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Glänzende Zeiten
Steinzeit, Bronzezeit, Eisenzeit – noch immer lernen wir in der Schule den aufsteigenden Dreiklang der Vorgeschichte. In Zeiten, in denen sich mit keinen verlässlicheren Methoden feststellen ließ, aus welcher Tiefe der Vergangenheit ein archäologischer Fund stammte, war die Einsicht, dass sich bestimmte Epochen über die verwendeten Materialien identifizieren lassen, eine großartige Leistung.
Heute dagegen versperrt uns das vom dänischen Altertumsforscher Christian Jürgensen Thomsen (1788–1865) begründete Dreiperiodensystem eher die Sicht auf die tatsächlichen historischen Entwicklungen. Vor allem verhindert es, die Akzente richtig zu setzen. So ist das von uns als entscheidende Wegscheide der menschlichen Evolution beschriebene Sesshaftwerden im traditionellen Modell am Übergang vom Mesolithikum zum Neolithikum angesiedelt, also zwischen Mittelsteinzeit und Jungsteinzeit. Klingt, als sei das eine zu vernachlässigende Marginalie der Weltgeschichte, die allenfalls die Experten interessiert. Ironischerweise sind es Klimatologen und Geowissenschaftler wie der niederländische Meteorologe Paul J. Crutzen, die heute dafür eintreten, diese gewaltige Zäsur entsprechend begrifflich zu würdigen und hier ein neues Erdzeitalter, das Anthropozän, beginnen zu lassen.
Zugleich verschleiert die Idee von der langen, bis an die Bronzezeit heranreichenden Steinzeit den Umstand, dass die Metallnutzung bedeutend älter ist. Neue Epochenbegriffe wie Kupferzeit oder Chalcolithikum einzuklinken hat außerhalb der Fachkreise keine Resonanz erfahren. Wir wiesen bereits darauf hin, dass die Gräber im bulgarischen Varna schon vor über 6000 Jahren mit einer sagenhaften Fülle an Goldobjekten ausgestattet waren. Auch Ötzi nahm vor mehr als 5000 Jahren ein Kupferbeil mit in sein Grab aus Eis. Insofern reicht die Geschichte menschlicher Metallverwendung bis weit in die Steinzeit zurück.
Trotzdem ist der Übergang zur Bronzezeit eine der großen Zäsuren der Menschheitsgeschichte. Gerade im Fall des Reichs der Himmelsscheibe wird das besonders deutlich. Im Herzen Europas, wo wir es mit einem beständigen Wechsel der Kulturen zu tun hatten, etablierte sich mit dem Anbrechen der Bronzezeit um 2200 vor Christus dauerhafte Herrschaft. Das hängt eng mit einer Produktionsrevolution zusammen – zum ersten Mal können durch den Metallguss nahezu identische Dinge hergestellt werden. Vorher war jedes Objekt ein Original, jetzt gibt es viele Kopien. Die Erfindung des Seriellen geht mit einer Wissens- und einer sozialen Revolution einher: Erstmals häufen einzelne Individuen gewaltige Reichtümer an. Das alles weist geradewegs in die Welt von heute. Rationalisierung und Differenzierung nennt der Soziologe Max Weber das nüchtern. Doch er hat auch einen poetischeren Ausdruck dafür im Angebot, der uns schon begegnet ist: die Entzauberung der Welt. Und die Himmelsscheibe von Nebra fasst diesen Prozess wie ein Brennglas zusammen.
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Die Erfindung der Metallurgie, also das Gewinnen und Verarbeiten von Metallen, ist eine der zentralen Innovationen in der kulturellen Evolution des Homo sapiens. Doch aus der modernen Perspektive laufen wir Gefahr misszuverstehen, wie es dazu kommen konnte. In unserem Alltagsverständnis gehen wir davon aus, dass die Menschen das Metallgießen erfunden haben, um eben Metalle zu gießen, also um Dolchklingen, Schwerter oder kunstvollen Schmuck herzustellen. Dabei haben wir es mit einem typischen Denkfehler zu tun; der Entwicklungspsychologe Jean Piaget bezeichnete ihn als »Finalismus«: Der heutige Zweck einer Sache wird mit dem Grund ihres Seins verwechselt. Dinge wurden demnach erfunden, um eine bestimmte Funktion zu erfüllen. Aber so fing es nicht an. Vieles entwickelte sich aus gänzlich anderen Gründen. Am Anfang der Metallverarbeitung standen die Lust am Besonderen, die Sehnsucht nach Schönheit und der Wunsch nach Distinktion.
