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Nachhausekommen

Ich war keine dieser mit allen Wassern gewaschenen Detektivinnen, die ein Dutzend Führerscheine und Identitäten besitzen und sie wie Hemden wechseln können: Wer immer es wissen wollte, konnte vermutlich in Erfahrung bringen, dass V. I. Warshawski von Kansas City nach O’Hare geflogen und um 07:23 Uhr gelandet war. Niemand schoss auf mich, als ich vom Terminal zwei zur L ging, also war ich meinem Schützen mit dem Bergara-Gewehr vielleicht mal einen halben Schritt voraus.

Die Bahn war gestopft voll: Flughafenpersonal, das von der Friedhofsschicht nach Hause fuhr, und Geschäftsreisende, die in der Innenstadt ein Tag voller Meetings erwartete. Ich klemmte mich in eine Ecke des Waggons und döste, bis wir die Station in der Nähe meines Büros erreichten.

Im Coffeeshop gegenüber schlürfte ich gierig mehrere starke Espressi und benutzte mein Telefon, um mir zunächst die Aufzeichnungen der Securitykamera aus den letzten Tagen anzusehen. Ein Mann war heute früh vorbeigekommen, hatte den Parkplatz betrachtet und die Schlösser an der Eingangstür überprüft; gestern war er auch schon da gewesen. Keine ­teuren Klamotten, bloß ein ganz gewöhnlicher Straßengangster in Bluejeans und Jackett mit einer Ausbeulung, die auf eine Waffe hindeutete.

Ich nahm meinen dritten Espresso mit raus vor das Café und musterte die Straße. Alles schien sauber; meine Verfolger mussten meine Spur verloren haben, als ich bei Cassie war, und blickten wohl nicht durch, ob ich wieder zu Hause war oder noch unterwegs.

Meine Schattenbegleiter hatten Zugriff auf dickes Geld – sie benutzten teure Gewehre und Munition; sie beauftragten hochqualifizierte Hacker, in Artie Mortons Computer einzubrechen; sie drangen in Canyons und Leichenhallen vor und konnten Schlägertypen losschicken, um Autofenster zu zerschießen oder Motels zu übernehmen. Vielleicht überwachten sie auch mein Zuhause und das Telefon meiner Nachbarn, aber ich konnte nicht über jedes mögliche Risiko brüten, sonst blieb mir überhaupt kein Spielraum mehr zum Handeln.

Ich rief Mr. Contreras an und versicherte ihm, dass ich wohlbehalten zurück war. Er brauchte ein langes Gespräch. Ich entwand mich ihm so taktvoll wie möglich mit dem Versprechen, das heute noch nachzuholen.

In meinem Büro machte ich kein Licht: Sogar an einem hellen Augustmorgen würde man das von außen sehen. Ich ging gleich durch zu der Dusche hinten in Tessas Studio und wusch mich ausgiebig. Dann zog ich frische Socken und die letzte saubere Jeans aus meinem Rucksack an.

Ich benutzte zwei Bildschirme, um alle Dokumente und Notizen vor mir zu haben, die ich seit Bernies panikerfülltem Anruf wegen Leo Prinz’ Leiche angesammelt hatte – ein Ereignis, das gefühlt so weit zurücklag, als hätte es stattgefunden, während der Smoky Hill River den Horsethief Canyon schuf.

Ich machte handschriftliche Notizen mit dem Aurora-Füllfederhalter, den meine Mutter zum Schulabschluss geschenkt bekommen hatte. Ich bewahre ihn sicher in meinem Büro auf und benutze ihn nur, wenn ich etwas sorgsam mit Tinte aufschreiben will.

 

Murray, Leo Prinz, Simon Lensky

 

Ich schrieb:

 

Haben alle irgendwie mit dem mysteriösen Plan zu tun, den Burnham-Biotopkorridor und die anliegende Ufermeile umzunutzen. Larry Nieland, Wirtschaftsnobelpreisträger, war bei der SLICK-Versammlung mit einem gut gekleideten Typ, der nicht vorgestellt wurde.

