K ’Twillis watschelte mit einem kleinen Kontingent angeheuerter Muskelpakete einher. Sie verteilten sich in ständiger Bereitschaft an den Seiten und bewegten kaum ihre Arme. Billister ging voran und wirbelte lässig mit einem kleinen Rohr herum. In einem Halfter am Rücken trug er einen Blaster, falls das Rohr nicht genügen sollte.
Da Sicherheit kein Thema war, war der Arbeitsbereich nicht eingezäunt. Keine Schilder markierten die gefährlichen Bereiche, egal ob zu Fuß oder mit dem Auto. Große Fahrzeuge wurden von erfahrenen Fahrern mit Präzision manövriert. Tote und schrottreife Fahrzeuge wurden zur Seite geschoben. K’Twillis hatte nie eine Nachzahlung für die Ausrüstung geleistet.
Zu diesem Zeitpunkt war er immer schon weg. Er dachte, die Unternehmen würden ihren Besitz zurückholen, aufarbeiten und wieder in Betrieb nehmen. Oder auch nicht. Es war ihm in jedem Fall egal.
Es gab eine kleine Hütte, in der der Vorarbeiter der Mine unter falschem Namen arbeitete, damit er für die von ihm geförderten Abkürzungen und die daraus resultierenden Verletzungen nicht ins Gefängnis kam.
Bislang gab es lediglich zwei Tote, doch die waren sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinne begraben worden. Im hinteren Teil der Grube befanden sich einhundert Tonnen Abraum, der Abfall nach der Verarbeitung, der ihre letzte Ruhestätte war. Niemand würde das ausgraben. Die, die es wussten, würden eliminiert werden, wenn der Betrieb beendet war. Der Vorarbeiter brauchte den Aborgianern nur ihre Namen zu nennen und die Sache war erledigt.
Billister war als Erster in der Hütte. Der Vorarbeiter erschrak, blieb jedoch in seinem Stuhl sitzen. »Sie sind im Rückstand«, warf der Sicherheitsmann ein.
»Nicht viel. Wir können uns in der Nachtschicht erholen!«, behauptete der Vorarbeiter.
Ein Schatten verdunkelte den Eingang, betrat jedoch nicht die Hütte. K’Twillis wollte sich nicht in das kleine Gebäude quetschen.
Sein Mikrofon half bei der Übertragung seiner Stimme. »Der ursprüngliche Zeitplan ist nicht mehr realisierbar. Angesichts der bevorstehenden Unruhen im Rat müssen wir innerhalb von zwei Monaten fertig werden und verschwinden. Sie müssen das Tempo erhöhen. Stellen Sie mehr Arbeiter ein.«
»Es liegt nicht an den Arbeitern, sondern an der Ausrüstung. Wir haben alles gemietet, was verfügbar war.«
»Dann stehlen Sie, was Sie brauchen.«
Der Vorarbeiter hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte. Er hielt seine Hände in einer Geste der Hilflosigkeit hoch.
»Ich dachte, Sie wären der, der die Dinge erledigt, wenn die Beschränkungen aufgehoben werden? Das haben wir getan, aber Sie machen nichts. War das nur leeres Gerede?«
»Nein!«, rief der Mann.
»Legen Sie Ihre Hände auf den Schreibtisch«, befahl Billister. Der Vorarbeiter schüttelte den Kopf und schob seinen Stuhl nach hinten. Einer von Billisters Männern schlenderte um den Schreibtisch herum, schlang einen dicken Arm um den Hals des Vorarbeiters und zwang seine Hand auf den Schreibtisch. Billister hob das Rohr an und der Vorarbeiter schrie auf.
Das Rohr knallte einen Fingerbreit neben der zitternden Hand auf den Schreibtisch.
»Nächstes Mal brechen wir Ihnen sämtliche Knochen«, versprach Billister.
»Ich habe alle Beschränkungen aufgehoben«, sagte K’Twillis. »Warum sind Sie dann hier drinnen und nicht da draußen?« Er deutete mit einem blättrigen Arm.
»Bin schon unterwegs«, antwortete der Vorarbeiter. Er versuchte aufzustehen, doch der Sicherheitsmann hielt ihn in seinem Stuhl fixiert.
»Verstehen Sie, wie wichtig das für mich ist?«
»Ja«, war alles, was der Vorarbeiter sagen konnte.
»Billister und sein Team von Produktionsmotivierungsspezialisten werden vor Ort bleiben, bis die Arbeit beendet ist.« K’Twillis flatterte mit seinen Blättern in einer Bewegung, die für Menschen und Humanoiden nichts bedeutete. Der Aborgianer schlurfte davon.