Seit unsere Vorfahren Werkzeuge benutzen, haben sie ein Auge für Materialien. Das Wissen um das Vorkommen und die spezifischen Vorzüge dieses oder jenes Gesteins war immens. Feuerstein oder Obsidian, der rasiermesserscharfe Klingen lieferte, wurden über weite Entfernungen transportiert. Auch waren die Urmenschen früh fasziniert von rot und gelb färbenden eisenhaltigen Erden und Steinen wie Rötel oder Ocker. Den Neandertalern dienten sie dazu, Körper zu bemalen und Muscheln zu färben. Sie präparierten damit Gräber für die Reise in die anderen Gefilde, und Höhlenmalereien erhielten dadurch das gewisse Etwas.
Die Lust auf Farben steht auch am Anbeginn des menschlichen Faibles für Kupfer. Kupfermineralien sind die Kolibris der Geologie. Azurit besticht durch sein mythisches Blau, und die grün schillernde Schönheit des Malachits erlebt jeder Betrachter der Himmelsscheibe. Exotische Farben stachen den Menschen schon immer ins Auge. Sie sammelten Kupfermineralien, zerstießen sie und verarbeiteten sie zu Steinzeit-Make-up. Archäologen fanden durchbohrte Malachitperlen in 10 000 Jahre alten Siedlungen. Zuweilen kommt auch gediegenes Kupfer in Klumpen oder mit Azurit vergesellschaftet vor. Dabei entging den Menschen nicht der erstaunliche Umstand, dass sie es mit formbaren Steinen zu tun hatten. Hämmern brachte diese in andere Gestalt. So konnten Angelhaken oder Ahlen zum Löchern von Leder gefertigt werden.
Mit Metallurgie im eigentlichen Sinne hatte das noch nichts zu tun, das war eine Form der Steinbearbeitung. Einige der ältesten gefundenen Kupferperlen sind aber offensichtlich im Feuer zum Glühen gebracht worden. Auch das ist ein uraltes Phänomen: Dass Feuer Dinge verwandelt, wussten unsere Vorfahren, seit sie das erste in einem Buschfeuer gebrutzelte Stück Fleisch aßen. Steine wurden immer schon im Feuer zum Sprengen gebracht, um geeignete Rohstücke für Werkzeuge zu erhalten, und in der Glut härteten hölzerne Speerspitzen. Insofern war es normale Neugier, auszuprobieren, was mit den glänzenden oder auffällig blau und grün gefärbten Steinen passierte, wenn man sie eine Weile in die Glut gab.
Eine bedeutende Rolle für die Anfänge der Metallurgie spielt das Gold, das schon früh zu wunderbaren Schmuckgegenständen verarbeitet wurde. Auch hier stand das ästhetische Interesse im Vordergrund; für den Werkzeugeinsatz war Gold zu weich und zu schwer. Das Schmelzen von Kupfer, vor allem die extraktive Metallurgie, also das Gewinnen von Kupfer durch die Verhüttung von Kupfererz, fand vermutlich erstmals im 5. Jahrtausend vor Christus statt. Die ältesten bekannten Hinweise dafür stammen aus der Vinča-Kultur in Serbien und aus dem Süden des iranischen Hochlands. Noch im selben Jahrtausend finden sich die ersten Beile und Meißel, die in Gussformen hergestellt wurden. Kupfergeräte jedoch hatten stets das Problem, leicht abzustumpfen. Als Krieger blieb man da lieber der altbewährten Steinaxt treu.
