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Sich selbst kümmern

Bob – Juli 2334

Arkadien-Flusssystem

Ich setzte mich auf. Aus meinem Fell rann Wasser und bildete um meinen Hintern eine Pfütze. Es regnete. Einen Moment lang war ich leicht irritiert und wünschte mir einen Regenschirm herbei. Außerdem nervte es mich, dass die KMI mich nicht über den Wolkenbruch informiert hatte. So nass, wie alles war, schüttete es bereits seit einer ganzen Weile.

Doch mein Ärger verflog sofort, als mir meine derzeitige Gestalt wieder einfiel. Ich fror kein bisschen, da mich das wasserdichte quinlanische Fell schön trocken und warm hielt.

Ich blickte zum Himmel hinauf. Regenwolken sahen überall gleich aus – hässlich und nass. Wegen der Rotation der Megastruktur war ihre Streifenbildung vielleicht ein wenig seltsam, vielleicht aber auch nicht. Ich war kein Wetterexperte und interessierte mich für Wolken nur insofern, als ich den Aufenthalt unter den nassen vermied.

Ich schaute in alle Richtungen zum Horizont. Im Westen schien es ein bisschen heller zu sein, aber im Moment waren wir rundherum eingenebelt. Damit war die Frage, ob es in der Topopolis ein signifikantes Wetter gab, also auch geklärt. Ich runzelte die Stirn. Für mich hätte es diese spezielle Nachbildung einer planetaren Umwelt nicht gebraucht.

»Schau mal da«, sagte Bridget. Ich drehte mich zu ihr um. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass sie ihren Manny ebenfalls bereits aktiviert hatte. Sie deutete auf eine Stelle, an der das Gestrüpp plattgedrückt war. »Ich glaube, wir hatten gestern Nacht Besuch. Von irgendetwas Großem, vielleicht von einem Lorusch

»Äh …« Ich durchforstete mein Gedächtnis. Ein Lorusch war so etwas wie ein großer Wolf, allerdings mit Klauen wie ein Grizzlybär. Es umklammerte seine Beute und riss dieser Stücke aus dem Leib. Ich konnte mir schönere Begegnungen vorstellen. »Wieso haben unsere KMI s uns nicht alarmiert?«

»Ich glaube nicht, dass er sich ernsthaft für uns interessiert hat, Bob. Seine Spur führt nicht in unser Nest. Dass wir nach nichts riechen und kalt sind, hat ihn vermutlich durcheinandergebracht. Nachtjäger verlassen sich nicht allein auf ihre Augen. Es hat ihm wahrscheinlich nicht gereicht, dass wir nur wie etwas zu fressen aussahen

Ich schnitt eine Grimasse, froh, dass wir Bridget dabeihatten, die auf solche Dinge achtete. Dem Ökosystem auf Eden hatte ich mich nur schrittweise und größtenteils aus dem sicheren Orbit angenähert. Hier steckte ich dagegen mittendrin und hatte den aktuellen Forschungsstand noch nicht verinnerlicht.

Bill und Garfield setzten sich auf. Garfield sah zuerst mich und dann Bridget an. »Was habe ich verpasst?«

Bridget lachte. »Lasst uns etwas frühstücken.«

»Ein Fisch auf die Klaue?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein danke. Ich werde in der nächsten Stadt etwas essen. Vielleicht ein gutes Denver-Omelette mit einer heißen Soße …«

»Klar, das werden wir uns als Erstes besorgen.« Bridget stellte sich aufrecht hin und betrachtete forschend den Fluss. »Wollen wir uns heute nur treiben lassen, oder legen wir einen Zahn zu?«

»Unser Aufenthalt fühlt sich zwar wie Urlaub an, aber es ist keiner«, erwiderte ich. »Lasst uns zusehen, dass wir in eine Stadt kommen.«

Obwohl wir aktiv flussabwärts schwammen, brauchten wir fast den ganzen Tag, um die nächste Siedlung zu erreichen. Da wir keine Zeugen fürchten mussten, konnten wir Tempo machen und die Erschöpfungswarnungen ignorieren. Im Wasser bestand zudem keine Gefahr, dass die Mannys überhitzten.

