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Metamorphosen

Der Forschungskrimi um die Himmelsscheibe von Nebra hat Fortsetzungspotenzial. Ist ein Rätsel gelöst, taucht schon das nächste auf. Kaum haben wir uns ein erstes Bild von den möglichen Motiven ihres Schöpfers gemacht, drängt sich die Frage auf: Wer hat die Veränderungen an der Scheibe vorgenommen und warum? Die Untersuchungen belegen, dass sie wiederholt gravierende Umgestaltungen erfuhr. Zum Abschluss des ersten Teils wollen wir nun die Stationen ihres bewegten Lebens Revue passieren lassen und nach den Motiven fragen, die für die jeweilige Umgestaltung entscheidend gewesen sein könnten.

Die Scheibe ist sicher ein Auftragswerk gewesen. Unwahrscheinlich, dass eine Person das Wissen, das Gold und die technologischen Fertigkeiten besaß, um sie allein herzustellen. Für die Urversion der Scheibe brauchte es einen erfahrenen Schmied, dem mindestens ein Gehilfe zur Hand ging. Da hier heiliges Wissen im Spiel war, wird er seine Arbeit im Geheimen vollbracht haben, wohl unter dem Schutz seines hochgestellten Auftraggebers, des ersten Meisters der Himmelsscheibe. Auch in Mesopotamien waren die sternenkundigen Experten dem König verpflichtet, sie unterlagen einer Schweigepflicht. Das delikate Wissen über die himmlischen Affären, das über das Schicksal des Königs und des Landes entschied, durfte nicht in falsche Hände geraten. Wie der griechische Historiker Diodor im 1. Jahrhundert vor Christus berichtet, wurde die Kunst des Sternedeutens innerhalb eines bestimmten Geschlechts nur vom Vater an den Sohn übertragen.

Aber halt! Wie können wir denn überhaupt sicher sein, dass der Meister der Himmelsscheibe keine Frau gewesen ist? Nun zeigen ethnologische Studien, dass kaum ein Handwerk so ausschließlich Männersache war wie das Schmieden. Auch werden wir noch auf reiche Gräber hochgestellter Personen stoßen, die Schmiedeutensilien enthielten; dort belegen die anthropologischen Analysen: so gut wie alles Männer. Das Gleiche gilt für die frühbronzezeitliche Herrschaftselite, in deren Kontext wir die Himmelsscheibe verorten werden. Selbst die Schwerter, der Meißel und die Beile, die der Scheibe auf ihre Reise durch die Zeit mitgegeben wurden, lassen in Sachen Geschlecht wenig Zweifel aufkommen. Dass eine Frau die Quelle des Wissens war oder bei späteren Umgestaltungen die Hände im Spiel hatte, können wir nicht ausschließen. Nur deutet bisher nichts darauf hin.

Die fertige Scheibe enthielt den Schlüssel zum Himmel, der jedoch nur Eingeweihten nützlich war. Wurde sie geheim aufbewahrt, als erlesene Erinnerungsstütze ihres Schöpfers, oder öffentlich gezeigt? Im kleinen oder großen Kreis? Die kostbare Darstellung legt nahe, dass Wirkung erzielt werden sollte. Die Himmelsscheibe ist als mächtiges Objekt gefertigt worden, das beweist, dass ihr Besitzer die Gesetze der Götter kennt. Sie soll überwältigen. Da die Ursprungsversion keine Hinweise dafür liefert, dass sie in irgendeiner Weise ausgestellt wurde (die Löcher kamen erst später), liegt es nahe, dass sie im Arkanum der Macht ihren Platz hatte, also nur einem erwählten Personenkreis zugänglich war, vielleicht aber zu besonderen Feierlichkeiten dem staunenden Volk gezeigt wurde. Das konkrete Wissen, das golden auf ihr verschlüsselt war, blieb jedoch ein Geheimnis, das nur vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde.