Bald entdeckten die Schmiede, dass Kupferlegierungen mit Arsen oder Antimon bessere Eigenschaften besaßen. Sie wiesen einen höheren Härtegrad auf und bestachen durch besondere Farbqualitäten. Dabei ist wichtig, sich klarzumachen: Die Menschen wussten nichts von Elementen und Legierungen, für sie waren bestimmte Erzvorkommen schlicht besser einsetzbar als andere. Das lag daran, dass Kupfer mitunter in natürlicher Gesellschaft mit Arsen oder Antimon auftrat und deshalb gemeinsam verhüttet wurde. Aus diesem Grund dürften manche Erzgänge generationenlang ausgebeutet worden sein, weil sie besonders robuste Metalle lieferten – ohne dass jemand wusste, weshalb das so war. Vermutlich ist bald aktiv nach diesen Erzen gesucht worden: Ein Hinweis auf Arsen etwa war der markante Geruch nach Knoblauch, der in der Nase sticht, schlägt man einen Erzbrocken auf. Anfangs waren Arsenbronzen, also Legierungen aus Kupfer und geringen Anteilen von Arsen, die Regel. Noch in der Himmelsscheibe finden sich Spuren von Arsen.
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Innovationen basieren oft auf Analogiebildung. Sicherlich zogen die Metallurgen Inspiration aus der um Jahrtausende älteren Keramikherstellung. Für Bauern, die nicht mehr umherzogen und Vorräte anlegen konnten, war das Herstellen von Geschirr aus gebranntem Ton von elementarer Bedeutung. Dabei experimentierten sie mit verschiedenen Tonsorten, mischten mal Sand, kleine Steine oder Getreidespreu bei, um die Materialeigenschaften zu variieren. Gleiches werden die Metallurgen getan haben. Sie probierten, gaben mal dieses, mal jenes zur Kupferschmelze dazu.
Traditionell heißt es auch hier: ex oriente lux. Im 3. Jahrtausend vor Christus geriet in Vorderasien und Mesopotamien erstmals das Zinn zum Kupfer in den Schmelztiegel. Den Historikern erschien das eine so grundlegende Neuerung zu sein, dass sie überall dort, wo sich diese Technik etablierte, ein neues Zeitalter anbrechen ließen: die Bronzezeit (weshalb deren Beginn von Region zu Region anders terminiert wird). Zwar werden mitunter zinnlegierte Fundstücke aus dem frühen 4. Jahrtausend oder teils sogar noch ältere als erste Belege diskutiert, aber dabei handelt es sich um Einzelfunde, deren Datierung umstritten ist. »Tatsächlich tauchen Zinnbronzen sicher erst ab der Wende vom 4. zum 3. Jahrtausend vor Christus von der Ägäis bis zum Persischen Golf auf«, sagt der Archäometallurge Ernst Pernicka. »Die prominentesten Beispiele stammen aus den Königsgräbern von Ur im Irak, aus Susa im Iran und aus Troja in der Türkei.«
Erstaunlich: In diesen Regionen gab es gar kein Zinn, das musste aus Zentralasien importiert werden. Dabei verbesserten sich die Materialeigenschaften der Zinnbronzen nicht einmal sonderlich im Vergleich zu Kupfer-Arsen-Legierungen. Es war die Farbe – und damit wieder die Ästhetik! Während Arsen oder Antimon dem Kupfer einen silbernen Glanz verliehen, bestachen Zinnbronzen durch ihr fast golden zu nennendes Gelb. Die ersten Bronzen dienten als Schmuck- und Repräsentationsobjekte der Eliten. Bald zeigte sich aber auch, dass die Schmiede aus Bronze längere und schärfere Dolchklingen fabrizieren konnten. Als Prestigemetall verbreitete sie sich schnell bis nach Europa. So weit die traditionelle Geschichte des »Lichts aus dem Orient«.
