35

Der Wind hatte nachgelassen, doch die geschlossene Wolkendecke des späten Nachmittags ließ nur noch ein bleiernes Licht zu, vor dem man am liebsten in Deckung gegangen wäre.

Hufeland schleppte sich die Lambertistraße entlang in Richtung Wolbecker, um in der Hubertus-Apotheke seine Medikamente zu besorgen. Auf der anderen Straßenseite lockte die mintgrüne Fassade des ›Scharfen Hahns‹, wo er sonst gern ein saftiges Brathähnchen gegessen hatte. Kein Appetit. Vielleicht konnte er nie wieder Huhn – irgendein Federvieh! – essen. Eine Thaimassage im WatPo nebenan wäre im Augenblick ohnehin angebrachter. Doch es konnte nur falsch verstanden werden, wenn er um eine Spezialmassage für seine Prostata bitten würde; das WatPo war ein seriöses Haus.

Auf dem Heimweg kam er bei Garten Geyer vorbei und ging spontan hinein. Die freundliche junge Verkäuferin mit dem blitzenden Ring in der Oberlippe hatte rasch das Gerät gefunden, das er sehen wollte.

Der ›Finito Classic Line Unkrautstecher‹ kam der Mordwaffe im Fall Kock ziemlich nahe. »Griff aus Hartholz, Metallteil aus Edelstahl, formschöne und stabile Arbeitsfläche hier vorn.« Die Verkäuferin wies mit dem ausgestreckten Zeigefinger (er zuckte leicht zusammen) auf den Zweizack an der Spitze des Geräts, das insgesamt gut 25 Zentimeter lang und nur zwei Zentimeter breit war. »Damit stechen Sie alles ab, was Ihnen in die Quere kommt«, lachte das Mädchen, ihr silberner Lippenring lachte kräftig mit.

Hufeland wog das Ding in der Hand und fügte der Ladenluft ein paar kräftige Stiche zu.

»Sind Sie … Fechter oder so was?«, fragte die Verkäuferin mit der schiefen Ebene ihres irritiert verzogenen Munds.

»Mehr ein Stecher momentan«, lachte Hufeland. Und merkte erst, als die Kleine rot wie eine Tomate anlief, was er da Zweideutiges gesagt hatte.

Er gab ihr das Gerät zurück, sagte: »Sie haben mir sehr geholfen«, und machte, dass er aus dem Laden kam.

Zu Hause angekommen rief er Sabine im Präsidium an und teilte ihr mit, dass er bis Ende der Woche krankgeschrieben sei.

»Du willst mir doch nicht sagen, dass du’s so lang ohne mich aushältst, Felix«, gurrte sie rauchig.

»Zwangspause, halt«, sagte Hufeland.

»Wo zwickt’s denn, Mäuschen?«

»Sag ich nicht.«

»Ach, komm! Jetzt mal im Ernst.«

»Nee, im Schritt.«

»Ich komm vorbei.«

»Andermal, Sabine.«