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Die erste Frage, die sich aufdrängt: Wie lange zeigte die Himmelsscheibe ihr ursprüngliches Antlitz? Wann wurden die goldenen Horizontbögen links und rechts am Scheibenrand befestigt? Es gibt mehrere Indizien, die dafürsprechen, dass mindestens eine Generation vergangen sein muss, vermutlich eher zwei oder drei: Ein neuer Schmied war am Werk. Nicht nur war seine Arbeit von geringerer Qualität als die des ersten – der erhaltene rechte Horizontbogen lässt es an Eleganz missen. Auch war er nicht mit der Tauschiertechnik vertraut und beging Anfängerfehler. Wir haben uns das im Detail angeschaut. Vor allem aber ist ein deutlicher Bruch erkennbar: Sterne wurden entfernt oder versetzt, das sind massive Eingriffe. Immerhin wird noch das gleiche Gold aus Cornwall benutzt.

Die nächste Frage: Haben wir es bei der Umgestaltung, dieser Metamorphose ihres Bildprogramms, mit einem Wissensverlust oder einer Wissensanreicherung zu tun? Erinnern wir uns: In der zweiten Phase der Himmelsscheibe werden links und rechts die Horizontbögen montiert, die den Verlauf der Sonnen zwischen den Sonnenwenden wiedergeben. Das war uraltes neolithisches Wissen, wie wir es schon aus gut 7000 Jahre alten Kreisgrabenanlagen Mitteleuropas kennen. Nichts Neues also. Um das auf der Himmelsscheibe unterzubringen, mussten ein Stern versetzt und zwei entfernt werden. Damit war die ursprüngliche Doppelcodierung der Schaltregel zerstört. Jener Teil des Codes, der lautete: Vergehen 32 Tage, bis der Mond seit dem vorherigen Neulicht im Frühlingsmonat bei den Plejaden steht, so muss geschaltet werden. Das spricht also für Wissensverlust. Hier war jemand am Werk, der nicht mehr in Gänze über den ursprünglichen Scheibeninhalt informiert war – und dazu brachte er noch antiquiertes Wissen auf die Scheibe. Es scheint also nicht das pietätvolle Werk eines vom Vater eingeweihten Sohnes gewesen zu sein.

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13 Phase 1: Im Urzustand zeigt die Himmelsscheibe nur astronomische Objekte, die eine Schaltregel codieren.

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Phase 2: Einige Generationen später werden links und rechts die Horizontbögen angebracht.

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Phase 3: Unten wird das Schiff hinzugefügt, vermutlich ein Symbol für die Reise der Sonne.

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Phase 4: Die Scheibe wird am Rand herum 39 Mal gelocht – sollte sie als Standarte dienen?

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Phase 5: Als sie vergraben wird, fehlt ein Bogen. Vielleicht wurde er abgerissen, um sie rituell zu entwerten.

Dennoch haben wir es auch hier mit einem durchaus mathematisch-himmelskundlich begabten Geist zu tun: Dafür sprechen die exakte Winkelwiedergabe der Horizonte und deren Nordverschiebung. Unklar bleibt im Moment, warum dieses altbekannte Wissen mit viel Aufwand hinzugefügt wurde. Als Peilinstrument jedenfalls war die Himmelsscheibe ungeeignet. Wozu also ist man das Risiko eingegangen, die Scheibe zu beschädigen?

Oder handelt es sich gar nicht um einen Wissensverlust? Die Plejadenregel selbst blieb ja erhalten. Für die zählt nur die Dicke der Mondsichel beim Zusammentreffen mit den Plejaden, da spielt die Anzahl der Sterne keine Rolle (die sorgten nur für eine zusätzliche Verschlüsselung). Es könnte also sein, dass hier das neue, aus der Fremde importierte Wissen mit dem Lauf jenes Gestirns angereichert wurde, das die europäische Bronzezeit beherrschte wie kein zweites: dem der Sonne. Dann wollte jemand die Himmelsscheibe vervollständigen. Zeigte die Urversion die Ordnung der Nacht an, brachte er nun die Ordnung des Tages auf die Scheibe. Sonne, Mond und Sterne, kombiniert mit den irdischen Horizonten: Damit war die Scheibe komplett und der Himmel auf Erden gebracht. Wohl dem, der solch einen geschmiedeten Himmel in Händen hielt.