Mittlerweile aber zeigen Metallanalysen, dass ab 2200 vor Christus mit einem Mal massiv Zinnbronzen in Cornwall auftauchen, und zwar gleich mit erstaunlich hohen Zinnanteilen von 8 bis 14 Prozenten. Auf dem europäischen Kontinent finden sich in der fraglichen Zeit jedoch keine Zinnbronzen, die eine Weitergabe der technologischen Innovation aus dem Orient belegen würden. »Die Kenntnis des Zinns muss also entweder auf dem Seeweg nach Cornwall gekommen sein«, sagt Pernicka, »oder wir haben es mit einer eigenständigen Erfindung zu tun.« Die zweite Option dürfte die wahrscheinlichere sein. »Cornwall ist ein perfekter Ort, wo Bronze zufällig erfunden worden sein könnte«, sagt auch der Geologe Gregor Borg, der die Suche nach dem Gold der Himmelsscheibe leitete. »Das war ein Experimentierlabor für frühe Metallurgen.« Weil es zinnführende Kupfererze gab, erhielt man, ohne es beabsichtigt zu haben, Zinnbronze, die golden glänzte und härter war. Als man sich dann an die Ursachensuche machte, gerieten beim Vergleich mit anderen Bronzen und deren Erzen die unscheinbaren schwarzen Kassiteritkörner in Verdacht: Zinnstein. In Bächen und Flüssen sind sie leicht zu entdecken. Ob man dabei dann Goldnuggets fand oder umgekehrt überhaupt erst bei der Goldsuche auf den Zinnstein in den Flussseifen gestoßen war, lässt sich nicht entscheiden.
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Hier kommt die Glockenbecherkultur ins Spiel. Die aktuellen genetischen Untersuchungen zeigen, dass ab 2400 vor Christus eine massive Einwanderung der Glockenbecherleute aus den Niederlanden nach England stattfand. Ihr bekanntestes Grab ist der unweit von Stonehenge gefundene Amesbury Archer. Angesichts der reichen Grabbeigaben erklärte die britische Presse den um 2300 vor Christus verstorbenen Mann bereits zum »König von Stonehenge«. Immerhin stellen seine beiden goldenen Lockenringe die ältesten in England gefundenen Goldobjekte dar. Um die 40 Jahre alt, groß und stark gebaut, humpelte er jahrelang, seine linke Kniescheibe war zertrümmert. Die Pfeilspitzen und die beiden vermutlichen Armschutzplatten brachten ihm den Titel eines Bogenschützen ein. Doch nahm er auch drei Kupferdolche, einen Steinamboss und Eberhauer mit ins Grab. Ambosse und Eberzähne oder Bärenklauen, mit denen Metall poliert werden konnte, finden sich immer wieder in Metallurgengräbern. Der Amesbury Archer ist sicher kein König von Stonehenge gewesen, wohl aber ein Herr über das Metall.
Auch in Zentral- und Südeuropa sind fast alle Fundstätten von frühen Zinnbronzen mit den hochmobilen Glockenbecherleuten verknüpft. Sie dürften im Besitz des Wissens gewesen sein, wie man Erz findet und es verwendet. Dazu würde passen, dass vor allem Männer unterwegs waren, wie die genetischen Untersuchungen zeigen. Schließlich ist keine andere Technologie so männerdominiert wie das Schmelzen von Erzen. Caterina Provost und George Peter Murdock untersuchten 185 Gesellschaften aus aller Welt in Hinblick auf 50 verschiedene Technologien, um zu sehen, wie geschlechtsspezifisch diese ausgeübt wurden. Tatsächlich gab es zwei Aufgaben, die in allen 185 Kulturen ausschließlich Männersache waren: die Jagd auf große Meerestiere – und das Schmelzen von Erz.
