, schnellte Chih-li mit dem Kopf voran über Worfs Schwert, drehte sich in der Luft und landete mehrere Meter hinter dem Klingonen, dem gerade noch Zeit blieb, sich umzudrehen, bevor der Pai aus vollen Lungen einen wilden Kriegsruf ausstieß und ihn schon wieder angriff. Worf riss das Schwert hoch, um die rasiermesserscharfe Klinge abzuwehren, die sich auf seinen Kopf senkte.

Blaue Funken sprühten, als die Schwerter aufeinanderprallten. Das Scheppern von Stahl hallte durch den breiten Gang. Worfs Schwert suchte nach Spalten in der Rüstung seines Gegners, doch Chih-lis geschickte Paraden ließen ihn nicht nah genug herankommen. Aus dem Augenwinkel sah der Offizier der Enterprise, dass einige Dienerinnen den Gang entlang kamen, bekleidet mit fließenden, pfirsich- und fliederfarbenen Gewändern. Als die jungen Frauen die beiden erbittert kämpfenden Männer bemerkten, stießen sie hohe Schreie aus. »Ein Dämon!«, kreischte eine von ihnen. »Der Minister kämpft gegen einen Dämon aus der Hölle!« Worf war leicht pikiert.

Die Frauen rissen die Säume ihrer Gewänder hoch und eilten so schnell davon, wie ihre geschmeidigen jungen Beine sie tragen konnten. Worf bemerkte ihre Flucht kaum; seine gesamte Aufmerksamkeit galt dem Duell mit Chih-li, das noch so erbittert wie in der ersten Sekunde geführt wurde. Ihre silbernen Schwerter schossen blitzschnell vor und wurden immer wieder von den Paraden des jeweils anderen abgewehrt. Worf gelang es, Chih-li einen so mächtigen Hieb gegen den Leib zu versetzen, dass die Brustplatte zerkratzt und eingebeult wurde, doch die Panzerung schützte den Krieger. Der Schlag hatte jedoch eine Handvoll goldener und silberner Perlen abgerissen, und sie rollten zu Worfs Verdruss über die weißen Fliesen. Der Klingone musste aufpassen, um nicht auf ihnen auszurutschen und zu fallen. Trotz all seiner guten Absichten spürte er, dass das Feuer in seinem Herzen immer heißer loderte. Er wollte Blut vergießen, keine Perlen.

Finte. Hieb. Parade. Das Duell trug sie durch den langen Korridor. Chih-li war, technisch gesehen, der bessere Fechter, doch Worf wurde nicht von einer schweren Metallrüstung behindert und war schneller und agiler. Dieser Kampf dauert zu lange, dachte er und bemühte sich, seine berserkerhafte Wut unter Kontrolle zu halten. Er durfte seine eigentliche Mission nicht vergessen: den Drachen und seine Gefolgsleute zu schützen. Mit der Zeit würde seine überlegene Ausdauer den Pai vielleicht erschöpfen, aber so lange konnte Worf nicht warten. Jede Sekunde, die er mit dem Duell mit Chih-li verschwendete, hielt ihn von seiner Pflicht ab. Er musste den Kampf so schnell wie möglich beenden. Mein Fehler, dachte er. Ich hätte öfter in Lieutenant Barclays ›Drei Musketiere‹-Holodeckszenario üben sollen.

Worf parierte einen weiteren Schlag Chih-lis und versuchte eine plötzliche Riposte. Der unerwartete Stoß traf den Pai unvorbereitet; er musste zurückspringen, um das Schwert nicht zwischen die Augen zu bekommen. Der Klingone setzte nach und hielt den Minister in der Defensive. Seine Klinge senkte sich immer wieder auf die des Gegners und zwang Chih-li damit, sein Schwert als Schild und nicht als Waffe einzusetzen. Der Minister taumelte zurück, bis er mit dem Rücken gegen eine Wand prallte. Worf hatte ihn nun in die Ecke getrieben. Ein grimmiges Lächeln umspielte die Lippen des Klingonen. Chih-li hatte unter den wilden Schlägen des Klingonen den Kopf eingezogen, und Worf wirkte gegenüber dem sich duckenden Kaiserlichen Minister für Innere Sicherheit wie ein Riese. Der Klingone fragte sich, ob es genügen würde, Chih-li zu entwaffnen, oder ob die Ehre des Pai nur gewahrt bleiben konnte, indem er ihn verwundete oder bewusstlos schlug. Wie dem auch sei, es würde nicht mehr lange dauern. Worf hob die Waffe, um Chih-lis Schwert mit dem nächsten Hieb in zwei Teile zu spalten.

In diesem Augenblick piepste sein Kommunikator und lenkte ihn ab. »Was ist?«, rief er und schaute an seiner Brust hinab. Chih-li ergriff die Gelegenheit und sprang mit der Geschwindigkeit eines in Panik geratenen Targ auf. Die Spitze seines Schwerts zwängte sich zwischen den Griff von Worfs Waffe und die Hand, die sie hielt. Der Klingone stöhnte vor Schmerz auf, als das Schwert durch die Luft flog und mehrere Meter von ihm entfernt zu Boden fiel.

