Kapitel 5

I m Großraumbüro herrschte ein reges Treiben. Niemand achtete auf die Besucher, bis jemand die bewaffnete Gruppe bemerkte, woraufhin die Arbeit mit einem Keuchen und einem erstickten Schrei zum Stillstand kam. Rivka marschierte voraus und hielt ihren Ausweis hoch.

»Ich bin Magistratin Rivka Anoa und muss mit der Bürgermeisterin sprechen. Das ist Sache der Föderation und ich dulde keine Einmischung.«

Die erste Person, die sprach, machte keinen guten ersten Eindruck auf Rivka. »Sie können die Bürgermeisterin nicht sehen.«

»Ist sie nicht da? Ich glaube nämlich schon.« Rivka sah Ankh an, der leicht nickte.

»Sie haben keinen Termin und sie ist beschäftigt, also können Sie heute keinen Termin bekommen.« Die Frau hinter dem Tresen machte sich nicht die Mühe, aufzustehen, als sie ihren sicherlich gut eingeübten Satz vortrug.

»Red, könntest du mir bitte die Tür öffnen?«

Wie ein rasender Güterzug stürzte sich Red auf die Tür und trat sie mit voller Wucht ein. Sie krachte halb aus den Angeln. Auf der anderen Seite des nun sichtbaren Büroraumes duckten sich eine nackte Bürgermeisterin und ein gut gebauter, junger Mann in Deckung. Rivka stürmte mit Jay und Ankh im Schlepptau hinein. »Warte an der Tür und lass niemanden rein«, trug die Magistratin Lindy auf.

Red sah sich kurz im Raum um, bevor er den Mann am Nacken packte, ihn zur Tür zerrte und hinauswarf. Ohne Anziehsachen. Er drückte die kaputte Tür so weit es ging zu und war froh, dass Lindy direkt außen vor der Tür stand. Drinnen nahm er die gegenüberliegende Position ein und lehnte sich zurück, um Rivka bei ihrer Arbeit zuzuschauen.

Die Bürgermeisterin hielt sich schützend ein Hemd über, knurrte und versprühte Schimpfwörter.

»Mach den Kopp zu!«, befahl Rivka. »Ich weiß, dass Sie Tohd Mackestray bezahlt haben, damit er ihnen einen Wahlsieg garantiert. Das ist ziemlich illegal, muss ich Ihnen sagen. Die Föderation setzt sich für faire und unparteiische Wahlverfahren ein, also kann ich Sie entweder nach Jhiordaan verfrachten oder aber Sie sagen mir, wo ich Mackestray finden kann.«

Die Frau drehte sich um, während sie sich anzog. Nachdem sie fertig war, ließ sie sich in ihren Stuhl fallen.

»Sie haben großen Ärger mit der Föderation, abgesehen von dem, was auch immer wir hier gerade gesehen haben.« Rivka ging ungeduldig auf und ab. »Wo ist er?«

»Ich habe seit der Wahl nichts mehr von ihm gehört. Ich bin nur eine Bürgermeisterin, also bin ich vielleicht ein Niemand für jemanden wie ihn.«

»Was haben Sie ihm bezahlt? Eine halbe Million Föderationscredits, richtig?«, drängte Rivka, während sie sich um den Schreibtisch herumgehend direkt vor der Bürgermeisterin aufbaute. »Wo ist er?« Sie packte die Frau am Arm und drang in ihren Kopf ein, doch die Bürgermeisterin wusste es nicht. Sie war sich nicht sicher, wohin er verschwunden war, nachdem sie gewonnen hatte. Letztlich war sie froh, dass sie bisher nichts von ihm gehört hatte. Doch er steckte irgendwo …

»Sie haben ihn in einem kleinen Raumschiff wegfliegen sehen. Einer Jacht. Wohin sollte die Reise gehen?«

Die Bürgermeisterin deutete einen überraschten Gesichtsausdruck an, bevor sie wieder ihren neutralen Politikerblick aufsetzte.