Der Schläger, der den Vorarbeiter festhielt, hob ihn von seinem Stuhl und warf ihn über den Schreibtisch. Papiere und Gesteinsproben folgten ihm zu Boden. Er bürstete sich ab, stand auf und entschuldigte sich ausgiebig, während er auf die Tür zuging. Er blieb stehen und blickte auf die Muskelpakete, die draußen warteten.
Billister grunzte. »Das Letzte, was Sie wollen, ist, dass er zurückkommt, also was halten Sie davon, wenn wir ein bisschen Management betreiben und uns umsehen? Wir sollten uns einen Überblick verschaffen und die guten Leute in der Grube dazu motivieren, das zu tun, wofür er sie bezahlt! Es ist eine große Grube und es gibt verdammt viele Arbeiter, also habe ich ein paar zusätzliche Effizienz-Experten mitgebracht.«
Der Vorarbeiter wandte sich wieder an Billister. »Ich weiß, auf wen ich mich eingelassen habe. Wenn diese faulen Bastarde ihre Arbeit nicht erledigen, bekommen sie das, was sie verdienen – mich eingeschlossen. Es ist eine Menge Arbeit, aber verdammt, Mann, es ist gutes Geld und wir werden nicht von Vorschriften oder Inspektoren belästigt. Folgen Sie mir, meine Herren.«
»Mir gefällt Ihre neue Einstellung«, sagte Billister.
»Normalerweise ist es nicht das Problem, das gelöst werden muss, sondern die Einstellung zum Problem. Es tut mir leid, dass ich daran erinnert werden musste.«
Billister winkte den anderen, ihnen zu folgen, als sie auf einen abgewinkelten Pfad an der Seite der Grube traten, der nach unten führte, wo die Maschinen dröhnten und heulten, während sie gegen das Gestein kämpften, um das gewünschte Erz freizulegen.
* * *
»Margarat, spiel etwas Geigenmusik«, sagte Tohd Mackestray zu seiner Schiffs-KI. Er lehnte sich weiter zurück und durchsuchte das Mediennetz nach neuen Möglichkeiten, nachdem seine Arbeit auf Amberstrom erledigt war. Der Nachrichtenschwarm hatte Tip Nel innerhalb weniger Tage zu Fall gebracht. Fil Pol war inmitten des Aufrufs zu Neuwahlen zur Interimsvorsitzenden ernannt worden.
Der Blokit hatte nicht vor, seine Handkarten zu weit offenzulegen. Er hatte eineinhalb Millionen von dem Sechs-Planeten-Konglomerat im Gridlow-Raum verdient, doch es war an der Zeit, weiterzuziehen. Er freute sich schon auf die nächste Herausforderung.
»Margarat, wie nah sind wir an unserer Zielzahl?«
»Sieben Millionen Credits«, antwortete sie.
»Nur noch ein paar Missionen und wir können einpacken. Was werden wir dann tun, Margarat?«
»Was immer wir wollen, Tohd. Fünfzig Millionen Credits sind die magische Zahl, bei der du nie wieder einen Finger krumm machen musst. Du wirst in dem Komfort und Stil leben, den du verdienst.«
»Ich mag die Art, wie du redest, Margarat. Was hältst du von dem Planeten Capstan? Auf den höchsten Regierungsebenen scheint es einige Unruhen zu geben, aber sind sie auch hoch genug?«
»Man ist immer wieder überrascht, was die Leute zahlen, um Positionen mit weniger Macht zu erlangen, weil sie diese als Druckmittel sehen, um höher zu klettern.«
»Früher war ich von der Gier nach Macht überrascht, aber mein ganzes Geschäft basiert darauf. Du hast recht, dass die Leute eine halbe Million für einen niedrigen Vorstandsposten zahlen, aber sie wollen den einen Sitz an der Spitze der Pyramide. Alle von ihnen. Ich denke, ich werde meine Preise erhöhen. Dreieinhalb Millionen für die Herrschaft über den ganzen Planeten. Wann sind die Präsidentschaftswahlen in Capstan?«
»Capstan hat einen Premierminister und der Wahlzyklus hat bereits begonnen. In zwei Monaten wird gewählt.«
»Perfekt, Margarat. Das ist einfach perfekt. Was hältst du davon, wenn wir die guten Leute von Amberstrom ihrem ordnungsgemäß gewählten und völlig unethischen Anführer überlassen, während wir weiterziehen?«
»Tolle Idee«, stimmte die KI zu.
Ein Violinkonzert füllte die Stille, während die KI die Pandora Express in die Tor-Warteschlange einreihte.