»Lieutenant Worf?«, drang Datas Stimme aus dem Insignienkommunikator. »Fähnrich Craigie hat im Drachennebel einige ungewöhnliche Signale entdeckt. Ich wollte Sie darüber informieren, wenngleich die Messungen innerhalb der Parameter dessen liegen, was man unter diesen Umständen von einem Nebel des Trigol-Typs erwarten kann …«

»Erzählen Sie mir das später«, bellte der Klingone und wich vor Chih-lis Schwertspitze zurück. »Worf Ende.« Dunkles klingonisches Blut tropfte von seiner Handfläche und befleckte die goldene Oberfläche des Kommunikators, als er sie berührte. Chih-li setzte nach, und ein triumphierendes Grinsen verzog seine Gesichtszüge. Worf fühlte die Schwertspitze an seiner Brust, die seine gelbe Starfleet-Uniform durchdrang. Instinktiv griff er nach seinem Phaser, hielt dann jedoch inne. Nein, dachte er, das wäre nicht ehrenhaft.

»Sie haben gut gekämpft, Fremder«, gestand Chih-li ein. »Würde ich Beistand brauchen, was ich allerdings kategorisch ablehne, wären Sie ein willkommener Verbündeter.« Unter dem Rand seines Helms verzog sich seine Stirn zu einem verwirrten Runzeln. »Ich gestehe ein, ich bin mit Ihren Bräuchen nicht vertraut. Ziehen Sie den Tod oder die Kapitulation vor?«

 

Data saß im Sessel des Captains auf der Brücke der Enterprise und wunderte sich darüber, dass Worf das Gespräch so abrupt beendet hatte. Er konnte nur hoffen, dass er Worf nicht in einem unpassenden Augenblick gestört hatte.

Obwohl die meisten Senioroffiziere auf Pai heruntergebeamt waren, war die Brücke voll besetzt. Lieutenant Tor war weiterhin am Navigationspult stationiert, während Lieutenant Melilli Mera, eine großgewachsene Bajoranerin, Datas üblichen Posten eingenommen hatte. Wann immer sie den Kopf bewegte, hörte Data das Klingeln ihres silbernen Ohrrings; er vermutete allerdings, dass das Geräusch zu leise war, als dass die Ohren der meisten Humanoiden es wahrnehmen konnten. Fähnrich Cameron Craigie, der frisch vom Gibson Science-Institut in Montreal gekommen war, überwachte die wissenschaftliche Station. Er war es gewesen, der die ungewöhnlichen Messwerte im Drachennebel entdeckt hatte.

»Haben Sie weitere Informationen sammeln können, Fähnrich Craigie?«, fragte der Androide.

»Nein, Sir, die Konzentration des ionisierten Plasmas im Nebel ist größer, als ich es erwartet hätte, bleibt aber konstant. Sie könnte auf die Anwesenheit einer beträchtlichen Anzahl von Raumschiffen im Nebel hindeuten, aber auch einfach nur eine statistische Absonderlichkeit sein. Der Nebel selbst erschwert es, zuverlässige Messergebnisse zu erhalten.«

»Verstanden«, sagte Data. »Überwachen Sie den Nebel weiterhin und informieren Sie mich bei der geringsten Veränderung.« Data speicherte den Bericht des Fähnrichs und überdachte die neu gewonnenen Kenntnisse, um über sein weiteres Vorgehen zu entscheiden. Er spielte mit dem Gedanken, den Captain zu informieren, entschloss sich dann aber, erst einmal abzuwarten, bis ihm weitere Informationen zur Verfügung standen. Wie er bereits Worf zu erklären versucht hatte, waren diese Messungen zwar ungewöhnlich, bewegten sich aber noch innerhalb der weiten Parameter eines Nebels des Trigol-Typus.

Hinter Data öffnete sich die Tür des Turbolifts, und Geordi LaForge trat auf die Brücke. »Ich kann Galauniformen nicht ausstehen«, sagte er und zerrte am steifen Kragen der Jacke. »Und was hat das mit dieser Besichtigung überhaupt zu bedeuten? Ich habe schon genug zu tun, um das Feuerwerk noch rechtzeitig hinzubekommen.«

»Es tut mir leid, Geordi«, sagte Data und erhob sich. »Sowohl der Hohe Lord Ersten Ranges der Himmelsmechanik und der Große Astronomische Gelehrte haben ihr Interesse an der Raumschifftechnologie der Föderation zum Ausdruck gebracht. Die Höflichkeit schien es zu gebieten, sie zu einer Besichtigung der Triebwerke der Enterprise einzuladen.«

»Verstößt es nicht gegen die Erste Direktive«, sagte LaForge hoffnungsvoll, »wenn wir ihnen Föderationstechnik zeigen?«

»Offensichtlich steht dem Drachenreich die Raumfahrt bereits zur Verfügung, auch wenn sie uns ein wenig umständlich erscheint, da sie nicht auf Warp- und Impulstriebwerken, sondern auf der Nebelsegel-Dynamik beruht. Außerdem wird das Reich bald der Föderation angehören.«