Die Glockenbechermänner waren also Vertreter einer Elite, die als Erzprospektoren und Schmiede herumwanderten, immer eine Kollektion an Mineralien dabeihatten und die Menschen fragten: »Gibt es das bei euch?« Ihr Wissen hüteten sie als Geheimnis. »Männer, die die Fähigkeit besitzen, in die Mysterien der Natur einzugreifen und mittels Feuer unscheinbares Gestein in schimmerndes Metall zu verwandeln, treten oft als Schamanen, Magier oder Priester auf«, erklärt François Bertemes, Archäologieprofessor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. »Dafür gibt es viele Beispiele aus der Ethnologie.« Schmiede wurden schon immer mit dem Unheimlichen in Verbindung gebracht und zogen aus ihrem Handwerk nicht selten politische Macht. Schließlich waren sie es, denen die Mächtigen ihre Waffen verdankten. »Im Sudan hatte der Schmied direkten Zugang zum König und durfte bei Hofzeremonien nicht fehlen«, erzählt Bertemes, »und bei den Mangbettu und Makraka am oberen Nil regierten Schmiedekönige.«
In prähistorischen Gräbern treten uns Schmiede deutlich als solche entgegen. Für die Reise ins Jenseits sind den Toten ihre Utensilien mitgegeben: Steinhämmer, Meißel, polierte, als Amboss dienende Steine, und ab der frühen Bronzezeit auch Tondüsen, die auf Blasrohre gesetzt dazu dienten, das Feuer anzuheizen. »Mit dem Aufkommen des Metalls setzt in den prähistorischen Gesellschaften die erste wirkliche Spezialisierung ein«, sagt Bertemes. »Prospektion, also die Suche nach Erz, Abbau, Verhüttung und Verarbeitung führten zur Entwicklung komplexer berufsgebundener Techniken, deren Kenntnis und Vermittlung mit gesellschaftlichem Prestige und wirtschaftlicher Macht einhergehen konnten.«
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Zinnbronzen forcierten den Prozess der Differenzierung – durch die neue Technologie entstanden arbeitsteilige, komplexe Gesellschaften. Kupfer war an vielen Orten verfügbar; Zinn aber wurde in der frühen Bronzezeit in Europa, soweit wir derzeit wissen, fast ausschließlich in Cornwall abgebaut. Die große Nachfrage nach Bronze machte also Fernhandel quer durch Europa nötig, was konstante Handelsbeziehungen und -wege schuf. Es brauchte ein stabiles Tauschsystem für Produkte – schließlich gab es noch kein Geld. Bei alldem könnten die Glockenbecherleute eine entscheidende Rolle gespielt haben. Sie waren die Experten, im Besitz des Wissens und netzwerkartig über Europa verteilt.
Der Handel eröffnete neue Optionen, Überschüsse zu erwirtschaften. Bis heute aber gilt: Der Reichtum entsteht nicht dort, wo das Erz aus der Erde geholt wird, sondern an den Knotenpunkten der Handelsnetze. Deshalb steigt das an Cornwall angrenzende Wessex, wo auch Stonehenge liegt, zu einer der reichsten Kulturen der europäischen Bronzezeit auf: Dort wird der Handel von Gold und Zinn nach Irland und auf den Kontinent organisiert.
Und das gilt auch für Mitteldeutschland. Wir haben es ja nicht nur mit einer agrarischen Überflussregion zu tun, sondern mit einem geostrategischen Handelsknotenpunkt erster Güte. Noch im Mittelalter werden sich hier die vom Rhein nach Schlesien führende Via Regia und die von Rom nach Stettin an der Ostsee führende Via Imperii kreuzen. Heute liegt dort das Schkeuditzer Kreuz, das nicht zufällig das älteste Autobahnkreuz Europas ist. »Und auf dem danebenliegenden Flughafen Leipzig-Halle hat sich Europas größter Logistikkonzern sein europäisches Verteilerzentrum installiert«, kommentiert Gregor Borg. »Wenn das keine Funktionskontinuität ist!«
An solch einem zentralen Knoten des Fernhandelsnetzes akkumulierte sich Reichtum. Und dieser Reichtum war es, der den Mächtigen die Mittel zur Verfügung stellte, das zu erreichen, woran all ihre Vorgänger gescheitert waren: sich das schwarzerdige Paradies dauerhaft zu sichern. Hier entsteht zum ersten Mal in Mitteleuropa Herrschaft in zuvor unbekannten Dimensionen. Und diese Herrscher neuer Qualität werden sich in gewaltigen Gräbern bestatten lassen. Sie inszenieren sich noch im Tod als Meister des Metalls, sie werden die Herren der Himmelsscheibe von Nebra sein. Der Name des mächtigen Reichs, von dem Sie in diesem Buch vermutlich zum ersten Mal lesen, lautet: Aunjetitz.