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Doch auch dabei blieb es nicht. Die Scheibe erlebte eine zweite Metamorphose: Das Schiff wurde auf ihr festgemacht. Wieder war Zeit vergangen. Diesmal sogar so viel, dass es weniger silberhaltiges Gold brauchte, um die Hinzufügung farblich zu kaschieren. Der dritte Handwerker zeigte Respekt gegenüber dem Bestand. Weder versetzte er Sterne, noch entfernte er welche, wie das Schmied Numero zwei getan hatte. Er integrierte das Schiff so behutsam in den vorhandenen Bildbestand, wie man das im Umgang mit heiligen Objekten erwartet.

Das Schiff ist ein Beleg für die mythologische Dimension des Himmels, für die Annahme, dass die Himmelskörper mehr sind als nur astronomische Objekte. Insofern ließe sich diese Metamorphose unter den Titel stellen: vom Logos zum Mythos. Doch könnte das, wie wir im letzten Kapitel ausführten, ein modernes Missverständnis sein. Sonne, Mond und Sterne waren für die Menschen himmlische Wesen. Dann passt auch das Schiff ins Programm, wenn es das Transportmittel der Sonne darstellen soll, mit der diese den Himmelsozean durchquert. Ab etwa 1600 vor Christus avanciert es zu einem der zentralen Symbole der nordischen Bronzezeit. Wir kennen Schiffsdarstellungen von Felsbildern oder Bronzen wie dem Schwert von Rørby in Dänemark. Und auf den ebenso detaillierten wie faszinierenden Mythos der Sonnenreise in Skandinavien haben wir bereits hingewiesen. Er erzählt, wie die Sonne von Fischen, Schlangen, Pferden, ja sogar Seepferdchen begleitet und von einem Schiff aufs nächste verladen wird.

Auch eine Beziehung des Schiffs zu den Plejaden rückt ins Reich des Möglichen. Der Schiffsbogen öffnet sich schließlich deutlich Richtung Siebengestirn, die in der Höhe über ihm leuchten. Weisen sie ihm den Weg durch den Himmelsozean, wie es die Plejaden mit Odysseus taten, als er die Nymphe Kalypso auf der Insel Ogygia verließ? Und Hesiod bringt sie mit der Zeit in Verbindung, da die »Schiffe nicht länger auf dunklem Meer verweilen« sollten, weil die Zeit der Stürme nahte. Noch Dante wird in der Göttlichen Komödie die Plejaden rühmen, »nach denen die Schiffer sich sehnen«.

Nun ist Mitteldeutschland weder berühmt für sein brausendes Meer noch seine gewaltigen Ströme. Wir könnten es mit einem Motiv auf Wanderschaft zu tun haben. Als Sonnenbarke kennen wir es von alters her aus Ägypten. Auch in der Ägäis finden sich zahlreiche Schiffsdarstellungen. Später dominiert es den Norden Europas. Insofern würde die Himmelsscheibe die Weitergabe einer faszinierenden Idee aus dem Süden in den Norden dokumentieren.

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Die dritte Metamorphose dann: Die Himmelsscheibe wird einmal um den Rand herum gelocht. Bisher dominierte hier eine funktionalistische Deutung: Die Löcher dienten dazu, sie auf einem Träger aus Leder oder Holz zu befestigen, um sie einer staunenden Menschenmenge zu präsentieren. Aus der archäologischen Überlieferung der Bronzezeit sind sogenannte Sonnenstandarten bekannt. Das würde zur stärkeren Solarisierung der Scheibe in den späteren Phasen passen und mit der überragenden Bedeutung der Sonne in der mittleren und späteren Bronzezeit einhergehen. Haben Priester die mittlerweile altehrwürdige Himmelsscheibe bei Prozessionen herumgetragen?

Weil aber die Scheibe nicht allzu behutsam gelocht wurde – Schiff und Horizontbögen wurden perforiert –, ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, die Himmelsscheibe könnte von Feinden erbeutet und als Trophäe von den Siegern im Triumphzug präsentiert worden sein. Raunt uns die Himmelsscheibe eine uralte Geschichte von Sieg und Niederlage zu?