 

Murray hatte gesagt, die Bauingenieur-Signatur auf den Plänen müsste so was wie Mina Y. Punter heißen. Die Buchstaben auf Leos Handyfoto von der Skizze waren so verschwommen wie das ganze Foto. Vielleicht war der Name ja Mona und nicht Mina. Vielleicht war Mona Borsa von SLICK an dem Plan fürs Seeufer beteiligt, tat aber so, als wüsste sie nichts davon. Mir kam sie zwar eher wie Taggetts gefügige Cheerleaderin vor als wie eine ernstzunehmende Mitspielerin, aber da konnte ich mich auch irren.

Ich holte mir meine Kopie von Leos Datenstick aufs Desktop und schaute mir den Namen dieser Bauingenieurin an, handgeschrieben in gotischer Schönschrift. Schwer zu lesen, und ich konnte es kaum vergrößern, ohne dass die Auflösung flöten ging. Der Vorname war am deutlichsten: Minas, nicht Mona und auch nicht Mina. Minas y Puentes.

Spanisch. Nicht der Name einer Bauingenieurin, die den Plan gezeichnet hatte. Sondern der Name eines chilenischen Unternehmens, das auf Larry Nielands Website stand. Ich hatte mich nicht groß damit aufgehalten, als ich über ihn recherchiert hatte, aber jetzt nahm ich mir die digitale Wirtschaftspresse vor, um alles über Minas y Puentes zu erfahren, was ich konnte.

Ihre Homepage erwähnte Projekte in China, Brasilien, Indien, eins in Südkalifornien. Das Unternehmen war in den 1980ern durch eine Fusion zwischen Puentes y Torres und Minas ­Aguilar de Tocopilla entstanden.

Geschäftsführer war ein gewisser Guillermo Quintana; Filomena Quintana Aguilar hatte ebenfalls Prokura. Auch diesen Namen kannte ich: die Frau, die mit Larry Nieland in der ­Global-Sendung Digging Up the Deep State aufgetreten war. ­Aguilar musste ihr Mädchenname sein, Quintana ihr ehelicher. Sie hatte Guillermo geheiratet und das Minenunternehmen ihrer Familie mit Guillermo Quintanas Brücken-und-Türme-Firma verbunden.

Ich schrieb alle Namen sorgfältig auf, in Druckbuchstaben, und fühlte mich dabei, als könnte jede plötzliche Bewegung eine größere Explosion auslösen. Die Minen von Tocopilla. Als Hector sie besichtigt hatte, war er wutentbrannt zurückgekommen, wütend über die Bedingungen dort, wütend auf seine Mutter – weswegen genau? Weil sie ihm nicht erzählt hatte, was sie über die Minen wusste? Weil sie ihm nicht erzählt hatte, dass seine Familie irgendwie mit einer chilenischen Minen­erbin verbandelt war?

Ich versuchte es zu Ende zu denken. Hatte Palurdo eine Schwester mit demselben Vornamen wie die Minenbesitzerin? War die Minenbesitzerin Jacobo Palurdos Schwester? Vielleicht hatte Jacobo seinen Namen geändert, als seine Schwester den Unternehmenseigentümer heiratete? Und dann fand er, für ihn sei sie gestorben, und hatte entrüstet Chile verlassen?

Meine Bauchmuskeln waren so angespannt, dass sie aufs Zwerchfell drückten und mir das Atmen erschwerten, vom Denken ganz zu schweigen.

Ich suchte nach Informationen über Guillermo und Filomena.

Die älteste Meldung fand sich in El Universal, einer chilenischen Zeitung. Eine Ausgabe von 1974 berichtete über die prunkvolle Hochzeit von Guillermo Quintana mit Filomena Aguilar. Die Fotos, digitalisiert von Mikrofiches, waren recht körnig, aber Aguilars Satin-Hochzeitskleid war zu erkennen, ebenso die zwei Pagen in Mini-Soldatenuniform, die ihre lange Schleppe trugen, der bodenlange Schleier, der an ihrem hoch aufgetürmten blonden Haar festgesteckt war.

Guillermo war dunkel und gutaussehend in militärischer Paradeuniform. Die Zeremonie fand in der Kathedrale von Valparaíso statt, in Anwesenheit von vier Bischöfen. Außer den beiden Pagen waren noch elf Cousinen und Freundinnen um die Braut geschart. Der Brautvater, ­Fernando ­Aguilar, strahlte vor Stolz. Der Bruder der Braut, ebenfalls ­Fer­nando geheißen, war nicht bei der Hochzeit zugegen: ein akuter Magen-Darm-Virus, so die Auskunft, die man dem Gesellschaftsredakteur gegeben hatte.