»Das Schiff hieß Pandora’s Pleasure . Ich kenne die Route nicht, weil ich es nicht wissen wollte. Wenn man mit einer Kreatur wie Tohd Mackestray zu tun hat, ist es umso besser, je weniger man weiß.« Sie schaute Red an. »Habe ich Sie nicht schon mal gesehen?«

»Ich war auch eine kurze Zeit lang ein Angestellter von Herrn Mackestray«, gab Red zu.

Ankh verschwand in seiner eigenen Welt, während er mit Erasmus daran arbeitete, die Jacht des Blokiten zu finden.

In der Miene der Bürgermeisterin funkelte ein schiefes Lächeln. Sie lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Das war es nicht wert.«

»Sieht aus, als hätten Sie das Beste daraus gemacht«, bemerkte Rivka spitz und deutete mit ihrem Kinn auf die Kleidung, die noch auf dem Boden lag.

»Nun, es hat einige Vorteile, ich zu sein, aber insgesamt habe ich meinen Arsch und einen Teil meiner Seele verloren. Wenn Sie Mackestray fassen könnten, wäre das eine große Last, die von meinen Schultern genommen wird.«

»Das liegt daran, dass er die kausale Verbindung zu Ihren Verbrechen ist, von denen wir wissen, dass Sie sie begangen haben.« Rivka hielt den Arm der Bürgermeisterin, um sicherzugehen, dass sie verstand, was die Magistratin sagen wollte. »Ich werde mir ein Urteil über Sie vorbehalten – zumindest für den Moment. Sie müssen Folgendes tun, wenn Sie nicht auffliegen und bestraft werden wollen. Sie werden die verdammt beste Bürgermeisterin sein, die diese Stadt je gesehen hat. Sie werden so selbstlos sein, dass Obdachlose Mitleid mit Ihnen haben werden.«

»Ich verstehe«, antwortete sie leise.

»Das ist weit entfernt von dem, was ich hören muss.« Die Bilder, die in Rivkas Kopf auftauchten, deuteten darauf hin, dass sie sich fügen würde, zumindest so weit, wie es ihre Natur zuließ.

»Ich werde tun, was Sie von mir verlangen.«

»Sie werden tun, was Ihr Volk von Ihnen verlangt. Jetzt Schluss mit dem Scheiß bei der Arbeit!« Rivka trat auf ihrem Weg nach draußen gegen den Kleiderhaufen. Red zog die Tür auf, bis sie aus den verbeulten Angeln fiel. Schulterzuckend lehnte er sie gegen die Wand und grinste wie ein kleiner Junge, der beim Naschen erwischt worden war.

Jay nahm Ankhs Hand und sie gingen gemeinsam hinaus. Lindy führte den Weg durch die plötzlich totenstille Gruppe von Helfern und Assistenten an. Die Bürgermeisterin fing an, Namen ihrer Angestellten zu rufen und sorgte für Aufregung und Hektik, als die Gerufenen in ihr Büro eilten. Der nackte Mann war nirgends zu sehen. Rivka konnte sich nicht über den Geschmack der Bürgermeisterin beschweren, lediglich über ihr Urteilsvermögen.

Und die Tatsache, dass sie eine Politikerin war. Auf der Treppe fragte sie Jay: »Findest du, dass ich zu hart zu Politikern bin?«

»Ich glaube, Politiker sind zu sehr daran gewöhnt, dass die Leute ihnen die Füße küssen. Ich glaube, sie sind genetisch nicht in der Lage, die ganze Wahrheit zu sagen, deshalb wissen sie nicht, wie sie mit dir umgehen sollen. Du boxt, während sie versuchen, Schach zu spielen. Sie versuchen, ihre Figuren zu bewegen, während du ihnen ins Gesicht schlägst. Sie bleiben blutverschmiert zurück und verstehen nicht, warum sie nicht gewonnen haben.«

»Ich schätze deine Einsicht. Ich finde, du solltest Punkte für den ersten Schlag ins Gesicht bekommen.«

»Finde ich auch!«

»Das geht doch nicht«, bemerkte Ankh, seine Stimme ein wenig angespannter als sonst.