»Da habe ich aber etwas anderes gehört«, sagte LaForge. »Den Gerüchten zufolge ist der Drache keineswegs bereit, den Vertrag einfach so zu unterzeichnen.«

»Das ist korrekt«, bestätigte Data, »aber ich kann Ihnen versichern, dass der Drache den Vertrag auf keinen Fall unterzeichnen wird, wenn wir seine Wissenschaftler nicht mit dem gebührenden Respekt behandeln.« Sämtliche seiner Beobachtungen über die Pai unterstützten die These, dass diese den Regeln des Anstands und der Ehre höchste Bedeutung beimaßen. In dieser Hinsicht ähnelten sie vielen der 6726 humanoiden Spezies, die Data studiert hatte.

»Oh, ich werde die Nettigkeit in Person sein«, sagte LaForge grantig. »Ich werde ihnen jeden Bolzen und jede Schweißnaht im Rumpf zeigen, die sie sehen wollen. Ich hoffe nur, dass sie pünktlich sind. Ich muss noch die Hälfte der Phaser auf Fernsteuerung umstellen.«

Ein leises Summen von Lieutenant Melillis Konsole durchdrang LaForges Beschwerde. Sie stellte den Alarmton ab und arbeitete hektisch an ihren Geräten. »Commander Data«, sagte sie dann, »wir haben einen Funkspruch abgefangen, der irgendwo im Nebel seinen Ursprung hat.«

»Danke, Lieutenant.« Data ging zu ihrer Station und sah ihr über die Schulter, während sie den Computercheck fortsetzte. »Können Sie die Quelle genau bestimmen?«

»Ich arbeite daran, Sir«, erwiderte sie. »Das ist in dieser von den Propheten verfluchten Gaswolke nicht einfach.«

»Was ist mit dem Inhalt des Funkspruchs?«, fragte Data.

»Er ist verschlüsselt«, sagte Melilli. »Der Computer versucht, den Kode zu knacken, aber es könnte eine Weile dauern.«

»Ich verstehe«, sagte Data. »Bitte rufen Sie die digitale Aufschlüsselung des Funkspruchs auf, damit ich ihn mir selbst ansehen kann.«

Melilli tat wie geheißen, und schneller, als ein menschlicher Verstand ihn erfassen konnte, raste ein Datenstrom numerischer Informationen über ihren Monitor. »Danke«, sagte der Androide ein paar Herzschläge später. Er beauftragte 36,89 Prozent seines logischen Denkvermögens damit, den kodierten Funkspruch zu entschlüsseln. Zum Glück war er durchaus imstande, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.

Data trat von Melillis Station zurück und ging wieder zu LaForge, der noch neben dem Sessel des Captains stand. »Die G'kkau?«, fragte der Ingenieur ruhig.

»Höchstwahrscheinlich«, bestätigte der Androide. »Aber wir können nur spekulieren, in welcher Anzahl sie sich dort befinden und was sie vorhaben.«

LaForge schüttelte den Kopf. »Hoffentlich kriegen der Captain und die anderen da unten alles auf die Reihe. Ich habe das Gefühl, dass die Zeit sehr knapp wird.«

»Ich habe keine Gefühle, auf die ich mich verlassen kann«, sagte Data, »doch die Wahrscheinlichkeit einer unmittelbar bevorstehenden Invasion durch die G'kkau wächst. Wir müssen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten.«

Fähnrich Kamis, ein Benzit, schaute von der Kommunikationskonsole auf. »Commander Data? Commander LaForge? Die kaiserlichen Wissenschaftler sind an Bord.« Wölkchen aus Methan und Ammoniak stiegen aus dem Atemgerät unter seinem Kinn empor.

»Verdammt«, fluchte LaForge. »Ich wollte sie bei ihrer Ankunft persönlich begrüßen.«

»Bitte informieren Sie den Transporterraum, dass Commander LaForge dorthin unterwegs ist«, sagte Data zu Fähnrich Kamis. »Geordi, bitte erwähnen Sie unseren Gästen gegenüber nichts von den G'kkau. Es wäre sinnlos, sie zu beunruhigen, bevor es dem Captain gelungen ist, Pai unter den Schutz der Föderation zu bringen.«

»Keine Angst, Data«, sagte LaForge, während er zum Turbolift eilte. »Ich bin schon allein beunruhigt genug.«

Data vermutete, dass Geordi einen Scherz gemacht hatte, war sich aber nicht ganz sicher. Er hatte noch immer keine genaue Vorstellung vom Begriff ›Humor‹.

Der Androide nahm wieder im Sessel des Captains Platz und griff auf sein internes Chronometer zurück. Die Hochzeit des Drachenerben und der Grünen Perle von Lu Tung sollte bei Sonnenaufgang stattfinden, in genau 10,5782 Stunden. Er hoffte, dass die anderen Offiziere der Enterprise die Teilnehmer bis dahin am Leben halten konnten.