Bill sah die Stadt als Erster. »Leute, linker Hand kommt das Ziel in Sicht. Verlangsamt auf nominelle Höchstgeschwindigkeit.«

»Äh …«

»Nicht spitzfindig werden, Gar. Einfach nicht schneller sein, als es einem normalen Quinlaner möglich wäre, okay?«

Ich lächelte. Bill und Garfield kabbelten sich permanent, aber niemals bösartig. Marvin und ich machten es genauso. Bei diesem Gedanken wurde mir bewusst, wie lange ich ihn schon nicht mehr besucht hatte. Ich wusste nicht einmal, ob er in seiner VR immer noch die Settings sämtlicher Bücher nachstellte, die wir je gelesen hatten. Vielleicht wurde es Zeit, dass ich mich am Schopf packte und ins Bobiversum zurückkehrte. So lange es noch existierte …

Wir schwammen zu den Docks und kletterten, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, auf gesittete Weise aus dem Wasser.

Auf der Plakette am Steg stand Galen Town . Darunter waren mehrere Pfeile mit hilfreichen Richtungsangaben. Wir folgten dem, der zum Markt wies. Da uns maßgebliche Informationen fehlten, hatten wir bislang noch keinen konkreten Plan. Die Skippys ließen zwar nach wie vor die Spionagedrohnen fliegen, doch auch sie hatten nichts Neues herausgefunden. Was im Grunde keine Ü berraschung darstellte. Wir hatten längst noch nicht die komplette Struktur gescannt, und die Quinlaner waren zwar erstaunlich zahlreich, lebten aber auch über eine riesige Fläche verteilt. Daher konnte es nicht in jeder Stadt eine »signifikante Präsenz« geben. Bislang wussten wir noch nicht einmal, was wir uns darunter vorzustellen hatten.

»Lasst uns diesmal versuchen, keinen Fehler zu begehen«, sagte ich.

»Lasst uns … wie bitte? «, rief Bill aus. »Wer von uns hat denn den letzten Aufruhr angezettelt? Erinnert sich noch irgendwer daran?«

»Immer dieses Gemecker. Aber im Ernst, vielleicht kommen wir heute einen Schritt voran. Wollen wir uns aufteilen?«

»Ich glaube, das müssen wir, Bob. So schaffen wir ein größeres Suchgebiet.«

Ich nickte und winkte knapp – nach quinlanischer Art. Dann machte ich mich auf den Weg. Meine Aufgabe bestand darin, Gespräche zu belauschen und gegebenenfalls selbst eins zu beginnen, um auf subtile Weise Informationen aus meinem jeweiligen Gegenüber rauszukitzeln. Was das Subtile anbelangte, war ich skeptisch. Schließlich war ich in der Kunst des Krieges sehr viel gewandter als in der Kunst der Konversation.

Ich überlegte, wohin ich gehen sollte. Alkohol löste die Zunge. Also musste ich ein Pub finden.

Ich ging auf die nächstbeste Person zu. »Entschuldigung, gibt es irgendwo in der Nähe eine Schenke?«

»Ja, meinem Schwager gehört der Knurrende Guppy. Du musst diese Gasse runter und dann am Haus mit der roten Tür rechts abbiegen. Von dort siehst du den Laden schon. Sag ihnen, dass Gren dich geschickt hat.«

Ich bedankte mich mit einem Nicken und ging in die angegebene Richtung. Ich war sicher, dass Gren für diesen Tipp eine Provision bekam und gönnte sie ihm von Herzen. Vielleicht würde ich dank seiner Empfehlung das erste Bier sogar billiger bekommen.

Mir war klar, dass der Begriff Schwager keine hundertprozentig korrekte Übersetzung für ihren Verwandtschaftsgrad bildete. Schließlich war das Familiengefüge der Quinlaner ziemlich kompliziert. Aber ich hatte den Eindruck, dass Gren und sein Kumpel mit dem Pub auf ziemlich gutem Fuß miteinander standen.