* * *
Lindy wollte aus dem Mech-Anzug. Sie begann zu schwitzen. Sie hatten sich in ein verlassenes Gebäude zurückgezogen, wo sie halb zusammengekauert saß.
»Was denkst du, Red?«, fragte Rivka.
»Ein spät nächtliches Ablenkungsmanöver; ein schneller Einbruch, nur dass wir eigentlich etwas hinterlassen. Dann warten wir ab, ob Ankh findet, was du suchst.«
»Du willst Jay hineinschicken, die dort eine von Ankhs Münzen platziert, während wir sie ablenken? Das klingt wie der Plan, den ich gesucht habe. Ich weiß nicht, warum mir das nicht eingefallen ist.«
»Du spürst die Wut, nicht wahr?«, warf Jay ein.
»In meinem Hinterkopf.« Rivkas Gesicht verzerrte sich, als sie sich mit den Gefühlen auseinandersetzte. »Ich kann nicht glauben, wie intensiv ihre Gefühle sind.«
»Vielleicht ist das in ihrer Gesellschaft die Norm?«, meinte Red.
»Das ist egal«, antwortete Rivka und schüttelte den Kopf. »Zwei Uhr morgens? Drei Uhr?«
»Lindy heizt ihnen an der hinteren Ecke ein, um die Barrikade in diesem Bereich zu sprengen. Ich gebe Feuerschutz. Jay wartet, bis sie das Feuer erwidern und wird dann so weit wie möglich ins Innere des Gebäudes vordringen und ein paar Münzen an den gegenüberliegenden Enden des Gebäudes abwerfen.«
»Was ist mit mir?«
»Ich kann dich währenddessen nicht beschützen. Du bleibst zurück und verhinderst, dass du verletzt wirst. Lindy und ich ziehen uns zurück und kommen dann wieder her. Sammelpunkt für alle ist hier. Die Aktion sollte insgesamt zehn Minuten dauern.«
Ich habe nur eine Frage, meinte Lindy. Kann ich endlich aus diesem verdammten Anzug raus?
»Ja. Ich übernehme die erste Wache, dann übernimmt die Magistratin, damit wir unseren Schönheitsschlaf halten können. Um zwei Uhr gehen wir dann in Position und legen los.«
Der Mech hatte sich bereits heruntergefahren und den hinteren Teil geöffnet. Lindy kroch heraus und streckte sich, als sie im Freien stand.
»Man kann nicht ewig in dem Ding bleiben und ich merke das schon seit einer Stunde.« Sie taumelte in den hinteren Teil des Gebäudes, auf der Suche nach der Toilette. »Leg dich hin. Ich wecke dich, wenn du dran bist.« Red kniete sich hinter eine Fensterfront, von der aus er am besten nach draußen sehen konnte. Rivka und Jay suchten sich Liegeplätze, um dort zu warten.
Rivka brachte ihr Tablet hervor und kontaktierte Ankh.
»Wir platzieren heute Nacht deine Münzen. Ich hoffe, dass es klappt.«
»Wenn die Geräte betriebsbereit sind und wenn die Distanz stimmt, kann ich auf die Daten zugreifen«, antwortete der Crenellianer.
»Das sind eine Menge Wenns.« Rivka war weniger zuversichtlich, was ihre Chancen betraf, doch sie sah keinen anderen Plan. Sie konnte die Ledonier nicht lange genug beruhigen, um ein Gespräch zu führen, geschweige denn ein sinnvolles. »Bleibt, wo ihr seid und haltet euch für eventuelle Luftunterstützung bereit, falls nötig.«
»Die Peacekeeper ist auf Station in zwanzigtausend Metern Höhe. Wir können in Sekunden eintreffen.«
»Danke, Ankh.« Ihr Tablet verdunkelte sich, als sie sich abmeldete.
»Keine juristische Recherche, Magistratin?«, erkundigte sich Jay und legte ihre Hand sanft auf Rivkas Schulter.