Eines aber ist merkwürdig: Ginge es nur um die Befestigung der Scheibe, dann hätten es weniger Löcher auch getan. Die hätten so gesetzt werden können, dass sie keines der Goldobjekte beschädigten. Warum also hat sich jemand die Mühe gemacht, sage und schreibe 39 Löcher dicht am Rand zu platzieren und dabei das Risiko einzugehen, die Scheibe nachhaltig zu beschädigen? Wirklich nur, um sie aufzuhängen? Oder besaßen sie eine symbolische Bedeutung?

Warum 39? Dem Astronomen Wolfhard Schlosser ist bei der Vermessung der Himmelsscheibe aufgefallen, dass die Abstände von Loch zu Loch nicht völlig regelmäßig sind. »Der Handwerker begann am oberen Teil der Himmelsscheibe mit einem einigermaßen festen Lochabstand zu arbeiten«, sagt Schlosser. Der mittlere Lochabstand betrug 24,5 Millimeter, was dicht am heutigen noch in den USA verwendeten Längenmaß »Zoll« von 25,4 Millimetern liegt, das auf die Daumenbreite zurückgeht und in historischen Zeiten durchaus um einige Millimeter variierte. »Dann aber stellt der Handwerker fest, dass der verbleibende Platz für dieses Maß nicht mehr ausreicht.« Um den Kreis vernünftig zu schließen, muss er gegen Ende hin die Abstände zwischen den Löchern verringern. Sollte der Handwerker, dessen planerisches Geschick nicht das beste gewesen zu sein scheint, ursprünglich sogar im Sinn gehabt haben, 40 Löcher auf der Scheibe unterzubringen? Eine reizvolle Vermutung. Hesiod hatte davon gesprochen, dass die Plejaden 40 Nächte und 40 Tage beisammen waren. Das kann wohl nur als ungefähre Schätzung gemeint sein, kommentiert Bartel Leendert van der Waerden in dem Klassiker Erwachende Wissenschaft. »Bei einer genauen Angabe müsste es entweder ›40 Nächte und 39 Tage‹ oder ›41 Nächte und 40 Tage‹ heißen«, die zwischen Abendletzt und Morgenerst der Plejaden vergehen.

Auf die Zeit, in der die Plejaden nicht am Himmel zu sehen waren, soll im alten Babylon die magisch-heilige Bedeutung der Zahl 40 zurückgehen, wie sie uns ja noch die Bibel überliefert: 40 Jahre zieht das Volk Israel auf dem Exodus aus Ägypten durch die Wüste. Und auch die 40-tägige Sintflut der Genesis wird mitunter auf die ebenso lange Abwesenheit der Plejaden zurückgeführt, die mit Regen, Unwetter und Gefahren in Verbindung gebracht wurde. Dienten die 39 Löcher der Himmelsscheibe als Zählhilfe, als Steckkalender, in dem ein Stift das Verstreichen der gefährlichen Tage von Loch zu Loch markierte?

Was den Charme dieser Spekulation ausmacht: Damit hätten wir es auch in Phase vier mit einer Anreicherung zu tun. Nach Horizontbögen und Schiff käme mit der Durchlochung ein weiteres astronomisch-astrologisches Element auf die Scheibe, das sich in den bestehenden Plejaden-Kontext einfügt.

Ist erst einmal die Annahme erschüttert, es handle sich um nichts als banale Löcher, bieten sich weitere Deutungen an. Vielleicht fehlt es uns heute schlicht an Fantasie. Auf den schwedischen Schriftsteller August Strindberg (1849 – 1912) geht das Aperçu zurück, die Sterne am Himmel seien »Löcher in einer Wand«, durch die Licht schimmert. Wer sich den noch intakten Scheibenkreis vorstellt, dessen Rand von einer engen Perlenschnur von Löchern umschlungen war, dem wird es nicht völlig absurd erscheinen, dass diese als Sterne gemeint sein könnten. Tatsächlich funkeln sie heute noch im Museum, wenn von hinten Licht durch sie fällt.