Kurz darauf erreichte ich das Lokal. Es war tatsächlich leicht zu finden gewesen. Auf einer Terrasse mit langen Tischen und Bänken saßen zahlreiche Quinlaner mit Bierkrügen in den Händen. Es schien, als herrschte in der Topopolis permanent Happy Hour. Galt Schwimmen im betrunkenen Zustand eigentlich als Vergehen?

Ich schlängelte mich bis zur Theke durch und hob die Hand, um den Barkeeper auf mich aufmerksam zu machen. »Gren hat gesagt, dass ich hier ein Bier bekommen kann.«

Der Barkeeper betrachtete mich eingehend. Wahrscheinlich durchforstete er sein Gedächtnis. Dann füllte er einen Krug und stellte ihn vor mir ab. »Das macht ein Kupferstück. Danach kostet es zwei.«

Ich kramte die passende Münze hervor, legte sie auf die Theke und nahm mein Bier. Ich hatte den schlimmen Verdacht, dass es längst nicht so gut schmecken würde wie Howards Red Ales. Aber das war mir egal, schließlich konnte ich jederzeit meine Geschmacksknospen deaktivieren.

Ich ließ den Blick über die Tische gleiten und suchte nach einer Stelle, an der ich möglichst viele Gespräche belauschen konnte. Ich musste noch einiges über diese Gesellschaft herausfinden, bevor ich den Sprung ins kalte Wasser wagen und selbst eine Unterhaltung beginnen konnte. Vor allem nach meinen Erfahrungen im letzten Dorf.

Ich pflanzte meinen Hintern auf eine Bank und kauerte mich über den Krug, als wäre er das Zentrum meines Universums. Dann verstärkte ich erneut meinen Audio-Input und begann zu lauschen.

»… kann nicht glauben, dass Ginny wirklich diesen Versager in die Familie bringen will. Sein Gehirn besteht nur aus Fischeingeweiden …«

»… und er so: Berro, am liebsten würde ich …«

»… Das ist wirklich zu komisch. Der Typ hat tatsächlich geglaubt …«

»… behauptet, dass er schon zweimal verstreut worden ist. Ich meine, das kann doch nicht sein …«

Moment. Verstreut? Wieder dieses Wort. Bislang hatten die Skippys noch nicht herausgefunden, was es bedeutete, nur dass es etwas Schlechtes war. Dies konnte also wichtig sein. Ich filterte das Gespräch aus den Umgebungsgeräuschen heraus.

Zweite Stimme: »Wenn er hier den gleichen Unsinn anstellt, könnte unsere ganze Stadt verstreut werden.«

Dritte Stimme: »Aber das wäre nicht fair! Wieso sollten wir alle leiden, weil …«

Erste Stimme: »Das Wort fair gehört nicht zum Wortschatz der Verwaltung, Jüngelchen. Wenn sie den Eindruck hat, dass wir eine Grenze überschritten haben, wird sie handeln.«

Dritte Stimme: »Was können wir dagegen tun?«

Erste Stimme: »Die Verwaltung können wir nicht aufhalten. Aber wir können Skeve daran hindern, dass er noch mehr Ärger macht und eine Verstreuung auf uns herabbeschwört.«

Zweite Stimme: »Wie stellst du dir das vor, Erol? Willst du mit ihm sprechen? Ihn zur Vernunft bringen?«

Die erste Stimme lachte. »Klar, das funktioniert bestimmt. Oder er endet als Fischfutter.«

Zweite Stimme: »Ich bin dabei.«

Dritte Stimme: »Ich habe noch nie jemanden getötet, aber ich will meine Familie nicht verlieren. Ich bin auch dabei.«

Erste Stimme: »Auf euch ist Verlass. Dann lade ich ihn heute Abend auf ein Bier und zum Essen hierher ein, und wir werden alles mit ihm besprechen. Wir machen ihn ein bisschen betrunken und geben ihm das Gefühl, dass wir auf seiner Seite stehen. Anschließend bringen wir ihn zu mir nach Hause und kümmern uns um alles.« Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Gebt euch Mühe, ihn zu überzeugen. Er muss glauben, dass wir ihm seine verrückten Ideen abkaufen.«

Ich drehte mich wie beiläufig in die Richtung, aus der die Stimmen erklangen. Zwei Quinlaner nickten einem dritten zu, der sie eindringlich ansah. Das waren meine Zielpersonen.

