Sie mussten zwei Häuser vorher parken, es war nicht möglich, bis zum Wohnhaus der jungen Kocks vorzufahren, weil Schaulustige in kleineren und größeren Gruppen zusammenstanden und die Straße versperrten.
Mitten unter, oder besser: über ihnen geisterte die Spargelgestalt des WUZ-Fotografen umher, der in aller Seelenruhe Fotos vom Haus und von der Szene davor schoss. Der Mann schien einfach überall in Vennebeck zu sein, unvermeidbar, und vor allem immer schneller am Tatort als die Polizei.
»Ach, du Scheiße!«, sagte Kevin Kuczmanik, als er die Bescherung sah, und Hufeland konnte dem nur zustimmen. An der Frontseite zur Straße hin waren zwei Fenster eingeworfen worden, einige große Scherben und zahllose winzige Glassplitter entlang der Hauswand blitzten in der Sonne wie kleine Diamanten, der größte Teil würde allerdings in den Zimmern liegen. Eines davon war das Kinderzimmer, erkannte Kevin Kuczmanik sofort, die weiße Gardine wurde vom inzwischen stärker aufkommenden Wind gebauscht, sodass man grüppchenweise Exemplare des unfassbar riesigen Volks der Plüschtiere für den kleinen Maik Kock zu sehen bekam. Kevin erkannte auf die Schnelle vier bunte Elefanten im Regal an der Rückwand. Mit denen konnte der Kleine jetzt Einbrecher verjagen spielen.
Doch das war noch nicht alles.
Dutzende Hühner lagen im Vorgarten. Wie schon gehabt vor der Villa des alten Kock. Nur waren es diesmal keine echten toten Tiere, sondern Vertreter der unkaputtbaren Rasse aus Plastik.
Die Nase, merkten sie jetzt, hielt man sich dennoch am besten zu. Anscheinend hatte der gnädige Ostwind für heute ausgedient und überließ es nun wieder seinem Kollegen aus dem Westen, den üblichen Magenheber aus der Kock’schen Mastanlage frisch vergoren nach Vennebeck hineinzutragen.
Auf dem Weg zum Haus versuchte Hufeland erneut, Wagner anzurufen. Sein Dienstwagen stand weder vor der Tür, noch war er sonst irgendwo zu sehen.
Endlich nahm er doch ab.
»Wagner, wo zum Teufel stecken Sie?! Was tun Sie?«, fuhr Hufeland ihn an.
»Ich … Ich habe hier einen Verdächtigen!«
»Sie haben was?«, schnauzte Hufeland ihn an. »Wagner, wir stehen vor Bruno Kocks Haus. Dass ihm die Fenster eingeworfen wurden, sehen wir. Aber das haben wir nicht von Ihnen erfahren, verdammt!«
»’tschuldigung, Herr Hufeland, tut mir leid. Es kam halt die Meldung rein, dass etwas passiert ist, und …«
»Das erzählen Sie uns später. Vielmehr jetzt gleich, Sie kommen her!«
»Aber …«
Hufeland klickte ihn weg.
Während sie nun die Hühnerattrappen umkurvten, um an der Haustür zu klingeln, spürte Hufeland, wie sich neben dem Brennen, das geblieben war, nun auch der pochende Schmerz im Unterleib wieder zurückmeldete. Eigentlich war er ja immer noch krank, er durfte sich nicht so aufregen, Kunststück bei einem Dorfsheriff wie POM Wagner.