* * *

Vorsitzender der Bergbau-Zulassungsbehörde stirbt bei feurigem Schwebe rabsturz

K’Twillis las die Schlagzeile zweimal, bevor er sich mit dem Artikel beschäftigte. »Wer wird dein Ersatz?«, murmelte er sinnierend, nachdem er festgestellt hatte, dass der Vorstand in der Schwebe war. Das war ihm genauso recht, wie jemanden in der Tasche zu haben. Er brauchte die Gruben nur noch ein paar Monate lang ohne Aufsicht zu betreiben, bevor er alles aufgeben würde.

Da er von einem Sumpfplaneten stammte, fand K’Twillis, dass der Abbau der profitabelsten Mineralien in Trockengebieten keinen Konflikt darstellte. Wenn sie anständige Lebewesen wären, würden sie nicht in solchen Klimazonen leben. Er war der Meinung, dass er ihren ohnehin bereits hässlichen Planeten nichts antun konnte, was es noch schlimmer machen würde.

Außer seine Taschen zu füllen, wenn er welche hätte.

Was macht der reichste Bergbauunternehmer der Galaxie mit seinem Geld?

»Was immer ich will«, antwortete er sich selbst. »Ich werde erst aufhören, wenn ich einen ganzen Planeten kaufen kann. Ich brauche genug Leute, um meinen Sumpf sauber und den Himmel frei zu halten sowie dafür zu sorgen, dass mich niemand stört. Das ist mein Wunsch.« Er stand allein in einem Wasserkanal weit außerhalb der Stadt. Er benötigte keine modernen Annehmlichkeiten, anders als die Bevölkerung. Nein, er benötigte Geld, viele entbehrliche Credit-Chips und ein paar Telefonnummern. Ansonsten vertraute er auf die planetarischen Gutachten eines Magnetithändlers, für die K’Twillis ihn gut bezahlte.

Wichtige Leute zu finden war einfach. Sie dazu zu bringen, ein Auge zuzudrücken, war in den meisten Fällen genauso einfach, doch bei Felgar waren seine Bemühungen zurückgewiesen worden. Deshalb hatte der Vorsitzende sterben müssen. Wenn er noch weitere Personen beseitigen musste, würden die Leute misstrauisch werden und die Ranken, die zu ihm zurückführten, würden sich ausbreiten.

Er wollte lediglich genug Zeit haben, um den Job zu beenden und weiterzuziehen, denn Anonymität war sein Freund.

»Billister!«, ›rief‹ er durch sein Mikrofon.

Der drahtige, ehemalige Soldat erschien. Seine Augen bewegten sich bei jedem Schritt. Die Leichtigkeit, mit der er seine Waffen trug, ließ vermuten, dass der Mann nur ein Ziel im Leben hatte.

»Sir?« Billisters Stimme klang wie Kies, der in einer Dose rasselte. K’Twillis’ Ohren konnten den Unterschied glücklicherweise nicht hören.

»Bereiten Sie Primär- und Notfallpläne vor, um die anderen Vorstandsmitglieder der Bergbau-Zulassungsbehörde zu eliminieren.«

»Verstanden«, bestätigte der Mann und ging hinaus.

»Sie machen es uns leicht«, rief K’Twillis ihm hinterher. Er überlegte, ob er dem Mann eine Prämie zahlen sollte, verwarf es jedoch. Er bekam schließlich bereits eine hohe Prämie. Wer für die Besten zahlte, bekam auch die Besten. Wenn jetzt nur endlich die Bergleute das Tempo erhöhen würden. »Billister! Morgen früh machen wir einen Ausflug in die Grube. Vielleicht müssen Sie diesen faulen Bastarden ordentlich Feuer unterm Hintern machen. Sind Ihre Jungs bereit und in der Lage, das zu tun?«

›Ein Feuer anzünden‹ war der härteste Ausdruck, den der Aborgianer benutzen konnte. Auf seinem Planeten brachte das Feuer nichts Gutes. Es war mehr als tödlich für sein Volk.