Im Folgenden wandten sie sich banaleren Themen zu und gingen nicht mehr weiter auf Skeves Sünden oder die mysteriöse Verwaltung ein.

Während ich mein, äh, Getränk leerte – das genauso schlecht war, wie ich erwartet hatte –, hörte ich mich noch eine Weile um, schnappte jedoch keine interessanten Gespräche mehr auf.

»Habt ihr irgendetwas herausgefunden?«, fragte ich über das Interkom und versuchte, nicht allzu zu triumphierend zu klingen.

»Nein, aber du, wie es scheint«, erwiderte Bridget. »Allerdings habe ich ein gutes Hotel entdeckt. Wollen wir uns am Dock treffen?«

»Okay, Bob, spuck’s schon aus«, sagte Garfield. »Was hast du entdeckt?«

»Wir halten besser die Klappe und gehen aufs Zimmer«, entgegnete ich. »Ich erzähle euch alles in Virt.«

Wir begaben uns zu dem Hotel, das Bridget aufgetan hatte, verhandelten mit seinem Eigentümer und fanden uns alsbald erneut in einem kleinen Zimmer mit Stockbetten wieder.

»Eines Tages sollten wir versuchen, die nächste Sprosse auf der sozialen Leiter zu erklimmen«, sagte Bill. »Ich würde mich gern umdrehen können, ohne jemandem den Ellbogen in die Rippen zu rammen.«

»Wozu?«, fragte Garfield. »Wir bewahren hier drin doch nur unsere Mannys auf.«

Bill schaute ihn wütend an, sagte aber nichts dazu.

Wir verteilten die Betten, legten uns hin und deaktivierten die Androiden.

Ich versetzte mich in meine Bibliothek. Während ich auf dem La-Z-Boy Platz nahm, tauchten die anderen auf. Da sie in letzter Zeit öfter hier gewesen waren, warteten bereits ihre Lieblingsmöbelstücke auf sie. Jeeves brachte Getränke, Spike sprang irgendwem auf den Schoß, und wir machten es uns bequem.

»Okay, ich habe Folgendes mitgehört …« Ich spielte ihnen die Unterhaltung aus dem Pub vor. Anschließend herrschte ein paar Millisekunden lang Schweigen.

»Schon wieder dieses Verstreuen «, ergriff Garfield schließlich das Wort. »Geht es dabei darum, Missetäter zu verjagen?«

»Mmm, ich glaube, das ist nicht alles«, sagte Bill. »Anscheinend kann es dabei zu Kollateralschäden kommen. Unsere ganze Stadt könnte verstreut werden, hat er gesagt.«

Garfield nickte nachdenklich »Dann verstreut dieser Verwalter, wer immer er ist …«

»Die Verwaltung«, fiel Bill ihm ins Wort. »Wir wissen nicht, ob es eine Person ist oder mehrere.«

»Okay, wer auch immer diese Verwaltung sein mag, sie zerschlägt eine ganze Stadt, wenn ihre Einwohner zu aufmüpfig werden. Aber wie stellt sie das an?«

»Und was heißt aufmüpfig

»Wir müssen diesen Skeve finden, bevor das Mordkommando zuschlägt«, unterbrach ich ihre Diskussion. »Hat irgendwer eine Idee, wie wir das anstellen können?«

»Lasst uns einfach im Pub warten«, schlug Bill vor.

»Lecker«, erwiderte ich. »Noch mehr von dem Spülwasser.«

Ich spielte mit meiner Fischsuppe herum und tat, als würde ich sie essen. Bill und Garfield stellten sich dabei ein bisschen besser an, und Bridget löffelte sie wie eine Einheimische in sich hinein. Mannomann, diese Biologen.