Ich verfolgte das Paar durch ein paar Dutzend spanischsprachige Meldungen. Beide hatten an der Pontificia Universidad in Santiago Wirtschaftswissenschaften studiert. Guillermo war der Armee als Offizier beigetreten, er hatte zur Pinochet-Regierung gehört und eine Initiative geleitet, das Gesundheitswesen sowie Chiles Rentensystem zu privatisieren, und als Fernando Aguilar verstarb, wurde er zum Generaldirektor von Minas y Puentes. Filomena hatte die Tocopilla-Minen praktisch ­gemanagt, ehe sie ihr Talent als Rednerin und Fernsehmoderatorin entdeckte.

Ein vielfach in der Wirtschaftspresse abgedrucktes Foto zeigte Quintana beim Händeschütteln mit diversen New Yorker Funktionären und ein paar dick gestopften Bauunternehmern, als Minas y Puentes mit einem Luxuswohnkomplex in Brooklyn Neuland betrat. Ich starrte so lange auf den Bildschirm, dass mir die Augen wehtaten.

Guillermo war der Mann mit dem schönen Hemd bei der SLICK-Versammlung. Jede Person, die ihn gesehen hatte, erinnerte sich deutlicher an seine Klamotten als an sein Gesicht. Das Gesicht war kalt, unbeteiligt – es lud Menschen zu absolut nichts ein, und so schauten sie lieber auf seine Kleidung.

Ich sah mir noch einmal die unscharfe Skizze auf meinem Bildschirm an. Minas y Puentes hatte Pläne für eine Luxusgroßsanierung an der Chicagoer South Side erstellt. War ­Filomena Quintanas alter Kumpel Larry Nieland an dem Vorhaben, die Ufermeile umzugestalten, über seine Beratungsfirma Capital Unleashed finanziell beteiligt? Oder war er bei der SLICK-Versammlung mit Guillermo aufgetaucht, um seine Freunde zu unterstützen?

Ich rief erneut Nielands Website auf, wo sein Gesicht, umrahmt von wilden silbernen Locken, die Welt anstrahlte wie ein Weihnachtsmann. Nieland saß im Vorstand von neun Unternehmen, vier in Südamerika, fünf in den USA. Nur eine der südamerikanischen Firmen war börsennotiert. Zu ihren Hauptaktionären gehörten Minas y Puentes und Capital Unleashed.

Capital Unleashed war Nielands eigene, nicht börsen­notierte Firma. Nieland war Filomena Quintanas Professor und Mentor gewesen. Und hier waren sie jetzt alle miteinander und teilten munter Chicagos Seeufer unter sich auf.

Ich stellte mir vor, mit was für Geldsummen Capital Un­leashed hantierte – Hundertdollarscheine füllten riesige schwarze Kessel, die Art, in der in Comics Hexen rühren. Larry und seine handverlesene Klientel beugten sich darüber und spähten eifrig hinein, um zu prüfen, ob ihr Kapital schon gar genug war, um auf die Welt losgelassen zu werden.

Hatte Nieland Minas eingeladen, zu investieren? Hatte Minas den Geistesblitz gehabt und Nieland hinzugezogen? Eigentlich spielte das keine Rolle. Wie immer es dazu gekommen war, Park-Superintendent Taggett mit an Bord zu holen war nicht weiter schwer gewesen. Möglicherweise hatte Taggett an einen neuen Strand in Höhe der Forty-seventh Street gedacht, und Nieland erkannte das als großartige Gelegenheit, eine unter­bevölkerte Gegend in die Privatdomäne eines Multimillionärs zu verwandeln.

Wie war Simon Lensky an ein Exemplar dieses Entwurfs geraten? Ich konnte mir das SLICK-Trio nicht recht als Mitverschwörer in dieser Sache vorstellen. Das waren gewöhnliche Leute, die sich freiwillig erboten, bei der Instand­haltung von Chicagos Parks zu helfen. Taggett dürfte sie dafür eingespannt haben, der Anwohnerschaft das Strandprojekt schmackhaft zu machen; er hätte sie aber nicht in ein Erschließungsprojekt von den Ausmaßen einbezogen, die der Entwurf erahnen ließ.