Billister steckte seinen Kopf zurück durch die Tür. »Natürlich. Ich richte den Lastwagen her. Abfahrt um vier Uhr morgens, sodass man sie im Schlaf überrascht?«

Es war nicht das erste Mal, dass sie den Ort besuchten. Es würde bestimmt nicht das letzte Mal sein. Der Sicherheitsmann wusste, dass der für die Aktion vorgesehene Zeitrahmen immer kürzer wurde, was bedeutete, dass sie mehr anpacken mussten. Wenn die Arbeiterinnen und Arbeiter sich nur dann bemühen, wenn die Peitsche knallt, müssten sie eine große Anzahl von Rückschlägen einstecken, um die Arbeit zu erledigen.

Billister war gut darin, Lakaien zu befehligen. K’Twillis gewährte ihm immerhin einen Monat Urlaub im Jahr und arbeitete die anderen elf Monate rund um die Uhr. Dies waren die anderen elf. Er überprüfte seine Mentalpeitsche, um sicherzugehen, dass Sporen und Grate an ihrem Platz waren und bereit, Fleisch zu zerteilen.

»Kommt, Jungs, wir haben ein paar Aufträge«, sagte er zu der Gruppe von Einheimischen, die er nur aufgrund ihrer Muskeln und fehlender Angehöriger angeheuert hatte. Am Ende würden sie alle getötet werden. Er konnte keine offenen Enden verantworten – Enden wie der, der entkommen war. Den Namen des Mannes würde er nie vergessen.

Vered.

* * *

»Wohin gehen wir, Ankh?«, wollte Rivka wissen.

Der Crenellianer starrte mit unkonzentrierten Augen auf einen Punkt am Schott. »Erasmus hat das Schiff durch drei verschiedene Zielsysteme verfolgt. Die neuesten Informationen sind leider schon Monate alt, aber vielleicht deutet das darauf hin, dass Tohd Mackestray und die Pandora’s Pleasure noch dort sind.«

»Klingt nach einer Abkürzung. Flieg uns raus, Chaz«, befahl Rivka, während sie den Bildschirm studierte. »Schau dir den Wahlzyklus auf dem Planeten an. Ich wette, dass die Wahlen schon ein paar Monate her sind.«

»Du hast recht«, bemerkte Erasmus. »Wenn wir die Wahldaten extrapolieren und sie auf die Sternenkarte legen, wobei wir uns nur auf die Ereignisse auf dem Planeten konzentrieren, haben wir drei mögliche Systeme, in denen sich Mackestray derzeit aufhalten könnte.«

»Raten wir oder gehen wir zu seinem letzten bekannten Aufenthaltsort und versuchen herauszufinden, in welchen Namen er sein Schiff umbenannt hat?«, fragte Rivka rhetorisch.

Jay legte ihre Hand auf die Schulter der Magistratin, um ihre Verbundenheit zu zeigen. »Was auch immer wir tun müssen, du wirst es schaffen.«

»Letzter bekannter Aufenthaltsort«, erklärte Rivka. »Ich baue den Fall noch aus. Ich will die Beschuldigten verhören. Ich glaube Red ohne jeden Zweifel, aber die Sache muss hieb- und stichfest sein. Wenn wir Herrn Mackestray in Gewahrsam haben, werden wir uns bei denen, mit denen wir gesprochen haben, vergewissern, dass er wirklich der Gesuchte ist, falls es zu irgendwelchen Zweifeln kommt.«

»Ich hoffe, dass es so ausgehen wird, Magistratin«, antwortete Red. »Ich denke, es wird wahrscheinlich mit dem Geräusch von entladenen Railguns enden. Und dem herrlichen Duft von Schießpulver am Morgen.«

»Ich habe den Eindruck, dass er nicht kampflos aufgeben wird. Ich beabsichtige keine unnötigen Risiken einzugehen, nur um ihn lebend zu fangen.«

»Das Universum wird ohne jemanden wie Tohd Mackestray ein viel besserer Ort sein«, erklärte Red.