»Leider geht es hier nicht ums Gesetz, so sehr ich das auch gerne hätte. Hier geht es darum, die Vorherrschaft zu sichern. Der mit dem größten Stock wird das Sagen haben. Das Gesetz mitten im Bürgerkrieg zu zitieren wird uns alle umbringen. Red hat recht. Das ist eine Mission. Wir werden sie bewusstlos prügeln, damit wir Beweise sammeln können.«
»Lass das bloß Red nicht hören. Das steigt ihm sonst noch zu Kopf.«
»Sein Kopf ist schon so groß wie eine Wassermelone im August.«
Die beiden Frauen lachten leise. »Ich weiß nicht, was das ist«, gab Jay zu, »aber es klingt lustig.«
»Geh schlafen. Die Sache könnte sehr bald vorbei sein. Es gibt nichts, was ich lieber täte, als Leeds Planet von unserer Heckkamera aus zu betrachten.«
Jay hielt die Neutronenpulswaffe in der Hand. »Nimm sie. Ich will sie nicht benutzen.«
Rivka winkte ab. »Du wirst sie dringender brauchen als ich.«
»Aber ich werde sie nicht benutzen. Einmal ist genug und ich bin froh, dass ich nicht sehen konnte, was es mit den Leuten im Panzer angestellt hat.«
Rivka nahm das Gerät und drehte es in ihrer Hand um. Es war immer noch auf elf eingestellt. »Wir müssen diesen Krieg beenden«, flüsterte Rivka.
* * *
»Was hast du über Capstan?«, fragte Tohd Mackestray freundlich. Er verschränkte seine Finger hinter seinem massigen Kopf und lehnte sich zurück.
»Capstan ist ein kleiner Planet im Gridlow-Raum, siebenundachtzig Lichtjahre von Amberstrom entfernt. Fünfzig Millionen Einwohner, bestehend vor allem aus einer humanoiden Rasse namens Verge, aber auch andere, nicht einheimische Spezies sind auf dem Planeten vertreten, darunter Menschen.«
»Stopp. Sagtest du gerade, dass die Eingeborenen von Capstan Virgos, also Jungfrauen, genannt werden?« Der Blokit lachte los. Dank seiner breiten Schultern und seines fehlenden Halses blieb sein Kopf ganz ruhig.
»›Die Verge‹ nennt man sie als Volk. Ein einzelnes Mitglied ist ein ›Verge‹.«
»Du machst es einfach nicht besser.« Tohd lachte sich über seinen Scherz kaputt. »Bitte fahre fort, Margarat.«
»Capstan ist eine reine Demokratie, in der die Mehrheit entscheidet. Das macht das System umständlich und langsam, da über alle wichtigen Themen abgestimmt wird. Die Macht der Leitung besteht darin, dass sie bestimmt, worüber abgestimmt wird. Sie können Themen begraben oder ihnen Bedeutung verleihen. Sie prägen die Botschaft, die die Wählerinnen und Wähler hören.«
»Das klingt nicht sehr demokratisch, aber es ist perfekt für unser Vorhaben, meinst du nicht?«
»Ich denke, du wirst auf Capstan fruchtbaren Boden finden.«
»Wer ist das geeignetste Ziel?«
»Der Herausforderer, Benitus Fogg, der verlieren wird, wenn er keine Hilfe bekommt. Er ist ein reicher Landbesitzer und Geschäftsmann.«
»Ich mag den Klang von ›reich‹ am Morgen.«
»Er liegt laut Umfragen hinten, weil der Planet gesund ist, mit einer guten Wirtschaft und einem der besten Bildungssysteme der Galaxie. Der Status quo passt ihnen. Fogg führt seinen Wahlkampf mit einem Wechsel des Schwerpunkts von der freien Kunst zur Wirtschaft.«
»Nicht jeder kann ein vermögender Geschäftsmann werden«, behauptete Mackestray. »Fang an, eine Kampagne gegen den Amtsinhaber vorzubereiten: dubiose Geschäfte, persönliche Erniedrigung, eine herabwürdigende Haltung gegenüber der beliebtesten Minderheitengruppe und so weiter. Du weißt, wie der Hase läuft. Ankunftszeit?«
»Um unsere Anonymität zu wahren, reisen wir durch zwei zusätzliche Tore. Wir werden in spätestens drei Tagen ankommen.«
»Gibt es auf Capstan gutes Essen?«
»Aufgrund der Vielfalt der Spezies, die von verschiedenen Planeten zur Ausbildung kommen, bietet Capstan einige der besten kulinarischen Erlebnisse der Galaxie.«
»Ja, wunderbar! Danke, Margarat. Ich wollte dich bitten, einen Planeten zu finden, auf dem ich was Gutes zu essen bekomme, aber ich warte lieber. Bring uns nach Capstan und wenn wir dort ankommen, gibt es als Erstes das beste Essen auf dem Planeten!«
»Ich werde das arrangieren und einen Zeitplan für Treffen erstellen, den du genehmigen musst.«
Der Blokit nickte. Er griff auf die Hintergrundinformationen zu, die Margarat zusammengestellt hatte und begann zu lesen. Einfluss bestand aus Wissen. Er hatte drei Tage Zeit, um sich so viel wie möglich davon anzueignen.