Nachdem wir ein paar Stunden lang gewartet hatten, machten wir uns allmählich Sorgen. Der Barkeeper beäugte uns missbilligend, da wir nicht genug tranken, um uns die Sitzplätze zu verdienen. Schließlich hatte Garfield genug. »Wir sollten in Betracht ziehen, dass sie den Plan geändert haben. Gibt es hier in der Gegend noch andere Kneipen?«

Bridget beugte sich zu ihrem Sitznachbarn hinüber und stupste ihn an. »Hey, mein Freund, gibt es in Fußnähe noch andere Kneipen?«

Er drehte sich mit gerunzelter Stirn um. Als er erkannte, dass Bridget drei Freunde dabeihatte, beschloss er jedoch, höflich zu blieben und beschrieb uns den Weg zu zwei weiteren Lokalen.

Bill und Garfield machten sich auf den Weg, um dort nach unseren Zielpersonen zu suchen. Währenddessen gab ich dem Quinlaner für seine Hilfe ein Bier aus. Das schien ihn zu verwirren, doch er wurde ein bisschen freundlicher.

»Ich habe sie«, sagte Garfield. »Sie verlassen gerade das Tänzelnde Pralia. Anscheinend haben sie tatsächlich den Plan geändert. Ein Glück, dass wir nicht länger abgewartet haben.«

»Bleib an ihnen dran, Gar«, erwiderte ich. »Wir empfangen deine Pings und stoßen so schnell wie möglich zu dir.«

Bridget und ich sprangen auf und rannten, verfolgt von Protesten und Flüchen, zur Tür.

Bill schickte uns eine Nachricht. Er war ebenfalls unterwegs. Am liebsten wären wir mit übernatürlicher Geschwindigkeit gelaufen, doch damit hätten wir nur Verdacht erregt und womöglich die Verwaltung auf uns aufmerksam gemacht.

Garfield wartete am Eingang zur Gasse auf uns. Bill war noch immer unterwegs. »Ich stecke im Verkehr fest«, sagte er. »Ich brauche noch ein bisschen.«

»Wie kann es in einer Welt mit Fuhrwerken Staus geben?«, flüsterte ich.

»Vielleicht hat irgendwer einen Blick in einen Wagen geworfen und damit für einen Aufruhr gesorgt«, flüsterte Bridget zurück.

»Da macht man einen Fehler …«

»Wir können nicht auf Bill warten«, sagte Garfield. »Sie haben schon einen beträchtlichen Vorsprung.«

Wir sahen zwar niemanden, während wir im Gänsemarsch die Gasse entlanghasteten, aber sie konnten nur diesen Weg genommen hatten, wenn sie nicht plötzlich die Fähigkeit entwickelt hatten, Wände zu erklimmen. Einen Moment lang stellte ich mir einen Spider-Biber in einem hautengen rot-blauen Kostüm vor. Während ich den Kopf schüttelte, um das Bild loszuwerden, sang Garfield grinsend: »Spider-Schwein, Spider-Schwein …« Im Grunde waren alle Bobs gleich.

Als wir um eine Ecke sprinteten, stürzten sich aus dem Nichts mehrere Gestalten auf uns. Dank unserer computergesteuerten Reflexe erfassten wir sofort, was geschah, doch leider mussten sich unsere Mannys der Massenträgheit beugen. Daher schafften wir es gerade noch, uns zu den Angreifern umzudrehen, bevor sie uns zu Boden rangen.

Die alten Mannys wären zu massiv gewesen, um sie umzuwerfen, doch die neuen Modelle waren nur noch so schwer wie ihre natürlichen Vorbilder. Deswegen lag ich auf dem Rücken und schaute zu einem extrem wütenden Quinlaner hoch, der gerade dabei war, sein Messer auf mich niedersausen zu lassen.