»Das kann ich im Moment nicht beurteilen. Ich hoffe, du verstehst das.« Rivka bemerkte die säuerlichen Blicke, doch sie konnte ihre Prinzipien nicht aufgeben.

Red nickte mit zusammengekniffenen Lippen.

»Zuallererst müssen wir das Kopfgeld loswerden. Ankh, kannst du was dagegen tun?«

Ankhs ausdrucksloser Blick verriet, dass er ganz woanders war.

»Erasmus? Was kannst du tun, um alle Hinweise auf Reds Kopfgeld zu entfernen?«

»So etwas zu finden, ist eine große Herausforderung. Wo verstecken die Verbrecher ihre Untaten? In welchen Kneipen treiben sich Auftragskiller herum und was posten sie, um später entdeckt zu werden? Ich fürchte, dass es für mich keine Möglichkeit gibt, das Problem auf digitalem Wege zu lösen. Dazu müsste ich die Quelle für die Zahlung entfernen.«

»Hast du etwas, das mit Sicherheit sagt, dass es einen Vertrag über Red gibt?«

»Das Einzige, was sich im Besitz der Föderation befindet, sind Bilder von Flugblättern, die in verschiedenen Spelunken gefunden wurden und zwar mit einem Bild von Vered und unterschiedlich hohen Belohnungen.«

»Was ist die Höchste?«, fragte Red.

»Fünfzigtausend«, antwortete Erasmus über die Schiffslautsprecher.

Red wirkte enttäuscht.

»Das ist eine ziemlich stolze Summe, um jemanden aus einer Luftschleuse zu werfen«, meinte Rivka.

Lindy gab Red einen Schubs von hinten. »Fünfzig Riesen?«

»Lass das.« Red lächelte und schob sie zurück. »Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich bezahlt bekomme, da die monatlichen Überweisungen sehr unterschiedlich zu sein scheinen. Ziehst du etwa die verbrauchte Munition ab?«

Rivka zuckte mit den Schultern und warf ihre Hände hoch. »Woher soll ich das wissen? Ich weiß nicht mal, wie viel ich verdiene. Ich glaube, was du wirklich wissen willst, mein großer Freund, ist, ob es lukrativer ist, dich in meiner Nähe zu behalten.«

»Neugierige Geister würden sich sicherlich die Frage stellen. Muss ich fortan mit einem offenen Auge schlafen?« Red sah Lindy an, den Kopf erhoben und die Augen fragend zusammengekniffen.

»Da ich keine Verbrecher in meiner Besatzung haben will, werden wir wohl den Erlass festlegen, dass niemand Red töten darf, um die Credits zu kassieren. Die Magistratin hat gesprochen. So wie es geschrieben steht, so wird es geschehen!« Rivka schlug mit einer Faust auf den Tisch.

»Warum nicht?«, fragte Jay.

»Was?«, fragten Rivka und Red gleichzeitig.

»Du sagst immer, wir sollen dem Geld folgen. Vielleicht töten wir Red und verlangen dann die Bezahlung. Ich meine nicht, dass wir ihn wirklich umbringen, sondern nur so, dass es gut genug aussieht, um für unsere Dienste bezahlt zu werden. Ankh kann das Geld zurückverfolgen und uns vielleicht helfen, den Gesuchten zu finden. Es gibt zwei Verträge, also können wir vielleicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.« Jay verschränkte ihre Arme und grinste.

»Zwei Fliegen und Red. Klingt nach einem tollen Tag«, bemerkte Lindy lachend. »Und es klingt nach einem tollen Plan.«

Rivka begann auf und ab zu gehen, die Hände auf dem Rücken, während ihr Details zu Jays Idee durch den Kopf schossen. »Verdeckte Ermittlungen, bei denen wir uns weniger exponieren und sie dazu bringen, zu uns zu kommen. Ich glaube, das nannte man früher eine ›Sting-Operation‹.«

»Das ist viel besser, als Leuten ins Gesicht zu schlagen«, kommentierte Jay, ohne mit der Magistratin Augenkontakt aufzunehmen.