Der Effekt könnte aber auch dadurch erreicht worden sein, dass die Scheibe, wie der Restaurator Christian-Heinrich Wunderlich vermutet, mit bronzenen oder goldüberzogenen Nieten auf einem Holz befestigt war. Womöglich haben wir es also mit beidem zu tun: mit der nützlichen Befestigung und der symbolischen Bedeutung. Wie schon bei der Schaltregel würden hier das Rationale und das Symbolische verschmelzen. In diesem Fall hätte das ursprüngliche Bild der Himmelsscheibe einen zusätzlichen Sternenkranz erhalten, der die Fülle des Nachthimmels symbolisierte und so die Unendlichkeit des Weltalls auf die Scheibe brachte.

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Auch die allerletzte Metamorphose provoziert die Frage nach Bruch oder Tradition. Wir meinen jenen Akt, als der geschmiedete Himmel seine Reise in die Dunkelheit der Erde antrat und die Himmelsscheibe auf dem Mittelberg deponiert wurde. Wurde der Scheibe der linke Horizontbogen willentlich abgerissen, um sie aus dem irdischen Lauf der Dinge auszuscheiden? Oder ging der Bogen schlicht verloren? Seine Machart war nicht die beste; die Durchlochung könnte ihm den Rest gegeben haben. In die Erdgrube gelangte er jedenfalls nicht. Die bis zum äußersten Rand wuchernde Malachitpatina lässt da keinen Zweifel: Hier fehlte der Bogen schon seit Jahrtausenden.

Die Art und Weise, wie die Himmelsscheibe deponiert wurde, erinnert sehr an die frühbronzezeitlichen Fürstengräber von Leubingen und Helmsdorf, deren Ausgrabungen wir noch beiwohnen werden. Beile, Meißel und Armspiralen gehörten zum üblichen Inventar von Bronzedepots, die beigegebenen Schwerter waren kostbar. Auch erinnert die Doppelung der Gegenstände und die Verwendung von Gold und Bronze stark an das, was Archäologen aus den Fürstengräbern kennen. Die Himmelsscheibe von Nebra wurde also nicht einfach vergraben. Sie wurde wie ein Fürst bestattet. Was fehlt, ist der Grabhügel.

Das wird uns noch beschäftigen. Hier nur so viel: Zwar war mit der Deponierung die vermutlich 100 bis 200 Jahre währende irdische Karriere der Himmelsscheibe an ein Ende gekommen, trotzdem lässt sich auch das als ein Prozess der weiteren Akkumulation interpretieren: Die Himmelsscheibe war ja nicht irgendwo begraben worden, sondern an einem Platz, der bestens zu ihr passte. Wir haben beschrieben, wie vom Mittelberg aus wichtige Landmarken wie der Brocken oder der Kyffhäuser ein natürliches Sonnenobservatorium bildeten. Auf dieser Anhöhe unweit von Nebra wird das Bildprogramm der Himmelsscheibe, was die Horizontbögen betrifft, teilweise Realität. Sie wird als das Herzstück des Landes deponiert: Erde und Himmel verschmelzen in diesem Akt. Die Himmelsscheibe heiligt das Land durch die Kräfte des Kosmos.

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Wir sind jetzt an dem Punkt angelangt, an dem sich Fragen mit Macht aufdrängen, die nicht mehr die Himmelsscheibe allein beantworten kann. Es ist an der Zeit, sich in jene Welt aufzumachen, aus der sie stammt. Das ist heute zum ersten Mal möglich. Die naturwissenschaftlich basierte Archäologie hat in den letzten Jahren immense Fortschritte gemacht, vor allem löste die Entdeckung der Himmelsscheibe eine Forschungsoffensive aus, in der sich nicht allein Archäologen mit Hacke und Schaufel darangemacht hatten, ein sagenhaftes Reich auszugraben, von dem keine Legende die Zeiten überdauerte. Wer aber denkt, mit den Krimis wäre es damit endgültig vorbei, den müssen wir enttäuschen.