Ich konnte nur raten – vielleicht war Taggett nicht bewusst, dass die Skizze sich in einem Packen Dokumente befand, die er Simon als Schützenhilfe für die Strandpräsentation überließ. Simon hatte noch Gewese darum gemacht, als er vor jener letzten fatalen SLICK-Versammlung seine Unterlagen durchging.

Ich dachte zurück zu dem Abendessen im African Fusion Café kurz vor der Versammlung, als das Trio in Sorge war, ich könnte etwas von ihren Dokumenten sehen. Ich stellte mir vor, wie sich Mona, vielleicht sogar Curtis den Kopf zerbrach, was die Skizze zu bedeuten hatte. Mona hätte sich vielleicht dafür ausgesprochen, Taggett direkt danach zu fragen, aber niemand von ihnen wusste, was genau zu tun war. Und dann hatte Leo sie alle in Zugzwang gebracht, als er Simons Papiere zu Boden stieß.

Leo hatte Schnappschüsse davon gemacht, weil er genug gesehen hatte, um Lunte zu riechen. Und als Simon durch­blicken ließ, wie aufgebracht Leo deswegen war – wem gegenüber? Mona Borsa? Gifford Taggett persönlich? –, hatte jemand sich unverzüglich dieses Problems angenommen. Man hatte Leo umgebracht, war sein Telefon losgeworden, seinen Computer, hatte seine Wohnung durchkämmt und auch gleich noch die von Bernie, um sicherzugehen, dass keine lästigen kleinen Datensticks oder Ausdrucke mehr herumflogen.

Und dann fiel ihnen auf, dass Simon klar sein musste, wer hinter dem Mord an Leo steckte, also eliminierte man auch ihn.

»Oh Murray, was hast du getan?«, flüsterte ich. »Hast du einen FOIA-Antrag an die Parkbehörde gestellt, um an eine Kopie des Entwurfs zu kommen? Oder an die Korrespondenz zwischen Taggett und Nieland oder zwischen Taggett und Quintana? Und damit wurdest auch du zu einer Bedrohung? Stirb nicht, stirb nicht, stirb bloß nicht.«

Ich musste mit Lotty sprechen. Sie und Max mussten ihren Einfluss nutzen, damit für Murrays Zimmer im Universitätskrankenhaus eine Wache abgestellt wurde.

Jetzt brauchte ich unbedingt ein Auto. Aber keinen Mietwagen – je länger ich es schaffte, keine elektronischen Signale auszusenden, dass ich wieder zu Hause war und in Aktion trat, desto besser. Ich ging im Kopf eine Liste der Freundinnen und Freunde durch, die ich um Unterstützung bitten konnte, aber niemand davon besaß mehr als ein Auto, viele gar keins. Die Streeter-Brüder, die mir oft bei Überwachungsprojekten behilflich waren, hatten einen zusätzlichen Van, den sie mir vielleicht leihen würden. Er hatte schusssichere Seitenwände, fuhr sich aber nicht gut. Wenn mir nichts anderes einfiel, würde ich sie anrufen.

Erst als ich meine Dateien zumachte, fiel mir Angelas ­Subaru ein. Sie hatte mir ihre Autoschlüssel dagelassen, damit ich ihn bewegen konnte, wenn die Straßenreinigung kam. Dass sie und Bernie Chicago verlassen hatten, war schon zehn Tage her; hoffentlich hatte sie keine Knöllchen bekommen – die würde ich zahlen müssen.

Ich nahm ein Taxi nach Evanston. Angelas Subaru stand eine Querstraße entfernt von dem Haus, wo sie und Bernie gewohnt hatten. Er war das ideale Fahrzeug für meine Zwecke: alt und schmuddelig, frei von Knöllchen, und er sprang beim ersten Versuch an. Der einzige Wermutstropfen war, dass der Sitz ­blockiert war und sich nicht verstellen ließ und Angela einen Kopf größer war als ich. Aber beim Fahren kerzengerade sitzen zu müssen würde mich wach halten.