»Wenn es keine Backpfeifen und kein Blut gibt, dann gewinnt auch niemand den Pot.« Rivka blieb stehen und sah ihr Team an.

»Die Credits verfallen nicht. Irgendwann wird es Blut geben. Irgendjemand wird gewinnen. Grainger hat Interesse bekundet, dem Pot beizutreten, ebenso wie die anderen Magistraten.« Red bediente sich an fünf Nahrungsriegeln aus der Küchenmaschine, bevor er fragte, ob noch jemand etwas wollte.

»Das würden sie nicht wagen!«

»Ich nehme ihr Geld gerne«, erklärte Lindy. Jay nickte. Sie ebenfalls.

»Ankh? Bist du bei uns, Kumpel?«, erkundigte sich Rivka.

»Er ist gerade beschäftigt, aber dein Plan gefällt uns. Wo auch immer wir als Nächstes hingehen, wir brauchen jemanden, der den Henker spielt. Dieser Jemand muss entweder Jay oder Lindy sein. Du kannst es nicht tun, Magistratin, und Ankh weigert sich, diese Rolle zu übernehmen. Der Heimscheißer zieht es vor, an Bord der Peacekeeper zu bleiben.«

»Ich werde es tun«, bot sich Jay an.

»Ich bin wahrscheinlich glaubwürdiger«, widersprach Lindy.

Rivka war hin- und hergerissen. Sie wollte keine der beiden Frauen in die Schusslinie bringen, obwohl die eine den Kugeln ausweichen konnte, während die andere eine Schusswunde überleben würde.

»Wo ist ein Kerl, wenn ich ein Opfer brauche?«, überlegte Rivka. Keiner lachte. »Tut mir leid, Jay.«

»Heißt das, ich bin es oder nicht?«

»Ich schätze, es kommt auf den Blickwinkel an. Ich lasse das Lindy machen. Es ist deine Idee, aber ich brauche dich für Ankh. Wie wir in dieser fantastischen Zukunft, in der wir leben, gelernt haben, ist er entscheidend für die Beschaffung von Beweisen, die wir brauchen, um Täter zu finden und zu verfolgen.«

»Glorreich«, warf Red ein, während er einen Bissen vom Riegel nahm.

»Ich weiß, dass du die neuen Nahrungsriegel magst. Du kannst dich später bei Ankh dafür bedanken.«

Red schluckte schwer. »Nein, ich will, dass mein Tod glorreich wird! Explosionen und Feuer, das Echo von Railguns, schreiende Personen, weinende Kinder und stämmige Männer, die mir zu Ehren Eimer voller Bier erheben. Das ist das Mindeste, was du für mich tun kannst, Magistratin. Vielleicht zahlst du mir etwas extra für meine Mühen?«

»Du und deine verdammten Credits. Wofür gibst du eigentlich dein Geld aus?«

»Ich habe jetzt Leute, um die ich mich kümmern muss. Ich spare für einmonatige Flitterwochen.«

Lindy lächelte.

»Tut mir leid, dass ich deine Seifenblase zum Platzen bringe, aber wir werden nur einen gefälschten Totenschein übermitteln. Ich glaube, du stirbst im Schlaf an einem durch Gift ausgelösten Herzinfarkt. Das Gift wird in einem Himbeer-Schokoladen-Flambé versteckt gewesen sein.«

Reds Lippen kräuselten sich vor Abscheu. »Ich werde mein Gesicht nie wieder in der Öffentlichkeit zeigen können.«

»Das ist die Idee.« Rivka tätschelte ihm die Wange, bevor sie zurück zur Brücke ging. »Erasmus, wir müssen Pläne schmieden und bring Ankh her …«