Es war Zeit, die biologische Maske abzulegen. Ich stieß den Quinlaner schneller, als das Messer auf mich herabfuhr, von mir, und er flog mit einem Uff durch die Luft. Als er den höchsten Punkt seiner Flugbahn erreichte, schlug ich ihm seitlich gegen den Kopf und sprang auf. Wenn ich den Krafteinsatz richtig berechnet hatte, würde er ein oder zwei Minuten lang betäubt, aber nicht ernsthaft verletzt sein.

Zwei weitere Quinlaner wurden zurückgeschleudert, und meine Freunde rappelten sich auf. Bridget hatte einen Stich abbekommen. Aus einer Wunde an ihrer Schulter troff falsches Manny-Blut. Sie sah äußerst genervt aus. Einen Moment lang überlegte ich, ob ich womöglich unsere Angreifer vor ihr beschützen musste.

Garfield zeigte in die Gasse. »Da vorn geschieht irgendetwas.« Ohne eine Antwort abzuwarten, rannte er los – oder watschelte besser gesagt schnell in die entsprechende Richtung.

Ich betrachtete die Quinlaner, die uns angegriffen hatten. Alle drei waren mehr oder weniger betäubt und kampfunfähig. Ich wandte mich zu Bridget um, die immer noch ein finsteres Gesicht zog. »Geht es dir gut?«

Sie nickte. Die Nanomaschinen in ihrem Körper hatten bereits den Blutkreislauf gestoppt. In einer Minute würde keine Wunde mehr zu sehen sein. Sogar das Fell wuchs bereits wieder nach.

Made in Bobiversum stand eben für Qualität.

Aus der Richtung, in die Garfield verschwunden war, erklangen Kampfgeräusche. Nachdem ich mich mit einem letzten kurzen Blick vergewissert hatte, dass hier keine Gefahr mehr drohte, ließ ich mich auf alle viere sinken und galoppierte ihm dicht gefolgt von Bridget hinterher.

Als ich das Getümmel erreichte, hatte ich das Gefühl, in einen Zeichentrickfilm geraten zu sein. Garfield schlug mit einem seiner Gegner wie mit einem Knüppel auf einen anderen ein. Ein echter Quinlaner hätte so etwas nicht geschafft. Es war also gut möglich, dass dank Garfield gerade unsere Tarnung aufflog.

»Hör auf, Superman zu spielen, okay?«, fuhr ich ihn an.

Garfield hielt verlegen inne und ließ seinen »Knüppel« fallen. Der andere Quinlaner sank langsam in sich zusammen, wie ein aufblasbarer Weihnachtsmann, nachdem jemand den Ventilator abgestellt hatte.

»Glaubt ihr, das hier hatte etwas mit Skeve zu tun?«, fragte ich über das Interkom.

»Ich glaube, er war derjenige, den sie attackiert haben«, antwortete Garfield laut und deutete mit einem Nicken in die Gasse. »Er ist verletzt und dort lang gerannt.«

Ich lief los und entdeckte einen Quinlaner, der an einer Wand lehnte und den Blutverlust aus mehreren Wunden zu stoppen versuchte. Er murmelte leise vor sich hin, während seine Hände von einem Stich zum nächsten wanderten. Wahrscheinlich stand er unter Schock.

»Skeve?«, fragte ich. Als er nickte, nahm ich schnell meinen Rucksack ab und holte das Erste-Hilfe-Material heraus. Es bestand fast nur aus Bandagen, aber genau die benötigte er im Moment auch.

Einen Moment später hatte ich ihn so weit versorgt, dass er es zumindest lebend bis zu einem Arzt schaffen würde. Als ich alles zusammenpackte, gesellten sich Bridget und Garfield zu uns. Bridget und ich packten Skeve unter den Armen und halfen ihm auf.

»Danke«, sagte er. »Gehört ihr zum Widerstand?«

Als ich zu einer Antwort ansetzte, riss Skeve überrascht die Augen auf. Einen Moment später lag ich mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Bridget von zwei Quinlanern niedergerungen wurde.

Ein weiterer Quinlaner trat vor. Er hob etwas, das wie eine Pistole aussah, und schoss damit aus kürzester Entfernung auf Garfield.