Als Erstes fuhr ich ins Beth Israel, das große Krankenhaus in Uptown, wo Lotty Sonderrechte genoss. Max Loewenthal war der geschäftsführende Direktor, er war außerdem ein enger Freund von Lotty aus ihren Kindheitszeiten als Flüchtlinge – und jetzt, da er verwitwet war, auch ihr Liebhaber. Seine Assistentin hatte mir heute früh den Flug gebucht. Wenn Lotty nicht dort, sondern in ihrer eigenen Klinik war, würde ein Anruf vom Krankenhaus aus nicht auffallen.

Cynthia war entzückt, mich zu sehen, und sofort bereit, Lotty für mich ausfindig zu machen. Wie sich herausstellte, war sie anwesend und gerade auf Visite. Cynthia setzte mich zum Warten in Max’ Konferenzraum, wo ich mich mit der Lektüre des Jahresberichts vom Beth Israel oder mit der Zeitschrift der American Hospital Association vergnügen konnte. Eine halbe Stunde später hob Lotty meinen Kopf von einem Artikel über ein »Umfassendes Lehrplankonzept für die Ausbildung von Ärzt*innen im Praktikum«.

»Wie ich sehe, hast du den perfekten Schlafmittelersatz gefunden«, bemerkte sie trocken, aber als sie mich ansah, wechselte ihre Miene zu Bestürzung. »Victoria! Du hast mir nicht gesagt, dass du verletzt bist. Du gehörst ins Bett.«

Ich verbiss mir spontane Tränen. Es war eine Weile her, dass mir jemand Liebe und Besorgnis entgegengebracht hatte, statt zu finden, dass ich Menschen zu Brandopfern machte. Lotty untersuchte meine Hände und Arme, schickte Cynthia los, um in der Apotheke antibiotische Salbe und Verbände zu besorgen, und verlangte eine Schilderung meiner Woche der Abwesenheit.

Ich berichtete ihr die Höhepunkte und untertrieb ein wenig bei meinem Sturz vom Felsen im Horsethief Canyon. »Wie geht es Murray?«

»Eine kleine gute Neuigkeit heute Morgen: Er konnte fünf Minuten lang selbständig atmen, ohne das Beatmungsgerät. Sie werden das weiter ausbauen, aber sie halten ihn vorsichtshalber in einem künstlichen Koma – zu viel Blutverlust, zu großer Schock für sein ganzes System.«

»Lotty, er hat an etwas gearbeitet, worauf ich ihn angesetzt habe. Es ist – ganz egal, was die Polizei sagt, das war kein Raubüberfall. Er wurde niedergeschossen, damit er nicht weiter zu einem bestimmten Bauprojekt recherchiert, eine Betrugs­geschichte zwischen Parkbehörde und einem chilenischen Bauunternehmen. Ich will, dass er eine Wache vor seinem Zimmer hat, und es wäre mir lieb, wenn niemand erfährt, dass es ihm besser geht, ganz gleich, wie winzig seine Fortschritte auch sind.«

Sie ließ ihre Hände auf meinen Schultern liegen. »Wir haben im Universitätskrankenhaus nichts zu sagen, aber ich bitte Max, ein paar Anrufe zu machen. Meinst du, seine Arbeitgeber, diese Leute von Global, könnten die nicht eine Wache stellen?«

»Ich würde die Leute von Global gern so weit wie möglich von ihm weghalten«, sagte ich. »Es ist sogar denkbar, dass sie hinter dem Angriff auf ihn stecken.« Ich berichtete ihr von Norman Bolton und seinen Bemühungen, zu überwachen, was ich über Lydia Zamir herausfand.

»Aber das hat doch nichts mit dem Park zu tun«, wandte Lotty ein.

»Ich weiß. Aber Murray hat um Genehmigung ersucht, die Story zu verfolgen, und Bolton hat ihn abblitzen lassen. ­Murray muss irgendwelche Verknüpfungen entdeckt oder zu viele Fragen gestellt haben – keine Ahnung. Die Polizei sagt, dass sein Telefon fehlt und sein Laptop und alles. Die Cops könnten einen richterlichen Beschluss erwirken und Murrays Server einsehen, aber das tun sie nicht.«

Dieser Teil von Pizzellos Bericht machte mir schwer zu schaffen. Taggett, der Chief der Polizei, Bolton – da bestand eine Verbindung, und das war gar nicht gut.